das Regime in Pjöngjang die Verein
ten Nationen und die Internationale
Atomaufsicht, denen seine Aktivitäten
nicht verborgen bleiben, hin -in einem
Katz-und-Maus-Spiel mit getarnten
Forschungseinrichtungen und schein
bar friedlichen Absichtserklärungen.
Bis am 9. Oktober 2006 die staatliche
Nachrichtenagentur meldet: "Das Feld
der wissenschaftlichen Forschung in
der Demokratischen Volksrepublik Ko
rea hat erfolgreich einen unterirdischen
Atomtest durchgeführt. Er wurde zu
100 Prozent mit einheimischer Weisheit
und Technologie verrichtet." Westliche
Forscher zweifelnangesichtsder relativ
geringen Erderschütterungen an der
Nachricht, doch sie registrieren in den
Folgejahren weitere Tests mit deutlich
stärkeren Explosionen. Es scheint, als
sei Kim am Ziel. Im Mai 2012 schließ
lich bezeichnet sich Nordkorea in seiner
Verfassung offiziell als Atommacht.
D
er Liebe Führer erlebt das nicht
mehr. Er stirbt 2011 im Alter
von 69 Jahren "auf einer inten
siven Feldinspektion", wie es offiziell
heißt. Todesursache: Herzinfarkt. An
seine Stelle rückt sein jüngster Sohn
Kim Jong-un. Der Mittdreißiger, nach
unbestätigten Quellen 1984 geboren,
ist als Jugendlicher einige Jahre in der
Schweiz zur Schule gegangen, liebt
Actionfilme und Basketball. Er spricht
Englisch, Französisch und etwas
Deutsch. Wird dieser Kim seinem Volk
etwas von der Freiheit schenken, die er
im Westen kennengelernt hat?
Einiges deutet zunächst darauf hin:
So liberalisiert der "Große Nachfolger",
wie er von der Propaganda genannt
wird, Teile der Wirtschaft: Betriebe
dürfen Mitarbeitergehälter frei fest
legen, private Läden und Restaurants
werden geduldet. Kim lässt Schwimm
bäder, Eisbahnen und Freizeitparks
bauen. Und plötzlich berichten die
Staatszeitungen über Mängel im Land.
Doch dann führt er das Atompro
gramm fort, droht Südkorea mit Ver
nichtung, bricht Verträge und ignoriert
Resolutionen des Weltsicherheitsrats.
Kritiker in Partei und Armee lässt der
Diktator exekutieren- sogar Verwand-
te. Wie seinen Onkel Jang Song-theak,
dem nicht nur Verrat vorgeworfen wird,
sondern auch das Delikt, nur halbher
zig geklatscht zu haben, wenn Kim den
Raum betrat. Und womöglich auch sei
nen Halbbruder Kim Jong-nam, der in
Macau lebt und das Erbfolgesystem der
Kims kritisiert. 2017 gehen zwei Frau
en am Flughafen in Kuala Lumpur auf
ihn zu, reiben ihm eine Substanz ins
Gesicht und verschwinden. 20 Minuten
später ist er tot-ermordet mit dem Ner
vengift VX. Bis heute bestreitet Nordko
rea jede Beteiligung.
Kaum ein Land der Erde ist so einsam
wie Kims Reich: politisch abgeschottet
durch selbst gewählte Isolation, wirt
schaftlich abgeschnitten irrfolge von
Sanktionen der Weltgemeinschaft. Wie
lange wird sich das System noch halten
können?
So oft schon haben westliche Ana
lytiker das Regime in Pjöngjang tot
gesagt, doch es hat bislang noch allen
Krisen getrotzt. Und auch derzeit deu
tet nichts auf ein Ende der Regentschaft
der Kim-Familie hin.
Die Erbfolge jedenfalls scheint ge
sichert: Es heißt, der Große Nachfolger
habe drei Kinder. •
Torben Müller fragt sich, wie
die Kims trotzihrer angeblich
allumfassenden Fachkompe
tenz zu solchen Frisuren und
Anzügen gekommen sind.