Der Spiegel - 24.08.2019

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könne. »Wenn du happy bist, dann ist der
Puffer viermal so groß«, erklärt Kittel.
Wenige Tage vor dem Treffen in dem
Café war Kittel bei der Tour de France zu
Gast, in einer für ihn völlig neuen Rolle:
als Zuschauer. Für die ARD analysierte er
drei Etappen. Lässig, lächelnd, im Leinen-
hemd. Nichts war ihm anzusehen von den
quälenden Monaten, die hinter ihm lagen.
Er habe nie davon geträumt, Radprofi
zu werden, sagt Kittel. »Ich habe es ein-
fach mal probiert.« Anfangs war er nur
mit seinem Vater und dessen Kumpels
unter wegs. Doch schon bald schloss er sich
einer Trainingsgruppe mit Gleichaltrigen
in Arnstadt an. Der Zusammenhalt, die
Mannschaft, sagt Kittel, habe dabei immer
im Vordergrund gestanden. Das mache für


ihn den Sport aus. Nach den Rennen gab
es Würstchen aus der Tupperbox.
In der neunten Klasse wechselt er auf
die Sportschule in Erfurt. Mit 16 wird er
deutscher Jugendmeister. Fortan fährt er
für das Bundesligateam Thüringer Energie.
In seiner ersten Saison als Profi 2011 ge-
winnt er 17 Rennen. Sein Trainer damals,
Zeeman, sagt: »Er war schüchtern, ernst-
haft und fragte sich oft, ob er gut genug
ist.« Kittel war der erfolgreichste Neuprofi
in der Geschichte des Radsports.
Vor dem Café in Niedersachsen versucht
Kittel zu beschreiben, was ihn an den
Sprints immer fasziniert hat. »Es war die-
ses Chaos. In dem es darum geht, sich das
Vorderrad freizuhalten, damit man eine
Lücke hat, um im richtigen Moment raus-

zufahren. Es ist ein bisschen wie russisches
Roulette.« Er habe sich dabei immer von
seinem Gefühl leiten lassen. »Ich war eher
ein bisschen zu früh im Wind als zu spät.«
Er zuckt mit den Achseln, grinst etwas ver-
schmitzt. »Ich konnte im Nachhinein noch
nicht mal sagen, wann ich geschaltet habe,
in welchem Gang ich gefahren bin.«
Über die Jahre gewinnt Kittel fast 90
Rad rennen. Seine beste Tour de France
fährt er 2017 mit fünf Etappensiegen.
Dann wechselt er zu Katusha Alpecin.
Das prestigeträchtige russische Radpro-
jekt gehörte einst zu den Skandalteams
der Branche. Dass Doping der Vergangen-
heit des Rennstalls angehörte, sollten der
neue Sponsor Alpecin sowie Fahrer wie
Kittel und Tony Martin, die sich seit je

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GETTYIMAGES / AFP

DER SPIEGEL Nr. 35 / 24. 8. 2019


Tour-de-France-Fahrer Kittel 2017: »Ich habe jede Motivation verloren, mich weiter auf dem Rad zu quälen«

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