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- August 2019 DIE ZEIT No 34 WIRTSCHAFT 21
- Gibt es eine ökonomische Begründung für
Steuern auf Fliegen, Autofahren und Fleisch?
Die theoretische grundlage für solche Abgaben
ersann in den zwanziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts ein Ökonom mit dem Namen Arthur
Cecil Pigou. Er lehrte an der universität Cam-
bridge in großbritannien und war ein Anhänger
der Marktwirtschaft. In seiner Forschung interes-
sierte er sich besonders für situationen, in denen
Märkte nicht richtig funktionieren.
um das Problem deutlich zu machen, wählte
Pigou das Beispiel eines Fabrikanten, der eine Fabrik
an einem Fluss errichtet. In diesen Fluss wird das bei
der Produktion anfallende schmutzwasser geleitet.
Flussabwärts lebt in dem Beispiel ein Fischer, der
weniger Fische fängt, wenn das Wasser verschmutzt
ist. Ohne staatliche Eingriffe würde der Fabrikant
seine Produktion erhöhen und den Fischer ruinie-
ren, obwohl viele Menschen eigentlich gern den
Fisch des Fischers essen. Es käme zu einer Überver-
sorgung mit Fabrikwaren und zu einer unterver-
sorgung mit Fisch. Die Fabrikwaren wären zu billig,
weil der Fabrikbesitzer die von ihm verursachten
Produktionsausfälle des Fischers in seiner Kalkula-
tion nicht berücksichtigen muss. Der Preis spiegelt
nicht alle Kosten wider. Der Markt versagt.
Pigous Lösungsvorschlag: eine steuer auf das
Abwasser, das in den Fluss geleitet wird. Das wür-
de dazu führen, dass der Fabrikant die Preise
erhöhen muss. Er würde weniger Waren absetzen
können und entsprechend weniger herstellen.
Die Höhe der steuer bemisst sich an dem durch
die Wasserverschmutzung angerichteten scha-
den. so wird der Fabrikbesitzer gezwungen, die
sen schaden in seiner Kostenkalkulation zu
berücksichtigen. Der Hauptzweck der steuer ist
es also nicht, Einnahmen für den staat zu erzeu-
gen, sondern das Verhalten von unternehmen
und Verbrauchern zu beeinflussen. Das meint
CDu-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer,
wenn sie sagt: »Wir haben nicht zu wenig steu-
ern, wir haben zu wenig steuerung.«
Am weitesten fortgeschritten sind die Überle-
gungen in der heutigen Debatte beim thema
Kohlendioxid: Die Verbrennung von fossilen
Energieträgern setzt CO₂ frei, das zur Erwärmung
der Erde beiträgt. Der Preis von Benzin, Diesel
oder Heizöl spiegelt diese umweltkosten nicht
ausreichend wieder, weil die Mineralölkonzerne
nicht für die umweltverschmutzung bezahlen
müssen. um das zu ändern, müsste – folgt man
Pigou – der staat fossile Brennstoffe durch die
Einführung einer steuer verteuern, in der Hoff-
nung, dass dadurch der Verbrauch sinkt und we-
niger CO₂ in die Luft gelangt.
Es geht also in der ökonomischen theorie der
Klimasteuer nicht darum, dass die Regierung den
Menschen eine bestimmte moralisch für gut befun-
dene Lebensweise vorschreibt. Der staat soll viel-
mehr dafür sorgen, dass der Markt funktioniert.
Konkret: dass sich also im spiel von Angebot und
Nachfrage ein Preis herausbilden kann, der alle
Kosten berücksichtigt. Der große schwachpunkt
dieses Ansatzes ist: Niemand kann genau beziffern,
wie hoch die umweltkosten einer bestimmten Ver-
haltensweise sind. Diese Information ist aber nötig,
um die Höhe der steuer festzulegen. Deshalb ist an
dieser stelle auch Willkür im spiel. - Was hat der Sonntagsbraten
mit der Umwelt zu tun?
Der sonntagsbraten ist in den meisten Industrie-
ländern längst kein sonntagsbraten mehr. Fleisch
gehört vielmehr zum Alltag. Während in Deutsch-
land im Jahr 1950 im schnitt noch 26 Kilo
Fleisch pro Einwohner und Jahr verzehrt wurden,
sind es heute rund 60 Kilo. Auch in den aufstre-
benden schwellenländern nimmt der Fleischkon-
sum stark zu. Die Folge: Die weltweite Fleisch-
produktion hat sich nach Angaben der Vereinten
Nationen in den vergangenen 50 Jahren fast ver-
vierfacht – von 84 Millionen tonnen im Jahr
1965 auf 330 Millionen im Jahr 2017.
Diese Entwicklung trägt zur Erderwärmung
bei. Das liegt daran, dass bei der Herstellung von
schnitzel, Wurst und steak aber auch von tieri-
schen Produkten wie Butter oder Käse viel mehr
schädliche Klimagase freigesetzt werden als bei
der Produktion von Blumenkohl, Kartoffeln oder
salat. Kühe beispielsweise stoßen bei der Verdau-
ung große Mengen an Methan aus, während
durch das Aufbringen der gülle auf die Felder
Lachgas in die Atmosphäre gelangt. Diese beiden
stoffe sind noch klimaschädlicher als CO₂.
Nach Angaben des deutschen umweltministe-
riums verursacht die Produktion von einem Kilo
Rindfleisch etwa 13,3 Kilo treibhausgase, bei
einem Kilo schweinfleisch sind es 3,3 Kilo. Ein
Kilo frisches gemüse hingegen belastet die
Atmosphäre nur mit 0,2 Kilo treibhausgasen.
Die Folge: Nach einer studie des Weltklimarats
ist die Landwirtschaft für 23 Prozent der mensch-
gemachten treibhausgasemissionen verantwort-
lich. Zählt man noch die Belastungen durch die
Verarbeitung der Lebensmittel hinzu, dann steigt
der Wert auf bis zu 37 Prozent an.
- Welche Folgen hätte es,
wenn die Fleischsteuer käme?
Momentan wird auf Fleisch wie auf andere Lebens-
mittel der grundversorgung nur ein ermäßigter
Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben.
Der Fleischverbrauch wird also im Vergleich zu
vielen anderen Produkten subventioniert. Agrar-
politiker der sPD und die grünen haben gefordert,
diese subvention zu streichen und Fleisch künftig
mit dem regulären satz von 19 Prozent zu besteuern.
Das Kilo Rumpsteak – derzeit im Discounter für
18,99 Euro zu haben – würde dann 21,12 Euro
kosten. Das entspricht einem Preisanstieg von 2,13
Euro oder elf Prozent, sofern die unternehmen die
höhere Mehrwertsteuer komplett an ihre Kunden
weitergeben, wovon auszugehen ist.
Experten wie stefan Bach vom Deutschen In-
stitut für Wirtschaftsforschung in Berlin gehen
davon aus, dass die Deutschen bei Lebensmitteln
sehr preissensibel sind und die Fleischnachfrage
infolge der Verteuerung um sieben Prozent zu-
rückgehen könnte. Da in Deutschland etwa 4,9
Millionen tonnen Fleisch im Jahr verzehrt wer-
den, würde ein solches Nachfrageminus zu einem
Rückgang des Fleischverbrauchs um rund
343.000 tonnen im Jahr führen.
Wenn man nun mit einer durchschnittlichen
Emission von sechs Kilo treibhausgasen pro Kilo
Fleisch rechnet, würde das also zu einer Einsparung
von rund zwei Millionen tonnen führen. Das ent-
spricht in etwa dem Ausstoß aller deutschen Inlands-
flüge in einem Jahr oder rund 0,3 Prozent der ge-
samten jährlichen treibhausgasemissionen. Ist das
viel oder wenig? Das ist Ansichtssache. Eine höhere
Fleischsteuer allein würde nicht dafür sorgen, dass
Deutschland seine Klimaziele erreicht, aber sie
würde einen Beitrag dazu leisten.
Was die meisten Experten allerdings bezweifeln:
dass sich durch eine höhere Fleischsteuer das Wohl
der schlachttiere verbessert, wie einige der Agrar-
politiker, die sich für die steuer ausgesprochen
haben, ebenfalls bemängeln. Von der steuer selbst
gehen keine Anreize für eine Verbesserung der
tierhaltung aus – sie müsste ja von den Käufern
konventioneller wie ökologischer Fleischprodukte
gezahlt werden. Der staat müsste also die Einnah-
men nehmen und damit etwa die umstellung auf
eine ökologische Produktion fördern. Das wäre aber
sehr umständlich. Als effektiver gilt unter Fachleu-
ten, die Fleischproduzenten direkt durch strengere
Auflagen zu einem artgerechteren umgang mit dem
Vieh zu bringen.
- Können sich dann alle Deutschen
ihr Schnitzel noch leisten?
Möglicherweise nicht. Das Ziel einer Fleischsteuer
ist es, den Fleischverbrauch zu senken. Das soll
dadurch erreicht werden, dass die Konsumenten
weniger Fleisch kaufen. Allerdings würden die
höheren Preise vor allem das Budget der ärmeren
Leute strapazieren, während die wohlhabenderen ein
paar Euro mehr leichter bezahlen können. Es droht
eine verschärfte soziale spaltung an der Fleischtheke.
um dem entgegenzuwirken, gibt es zwei mögli-
che Auswege: Einer besteht darin, als Ausgleich für
das teurere Fleisch klimaschonende Nahrungsmittel
zu verbilligen. Der staat könnte also beispielsweise
den steuersatz für gemüse auf null senken. Ein
zweiter Ausweg wäre es, geringverdienern staatliche
Zuschüsse zu gewähren. so könnte man etwa die
Hartz-IV-sätze erhöhen oder neue Leistungen ein-
führen. Der Nachteil: Das führt möglicherweise zu
mehr Bürokratie. und: Je mehr geld der staat als
Kompensation an seine Bürger überweist, desto
größer die gefahr, dass der Fleischverbrauch über-
haupt nicht sinkt. Es würde weiter gegrillt, gesotten
und gebraten – aber nun eben auf staatskosten.
Aus diesem grund würde eine Fleischsteuer
wahrscheinlich nur funktionieren, wenn Fleisch
tatsächlich wie früher ein stück weit wieder zu einem
Luxusprodukt würde, dass man sich nicht an jedem
tag leisten kann. Die Anhänger der steuer argumen-
tieren, dass das nicht so tragisch sei. schließlich sei
weniger Fleisch nicht nur gut für die umwelt, son-
dern auch für die gesundheit. - Kommen diese neuen Steuern wirklich,
oder sind sie ein Sommerlochthema?
Dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Fleisch
gestrichen wird, ist unwahrscheinlich. Es sind zu
viele wichtige Politiker dagegen – auch in der sPD,
die fürchtet, nicht mehr als Partei der sogenannten
kleinen Leute wahrgenommen zu werden.
Dafür arbeiten die Beamten in den Bundesminis-
terien an einer ganzen Fülle von Ideen, wie das
steuersystem stärker im sinne des Klimaschutzes
umgebaut werden kann. Der staat würde demnach
gezielt Produktions- und Verhaltensweisen beloh-
nen, die gut für die umwelt sind. Dafür könnten
klimaschädliche subventionen gestrichen werden.
so gilt für Diesel ein ermäßigter steuersatz, weshalb
er an der tankstelle billiger ist als Benzin. Womög-
lich wird der treibstoff also in Zukunft teurer.
Eine Entscheidung wird allerdings erst Ende
september fallen. Dann soll das Klimakabinett
der Bundesregierung ein umfassendes Maßnah-
menpaket verabschieden. Es soll sicherstellen,
dass Deutschland die Klimaziele erreicht, zu de-
nen es sich international verpflichtet hat. Was
aber in beiden Koalitionsparteien betont wird:
Die Regierung will sich nicht den Vorwurf ein-
handeln, dass der Klimaschutz auf Kosten der
sozialen gerechtigkeit geht. Wenn also einzelne
steuern erhöht werden, dann sollen im gegenzug
andere gesenkt werden.
Ist das bloß zu billig?
Viele Menschen essen gern steak und tragen damit zum Klimawandel bei. Nun wollen Politiker den
Fleischkonsum stärker besteuern. Fünf Fragen und Antworten zu den Plänen VON MARK SCHIERITZ
330
84
Millionen Tonnen
Millionen Tonnen
Weltweites
Fleischangebot
Foto: Getty Images
Fleisch wurden
2017 produziert
Fleisch wurden
1965 produziert