Focus - 10.08.2019

(Sean Pound) #1
KULTUR

Fotos: Jürgen Altmann, Stuttgart; Wilfried Petzi, München, Wolfgang Stahr,

VG Bild-Kunst, Bonn 2018

86 FOCUS 33/2019

M


it dem Sammeln von
Kunst ist das so
eine Sache: Manche
Liebhaber hängen
sich ihre Schätze ins
Schlafzimmer, um sie
heimlich bewundern
zu können. Andere
wollen ihren Namen lieber auf einem Leih-
gabe-Schild im Museum lesen, um ihren
Gemeinsinn zu dokumentieren. Wieder
andere setzen sich gleich mit einem eige-
nen Sammlermuseum ein Denkmal. Und
dann gibt es da noch die Unternehmen.
Sie kaufen und fördern Kunst aus Betriebs-
interesse. Das hat beim Großkonzern oder
Mittelständler den gleichen Effekt: Die
Kunst dient als nobles Aushängeschild,
als Image-Verstärker und Marketing-Ins-
trument – nebenbei ist sie meist auch noch
eine gute Geldanlage.
Hat der Unternehmer außerdem Ge-
schmack, Kunstsinn, genügend liquide
Mittel und die richtigen Berater, kann das
die Machtverhältnisse im Kunstbetrieb auf
den Kopf stellen. Dann sind die spektaku-
lären Projekte, die hippen Ausstellungen,
die angesagten Künstler nicht mehr in den

öffentlichen Museen zu sehen, sondern
auf Events und Messen überall auf der
Welt – oder gleich in den privaten Insti-
tutionen und Stiftungen dieser Firmen.

Die Markenkunst dient dem Marketing
Immer mehr Luxus- und Modemarken,
aber auch Autofirmen, Banken und Ver-
sicherungen setzen auf Kunst.
So beeindruckt die Deutsche
Bank durch die schiere
Masse. Deren Samm-
lung umfasst mehr als
50 000 Werke, die sich
auf 900 Filialen in
40 Ländern vertei-
len. Das Geldinstitut
leistet sich zudem in
der Hauptstadt einen
eigenen Ausstellungs-
palast: das im September
2018 eröffnete PalaisPopu-
laire an Berlins Boulevard
Unter den Linden. Das im 18.
Jahrhundert erbaute frühere
Prinzessinnenpalais soll eine
„Plattform für Kunst, Kultur
und Sport“ sein – wobei sich

der Sport bisher auf exotische Tanz- oder
Meditationsworkshops beschränkt und für
fittere Zeitgenossen auf Parkour und Free-
running-Kurse.
„Außergewöhnliche Erlebnisse in der
Kunst-, Kultur- und Sportwelt“ will das
Geldinstitut „Kunden, Mitarbeitern und
der Öffentlichkeit“ ermöglichen, sagt
Thorsten Strauß, der Global Head
of Art, Culture & Sports bei
der Deutschen Bank. Seit
2010 zeichnet das Geld-
institut zudem den
„Künstler des Jahres“
aus, der eine Ausstel-
lung erhält, die um die
Welt tourt. In diesem
Jahr ist es die Libane-
sin Caline Aoun. Sie
gastiert ab November in
Berlin.
Strategischer ist das Kunst-
engagement der Volkswagen
AG. Der Automobilkonzern
vermeldete zur Eröffnung
einer neuen Fabrik im
US-Staat Tennessee 2011 eine
Partnerschaft mit dem New

Der Flirt mit der Kunst ist für viele Konzerne inzwischen ein lohnendes Geschäft


Automagazine zeigt
Sylvie Fleury in „o.T.“, 1999
Daimler in Stuttgart
Wer sich anmeldet,
darf rein: art.collection@
daimler.com

Kunst der Daimler Art
Collection am Unterneh-
mensstandort Stutt-
gart-Möhringen. Bis 9. De-
zember präsentiert die
Ausstellung „Licht im/als
Bild“ etwa 80 Werke von
50 Künstlern aus 15 Län-
dern. Sie thematisiert das
Licht in Kunst und Design
von 1950 bis heute. Hier
(v. l.) Marty McElveen,
Martin Boyce, Anselm
Reyle, Leuchten von
Isamu Noguchi und Kons-
tantin Grcic, Skulpturen
von Cody Choi.

Es werde Licht


BMW
Thomas Girst leitet seit
2003 das Kulturengage-
ment. Er schrieb jüngst den
Roman „Alle Zeit der Welt“
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