Süddeutsche Zeitung - 02.09.2019

(John Hannent) #1
von jürgen schmieder

New York– EineGeschichte über Cori
Gauff sollte beim Tennisturnier Little Mo
im US-Bundesstaat Texas beginnen. Es
sind amerikanische Meisterschaften für
Kinder, die ihren achten Geburtstag noch
nicht gefeiert haben – was zur Frage führt,
ob es in einer Nation mit 320 Millionen Ein-
wohnern und einer Fläche von zehn Millio-
nen Quadratkilometern tatsächlich natio-
nale Titelkämpfe für Grundschüler
braucht. Cori Gauff, genannt Coco, aus Del-
ray Beach in Florida, 2100 Kilometer ent-
fernt vom Tennisgelände in Austin, hat die-
ses Turnier im Jahr 2012 gewonnen, und
schon damals sagten Beobachter, dass die-
ses Mädchen mal berühmt werden würde.
Nun ist es so weit. Wobei man sagen
muss, dass „berühmt“ eine Untertreibung
ist – als würde man sagen, dass beim Be-
such der Beatles in den USA ein bisschen
was los gewesen sei. Es herrscht Cocoma-
nia am Samstag in Flushing Meadows, die
Leute tragen T-Shirts mit der Aufschrift
„Call me Coco“, ein Wortspiel auf den eng-
lisch-spanischen Ausruf „Call me Loco“
(„Haltet mich für verrückt!“). Unter dem
Hashtag #CallMeCoco wird auf Twitter so
ziemlich alles veröffentlicht, das irgend-
wie mit ihr zu tun hat: das Kleid, auf dem
die Tennisplätze von New York abgebildet
sind. Jubelposen. Das Zucken vor dem
Schwingen der Rückhand.
Natürlich behaupten sie bei den US Open
an jedem Abend, dass die größte Tennisare-
na der Welt ausverkauft sei – bei der Partie
gegen Titelverteidigerin Naomi Osaka sind
allerdings wirklich 23 711 Leute auf ihren
Plätzen. Gauff ist 15 Jahre alt. In diesem Al-
ter gehen Teenager zum ersten Mal auf ein
Rockkonzert oder küssen zum ersten Mal
einen anderen Menschen. Gauff spielt zum
ersten Mal im Arthur Ashe Stadium, und es
sehen nicht nur im Stadion mehr Leute zu

als sonst. Der Fernsehsender ESPN mel-
det, dass die Zuschauerzahlen bei den Par-
tien Gauffs fast vier Mal so hoch sind wie
der Tagesdurchschnitt. Eine Mitarbeiterin
des Senders sagt, dass beim Doppel von
Gauff mehr Menschen eingeschaltet hät-
ten als beim Einzel von Serena Williams.

Osaka gewinnt 6:3, 6:0. Gauff hat keine
Chance, sie will danach einfach nur weg,
runter vom Platz, raus aus diesem Stadion


  • doch sie darf nicht. Osaka bitte sie, kurz
    zu bleiben und gemeinsam zum Volk zu
    sprechen. Osaka sagt danach: „Ich habe ge-
    sehen, dass sie Tränen in den Augen hatte.
    Ich dachte, dass es vielleicht nett sein wür-
    de, wenn sie ein paar Worte an die Leute
    richtet, die sie angefeuert haben.“
    Eine Sportlerin muss immer auch eine
    Marke sein. Profisport ist keine Meritokra-
    tie, in der die Besten die Reichsten sind. Es
    verdienen die das meiste Geld, die das Pu-
    blikum elektrisieren. Gauff steht da, be-
    ginnt zu weinen, später wird sie sagen:
    „Ich will nicht, dass alle Leute sehen, wie
    ich weine.“ Sie sagt aber auch: „Vielleicht


war es gut so, weil es gezeigt hat, dass ich
menschlich bin.“
Gauff hat in diesem Jahr knapp 500 000
Dollar an Preisgeld eingenommen, über
Verträge mit einem Ausrüster, einem Nu-
delhersteller und dem Schlägerfabrikan-
ten dürften alleine in diesem Jahr noch et-
wa eine Million Dollar dazukommen.
Gauff wird von so ziemlich jedem Beobach-
ter der Aufstieg zur Nummer eins der Welt-
rangliste und zur popkulturellen Ikone pro-
phezeit, wie es Serena Williams nun ist, zur
Multimillionärin. Und angesichts dessen,
dass sie in diesem Stadion steht und weint,
muss man schon mal fragen: Wie viel
Druck kann eine junge Frau aushalten?
Man muss zurück nach Texas zu diesem
Kinderturnier 2012, um zu verstehen, was
da gerade passiert. Ihre Eltern waren Sport-
ler an renommierten Universitäten – Mut-
ter Candi war Leichtathletin, Vater Corey
Basketballspieler –, aber sie waren nie-
mals Profis. Nach dem Sieg der Tochter bei
diesem Turnier haben beide ihre Jobs ge-
kündigt und sich um den Traum der Toch-
ter gekümmert, der wohl ein Stück weit
auch ihrer ist. Im Alter von zehn Jahren
kam sie zur Akademie von Serena Wil-
liams Trainer Patrick Mouratoglou, der
heute sagt: „Ich erinnere mich noch daran,
als ich sie zum ersten Mal gesehen habe:
Wenn sie dich ansieht und sagt, dass sie
mal die Nummer eins der Welt werden
wird, dann glaubst du das.“
Es gibt nun eine Debatte bei den US
Open, die sehr viel aussagt darüber, wie
Profisport, Show und Geschäftemacherei
zusammenhängen. Dem Reglement des
Frauenverbands WTA zufolge darf eine
15-Jährige an maximal zehn Profiturnie-
ren pro Jahr teilnehmen. Es gibt diese Re-
gel, weil es in der Vergangenheit zahlreiche
junge Spielerinnen gab, die nicht nur aus-
brannten, sondern verbrannten: Tracy Aus-
tin zum Beispiel, Martina Hingis, Jennifer

Capriati. Zu den US Open kam Gauff über
eine Wild Card des US-Verbandes. Über ei-
ne Ausnahme darf sie bis zu ihrem 16. Ge-
burtstag an 14 Turnieren teilnehmen.
Dieser Verband vermarktet Gauff nun
als Weltsensation. Roger Federer, dessen
Agentur Team Eight auch Gauff unter Ver-
trag hat, fordert eine Regeländerung: Er
findet, dass der Druck zu groß sei, wenn
Gauff nur die bedeutsamen Turniere wie
Wimbledon (sie gewann gegen Venus Wil-
liams und erreichte das Achtelfinale) oder
die US Open spiele: „Ich denke, dass es kon-
traproduktiv sein kann.“ Julia Görges, die
gegen Gauff im Doppel verlor, sagt dage-
gen: „Ganz ehrlich: Ich möchte nicht in ih-
rer Haut stecken. Mir tut sie etwas leid. Sie
hat eine tolle Einstellung, sie ist wahnsin-
nig nett, aber ich möchte nicht mir ihr tau-
schen wollen, wäre ich jetzt 15 Jahre alt.“

Die Leute, die finden, die Verbände soll-
ten sich gefälligst raushalten aus der Le-
bensplanung einer Spielerin und diese Li-
mitierung abschaffen, verweisen darauf,
wie reif Gauff schon sei. Dass sie spiele wie
eine Erwachsene. Dass sie erwachsene Din-
ge sage wie: „Für meine langfristige Karrie-
re habe ich in den vergangenen Wochen
viel gelernt.“ Oder: „Jeder Mensch ist an-
ders. Ich muss mich in der Geschwindig-
keit entwickeln, die richtig für Coco ist.“
Die Verfechter der Regeln halten dage-
gen: Ist das ein Kompliment, wenn man
über eine 15-Jährige sagt, sie sei schon reif?
Es gibt keine allgemein gültige Antwort. Fe-
derer sagt: „Es wird keine perfekte Lösung
geben.“ Die nächsten US-Meisterschaften
für Unter-Achtjährige übrigens finden von


  1. bis 30. September in Texas statt.


Der Belgier Jasper Stuyven hat die
Deutschland-Tour 2019 gewonnen. Der
27 Jahre alte Radprofi vom Team Trek-
Segafredo behauptete auf der vierten
und letzten Etappe über 159,5 Kilome-
ter von Eisenach nach Erfurt seinen
knappen Vorsprung von drei Sekunden
auf den Italiener Sonny Colbrelli (Bah-
rain-Merida), der das letzte Teilstück in
Erfurt im Sprint für sich entschied. Die
deutschen Radprofis um Emanuel Buch-
mann, den Vierten der Tour de France,
schafften es nicht auf das Abschlusspo-
dest. Im Gesamtklassement belegte
Emanuel Buchmann (Bora-hansgrohe)
Platz 13, der Berliner Simon Geschke
(CCC Team) kam auf Platz zwölf. sid

Ingrid Klimke ist zum zweiten Mal Euro-
pameisterin der Vielseitigkeitsreiter.
Die 51-jährige Reiterin aus Münster
verteidigte ihren vor zwei Jahren gewon-
nenen Titel in Luhmühlen. Mit einer
Nullrunde auf dem 15 Jahre alten Pferd
Hale Bob sicherte sich die zweimalige
Mannschafts-Olympiasiegerin im ab-
schließenden Springen vor 4000 Zu-
schauern den Sieg. Ihr Teamkollege
Michael Jung aus Horb mit Chipmunk
war nach Dressur, Geländeritt und
Springen Zweiter vor Cathal Daniels aus
Irland mit Rioghuan Rua. Ingrid Klimke
ritt mit der deutschen Equipe auch zum
Mannschaftssieg vor den Teams aus
Großbritannien und Schweden. dpa

Hamburg– Sogut war die Laune schon
lange nicht mehr beim Hamburger SV, die-
ser Instanz in Sachen Missgeschicke. Zwar
wird noch immer über die Identität von Ba-
kery Jatta gestritten, dem gambischen
Stürmer mit der Nummer 18, von dem man-
che Leute behaupten, er trage eigentlich ei-
nen anderen Namen und sei älter als 21.
Aber diese bizarre Debatte hat offenbar ei-
ne belebende Wirkung für den HSV, der
am Sonntagmittag mit einiger Leichtigkeit
3:0 gegen Hannover 96 gewann, den Ab-
steiger aus der Bundesliga, wo der HSV wie-
der hinwill.
Ungeschlagener Tabellenführer der
zweiten Liga bleibt der HSV damit vor der
Länderspielpause, wenn im Volksparksta-
dion Deutschland auf die Niederlande
trifft, und dem folgenden Stadtderby ge-
gen St. Pauli. Wenn man bedenkt, dass am
Anfang in der vollen Arena wieder sieben
Neu-Hamburger auf dem Rasen standen,
dann hat das der ebenfalls neue Trainer
Dieter Hecking in der jungen Saison bisher
sehr ordentlich hingekriegt. „Ja, wir sind
heute gegen eine sehr, sehr starke Mann-
schaft ein bisschen unter die Räder gekom-
men“, gab Hannovers Trainer Mirko Slom-
ka zu – sein Team hatte keine Chance. „Ich
bin heute ein sehr, sehr zufriedener Trai-
ner“, sprach der Kollege Hecking, der sogar
bis kurz vor Schluss mühelos auf seinen an-
geschlagenen Kapitän Aaron Hunt verzich-
ten konnte.
Besonders beklatscht wurde vom An-
pfiff weg wieder Bakery Jatta, um den seit
Wochen gezankt wird. Drei Vereine (Nürn-
berg, Bochum, KSC) haben nach Niederla-
gen gegen den HSV bereits Protest einge-
legt, weil die Gerüchte, dass der Gambier
eventuell ein Anderer sein könnte, noch im-
mer von Behörden und Verband unter-
sucht werden. Hannover 96 könnte nachle-
gen. Das DFB-Sportgericht tagt am 9. Sep-
tember zum Fall Jatta – Hecking schickt
seinen Linksaußen ungeachtet der Debat-
te auf den Platz, wo der Afrikaner von den
HSV-Fans inzwischen umschwärmt wird.


Und Heckings Elf scheint sich ihrer Sa-
che nach dem mühsamen Unentschieden
beim Start gegen Darmstadt 98 und seit-
her vier Siegen in Serie immer sicherer zu
sein. Der ehemals ewige Bundesligist ver-
sucht es vor allem über die Flügel immer
wieder, das 1:0 nach 36 Minuten war die
erste Folge: Der äußerst eifrige Khaled Na-
rey setzte sich rechts durch, seine Flanke
drückte Sonny Kittel ins Netz. Fünf Spielta-
ge, vier Treffer von Kittel, der aus Ingol-
stadt gekommen war. Das gefiel dem Publi-
kum, der HSV ist aufgeräumter und domi-
nanter als im verkorksten ersten Jahr nach
dem Abstieg. Zu den Stabilisatoren im Mit-
telfeld gehört David Kinsombi, der aus Kiel
verpflichtet worden war und nun oben-
drein ein Tor schoss: Ein Zuspiel von Narey
schloss er zum 2:0 ab. Auch scheint der
HSV gerade durch die Causa Jatta zusam-
mengerückt zu sein, der Verein steht ge-
schlossen hinter dem Mann aus Gambia.
Nach der Pause flog unmittelbar vor
Hannovers Tor der Ball gegen Jattas Kopf,
die unverhoffte Gelegenheit überraschte
ihn noch. Einige Minuten später schoss er
wuchtig übers Ziel hinaus. Dann, eine Vier-
telstunde vor Abpfiff, setzte sich der der-
zeit beliebteste Spieler des Hamburger SV
im Strafraum durch, zog ab und lag kurz
darauf Hecking sowie der ganzen Hambur-
ger Belegschaft in den Armen – 3:0.
Vielleicht wäre es zwischenzeitlich en-
ger geworden, wenn nicht vorher auch der
Hamburger Torwart Daniel Heuer-Fernan-
des seinen großen Moment gehabt und in
letzter Not gegen Hannovers Marvin
Duksch gerettet hätte. So feierten die Sie-
ger sich und ihren Bakery Jatta. Für Slom-
ka ist der HSV „absoluter Favorit“ in Liga
zwei. Hecking, gnädig: „Lasst die Euphorie
mal zu.“ peter burghardt


Tokio– Der iranische Judo-Weltmeister
Saeid Mollaei hat nach seiner Flucht nach
Berlin offenbar in Deutschland Asyl bean-
tragt. Dies teilte Marius Vizer, der Präsi-
dent des Judo-Weltverbandes IJF, der japa-
nischen ZeitungAsahi Shimbunam Rande
der Weltmeisterschaften in Tokio mit. Das
Bundesinnenministerium verweigerte auf
Anfrage der französischen Nachrichten-
agentur AFP einen Kommentar.
Mollaei hält sich offenbar in Deutsch-
land auf. „Ich hatte ein deutsches Visum,
und ich bin in Deutschland, um mich von
den Gerüchten fernzuhalten“, sagte Molla-
ei dem in London ansässigen TV-Sender
Iran International. Wie Mollaei, der 2018
bei der WM in der Klasse bis 81 Kilogramm
Gold gewonnen hatte, berichtete, sei er in
Tokio von seinem Verband gezwungen wor-
den, im Halbfinale absichtlich gegen den
Belgier Matthias Casse zu verlieren, um in
einem möglichen Finale nicht gegen den Is-
raeli Sagi Muki antreten zu müssen. Beide
Länder sind politisch verfeindet.
Vizer stellte sich hinter den Athleten
und deutet die Möglichkeit an, dass er bei
den Olympischen Spielen 2020 in Tokio an-
treten könne. „Es ist unsere Aufgabe, die
Sportler zu schützen. Das ist ganz klar“,
sagte der Österreicher, der die IJF seit
2007 anführt. Vizer werde sich beim Inter-
nationalen Olympischen Komitee (IOC) da-
für einsetzen, dass Mollaei im Flüchtlings-
team starten dürfe. „Aber es gibt noch an-
dere Optionen“, sagte Vizer, der eine offizi-
elle Erklärung für Montag ankündigte,
„wir werden alles dafür tun, dass der Ath-
let seine Karriere fortsetzen kann.“
Die IJF werde zudem untersuchen, in-
wieweit Mollaei und dessen in Teheran le-
bende Familie von politischer Seite be-
droht worden seien. Dann werde man auch
entscheiden, ob Irans Verband sanktio-
niert werde. „Wir haben Regeln. Alles muss
im Einklang mit den Statuten des internati-
onalen Verbandes und mit der Olympi-
schen Charta geschehen“, sagte Vizer. sid

Linz –Achter-Schlagmann Hannes Ocik
tanzte auf dem Steg, Einer-Spezialist Oli-
ver Zeidler (im Bild) nahm ein Bad in der
Donau. Nur 36 Minuten lagen zwischen
den Triumphen für die deutschen Ruderer
bei den Weltmeisterschaften: Zwei Gold-
medaillen bildeten den Abschluss der Titel-
kämpfe auf einem Nebenarm der Donau.
Der Achter verteidigte seinen Titel in ei-
nem „phänomenalen Rennen“, wie Schlag-
mann Hannes Ocik fand. Das deutsche Pa-
radeboot lieferte sich ein packendes Duell
mit den Niederlanden und behielt im Ziel
die Bugspitze vorn. „Das kostet schon eini-
ge Nerven beim Zuschauen“, sagte Bundes-
trainer Uwe Bender: „Ich hatte eher mit
den Briten gerechnet.“ Die landeten aller-
dings nur auf Rang drei. Der Achter, der
nach den Weltmeisterschaften in Sarasota
2017 und Plowdiw 2018 nun zum dritten
Mal nacheinander alle Konkurrenten hin-
ter sich ließ, qualifizierte sich zudem für
Olympia 2020. Das sei der beste Nebenef-
fekt, befand Ocik erleichtert.
Durch den Erfolg nahmen Steuermann
Martin Sauer und seine Crew auch Revan-
che für die Weltcup-Niederlage in Rotter-
dam gegen Großbritannien. „Ein echter
Treffer“ vor den Bug sei das gewesen, hatte
Sauer zuvor bekannt, schließlich war das
deutsche Boot bis dahin seit Rio 2016 in Fi-
nalrennen ungeschlagen geblieben. Nun
habe sich wieder „der wahre Charakter der
Mannschaft gezeigt“, sagte Ocik.

Einer-Spezialist Oliver Zeidler, 23,
machte es wenig später noch etwas span-
nender. In einem spektakulären Endspurt
gegen den Dänen Sverri Nielsen krönte er
sich mit nur drei Hundertstelsekunden Vor-
sprung zum Weltmeister. „Ich habe zum
Schluss nicht mehr nach rechts oder links
geschaut, sondern nur noch voll durchge-
zogen“, sagte er. Erst beim Verlassen des
Bootes forderte der Kraftakt seinen Tribut.
Minutenlang lag der neue Skiff-König auf
dem Steg und musste medizinisch betreut
werden. Doch schon bei der Siegerehrung
und dem anschließenden Sprung in die Do-
nau war Zeidler wieder bei Kräften. „Vor
drei Jahren saß ich zum ersten Mal im
Boot, und jetzt bin ich der beste Ruderer
der Welt, das ist Wahnsinn“, sagte er. Im
Überschwang kündigte er gleich einen wei-
teren Coup für 2020 in Tokio an: „Jetzt bin
ich Europameister und Weltmeister – was
als drittes kommt, kann man sich denken.“
Für Zeidler, einen früheren Schwim-
mer, der erst 2016 die Sportart wechselte,
ist die Goldmedaille der vorläufige Höhe-
punkt seines rasanten Aufstiegs. „Er hat
großes Talent, ist sehr ehrgeizig. Es gibt
Dinge, die kann man nicht erklären“, sagte
der leitende Bundestrainer Ralf Holtmeyer
über den Athleten, der für das erste deut-
sche Einer-Gold seit 17 Jahren sorgte. Mar-
cel Hacker hatte 2002 zuletzt triumphiert
und blickte nun von der Tribüne aus auf
seinen Nachfolger. dpa

Der frühere Handballnationalspieler
Stefan Kretzschmar wird Sportvorstand
beim Bundesligisten Füchse Berlin.
Kretzschmar, 46, bindet sich für vier
Jahre an den Berliner Klub, bei dem er
neben dem Leistungssport auch für die
Aufgabenbereiche Kommunikation und
Sponsoring verantwortlich wird. „Ich
habe das Gefühl, nach Hause zu kom-
men“, sagte der frühere Weltklasse-
Linksaußen, der beim SC Dynamo Ber-
lin ausgebildet worden war. Kretzsch-
mar hatte zuvor nach zehn Jahren seine
Arbeit beim Handball-Bundesligisten
SC DHfK Leipzig beendet. sid

Cocomania in Flushing Meadows


Um den Auftritt der 15 Jahre alten Tennisspielerin Cori Gauff wird bei den US Open eine Debatte geführt.
Die Diskussion sagt viel darüber aus, wie Profisport, Show und Geschäftemacherei zusammenhängen

In Iffezheim hat der vier Jahre alte engli-
sche Hengst Ghaiyyath den Sieg im 147.
Großen Preis von Baden gesichert. Mit
Jockey William Buick im Satttel ließ er
der Konkurrenz keine Chance und ge-
wann mit einer der beeindruckendsten
Leistungen eines Rennpferdes in
Deutschland – mit 14 Längen Vorteil.
Hinter Ghaiyyath wurde die Stute Don-
jah (Lukas Delozier) überraschend Zwei-
te vor dem deutschen Derbysieger Lac-
cario (Eduardo Pedroza). Buick, in Iffez-
heim aufgewachsen, urteilte nach dem
Rennen: „Das ist ein Monster, ein un-
fassbar gutes Pferd.“ dpa

Mollaeis Flucht


IransJudo-Weltmeister beantragt
offenbar Asyl in Deutschland

Gold in der Donau


Der Achter und Einer-Ruderer Zeidler werden Weltmeister


Zwei verschmerzbare Punkte hat der
VfL Wolfsburg beim 1:1 gegen den SC Pa-
derborn verloren. Zwei Spieler hat er
auch vorerst verloren, das ist allerdings
weniger zu verschmerzen. Der neue
SpielmacherXaver Schlageraus Salz-
burg brach sich den Knöchel, der Tor-
wart Koen Casteels erlitt einen Haarriss
im Wadenbein. Hätte Paderborns Klaus
Gjasula mit einem üblen Foul den Wolfs-
burger Yannick Gerhardt verletzt, hätte
es gar noch ein drittes Opfer gegeben.
An Schlagers Knöchelbruch in der 8. Mi-
nute waren die Paderborner indes
schuldlos. Der Österreicher blieb im Ra-
sen hängen. An Casteels Haarriss könn-
te Paderborns Gerrit Holtmann eine Mit-
schuld tragen, denn er stieg in dieser
Szene überhart ein. Casteels wird im Ge-
gensatz zu Schlager nicht operiert, fällt
aber trotzdem wohl ebenfalls wochen-
lang aus. uhn

Manchmal gibt es Momente, die zeigen
die großen Entwicklungen in ein paar
Sekunden: Dass die Bundesliga ein
Wettbewerb ist, in dem sich die reiche-
ren Klubs aus England bedienen, zum
Beispiel. Die 58. Minute zwischen dem
FC Southampton und Manchester Uni-
ted am vierten Spieltag der Premier
League: Southamptons Kevin Danso,
vor ein paar Wochen noch beim FC Augs-
burg, flankt den Ball in den gegneri-
schen Fünfmeterraum.Jannik Vester-
gaard, zuvor Gladbach, Bremen und
Hoffenheim, springt zum Kopfball und
trifft. Sein Trainer Ralph Hasenhüttl, zu-
vor Leipzig und Ingolstadt, jubelt über
das Tor zum 1:1-Endstand. Noch ein Bei-
spiel? Etwa zeitgleich schoss Sébastian
Haller, in der vergangenen Saison noch
Stürmer bei Eintracht Frankfurt, sein
drittes Tor im dritten Spiel für West
Ham United. fse

Vielleicht kommt die ganze Aufregung
daher, dass dieses Spiel noch vor ein
paar Jahren nicht mehr war als eine Er-
innerung. Waldhof Mannheim spielte
2010 in der Oberliga, das ist die fünft-
höchste Spielklasse, der 1. FC Kaisers-
lautern war Bundesligist. 18 Jahre lang
haben sich die alten Rivalen zu keinem
Pflichtspiel mehr getroffen – bis zu die-
sem Sonntag in der dritten Liga. 1:1 ging
es aus, 35 000 Zuschauer kamen auf
den Betzenberg, viele davon die paar
S-Bahn-Stationen aus Mannheim. Die
Anhänger des FCK zeigten eine monu-
mentale Choreografie (ein Teufel zer-
drückte das Mannheimer Wappen), ein
paar Tierquäler setzten außerdemein
Schweinmit beleidigender Aufschrift
auf einem Sportplatz in Mannheim aus.
Die Berufstierrettung Rhein Neckar
nahm sich dem offenbar dehydrierten
Tier an und taufte es „Lotta“. schm

Lionel Messi, 32, hat ein Foto gepostet
mitAnssumane Fati, die beiden umar-
men sich darauf. „Die Zukunft und die
Gegenwart“, schrieb der FC Barcelona
unter das Foto. Das ist also die Fallhöhe
für den 16-jährigen Fati, der gerade sein
erstes Liga-Tor für Barça gegen Osasu-
na erzielt hat, beim 2:2, ein Kopfball.
Weil Messi und auch Luis Suarez ver-
letzt fehlten, beförderte ihn Trainer Er-
nesto Valverde aus der Jugendmann-
schaft. „Ich glaubte, dass wir einen Fun-
ken brauchten“, sagte der Trainer über
den Angreifer aus Barcelonas Talentaka-
demie La Masia. Mit seinem Tor-Debüt
mit 16 Jahren und 304 Tagen ist er sogar
ein halbes Jahr jünger als Lionel Messi
es war, und er löst Bojan Krkic als jüngs-
ten Barça-Torschützen ab. Auch Krkic
wurde zum „Wunderkind“ erklärt, auch
er sollte ein neuer Messi sein. Eine Bür-
de, die wohl zu schwer wog. grö

Gauff sagt: „Für meine langfristige
Karriere habe ich in den
vergangenen Wochen viel gelernt.“

Sonny Kittel hat in fünf Spielen


schon vier Mal getroffen


DEFGH Nr. 202, Montag, 2. September 2019 (^) SPORT HBS 27
Stuyven gewinnt Rundfahrt Klimke verteidigt EM-Titel
Füchseholen Kretzschmar
FOTO: DARIUS SIMKA / IMAGO FOTO: DPA FOTO: STEVE BARDENS / GETTY IMAGES FOTO: JUAN MANUEL SERRANO ARCE / GETTY IMAGES
Überfordert von all der Aufmerksamkeit:
Cori „Coco“ Gauff. FOTO: ADAM HUNGER / AP
Dominant und
aufgeräumt
Der Hamburger SV siegt auch
gegen Hannover 96 souverän
14 Längen Vorsprung
KURZ GEMELDET
FOTO: NAOMI BAKER / GETTY
Jünger als Messi
VIERERPACK– GESCHICHTEN AUS DEN FUSSBALLLIGEN
Bruch undRiss Versaute Rivalität Bundesligas Tor

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