Handelsblatt - 22.08.2019

(ff) #1
Ralf Kantak

Spannende


Zeiten


Der Vorstandsvorsitzende
der Süddeutschen
Krankenversicherung (SDK)
traf Schüler des Goethe-
Gymnasiums in Freiburg.

Welche Führungsqualitäten brau-
chen Chefs von morgen?
In einer sich ständig verändernden
Welt suchen Mitarbeiter oft Orien-
tierung. Die müssen die Führungs-
kräfte geben. Dabei sollten Sie auf
Augenhöhe agieren können – und
dazu braucht es entsprechende
Kommunikationsstärke. Empathie
ist dabei ein ganz wesentlicher Fak-
tor, um die eigene Mannschaft bei
Veränderungsprozessen mitneh-
men und motivieren zu können.
Daneben gehören aber die „klassi-
schen“ Qualifikationen wie Ziel-
strebigkeit, Lösungsorientierung,
eine gute Arbeitsstruktur und nicht
zuletzt auch die nötige Portion
Fleiß dazu.

Was tun Sie, um neue Mitarbeiter zu
gewinnen und zu halten?
Über die Hälfte unserer neuen Mit-
arbeiter gewinnen wir erfreuli-
cherweise über Empfehlungen aus
der Belegschaft. Darüber hinaus
sind uns Arbeitgeberbewertungs-
portale und gute Noten dort sehr
wichtig, um für potenzielle Bewer-
ber bekannt zu werden. Spezielle
Funktionen wie etwa Programmie-
rer oder Mathematiker – die fin-
den Sie nicht immer auf dem frei-
en Markt – suchen wir aktiv und
sprechen Wunschkandidaten ge-
zielt an.

Welche Themen beschäftigen Ihre
Branche gerade?
Durch die Digitalisierung haben
wir es auf einmal mit Start-ups zu
tun, die in unserem Bereich unter-
wegs sind. Was tun die? Und was
macht Amazon? Übernehmen die
unsere Kundenschnittstelle, und
wir können nur noch Produkte zu-
liefern wie die Hersteller im Le-
bensmitteleinzelhandel? Spannen-
de Zeiten, in denen man sehr auf-
merksam sein muss.

Was ist wichtiger für Bewerbungen:
gute Noten oder Persönlichkeit?
Beides, aber die Noten lassen sich
gut steuern. Ich habe damals zum
Beispiel gezielt die Fächer gewählt,
die ich gut konnte. Und Fleiß ist
die andere Komponente. Mal eine
Analogie aus der Autobranche: Eu-
er Kopf ist der Hubraum, Fleiß ist
die Drehzahl. Wenn ihr viel Hub-
raum, aber wenig Drehzahl habt,
dann werdet ihr von denen mit
kleinem Hubraum, aber größerer
Drehzahl überholt. Qualität kommt
von quälen.

Stefan Unterlandstättner

„Empathie ist wesentlich“


Der Vorstandsvorsitzende
der Deutschen Kreditbank
stellte sich den Fragen
angehender Abiturienten
der Katholischen Schule
Liebfrauen in Berlin.

Was müssen Vorgesetzte der Zu-
kunft können?
In Zeiten der digitalen Transforma-
tion ist es wichtig, dass Führungs-
kräfte und Unternehmensspitze die
Digitalisierung als Chance begrei-
fen und neue Technologien ihren
Mitarbeitern in der Praxis zugäng-
lich machen und fördern. Dahinge-
hend sollten Führungskräfte im-
mer am Puls der Zeit bleiben, neu-
gierig auf Entwicklungen in ande-
ren Branchen sein und sich mit Di-
gitalexperten aktiv vernetzen.
Gleichzeitig sollte die Unterneh-
mensführung agiles Arbeiten un-
terstützen und Führungskräfte mo-
tivieren, flexible Arbeitszeitmodel-
le oder neue Produkte in ihren
Teams auszuprobieren.

Mit welchen Strategien kommt die
DKB in Zeiten des Fachkräfteman-
gels an neue Mitarbeiter?
Die DKB bietet ein Wir-Gefühl auf
dem Weg zur Tech-Bank. Als Ar-
beitgeber mit Sitz in Berlin verste-
hen wir uns als ein Teil der Berli-
ner Digitalwirtschaft. Die Nähe zur
Tech-Szene, flexible Arbeitszeit-
modelle, spannende Themen ab-
seits vom klassischen Banking
überzeugen viele Bewerberinnen
und Bewerber. Im letzten Jahr ha-
ben wir beispielsweise über 100 IT-

und Digitalexperten eingestellt.
Darüber hinaus ist die DKB eine
der nachhaltigsten Banken in
Deutschland und investiert zum
Beispiel in erneuerbare Energien
oder soziale Infrastruktur.

Wie verändert die Digitalisierung
die Bankenbranche – und wie rea-
gieren Sie darauf?
Die digitale Transformation der Fi-
nanzwirtschaft findet bereits statt
und wird noch an Geschwindigkeit
zunehmen. Wir wollen ein Techno-
logieunternehmen werden und set-
zen auf moderne IT-Infrastruktur,
effizientes Datenmanagement sowie
smarte digitale Produkte und för-
dern Plattformtechnologien, indem
wir aktiv Schnittstellen für zum Bei-
spiel Fintechs oder andere Tech-Un-
ternehmen schaffen.

Warum haben Sie nach der Schule ei-
ne Karriere bei der Bank gestartet?
Ursprünglich wollte ich Leistungs-
sportler werden: Ich habe Leicht-
athletik gemacht, zudem Eis- und
Feldhockey – und meine große Lie-
be gehört dem Reitsport. Alternativ
hat mich immer der handwerkliche
Bereich gereizt, um mich dort
selbstständig zu machen. Aber es ist
ganz anders gekommen. Mein Groß-
vater war Sparkassendirektor und
hat mir geraten: Mach nach der
Schule erst einmal eine Banklehre,
damit du den kaufmännischen
Background bekommst. Letztlich
hat mir der Job in der Bank so viel
Spaß gemacht und ich habe schon
als Azubi so viel Verantwortung be-
kommen, dass ich der Bankenbran-
che bis heute treu geblieben bin.

Roland Warner

Immer aktiv


bleiben


Der Vorsitzende der
Geschäftsführung von eins
energie traf Zwölftklässler
der Rahn Education
Fachoberschule in Leipzig.

Welche Führungsqualitäten brau-
chen Chefs von morgen?
Selbst- und Zeitmanagement sind,
meines Erachtens, ganz wichtig.
Denn als Chef sind Ihre Termine oft
von außen bestimmt. Da müssen
Sie Ihre restliche Zeit gut einteilen
können. Auch Selbstreflexion
macht eine gute Führungskraft aus.
Denn in solch einer Position besteht
immer die Gefahr, dass man ab-
hebt, weil man viele Jasager um sich
hat. Sie brauchen vertraute Perso-
nen, die Ihnen auch mal klar die
Meinung sagen.


Was tun Sie, um neue Mitarbeiter zu
gewinnen?
Wir achten darauf, unsere Mitarbei-
ter gesund und zufrieden im Unter-
nehmen zu halten. Das machen wir,
indem wir beispielsweise unsere so-
zialen Standards optimieren. Zu-
dem haben wir für die gesamte Be-
legschaft eine Pauschalversicherung
in Sachen Gesundheit. Die sorgt un-
ter anderem dafür, dass jeder Mitar-
beiter höchstens zwei Wochen auf
einen Facharzttermin warten muss.
Die Palette unserer Angebote ist
groß und reicht von der Gesund-
heitsvorsorge bis zur gezielten
Fach- und Führungskräfteentwick-
lung.


Sie haben nach der Ausbildung das
Fachabi nachgeholt und studiert.
Reichte Ihnen der Betriebsschlos-
ser nicht?
Oh doch, ich habe sehr gerne als
Schlosser gearbeitet. Auslöser für
meinen Entschluss weiterzulernen
war eine Begebenheit im Betrieb,
als ich 19 war: Von den Ingenieu-
ren kam eine fehlerhafte Zeich-
nung zu uns in die Schlosserei.
Der Vorarbeiter bügelte meinen
Hinweis ab mit einem „Herr War-
ner, sie sind nicht zum Denken,
sondern zum Arbeiten hier.“ Und
die Vorstellung, dass ich mir die
nächsten 45 Jahre in dieser Werk-
halle so doofe Sprüche anhören
muss, hat mich motiviert, weiter-
zulernen und Ingenieur zu wer-
den.
Ein Tipp: Auch wenn ihr in Sachen
Beruf wegen der Demografie in ei-
ner komfortablen Situation seid,
fühlt euch niemals zu sicher. Das ist
etwas, was ich in meiner Laufbahn
gelernt habe. Wer sich zu sicher
fühlt, lässt sich gerne hängen. Und
so einen will dann auch keiner. Also
immer aktiv bleiben und sich küm-
mern. Stefan Pangritz für Handelsblatt


Stefan Unter-
landstättner:
Vorstandsvorsit-
zender der DKB.

© NILS BRÖER

Lernen von


den Profis


Die Handelsblatt-Aktion „Chef zu


gewinnen“ bringt Topmanager in die


Schulen. Die Oberstufenschüler wollten


vor allem wissen, welche Qualitäten den


Chef von morgen ausmachen.


Die neue Runde der
Aktion „Chef zu gewin-
nen“ läuft. Bis zum 30.
September 2019 kön-
nen sich Oberstufen-
kurse von Gymnasien,
Fachoberschulen,
Berufsfach- und
Berufsoberschulen um
den Besuch eines von
insgesamt 15 Topma-
nagern in ihrer Schule
bewerben. Alle Infos
zur Bewerbung unter:
http://www.handelsblatt.com
/chef-zu-gewinnen

Birgitta Kowsky

Chef zu gewinnen
DONNERSTAG, 22. AUGUST 2019, NR. 161
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