Der Stern - 15. August 2019

(Barré) #1
u?
Doch,esgibtsienoch,diegutenFragen.

Fragen,dieHans-GeorgMaaßenumtrei-


benunddiesichausnahmsweisemalnicht


umdieSpaltungderGesellschaftdrehen


(zutief ),umdieZahlabzuschiebender


Ausländer(zuhoch)oderdarum,wielange


AngelaMerkelnochihrAmtalsBundes-


kanzlerinausübenwird(zulang).


ErhatkürzlichdenJagdscheingemacht,


inMecklenburg-Vorpommern.Ermusste


dafüraufdenlaufendenKeilerschießen,


fünfSchuss,dreiTreffer,wasgarnichtso


einfachist,wieerbeteuert.Ermussteler-


nen,wiemanerlegtesWildwaidmännisch


„aufbricht“,underweißjetzt,dassesbeim


Reheine„Eiruhe“gibtunddassdiebis


EndeNovemberdauert.


Mankannsagen:Hans-GeorgMaaßen


hatdieVerfasstheitderNaturstudiert.


Wenn er mit seiner Frau im Wald spazie-


ren geht, dann muss er jetzt nicht mehr


„einfach nur glotzen“. Er weiß nun auch,


wie all die Bäume heißen, wie das Ökosys-


tem funktioniert, wie sensibel es ist – und


was es bedeutet, wenn es aus dem Gleich-


gewicht gebracht wird.


Wie er das alles so erzählt, auf dem Ber-


liner Hauptbahnhof und im Zug Richtung


Dresden, fasziniert von ihm bis dato un-


bekannten Details, da bekommt man


einen Begriff davon, wie sich dieser Mann


den Welten nähert, in denen er lebt: Er will


sie durchdringen. Es ist eine nüchterne,


technokratisch anmutende Fahndung


nach den Funktionsparametern. Das gilt


für den Uhu wie für die Republik.


Dabei hatte er nur etwas zur Entspan-


nung gesucht, eine adäquate Ergänzung,


um die wenigen Mußestunden, in denen


er joggt, mit ein bisschen zusätzlichem


Sinn aufzuladen. Vor Jahren hat er mal


den gesamten Shakespeare per Hörbuch


aufgesogen. Goethe auch. Davon zehrt er.


Heute liest Hans-Georg Maaßen nicht


mehr, jedenfalls keine Romane. Er schaut


nicht fern. Und wenn er hin und wieder auf


seinem Handy scrollt, damit er auf dem


neuesten Nachrichtenstand ist, dann ge-


schieht auch das mit einem gewissen Effi-


zienzgedanken. „Details interessieren
mich nicht“, sagt er. Keine Zeit dafür.
Hans-Georg Maaßen hat zu viel zu tun.
Es ist die Radikalisierung der Gesellschaft,
die ihn auf Trab hält. Immer noch.
Er war mal für den Schutz dieser Repu-
blik verantwortlich – genauer gesagt für
den Schutz ihrer Verfassung. Bis zu seiner
Demission hat er Deutschland gedient.
Ganz weit oben. Sechs Jahre war er Präsi-
dent des Bundesamtes für Verfassungs-
schutz in Köln, war Chef von mehr als 3000
Beamten. Er kommt zwar vom Niederrhein,
aber er hat das mit preußischem Pflicht-
erfüllungseifer getan. Er ist in jener Zeit in
der Regel um halb fünf Uhr morgens auf-
gestanden und abends spät oder auch mal
tief in der Nacht ins Bett gegangen. Er hat
das Land stabil gehalten in jener Zeit,
jedenfalls weitgehend. Und als es seiner
Ansicht nach aus dem Gleichgewicht zu ge-
raten drohte, weil Angela Merkel sich 2015
zu einer Flüchtlingspolitik entschlossen
hatte, in deren Folge Hunderttausende ins
Land kamen, da hat er gewarnt. Wieder und
wieder. Das war seine Aufgabe. Und er hat
gelitten. Aus Überzeugung. Hans-Georg
Maaßen sagt: „Ich hatte Schüttelfrost.“

Unter Druck:
Maaßen muss
sich im September
2018 im Innen-
ausschuss des
Bundestags für
seine umstritte-
nen Äußerungen
zu Chemnitz
verantworten

SEENOT-


RETTUNG


IST FÜR


IHN „EIN


SHUTTLE-


SERVICE


NACH


EUROPA“


40 15.8.2019

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