Katrin Lompscher
Auf Konfrontationskurs
E
s traf die Senatorin völlig unvorberei-
tet. Die am Wochenende in Umlauf
gelangten Eckdaten für einen Mieten-
deckel in Berlin seien „nicht für die Öffent-
lichkeit bestimmt gewesen“, erklärte Lin-
ken-Politikerin Katrin Lompscher, 57, am
Montag. Sie sprach von einem „Arbeitspro-
zess“, in den sowohl die Wohnungswirt-
schaft als auch die Koalitionspartner SPD
und Grüne eingebunden seien. Und doch
bekräftigte sie ihre Absicht, den Anstieg der
Mieten nicht nur stoppen, sondern in die
Bestandsmieten eingreifen zu wollen.
Damit ist die Berliner Politikerin jetzt auf
einen Schlag bundesweit bekannt. Gilt sie
den einen als Vorkämpferin für bezahlbare
Mieten, ist sie für andere eine „eklatante
Fehlbesetzung“. Skrupellos versuche Lomp-
scher, mehr Mieterschutz mit einem verfas-
sungswidrigen Gesetz durchzusetzen,
schimpft Jürgen Michael Schick, Präsident
des Immobilienverbandes IVD.
Über Lompscher, die 1962 in Ost-Berlin
geboren wurde, heißt es, sie sei tatsächlich
um eine Lösung des Wohnungsproblems be-
müht, vergesse aber die wirtschaftlichen Zu-
sammenhänge. Der Neubau, der eine ent-
scheidende Rolle dabei spielt, die Woh-
nungsmisere in Berlin zu bremsen, spiele in
ihren Überlegungen keine große Rolle.
Lompscher kommt vom Fach, machte in
der DDR eine Berufsausbildung zur Bau-
facharbeiterin, schloss später ein Studium
als Diplomingenieurin für Städtebau ab.
Nach Amtsantritt als Senatorin für Stadtent-
wicklung und Wohnen zeigte sie sich dialog-
bereit. In der Branche galt sie gar als „Sena-
torin des offenen Ohrs“. Schon bald habe
sich dieser Eindruck entzaubert. Heute wird
sie „Teflon-Senatorin“ genannt, weil an ihr
jegliche Kritik abprallt, heißt es aus dem
Umfeld von Immobilienunternehmen. Die
Branche erhofft sich offenbar wenig Einsicht
beim Mietendeckel: Lompscher, so heißt es,
wisse genau, „was sie da angerichtet hat“.
Silke Kersting, Matthias Streit
Katrin Lompscher:
Die Politikerin ist
Diplomingenieurin
ullstein bild - Lengemann/WELT für Städtebau.
Die Eckdaten
sind nicht
für die
Öffentlichkeit
bestimmt
gewesen.
Katrin Lompscher
Berliner Senatorin
für Stadtentwicklung
und Wohnen
Michael Kliger
Vermögender Partner gesucht
A
ls Michael Kliger 2015 bei Mytheresa
anheuerte, lag der Umsatz der Asch-
heimer Onlineplattform für Luxus-
mode bei 100 Millionen Euro. Das aktuelle
Geschäftsjahr beendet der Ex-McKinsey-
Mann mit einem Rekord: 377 Millionen Euro
kann Kliger melden. „Wir wachsen mit fast
25 Prozent“, sagte er dem Handelsblatt, „wir
sind profitabel und auch Cash-positiv.“
Nicht so die Konkurrenz: Branchenpri-
mus Net-à-porter verdaut noch immer die
Fusion mit Yoox. Farfetch leidet unter Ver-
lusten, der kleinere deutsche Konkurrent
Stylebop musste sogar Insolvenz anmelden.
Dagegen nimmt sich Kligers Mytheresa
wie eine schöne Braut aus, die den Sommer
über vergeblich nach einem Partner suchte.
Mytheresa ist im Besitz des US-Kaufhaus-
konzerns Neiman Marcus. Dem haben seine
Eigentümer, wechselnde Beteiligungsgesell-
schaften, so hohe Schulden aufgebürdet,
dass die Zinslast schwer drückt. Im Frühjahr
kamen die Investoren auf die Idee, die Ver-
längerung alter Kredite daran zu knüpfen,
dass sie im Falle eines Mytheresa-Verkaufs
450 Millionen Dollar bekämen.
So begann das Schaulaufen rund um den
deutschen Luxus-Ableger. Viele Private-
Equity-Firmen und Finanzinvestoren sind
interessiert, aber offenbar war Neiman Mar-
cus der Preis nicht hoch genug. Gemunkelt
wird, die Amerikaner wollten eine Milliarde.
Und nun? „Der Verkaufsprozess war von An-
fang an ergebnisoffen“, sagt Kliger. „Ein Ver-
kauf, ein Listing oder der Verbleib unter der
Neiman Marcus Holding waren und sind die
Optionen.“ Auch ein Börsengang könnte al-
so möglich werden.
Kliger bleibt entspannt, er hat ja genug zu
tun. Anfang 2020 soll sein bislang auf weib-
liche Kundschaft fokussiertes Unternehmen
auch mit Männermode starten. Insofern
blickt er „sehr positiv“ in die zweite Jahres-
hälfte – trotz der Hängepartie, die ihm sein
Noch-Eigentümer einbrockt. Thomas Tuma
BusinessLoungeLounge
Opfergedenken:Bun-
despräsident Frank--
Walter Steinmeier
(M.) und seine Ehefrrau
Elke Büdenbender
sprechen mit dem Itta-
liener Andrea Quartieri. Er ist Überlebender des
Massakers von Fivizzano, bei dem deutsche Sol-
daten vor 75 Jahren Hunderte Zivilisten töteten.
Ökologisch:Der Chef des Lebensmittelkonzerns
Danone, Emmanuel Faber (l.), und der CEO des
Luxusriesen Kering, François-Henri Pinault, un-
terhalten sich am Rande des G7-Treffens in Biar-
ritz. Sie nehmen an einem Umweltworkshop teil.
Ökologisch:D Ch
Größe zeigen:Der Chef der US-Pizzakette Papa
John’s,Steve Ritchie (r.), und Vorstandsmitglied
Shaquille O’Neal ehren bei einem Stadtfest in
Atlanta Nachwuchssportler.
Größe zeigen:DerChef derUSPizzakettePapa
Abschlag: Laurence Applebaum, Vorstandschef
des Golf-Verbands in Kanada, spricht bei den
„Women’s Open“ in Aurora nördlich von Toronto
mit der Profi-Golferin Brooke Henderson.
Abschlag:LaurenceApplebaumVorstandschef
Bundesregierung/laif, AFP, AFP, AP
Die Berliner Senatorin für
Stadtentwicklung und Wohnen
bleibt bei ihrem Plan, in die
Bestandsmieten einzugreifen.
Der Chef der Online-Modeplattform
Mytheresa hat Top-Zahlen – und
trotzdem eine ungewisse Zukunft.
Michael Kliger:
Besitzer wollen
Mytheresa verkaufen.
Mytheresa
Namen des Tages
DIENSTAG, 27. AUGUST 2019, NR. 164
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