Focus - 16.08.2019

(Sean Pound) #1

POLITIK


Foto:imago images

36 FOCUS 34/2019


A


n diesem Sonntag ist Andreas
Scheuer (CSU), 44, wieder ein-
mal Gastgeber. Der Verkehrs-
minister öffnet die Türen sei-
nes Ministeriums an der Ber-
liner Invalidenstraße für die
Öffentlichkeit. Die Besucher dürfen sich
umschauen, Fotos machen – und den
Minister befragen. „Grill den Scheuer“
heißt die Runde, bei der sich der noto-
risch gut gelaunte Politiker von Bürgern
ausquetschen lässt.
Die Fragerunde könnte für ihn jedoch
im doppelten Sinn zu einem Spiel mit dem
Feuer werden. Denn der Minister hat ein
Problem, das immer größer wird und ihn
ernsthaft in Bedrängnis bringen könnte:
die gescheiterte Pkw-Maut.
Im Kern geht es um die Frage, wie viel
Schadensersatz der Bund nach dem Urteil


des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
an die vorgesehenen Mautbetreiber zah-
len muss. Scheuer hatte die Verträge im
Volumen von zwei Milliarden Euro im
vergangenen Jahr geschlossen – obwohl
das EuGH-Urteil zur Pkw-Maut noch aus-
stand. Damals war sich der CSU-Politi-
ker sicher, dass die Richter die Abgabe
genehmigen würden.
Doch es kam anders. Die Richter kipp-
ten die Maut am 18. Juni, und Scheuer
kündigte die Verträge auch mit der
Begründung, die Betreiber hätten die
„Feinplanungsdokumentation“ nicht ver-
tragsgemäß geliefert. Die Juristen spre-
chen von „Schlechtleistung“, was so viel
heißt wie: Die Betreiber haben nicht das
geliefert, was vereinbart war.
Doch genau diese Begründung könnte
Scheuer nun zum Verhängnis werden.

Denn Unterlagen, die der Minister dem
Verkehrsausschuss in einer Sondersitzung
am 24. Juli zu Verfügung stellte, belegen,
dass er und seine Mitarbeiter bis kurz vor
dem Kündigungstag sehr wohl mit den
Leistungen der Betreiber zufrieden waren.
Die Dokumente sind zum Teil unter Ver-
schluss und dürfen nur in der Geheim-
schutzstelle des Bundestags eingesehen
werden. FOCUS konnte einige Unterla-
gen einsehen und mit beteiligten Perso-
nen sprechen.
Bei den Dokumenten handelt es sich
um Projektanalysen, Listen und E-Mails,
die zwischen Betreibern und Behörden
verschickt wurden. Auch die Bewertung
des unabhängigen Gutachters, den das
Verkehrsministerium eingesetzt hatte, fin-
det sich darunter. Der Experte bescheinigt
den Betreibern in einer E-Mail am 29. Mai

Immer Ärger mit der Pkw-Maut: Verkehrsminister Andreas Scheuer versucht, das Scheitern


des Projekts auf die Betreiber zu schieben – und bringt sich dabei selbst in Bedrängnis


Der Verkehrtminister


Der Minister
Andreas Scheuer, 44,
hat die Verträge
zur Maut gekündigt
und verstrickt sich nun
in Widersprüche

Die Akten
Mitarbeiter des Verkehrs-
ministeriums schieben am 24. Juli
21 Ordner mit Unterlagen zur
Pkw-Maut in den Bundestag

Dieser Text


zeigt evtl. Pro-


bleme beim


Text an

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