Frankfurter Allgemeine Zeitung - 02.09.2019

(lily) #1

SEITE 20·MONTAG, 2. SEPTEMBER 2019·NR. 203 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


O


oshi hat es in sich, auch wenn
das nicht sofort ins Auge
springt. Auf den ersten Blick
sieht sie aus, wie ein nicht allzu
extravaganter Slip eben aussieht: etwas hö-
herer Beinausschnitt, dezente Spitze,
schwarz. Wer sie anfasst, spürt indes so-
fort: Da ist mehr. Die Partie im Schritt und
am Po ist mit einer Stärke von ein bis zwei
Millimetern dicker als üblich.Ooshinäm-
lich hat einiges zu schlucken. Der Slip ist
schließlich kein Fähnchen, sondern eine
Periodenunterhose, die es mit Tampons,
Binden, Slipeinlagen aufnehmen soll. So
etwas ist in Deutschland ziemlich neu und
erklärungsbedürftig.
Vor fast genau einem Jahr haben die
Freundinnen Kristine Zeller und Kati
Ernst Ooshi von Berlin aus übers Internet

auf den Markt gebracht und, Stand Juni,
ausschließlich online mehr als 25 000
Stück verkauft. Bis zum Sommer war jede
neue Lieferung vorab immer schon vergrif-
fen. Die Kundinnen mussten teils bis zu
neun Wochen warten, bis die Bestellung
eintrudelte. „Ganz klar, der Markt ist da“,
resümieren die Gründerinnen. „Nur hat
das ziemlich lange niemand gesehen“,
schiebt Kati Ernst nach.
Sie selbst habe zum ersten Mal während
eines Abendessens unter Frauen von Peri-
odenunterwäsche gehört, erzählt die pro-
movierte Diplom-Kauffrau. Damals war
sie für die Unternehmensberatung McKin-
sey tätig, zu ihren Schwerpunkten gehörte
„Fashion“. Eine der Teilnehmerinnen be-
richtete von dieser Neuheit aus Amerika,
wo Thinx Menstruationsunterwäsche be-
kannt gemacht hat. Ernst war neugierig
(„aus persönlichem Interesse“), recher-

chierte im Internet und gewann folgende
Erkenntnis: Erstens war zu diesem Zeit-
punkt Periodenunterwäsche hierzulande
gar nicht so einfach zu bekommen, da sie
im Ausland bestellt werden musste. Zwei-
tens stieß sie auf Beiträge und Produktbe-
wertungen, in denen Käuferinnen
schwärmten, endlich eine Alternative zu
den üblichen Hygieneartikeln zu haben.
Denn der sogenannte Damenhygiene-
Markt besteht fast ausschließlich aus zwei
Produkten: Binden und Tampons. Manche
fühlen sich damit schlicht unbehaglich,
manche hadern mit der Ressourcenver-
schwendung durch Wegwerfprodukte,
manche mit beidem. Tatsache ist, der Ver-
brauch ist gewaltig: Die Durchschnittsfrau
blutet im Schnitt mehr als 3500 Tage oder
fast zehn Jahre ihres Lebens. Etwa ein
Viertel der Bevölkerung ist monatlich auf
diese Artikel angewiesen, da kommt eini-
ges zusammen. Entsprechend groß ist der
Markt. In Deutschland schätzt Statista das
diesjährige Umsatzvolumen auf 577 Mil-
lionen Euro.
„Ich muss da selbst etwas machen“,
habe sie sich gedacht und ihre Freundin
Kristine Zeller zu Rate gezogen, erzählt
Kati Ernst. Die Anregung stieß auf offene
Ohren. Zeller, die mehrere Einkaufsabtei-
lungen von Zalando führte und Textilbe-
triebswirtschaft studiert hatte, steckte ge-
rade in einer Krise. Ein Burnout zwang sie
zum Pausieren – und bot Zeit zum Nach-
denken. An sich habe ihr die Arbeit für
den Online-Versandhändler gefallen.
Aber sie habe damit gehadert, dass dessen
Geschäft nach dem Prinzip „Je mehr Kon-
sum, desto besser“ funktioniert. Sie habe
sich ein anderes Arbeiten und ein nachhal-
tigeres Produkt gewünscht.
Dass Frauen und Mädchen monatlich
bluten, ist auch in der westlichen Welt im-
mer noch ein mit Scham und Peinlichkeit
behaftetes Igitt-Thema. Die seit kurzem
auch in Drogeriemärkten erhältlichen
Menstruationstassen, die im Körper das
Blut abfangen, wie auch Period Panties
bieten Frauen nicht nur die Möglichkeit,
ihre Periode anders zu managen. Sie for-
dern die Nutzerinnen zugleich heraus,
sich mit dem Thema neu auseinanderzu-
setzen. Jedenfalls reklamieren das die An-
bieter für sich. „Ooshi ist deshalb mehr als
nur eine Unterhose“, sagt Ernst.
Anfangs überlegten die beiden Unter-
nehmerinnen, eine Marke aus dem Aus-

land auf den heimischen Markt zu brin-
gen. Doch die Idee war schnell verworfen.
„Wir wollten ein Produkt, das unseren ei-
genen Ansprüchen genügt“, sagen die bei-
den 38 Jahre alten Geschäftsfrauen. Was
aber macht gute Periodenunterwäsche
aus? Sie soll nicht auslaufen, sich trocken
anfühlen, gut sitzen, atmungsaktiv und
waschbar sein, und das nicht nur kalt, son-
dern bei 40 Grad. „Das ist der deutschen
Kundin wichtig“, weiß Zeller.
Sie analysierten den Markt und suchten
sich eine Produktagentur, mit der sie bis
heute zusammenarbeiten, um ihre eige-
nen Modelle zu entwickeln. Wenn man ih-
nen zuhört, wie sie in dem kleinen, zum
Firmensitz umfunktionierten Ladenlokal
nahe der U-Bahn-Station Schönhauser Al-
lee über diese Phase sprechen, gewinnt
man den Eindruck, sie hätten sich mit ei-

gentlich jedem beraten, der irgendwie zu
dem Thema beitragen konnte: den Ehe-
männern, die selbst Unternehmer sind,
ehemaligen Professoren, Kollegen, Gynä-
kologinnen, Freundinnen, anderen Grün-
dern.
Was den Ooshi-Schnitt anbelangt, ori-
entierten sie sich an den „Top-Sellern in
Europa“, sagt Textilexpertin Zeller. An
den verstärkten Stellen besteht die Unter-
hose aus vier Schichten. Obenauf aus Meri-
nowolle, weil sie die Feuchtigkeit weiterlei-
tet und an der Oberfläche trocken bleibt.
In der Mitte liegt Frotteestoff, der das Blut
aufsaugt und mit einem Wirkstoff aus
Zink und Silber versehen ist – ohne die für
die Gesundheit als bedenklich geltenden
Nanopartikel, darauf legen die beiden
Wert. Dafür bakterienhemmend, das ha-
ben sie sich zertifizieren lassen, um im

Wettbewerb zu punkten. Denn inzwischen
sind in Deutschland auch andere Anbieter
präsent. Die äußerste Schicht schließlich
bildet eine atmungsaktive, aber auslaufsi-
chere Membran. Auch die Nähte sind so
gearbeitet, dass sie dicht halten, ohne ein-
zuschneiden. Eine Näherei in Portugal
und neuerdings eine in Litauen fertigen
die Ooshis – nach einem Standard für öko-
logische und sozial verantwortliche Textil-
produktion. Mit der Saugkraft von bis zu
drei normalen Tampons soll es diese Un-
terhose aufnehmen und – je nach Stärke
der Blutung – allein getragen werden oder
eine Menstruationstasse ergänzen.
Im September 2018 kam Ooshi auf den
Markt – im Rahmen einer Crowdfunding-
Kampagne, um die Produktion zu finan-
zieren. Der Name ist ein Kunstprodukt,
abgeleitet von Mooshi. „Das war uns
dann aber zu anzüglich“, räumt Zeller
ein. Schon in den ersten sieben Stunden
haben die beiden 10 000 Euro umgesetzt.
„Da hatten wir unser Ziel eigentlich er-
reicht“, sagt Ernst. Am Ende hätten sie
insgesamt 47 000 Euro eingenommen.
Anders als sie anfangs dachten, hat das
junge Unternehmen bisher keine Investo-
ren gebraucht. Die GmbH ist komplett ei-
genfinanziert. Im zweiten Monat sei das
Geschäft profitabel gewesen. Mittlerwei-
le erzielen sie monatlich einen sechsstelli-
gen Umsatz und zahlen sich auch ein „an-
gemessenes Gehalt“ aus (Zeller). Die Pro-
duktpalette besteht aus drei verschiede-
nen Modellen in den Größen 32 bis 54.
Zudem gibt es seit diesem Sommer unter
Ooshi Teens auch zwei Größen für Ju-
gendliche. Zum Anspruch gehört, dass
ihre Marke zum Synonym für Periodenun-
terwäsche werden soll.
Für keine von ihnen habe es nahegele-
gen, sich selbständig zu machen, stellen
die beiden klar. „Wir sind eigentlich ziem-
lich risikoavers“, meint Kati Ernst. Doch
wie ihre Freundin störte sie sich zuneh-
mend daran, dass es in Deutschland
kaum die Möglichkeit gibt, eine ambitio-
nierte Führungsrolle einzunehmen, aber
zugleich flexibel zu sein, was Arbeitszeit
und Arbeitsort angeht. Ernst hat drei Kin-
der, Zeller zwei. Dank Ooshi, sagen sie,
hätten sie einen Weg gefunden, ihren be-
ruflichen Ambitionen gerecht zu werden
und zugleich am Familienleben teilzu-
haben. BIRGIT OCHS

Eine Unterwäsche für besondere Tage


Kristine Zeller (links) und Kati Ernst Foto Matthias Lüdecke

A


nfangs ging es Nkosana Makate nicht
um das große Geld. Er wollte einfach
nur mit seiner Freundin telefonieren. Der
24 Jahre alter Südafrikaner war im Jahr
2000 Auszubildender bei dem Telekommu-
nikationskonzern Vodacom in Sandton
bei Johannesburg. Seine Freundin hinge-
gen studierte in der Ferne, an der Fort-
Hare-Universität. Die beiden sahen sich
selten, und Telefonieren war mühsam,
denn die Studentin hatte fast nie ein Gut-
haben auf ihrer Prepaidkarte. Schwer zu
erreichen war sie außerdem. Da hatte Ma-
kate eine Idee: Wenn ihm seine Herzens-
dame eine kostenlose SMS mit der Nach-
richt „Please call me“ – Bitte ruf mich an –
schicken könnte, dann könnte er sie auf
seine Kosten zurückrufen. Die beiden wür-
den damit häufiger telefonisch zusammen-
kommen als vorher, lautete sein Kalkül.
Wie so viele einfache Geschäftsideen er-
wies sich auch diese als brillant. Schon am
ersten Tag der Einführung machten
140 000 Kunden Gebrauch von den SMS.
Mittlerweile dürfte es kaum jemand in
Südafrika geben, der noch nie eine Please-
call-me-Nachricht erhalten oder versandt
hat. Vodacom-Konkurrenten folgten mit
ähnlichen Angeboten. Doch der wirt-
schaftliche Erfolg ist nur ein Teil der Ge-
schichte. Seit mehr als zehn Jahren tobt
nämlich ein Rechtsstreit zwischen dem Er-
finder – er hat das Unternehmen mittler-
weile verlassen – und seinem früheren Ar-
beitgeber. Denn bisher hat Makate nur
Lob für seine Idee geerntet, aber kein
Geld gesehen. Statt „Please call me“ geht
es ihm heute gewissermaßen um „Please
pay me“. Ob er sich damit durchsetzt, wird
sich demnächst zeigen.
In Südafrika hat der Streit ein enormes
öffentliches Interesse ausgelöst. Ein pfiffi-
ger und sympathischer junger Mann aus ei-
nem Dorf bietet einem Telekommunikati-
onsriesen unerschrocken die Stirn. So ein
David-gegen-Goliath-Gefecht kommt an,
zumal Makate eine dunkle Hautfarbe hat
und Vodacom als „weißer“ Konzern gilt –
verbandelt mit der früheren Kolonial-
macht, denn größter Anteilseigner ist der
britische Vodafone-Konzern.
In den sozialen Medien laufen Kampa-
gnen mit dem Hashtag „Pay Nkosana“. An-
fang dieses Jahres versammelten sich De-
monstranten vor dem Vodacom-Hauptsitz
in Johannesburg und drohten einen „tota-
len Shutdown“ an, wenn der Please-call-
me-Erfinder nicht endlich Geld erhalte.
Einige Protestler schwangen Plakate mit
der Aufschrift „Vodacom-Schuld 70 Milli-
arden Rand“, also umgerechnet 4 Milliar-
den Euro. Auch Politiker sahen die Chan-
ce, Wählerstimmen zu fangen. Der Vize-

chef der Regierungspartei ANC in der Pro-
vinz Gauteng schrieb auf Twitter: „Zahlt
ihm das Geld bis 10 Uhr am 31. Januar
2019, oder ihr bekommt den Zorn der Nati-
on zu spüren. Wir sind die Wirtschaft, und
wir können sie stilllegen.“
Nach Makates Darstellung hatte ihm
ein Vodacom-Manager einst eine angemes-
sene Beteiligung versprochen, allerdings
nur mündlich. Der Konzern bestreitet das,
verweist darauf, dass der Azubi angestellt
gewesen sei. Seine Leistungen seien also
mit dem Gehalt abgegolten. Das Verfas-
sungsgericht gab in einer vielbeachteten
Entscheidung schließlich Makate recht.
Über die Höhe einer angemessenen Betei-
ligung müssten sich die Streitparteien je-
doch untereinander einigen. Seitdem wird
in Johannesburg hart gepokert. Anfang
des Jahres legte Vodacom ein Angebot
vor, forderte aber Stillschweigen über die

Höhe. Vor kurzem konterte Makate. Voda-
com habe ihm 47 Millionen Rand (2,8 Mil-
lionen Euro) geboten, verriet er. Das sei
ein „unfairer“ Betrag. Nach seinen Hoch-
rechnungen werde der Konzern von 2001
bis 2020 mehr als 200 Milliarden Rand (
Milliarden Euro) dank „Please call me“
einnehmen. Davon stünden ihm 5 Prozent
zu, also umgerechnet 600 Millionen Euro,
plus Anwalts- und Prozesskosten.
„47 Millionen Rand klingt wie ein ho-
her Betrag“, gibt er zu, „aber es sind nur
0,023 Prozent des Umsatzes. Das kann kei-
ne angemessene Beteiligung sein.“ Seine
Anwälte wollen nun abermals vor Gericht
ziehen. Vodacom stemmt sich dagegen,
wirft der Gegenseite vor, mit Phantasie-
zahlen zu jonglieren. Schätzungen über
das zusätzliche Gesprächsvolumen durch
„Please call me“ seien hochspekulativ. Di-
rekte Einnahmen gebe es nicht, abgese-
hen von Werbung in den SMS. Makate ar-
beitet heute als Finanzfachmann für eine
Behörde, er hat eine Familie und ist mit
der Frau verheiratet, die ihn einst zu der
Geschäftsidee seines Lebens inspirierte.
Ein Sieg vor Gericht könnte ihn zum
Rand-Milliardär machen. Für viele in Süd-
afrika wäre das ein perfektes Happy End
einer filmreifen Geschichte. Die Anwälte
des Mobilfunkkonzerns werden sich in der
Realität allerdings nicht so leicht geschla-
gen geben. CLAUDIA BRÖLL

J


ack Dorsey, Mitgründer und Vor-
standsvorsitzender des Kurznach-
richtendienstes Twitter, ist auf seiner
eigenen Plattform Ziel eines spektaku-
lären Hacker-Angriffs geworden. Am
Freitag wurde von seinem Konto eine
Serie rassistischer und antisemitischer
Botschaften verschickt. In einem der
Einträge hieß es, Hitler sei unschuldig,
ein anderer suggerierte, in der Haupt-
verwaltung von Twitter befinde sich
eine Bombe. Die Tweets wurden zwar
nach weniger als 30 Minuten wieder
entfernt, gleichwohl unterstrich die At-
tacke, wie anfällig Online-Dienste für
Manipulationen sind. Es ist ein Rück-
schlag für die Bemühungen Twitters,
seine Plattform von anstößigen Inhal-
ten frei zu halten. Diensten wie Twitter
und Facebook ist oft vorgehalten wor-
den, Horte von Falschnachrichten, Het-
ze und Terrorpropaganda zu sein. Twit-
ter hat es zur „höchsten Priorität“ er-
klärt, die „Gesundheit“ des Diskurses
auf der Plattform zu verbessern.
Twitter machte für die Attacke Dor-
seys Mobilfunkanbieter verantwort-
lich. Es habe bei diesem ein „Sicher-
heitsversehen“ gegeben. Dies habe es
unautorisierten Personen erlaubt,
Nachrichten unter Dorseys Telefon-
nummer zu versenden. Beobachtern
zufolge dürfte dies den Hackern gelun-
gen sein, indem sie Dorseys Nummer
auf eine andere SIM-Karte übertrugen.
Damit könnten diese auch die Zwei-
Faktor-Authentifizierung umgangen
haben, mit der Dorsey nach eigener
Aussage sein Konto sichert. Bei die-
sem Verfahren müssen Nutzer neben
dem Passwort noch eine zweite Form
der Identifikation eingeben. Nach An-
gaben von Twitter gibt es keine Anzei-
chen, dass Computersysteme des Un-
ternehmens kompromittiert wurden.
Dorsey war nicht das erste Mal Ziel
von Hackern. 2016 verschafften sich
Angreifer schon einmal Kontrolle über
sein Konto und auch über die von Face-
book-Vorstandschef Mark Zuckerberg
und Google-Chef Sundar Pichai. Da-
mals wurden keine anstößigen Inhalte
verbreitet, vielmehr sagten die Angrei-
fer, sie hätten die Sicherheit der Kon-
ten testen wollen. Hinter dem Angriff
vom Freitag steht ein Gruppe, die sich
„Chuckling Squad“ („Kichernde
Schwadron) nennt. Mit ihr werden
auch Attacken auf die Twitter-Konten
bekannter Produzenten von Youtube-
Videos in Verbindung gebracht. lid.

Wenn das

Handelsblatt

fürSie

nichtrelevant

ist,habenSie

hoffentlichnichts

mitGeldzutun.

Ein An

gebot der Handelsblatt GmbH, Toulouser Allee 27, 40211 Düsseldorf.

Jetzt umdenken:


handelsblatt.com/wenn


DieGründer


D


er Schwede Hans Rausing, der mit
Tetra-Pak-Getränkekartons zum
Milliardär wurde, ist im Alter von 93
Jahren in seiner südenglischen Wahl-
heimat gestorben. Dort lebte er seit fast
vier Jahrzehnten. Geboren wurde er
1926 in Göteborg als einer von drei Söh-
nen von Ruben Rausing, einem Erfin-
der und Kleinunternehmer, der in den
vierziger Jahren neuartige Getränkekar-
tons aus beschichteter Pappe entwickel-
te. Ruben gelang es, Milch darin keim-
frei zu verpacken und diese Verpackun-
gen einer Reihe schwedischer Molkerei-
en zu verkaufen. Groß war das Unter-
nehmen aber nicht. Sohn Hans studier-
te Wirtschaft und Russisch an der Uni-
versität Lund und trat in den fünfziger
Jahren in das Unternehmen ein.
Dort wurde er zum Architekten des
Tetra-Pak-Siegeszugs. Zusammen mit
seinem Bruder Gad machte er in den
folgenden vier Jahrzehnten aus dem Fa-
milienbetrieb mit sechs Mitarbeitern ei-
nen multinationalen Konzern mit Milli-
ardenumsätzen. Hans Rausing betrieb
aufgrund seiner Russisch-Kenntnisse
schon früh die Expansion nach Osteuro-
pa. 1981 verlegte er den Hauptsitz des
Unternehmens aus dem Hochsteuer-
land Schweden in die Schweiz. Im fol-
genden Jahr zog er nach Wadhurst in
der englischen Grafschaft East Sussex.
Rausing und seine Frau Märit taten
sich als Mäzene und Förderer von Wis-
senschaft und Kunst hervor. Sie gaben
Geld etwa für medizinische Forschungs-
projekte oder ein Programm zur Erfor-
schung bedrohter Sprachen; zudem
spendete Rausing größere Summen an
die britischen Konservativen. Rausing
erhielt zahlreiche akademische Ehren-
würden und wurde zum Ritter des Or-
dens des britischen Empires (KBE) er-
nannt. 1995 verkaufte er seine Anteile
am Unternehmen für 7 Milliarden Dol-
lar an seinen Bruder Gad. In der „For-
bes“-Reichenliste wird das Familienver-
mögen auf 12 Milliarden Dollar ge-
schätzt, damit rangiert sie knapp unter
den 100 Reichsten der Welt.
In die Schlagzeilen gelangte die Fami-
lie vor sieben Jahren durch die Verhaf-
tung von Sohn Hans Kristian Rausing
wegen Drogenbesitzes. In dessen Villa
fand man dann die verweste Leiche sei-
ner an einer Überdosis gestorbenen
Frau. Die Drogensucht des Sohnes über-
schattete das Leben des Patriarchen im
Alter. Hans Rausing hinterlässt neben
seiner Frau die zwei Töchter Lisbet und
Sigrid und seinen Sohn. ppl.

Der Mann, der Vodacom


in die Knie zwingen will


Nkosana Makate Foto Getty Images

Twitter-Chef


Dorsey Opfer von


Hacker-Angriff


Hans


Rausing


Ooshi aus Berlin bietet


eine Alternative zu


Binden und Tampons.


Die große Nachfrage


hat die Gründerinnen


selbst überrascht.


MENSCHEN& WIRTSCHAFT

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