von philipp schneider
G
ut, dass Timo Gebhart keine Augen
im Hinterkopf hat. So kann er kon-
zentriert bei seiner kritischen Ana-
lyse bleiben, als hinter seinem Rücken und
jenseits der obligatorischen Werbewand,
vor der die Fußballer stets Stellung bezie-
hen bei ihren Interviews, das allseits belieb-
te MaskottchenSechzgerleinen seiner in
freier Wildbahn sehr, sehr selten beobach-
teten Stripteases vollzieht.
„Ich hab’ die Szene jetzt drei-, viermal
gesehen“, brummt also der konzentrierte
Gebhart zu den Reportern vor ihm, „ist
schon hart, dass man das abpfeift.“ Unter
der Werbewand hinter Gebhart fällt erst ei-
ne flauschige linke Tatze zu Boden, dann
ein ebenso flauschige rechte Tatze. Und,
siehe da: zwei menschliche, dem Anschein
nach eher weibliche Waden, die sich ausSe-
chzgerlsweichen Füßen soeben herausge-
schält hatten.
„Das war ja gar nix!“, knurrt Gebhart,
weiterhin unbeirrt. „Das war kein Abseits
und auch kein Foul. Ich hab’ jetzt gehört,
dass es ein Foul war, aber das ist ja lächer-
lich.“ Geräuschlos fällt hinter Gebhart der
pelzige Kopf vonSechzgerlzu Boden. Und
um die Ecke biegt die Statistin, die minu-
tenlang in der Hitze unter dem Kostüm aus-
geharrt hatte. Sie lächelt. Ertappt!
Man muss dazu wissen, dass der TSV
1860 München seit jeher ein großes Ge-
heimnis macht aus der Frage, wer wohl un-
ter der Haut seiner zwei Maskottchen
steckt: Der LöweSechzgerist mannsgroß
und hat eine dunkelbraune Mähne,Se-
chzgerlist eher klein und hat eine hellbrau-
ne Mähne. Als sich die SZ vor dreieinhalb
Jahren nach einem Interview mit einem
der Statisten unter den Löwenkostüms er-
kundigte, da bekam sie einen schriftlichen
Korb. Der Grund sei folgender: „Wir möch-
ten das Maskottchen nicht entmythisie-
ren.“ Aha. Aber jetzt! Nein, doch nicht.
Die Chance auf eine EntmythisierungSe-
chzgerlswar am Samstag zwar so groß wie
noch nie, aber an ein Interview mit der flie-
henden Heldin unter dem Pelz war ange-
sichts der ebenfalls mysteriösen sportli-
chen Lage nicht zu denken. Timo Gebhart,
der bei diesem sehr merkwürdigen 0:0 ge-
gen den SV Meppen zum ersten Mal seit sei-
ner Rückkehr zum Münchner Drittligisten
in der Startelf gestanden hatte, war ja zu-
recht frustriert: Zweimal hatte der Ball
nach einem Freistoß im Tor des SV Mep-
pen gelegen. Zweimal hatten die Sechzig-
Fans zu feiern begonnen. Zweimal aber
pfiff Schiedsrichter Benedikt Kempkes die
Löwen auf den Boden der Ernüchterung zu-
rück. In einem Fall – der Innenverteidiger
Aaron Berzel hatte kurz vor dem Halbzeit-
pfiff nach einem Freistoß von Daniel Wein
mit dem Kopf eingenickt – entschied er
auf Abseits. Im zweiten, von Gebhart ge-
schilderten Fall, ließ er den Treffer nicht
zählen, weil er ein Foul von Sascha Mölders
am Meppener Torwart erkannt haben woll-
te, bevor Gebhart am langen Pfosten den
Ball mit seinem Schädel über die Linie ge-
drückt hatte. Zumindest diese Entschei-
dung war in der Tat diskussionswürdig.
Es waren zwei Szenen, die Sechzigs Trai-
ner Daniel Bierofka nach der Partie dazu
veranlassten, seine Spielanalyse mit ein
wenig Sarkasmus zu würzen. Bei Berzels
vermeintlichem Treffer könne man die Ab-
seitsposition „selbst nicht in Zeitlupe er-
kennen. Wenn das der Linienrichter gese-
hen hat, dann muss ich ihm dazu gratulie-
ren“, sagte Bierofka. Durchaus zufrieden
zeigte er sich angesichts der Leistung sei-
ner Mannschaft, die vor allem in der zwei-
ten Hälfte der ersten Halbzeit drückend
überlegen gewesen war. Abgesehen von
der ersten Viertelstunde, in der die Münch-
ner nur schwer in die Partie gefunden hät-
ten, sah Bierofka „bis zur 80. Minute ein
sehr, sehr gutes Spiel“. Das sehr, sehr gute
Spiel endete spätestens, als der Meppener
Deniz Undav frei vor Torwart Bonmann
auftauchte, der glänzend reagierte. Und
mit jenem Gewaltschuss von Luka Tank-
ulic, der kurz darauf noch den Ball an die
Unterkante der Latte hämmerte, der aber
zum Glück der Münchner nicht hinter die
Linie sprang, sondern zurück ins Feld.
Aus Sicht von Bierofka hatte die Partie
mal wieder als Beweis für eine seiner Lieb-
lingsthesen getaugt: dass nämlich ein wei-
terer Stürmer erworben werden sollte, be-
vor am 2. September die Transferperiode
endet – (zuletzt hat Investor Hasan Ismaik
signalisiert, er werde dem Stürmerwunsch
nachkommen und den Transfer privat fi-
nanzieren). Als „nach wie vor unser großes
Manko“ bezeichnete der Trainer den Um-
stand, „dass wir zu viele Möglichkeiten
brauchen, um ein Tor zu erzielen“.
Die alleinige Schuld dem Schiedsrichter
geben wollte keiner der Münchner – auch
Bierofka und Gebhart nicht. „Wir müssen
unsere Angriffe besser ausspielen, dann
kommen wir zu ein, zwei Chancen mehr.
Dann ist das Spiel gelaufen oder es spricht
zumindest vieles für uns“, sagte Gebhart,
der selbstkritisch mit seinem Startelfde-
büt umging, bei dem ersichtlich wurde,
dass seine Mitspieler noch Zeit benötigen,
um sich wieder an die Laufwege ihres alten
und neuen Spielmachers zu gewöhnen.
„Vielleicht brauche ich noch drei, vier Spie-
le“, sagte Gebhart. Seine Leistung sei aller-
dings „schon in Ordnung“ gewesen.
Wenn bloße Zahlen Gefahr verströmen
können,dann schrillen die jüngsten drei
Pflichtspiel-Ergebnisse des FC Augsburg
wie eine Sirene: 1:8 in Wolfsburg, 1:2 beim
Viertligisten Verl und 1:5 in Dortmund.
Wolfsburg ist drei Monate her, Verl vor ei-
ner Woche gilt als Pokal-Ausrutscher und
Dortmund sei nicht der Maßstab – mit die-
sem Tenor haben die Augsburger am Sams-
tag das explosive Gemisch aus miserablen
Ergebnissen entschärft. Martin Schmidt
versuchte zu erklären, warum die Blama-
gen in Dortmund und Wolfsburg nichts
miteinander zu tun haben, als Augsburgs
Trainer sagte: „Es waren heute noch zwei
Spieler auf dem Platz, die letztes Jahr am
letzten Spieltag auch gespielt haben – ich
glaube, dass das junge, neue Team Kredit
verdient hat.” Aber es waren halt nicht nur
zwei, sondern fünf Spieler: Michael Grego-
ritsch, Daniel Baier, André Hahn, Marco
Richter und Reece Oxford.
Neun in Dortmund mitverprügelte Spie-
ler hatten drei Monate zuvor in Wolfsburg
nicht gespielt, das stimmt, und gleich vier
Zugänge waren am Treffer zum 1:0 nach
31Sekunden beteiligt: Carlos Gruezo, Ru-
ben Vargas, Mads Pedersen und Florian
Niederlechner. Sie kombinierten das Füh-
rungstor heraus, als spielten sie bereits
seit drei Jahren zusammen. Der neue Tor-
wart Tomas Koubek flog in der ersten Halb-
zeit durch den Strafraum wie ein Kampf-
jet, der feindliche Raketen eliminiert. Er er-
hechtete drei famose Schüsse von Julian
Weigl, Marco Reus und Axel Witsel. Nach
dem frühen Tor und Koubeks Paraden
dachte mancher schon: Holla, diese Augs-
burger! Doch mit zehn Feldspielern am ei-
genen Strafraum und nur 22 Prozent Ball-
besitz spielte Augsburg zunehmend wie
ein Abstiegskandidat. Koubek trug an den
ersten drei der fünf Gegentore erhebliche
Mitschuld, wurde von seinen Vorderleuten
aber auch im Stich gelassen. Der Trainer
sagte: „Es wäre unfair, ihn allein anzupran-
gern, diese Gegentore muss man dem gan-
zen Team ankreiden.“
Sechs Zugänge standen in Dortmund in
der Startelf. Der Mannschaft mangelte es
dadurch an harmonischen Abläufen. Weil
einige Stammkräfte verletzungsbedingt
fehlten, nähren sich kurzfristige Besse-
rungshoffnungen aus deren bevorstehen-
der Rückkehr. „Dass wir die nötige Quali-
tät für die Bundesliga haben, kann ich ga-
rantieren“, sagte Gregoritsch, aber als er
dann gefragt wurde, ob er auch nach der
Schließung des Transferfensters Anfang
September noch in Augsburg spielen wer-
de, enthielt er sich lieber einer Zusage. Er
wird inzwischen mit Borussia Mönchen-
gladbach in Verbindung gebracht.
Auf die Rückkehr von verletztem Perso-
nal scheinen sich die Augsburger mittler-
weile nicht mehr verlassen zu wollen. Man
steht dem Vernehmen nach vor der Ver-
pflichtung des 35 Jahre alten Schweizers
Stephan Lichtsteiner. Der Außenverteidi-
ger hat einst für Juventus Turin in der
Champions League und zuletzt für den
FC Arsenal in London gespielt, jetzt ist er
frei und ohne Ablöse zu haben. Er würde
dem Team vermutlich weiterhelfen, aber
die viel entscheidendere Probe steht dem
Augsburger Kader am kommenden Sams-
tag gegen den Aufsteiger Union Berlin be-
vor. Dies sei der wahre Gradmesser, sagt
Gregoritsch. Der Abstiegskampf ist eröff-
net. ulrich hartmann
Die Nürnberger hatten so gute Erinnerun-
gen anden SV Sandhausen. Am 6. Mai 2018
machte der Club dort mit einem 2:0 den
achten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga
perfekt. Doch die Rückkehr geriet für den
Traditionsverein zu einer herben Enttäu-
schung. Er kassierte am Freitag beim 2:3
(1:2) bereits seine zweite Niederlage im drit-
ten Zweitligaspiel. „In der ersten Halbzeit
haben wir kollektiv versagt“, sagte Sebasti-
an Kerk. „So kann man in dieser Liga nicht
bestehen“. In einer schwachen ersten Halb-
zeit ging der SVS durch Treffer von Mario
Engels (25. Minute) und Kevin Behrens
(35.) mit 2:0 in Führung. Kurz vor der Pau-
se erzielte Kerk noch den Anschlusstreffer
(45.). Verteidiger Asger Sörensen glich in
der 70. Minute aus. Nürnbergs Trainer Da-
mir Canadi hatte mehrere Umstellungen
vorgenommen, die fast zum Punktgewinn
gereicht hätten – bis der eingewechselte
Philip Türpitz kurz vor dem Abpfiff traf
(89.). Für mehr Wucht im Angriff soll der
Schweizer Michael Frey sorgen, der von Fe-
nerbahçe Istanbul kommt. „Er ist ein gro-
ßer, kantiger, bulliger Spielertyp. Solche
Typen haben wir nicht“, sagte Sportvor-
stand Robert Palikuca. Frey könnte schon
im nächsten Zweitligaspiel am Sonntag ge-
gen den VfL Osnabrück auflaufen. dpa
Linda Dallmann hat selbst nie beim SC Frei-
burg gespielt, das hätte ihr Verhalten er-
klärt. Diese Zurückhaltung nach ihren ers-
ten Saisontoren für ihren neuen Verein. Im
Fußball jubeln Spieler bei Treffern gegen
frühere Arbeitgeber meist wenig bis gar
nicht. Aber Dallmann ist bis zu ihrem Wech-
sel zum FC Bayern München zu dieser Sai-
son bei der SGS Essen angestellt gewesen,
das kann am Samstag also nicht der Grund
gewesen sein. Vielleicht wollte die 24 Jahre
alte Nationalspielerin also nur bescheiden
bleiben, noch war das Spiel ja nicht ent-
schieden – ebenso wenig die Meister-
schaft. Auch die 30. Saison der Frauenfuß-
ball-Bundesliga hat 22 Spieltage.
Aber nach dem Umbruch mit neun Weg-
gängen, sieben Zugängen und Jens Scheu-
er als neuem Trainer ist dem FC Bayern
beim SC Freiburg auf dem Weg zum anvi-
sierten vierten Titelgewinn mit 3:1 (1:1) der
wichtige Auftaktsieg gelungen. Hinter der
TSG Hoffenheim ist Bayern nun Zweiter,
Dauerrivale VfL Wolfsburg Sechster. Für
Scheuer war es ein emotionales erstes
Spiel für die Bayern – dort, wo er zuvor vier
Jahre lang gearbeitet hatte. Die Erfolge in
den Testspielen hatten schon einen Vorge-
schmack darauf gegeben, dass die Kader-
zusammenstellung auch in dieser Saison
gelungen sein könnte: In fünf Partien verlo-
ren die Münchnerinnen lediglich gegen Pa-
ris Saint-Germain, während sie gegen den
FC Chelsea gar 5:0 gewinnen konnten und
gegen Arsenal London ein Turnier gewan-
nen. „Wir sollten so selbstbewusst sein, zu
sagen: Wir wollen Meister werden“, hatte
Scheuer vor dem Start der neuen Runde
entsprechend selbstbewusst gesagt und
vorgerechnet: „Ich will alle Spiele gewin-
nen. Gewinnen wir alle Spiele, werden wir
Meister. Ich bin guten Mutes.“
Jovana Damnjanovic hatte die Gäste in
der 18.Minute in Führung gebracht. Nach
dem Tor aber ging Bayern in der Offensive
die nötige Aggressivität ab – die Antwort
folgte prompt: Janina Minge glich in der
- Minute aus. Nur hielt der Freiburger
Aufschwung nicht lange an. Nach der Pau-
se platzierte Dallmann den Ball mit ein,
zwei, drei schnellen Bewegungen flach ins
untere rechte Eck (49.), lief lächelnd unauf-
geregt weiter und ließ sich beglückwün-
schen. Sechs Minuten später lenkte Frei-
burgs Torhüterin Merle Frohms eine Her-
eingabe ab, der Ball landete erneut bei Dall-
mann – die ihn über Frohms hinweg von
der Strafraumgrenze zum 3:1-Endstand
über die Linie schoss.
Als die Saison noch nicht begonnen hat-
te und es noch um die Frage ging, ob sich
sein Team schon gefunden habe, hatte
Scheuer nicht mit Floskeln geantwortet,
sondern eine Analogie fern seines Sports
gewählt: das Stricken. Man stricke und stri-
cke, bis irgendwann ein schöner Pullover
fertig sei. In der Vorbereitung sagte Scheu-
er, er arbeite mit seinen Spielerinnen noch
am Kragen – inzwischen aber dürfte der
Pullover fertig sein. anna dreher
Jan Frodeno hat seine Siegesserie auch an
seinem 38.Geburtstag fortgesetzt. Der ge-
bürtige Rheinländer gewann am Sonntag
wie erwartet über die Olympische Distanz
beim Allgäu Triathlon. Frodeno benötigte
für 1,5 Kilometer Schwimmen, 42 Kilome-
ter Radfahren und 10 Kilometer Laufen
2:03:24 Stunden. Auf den Zweitplatzierten
Philipp Bahlke aus Süßen hatte der zwei-
malige Ironman-Weltmeister (2015, 2016),
dreimalige Ironman-Europameister (2015,
2018, 2019) und Triathlon-Olympiasieger
von 2008 über acht Minuten Vorsprung.
Der Sieg bei der Kultveranstaltung bei Im-
menstadt reihte sich in die Erfolgsbilanz
Frodenos ein. Seit fast zwei Jahren ist er un-
geschlagen und gewann alle Rennen, bei
denen er antrat. Erst eine Woche vor dem
Sieg im Allgäu hatte Frodeno über die hal-
be Ironman-Distanz (1,9/90/21,1) in Polen
gewonnen. Im Oktober will er auf Hawaii
seinen dritten Ironman-Titel nach 2015
und 2016 gewinnen und den Hattrick von
Landsmann Patrick Lange (Weltmeister
2017 und 2018) verhindern. dpa
Es ist ja selten ein Kompliment, wenn ein
Teenager hören muss, wie „frech“ er aufge-
treten sei. Aber im Falle von Jamie Lewe-
ling, U19-Spieler in Fürth, liegt der Fall an-
ders, er wird sich nicht darüber ärgern. Es
ist ja eine Auszeichnung und kein Tadel
von seinem fußballerischen Ziehvater Ste-
fan Leitl gewesen, der den 19-Jährigen
nach dem knappen 1:0 Sieg über Regens-
burg ausführlich lobte: „Der ist frech, der
macht sein Ding. Das ist schön zu sehen.“
Leweling hatte Regensburgs linke Seite
durcheinandergewirbelt, und als er vom
Platz ging, da standen die Zuschauer auf
und klatschten.
Die U23 hat Leweling übersprungen,
aus der U19 wurde er nach der Vorberei-
tung zu den Profis gezogen, wo er Leitl viel
Freude bereitet hat. „Es spielt keine Rolle,
wie alt er ist, sondern wie viel Potenzial er
hat“, sagt sein Trainer. „Mit seiner unbe-
kümmerten Art hat er uns sehr gut getan.“
Denn das war ja die Ausgangslage in die-
sem bayerischen Derby: Beide Mannschaf-
ten waren bekümmert, ein wenig fassungs-
los nach ihren Pokal-Blamagen. Fürth war
gegen den Drittligisten MSV Duisburg hilf-
los (0:2), Regensburg verlor gar gegen den
Regionalligisten Saarbrücken mit 2:3. Eine
Niederlage, die man nicht so einfach abha-
ken könne, hieß es aus Regensburg. „In al-
ler Schärfe“ habe man das aufgearbeitet,
verkündete Fürths Trainer Leitl.
Wie Leitl und sein Gegenüber Mersad
Selimbegovic ihre Mannschaft wieder auf-
bauen wollten, war also die große Frage
am Sonntag. Leitl, der das Feuer vermisst
hatte, setzte auf die Ungeduld der Jugend.
Fünf Wechsel nahm er vor: David Raum,
21, Hans Nunoo Sarpei, 20, Jamie Jeweling,
18 und Marco Meyerhöfer, 23, sollten die
Sache besser machen. Junge Leute, unbe-
lastet, unbekümmert. Draußen blieben un-
ter anderem die Stammspieler Marvin Ste-
faniak und Maximilian Wittek, was gleich
Gerüchte aufkommen ließ. Dass nämlich
Wittek, der nur auf der Tribüne saß, vor ei-
nem Wechsel zum Nachbarn Nürnberg ste-
hen könnte. Fürths Geschäftsführer Sport
Rachid Azzouzi widersprach diesen Vermu-
tungen recht energisch.
Und Selimbegovic? Der ging einen ande-
ren Weg, einen sanften Weg – er vertraute
weiter auf seine Stammbelegschaft. Und
so war dieser bayerische Vergleich auch ei-
ne Antwort auf die Frage, wer die Pokal-
Blamage besser verarbeiten konnte. Das
entschied sich erst nach der Halbzeit, kurz
nachdem Jamie Leweling für einen ande-
ren Neuen Platz machte, für den früheren
Frankfurter Branimir Hrgota, der das Spiel
gleich an sich riss. Genauer gesagt: in der
- Minute. Zugang Havard Nielsen, für
den Daniel Keita-Ruel ausgewechselt wur-
de, passte den Ball zu Hrgota, der verlud ei-
nen Gegenspieler flankte auf Julian Green,
der den Ball per Kopf ins Netz wuchtete.
Das brachte den Jahn aus der Fassung, Se-
kunden nach dem Anstoß verschluderten
sie den Ball, Hrgota tauchte vor dem Tor
auf, zielte aber daneben (76.).
Fast wäre Hrgota dann ein perfekter Ein-
stieg bei seinem neuen Arbeitgeber gelun-
gen. Doch nach seinem vermeintlichen Tor
(81.) griff der Videoassistent ein und melde-
te eine Abseitsstellung. Und während man
jetzt gut beobachten konnte, wie das Für-
ther Flügelspiel funktionieren soll, war die
DNA des Jahn-Spiels in der zweiten Hälfte
nicht mehr zu erkennen. Dieses ekelhafte
Anlaufen der vordersten Angreifer, das
Fürth anfangs regelmäßig in Verlegenhei-
ten brachte; die langen Bälle auf Stürmer
Grüttner. All das war in der zweiten Hälfte
verschwunden.
Tatsächlich wirkten die Fürther nach
der Pause plötzlich reifer, Regensburg
fand kaum mehr den Weg nach vorne, wäh-
rend es immer häufiger zu tumultartigen
Szenen um Jahns Torwart Alexander Mey-
er kam, immer wieder tauchte Hrgota dort
auf. „Das war zu wenig, wir konnten keine
Gefahr ausstrahlen. Fürth war näher am
2:0 als wir am Ausgleich“, sagte Selimbego-
vic danach. Auch Oliver Hein gab sich
selbstkritisch: „So wird es schwierig.“
Für die Regensburger gab es am Ende
dann doch noch eine gute Nachricht nach
einem enttäuschenden Nachmittag mit die-
ser Niederlage. Nachdem es im vergange-
nem Jahr Zusammenstöße zwischen Jahn-
Fans und der Polizei gegeben hatte und Re-
gensburger den Ordnungskräften dann
„Provokationen“ und Unverhältnismäßig-
keit vorwarfen, liefen die Regensburger
Fans durch Fürth, an der Spitze den Präsi-
denten ihres Vereins, Hans Rothammer,
und alles blieb ruhig. thomas gröbner
Mystisches Unentschieden
Daskuriose 0:0 gegen den SV Meppen darf für Trainer Daniel Bierofka auch als Beleg für die
These herhalten, dass der TSV 1860 München einen weiteren Stürmer gut vertragen könnte
Von den Mitspielern im Stich gelassen, aber auch mit schuld: Bei den ersten drei
Gegentoren sah Augsburgs Keeper Tomas Koubek nicht gut aus. FOTO: HUEBNER/IMAGO
Wenig Harmonie
Der FC Augsburg tritt in Dortmund wie ein Abstiegskandidat auf
Für die Regensburger gab es trotz
Niederlage eine gute Nachricht
„Kollektiv versagt“
Nürnberg verliert auch in Sandhausen
Der Pullover ist gestrickt
Die Fußballerinnen des FC Bayern gewinnen 3:1 in Freiburg
Geburtstagssieg
Triathlet Frodeno gewinnt im Allgäu
Flanke, Kopfball, Tor: Julian Green (links) bringt Fürth im fränkisch-oberpfälzi-
schen Duell gegen Regensburg den Sieg – und Tabellenplatz fünf. FOTO: ZINK / IMAGO
Mit der Ungeduld der Jugend
Fürthgewinnt 1:0 gegen Jahn Regensburg und schüttelt die Pokalblamage ab
Wechselt Michael Gregoritsch?
Kommt Stephan Lichtsteiner?
Angesichts der zwei strittigen
Schiedsrichter-Entscheidungen
gab sich Bierofka sarkastisch
Die meistdiskutierte Szene des Spiels: In der 37. Minute prallt Sascha Mölders nach einer Freistoßflanke mit Meppens Tor-
wart Erik Domaschke zusammen (im Bild). Timo Gebhart köpfelt darauf ins leere Tor – der Treffer zählt nicht.FOTO: HAIST / IMAGO
22 HMG (^) SPORT IN BAYERN Montag,19. August 2019, Nr. 190 DEFGH
Die entscheidenden zwei Tore gleich im ersten Saisonspiel für den neuen Verein:
BayernsZugang, Nationalspielerin Linda Dallmann (rechts). FOTO: IMAGO