Der Standard - 24.08.2019

(lily) #1

DERSTANDARDWOCHENENDE Inland SA./SO.,24./25.AUGUST2019| 13


den ehemaligen Geschäftsführer
der Flugschule in Punitz, wo auch
Ihr Flieger steht, installiert. Es
heißt, er war Ihr Fluglehrer ...
Hofer:... da habe ich jetzt endlich
die Chance, das richtigzustellen.
Erstens: Axel Schwarz ist sicher-
lich kein Parteimitglied, und er ist
auch nicht mein Fluglehrer. Ich
habe keine einzige Flugminute
mit ihm verbracht.

STANDARD:Jetzt zählen wir auf.
Bei ÖBB und Tochtergesellschaften
finden sich etwa: eine Ex-FPÖ-Ver-
kehrsministerin, Straches Trau-
zeuge, ein ehemaliger blauer Na-
tionalrat und dessen Tochter.

Hofer: Manmuss schon unter-
scheiden zwischen Aufsichtsrat
und Vorstand. Dass man beim
Aufsichtsrat Änderungen vor-
nimmt, ist ja wohl klar. Aber ich
habe sehr viele Sozialdemokraten
im Amt belassen und auch sonst
niemanden ins Amt gebracht, der
nicht qualifiziert war.

STANDARD: Zusammengefasst:
Sie haben den bestmöglichen FPÖ-
ler in eine Funktion gebracht.
Hofer:Nur in zwei Bereichen. Also
mir kann man wirklich keinen
Postenschacher vorwerfen.

STANDARD:Warum ist Burschen-
schafter Arnold Schiefer eigentlich
aus der Partei ausgetreten?
Hofer:Er ist aus der Wiener FPÖ
ausgetreten, weil er sauer war

D


as Bahnkapperl liegt im Re-
gal, ein Flugzeugziert die
Wand, Dackel Bruno wa-
ckelt durch den Flur. Im Büro von
FPÖ-Chef NorbertHofer erinnert
kaum etwas an den Mann, der
zuvor hier seinen Arbeitsplatz
hatte: Johann Gudenus, der nach
Auftauchen des Ibiza-Videos als
einer der beiden Hauptdarsteller
seinenSessel als blauer Klubchef
räumen musste. So sehr er sich
auch ein Comeback von Türkis-
Blau wünscht, Infrastrukturminis-
ter will Hofer dann nicht mehr
sein. Er geht davon aus, dass er als
Vizekanzler genug zu tun habe.


STANDARD: Ihrem Vorgänger
Heinz-Christian Strache wurde bei
einer Hausdurchsuchung auch das
Handy abgenommen. Haben Sie
schon nachgeschaut, welche
Nachrichten da von Ihnen auftau-
chen könnten?
Hofer:Nein, aber davor habe ich
keineAngst.Obsichanderefürch-
ten müssen, weiß ich nicht.


STANDARD:Rechnen Sie damit,
dass vor der Wahl noch Inhalte an
die Öffentlichkeit gelangen?
Hofer: Es wäre überraschend,
wenn keine SMS oder Whatsapp-
Nachrichten auftauchen.


STANDARD:DieFPÖ attackiert im
Tagesrhythmus die Ermittlungs-
behörden. Ihr stellvertretender
Klubchef Herbert Kickl und Sicher-
heitssprecher Hans-Jörg Jenewein
fordern sogar personelle Änderun-
gen bei der Soko Ibiza. Wollen Sie
den Ermittlern unterstellen, unsau-
ber zu arbeiten?
Hofer:Ich möchte der Justiz nichts
unterstellen. Aber ich habe mich
schon gewundert über die Streite-
reien zwischen der Wirtschafts-
und Korruptionsstaatsanwalt-
schaft und der Soko Ibiza, als es
um die Auswertung von Straches
Handy ging.


Standard:Braucht es für Sie eine
Neubesetzung der Soko Ibiza?
Hofer:Ich möchte mich wirklich
nicht einmischen in die Tätigkeit
der Justiz.


Standard:Das überlassen Sie lie-
ber Ihren Parteikollegen Kickl und
Jenewein.
Hofer:Der Herr Jenewein geht da
sicher schärfer rein als ich, aber
seine Meinung sei ihm unbenom-
men.


Standard:Solles dazu eine Son-
dersitzung im Parlament geben?
Hofer:Ich glaube nicht, dass es
eine Sondersitzung braucht.

STANDARD:Sie behaupten, ein Ab-
tausch Spitzenposten für FPÖler
gegen Glücksspiellizenzen für No-
vomatic hätte gar keinen Sinn ge-
macht, weil dafür eine Gesetzes-
änderung notwendig gewesen
wäre. Das hätte Türkis-Blau doch
leicht durchbringen können.
Hofer:Zusätzlich hätte es eine EU-
weite Ausschreibung gebraucht.
Logisch ist das für mich nicht.

STANDARD:Für die ermittelnden
Behörden offenbar schon. Die ha-
ben in der anonymen Anzeige ge-
nug Anhaltspunkte gefunden.
Hofer:Vielleicht haben die Ermitt-
ler mehr Informationen. Aber
auch Novomatic kann sich nicht
zusammenreimen, wie das zu-
sammenpassen soll.

STANDARD:Dass Novomatic jeden
Verdacht zurückweist, ist wenig
überraschend, oder?
Hofer:Natürlich.

STANDARD: Die FPÖ ist immer
gegen Postenschacher aufgetreten.
Jetzt mischt man lieber mit–die Be-
stellung Peter Sidlos, der als Casi-
nos-Finanzdirektor im Zentrum die-
ser Causa steht, ist nur ein Beispiel.
Hofer:Also Postenschacherei ist
für mich, wenn jemand einen Job
bekommt, für den er eigentlich
nicht qualifiziert ist.

STANDARD:Genau das war bei
Sidlo nach Ansicht des Personal-
beraters der Fall.
Hofer:Warum die Bestellung trotz-
dem erfolgt ist, kann ich nicht
nachvollziehen. Lassen Sie mich
meinen Bereich beleuchten. Was
Besetzungen bei der ÖBB anlangt:
An der Spitze steht weiterhinein
Sozialdemokrat, der einen super
Jobmacht.NachdemAusscheiden
einesÖVP-nahenVorstandsistAr-
nold Schiefergekommen, der
zweifellos hochqualifiziert ist ...

STANDARD:... und ein Blauer ...
Hofer:... und bei der Asfinag hat
sich ein FPÖ-naher Kandidat be-
worben, der auch beim Hearing
mit Abstand der Beste war.

STANDARD:Das war Ihr Vize-Ka-
binettschef. Bei der Austro Control
haben Sie einen alten Bekannten,

über den Umgang mit dem Ibiza-
Video. Jetzt will er in Oberöster-
reich Mitglied werden.

STANDARD:Ein schnelles Come-
back Straches schließen Sie wegen
der laufenden Ermittlungen aus.
Auch gegen den blauen Abgeordne-
ten Markus Tschank und Ex-Fi-
nanzstaatssekretär Hubert Fuchs
wird in Zusammenhang mit der
Novomatic-Causa ermittelt, die
dürfen aber auf einem sicheren Lis-
tenplatz kandidieren. Warum sind
Sie bei Strache so streng?
Hofer:Weder Fuchs noch Tschank
waren auf Ibiza und haben dort
vergleichbare Aussagen getätigt.
Tschank war, als die Kooperation
zwischen Novomatic und dem
Verein begonnen hat, noch nicht
Abgeordneter. Dass sich Fuchs et-
was zuschulden kommen lassen
hätte können, ist unvorstellbar.

STANDARD:Das hätten Sie früher
auch über Strache gesagt.
Hofer:Da gibt es aber dieses Video.
Das ist nicht wegzudiskutieren!

STANDARD:Haben Sie Straches
Facebook-Seite jetzt unter Ihre
Kontrolle gebracht?
Hofer:Die Administratorenrechte
aller großen FPÖ-Seiten liegen bei
der Partei, die ja auch sämtliche
Werbeausgaben dafür trägt. In
Wahlkampfzeiten wird auch die
Redaktion zentral koordiniert, um
sicherzustellen, dass die Postings
zeitlich und inhaltlich optimal ab-
gestimmt werden.

Standard: Das heißt, letztlich
entscheidet die Partei und nicht
Strache, was wann online geht?
Hofer:Ja, aber das ist auch bei mir
und Herbert Kickl so.

STANDARD:Diebekannt geworde-
nen Details zu Novomatic erschei-
nen wie eine Bestätigung des im Ibi-
za-Video Gesagten. Sie reden im-
mer lieber über die Hintermänner.
Haben Sie einen Verdacht?
Hofer: Nein. Aber beides ist zu
untersuchen:dieAussagenimwie
auch die Hintermänner des Vi-
deos. Das ist wichtig, denn Politi-
ker dürfen nicht erpressbar ge-
macht werden.

STANDARD:Für Sie steht ja so und
so fest: Die eigentlichen Opfer des
Ibiza-Videos sind die Österreiche-
rinnen und Österreicher, weil ih-
nen diese wunderbare Regierung –

jedenfalls aus Ihrer Sicht–abhan-
dengekommen ist.
Hofer:Die Regierung war schon
bei einer Mehrheit im Land be-
liebt. Ich will eine Neuauflage,
aber nicht um jeden Preis.

STANDARD:Ihre wichtigste Bedin-
gung für eine Neuauflage von Tür-
kis-Blau bleibt der Ausbau der di-
rekten Demokratie. Ab wie viel Pro-
zent soll es für Sie verpflichtende
Volksabstimmungen geben?
Hofer:Dass wir uns letztlich dar-
auf geeinigt haben, dass es 15 Pro-
zent der Wahlberechtigten für
eine verpflichtende Volksabstim-
mung braucht, hat mir sehr weh-
getan. Das kann ich jetzt als Par-
teiobmann mit mehr Gewicht ver-
sehen. Wir wollten die Grenze bei
vier Prozent. Klar ist: Bei den
15 Prozent kann es nicht bleiben!

STANDARD: Die ÖVP zieht hin-
gegen schon Hürden hoch: kein
Kickl, Identitärenverbot.
Hofer:Ich bin gespannt, ob es nach
der Wahl gelingt, Hürden wieder
einzureißen. Und mit den Identi-
tären will ich schon lange nichts
zu tun haben.

STANDARD:Es gibt aber mannig-
faltige personelle Verstrickungen.
Hofer: Unter meiner Obmann-
schaft hat jemand, der ein Nahe-
verhältnis zu dieser Gruppierung
hat,keine Chance,eineKarriere in
der FPÖ hinzulegen.

STANDARD:Das heißt, ein FPÖler
darf nicht bei den Identitären mit-
marschieren?
Hofer:Wer in der FPÖ aktiv ist,
kann dort nicht mitmachen. Aber
wir haben an die 50.000 Mitglie-
der. Ich leite ja keine Überwa-
chungsorganisation, die jeden
überprüft.

STANDARD:Hand aufs Herz: Hat
Sie dieser Message-Control-Zwang
von Sebastian Kurz nicht genervt?
Hofer:Wer mich kennt, weiß, dass
ich so ziemlich das Gegenteil da-
von bin. Ich bereite mich nicht so
akribisch vor. Das geht meistens
gut,manchmalauchschief.Jeden-
falls ist es weniger anstrengend.

NORBERT HOFER(48) war Infrastruk-
turminister in der türkis-blauen Regie-
rung. Als Heinz-Christian Strache infolge
des Ibiza-Videos im Mai zurücktrat,
übernahm Hofer, der eigentlich Präsi-
dent werden wollte, als FPÖ-Chef.

Wirhaben an die
50.000 Mitglieder.
Ichleite jakeine
Überwachungs-
organisation, die
jeden überprüft.



FPÖ-Chef Norbert Hofer hat seinen Vorgänger Heinz-Christian Strache unter Kontrolle–zumindest auf Facebook.

Fotos: Heribert Corn

„Mir kann man keinen


Postenschacher


vorwerfen“


FPÖ-ChefNorbertHofergeht auf Distanz zu seinen
Parteifreunden:Weder fordert er Änderungen bei der
SokoIbiza noch eine Sondersitzung imParlament.
Hofer spricht auch über supersauberePersonalentscheidungen
und die Schattenseite der türkis-blauenMessage-Control.

INTERVIEW:PeterMayr, Karin Riss
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