Süddeutsche Zeitung - 20.08.2019

(National Geographic (Little) Kids) #1

Woche von 20. bis 26. August 20 19 3


SPIELFILM| MONTAG, 20.15UHR, ARD– Schon


zuDDR-Zeitenwar ErichHoneckerfür


viele eineWitzfigur. Heute,unter Kapi-


talismusundDemokratie, gibtder Ex-


StaatsratsvorsitzendeeinedankbareVor-


lagefür eineputzigeKomödie ab. Wenn


auchvor allemfür jene, die damals schon


überihn lachten.


Denndarüber,dasssich„Vorwärts im-


mer!“ vorrangig aneineÜ50-Zuschauer-


schaftrichtet, täuschenauchdie jungen


Gesichtervon JosefinePreuß,Jacob Mat-


schenzund MarcBenjaminnicht hinweg,


die inder Posse Nebenrollenspielen:Der


Ost-Rock-Soundtrack istsodosiert, dass


erimZusammenspiel mit ausgesuchten


DDR-RequisitenzwarOstalgie-Gefühle


aufkommen lässt, aberauchnicht weiter


stört. Schnitt und Bildgestaltungent-


sprechenden Sehgewohnheiten desnicht


ganzsoexperimentierfreudigenTeils der


ARD-Zuschauer, denendie 20 17 imKino


gestarteteKomödie nun als Free-T V-Pre-


miere gezeigt wird.


Jenes Publikumistmit Hauptdarsteller


JörgSchüttaufdankseineslangjährigen


„Tatort“-Engagementsohnehin vertraut.
Schüttauf spielt den DDR-bekannten
BühnenschauspielerOttoWolf, dermit-
teninderProbezumneuen,ungeneh-
migtenTheaterstück „Vorwärts immer!“
beunruhigendeNachrichten erhält: Seine
geliebteTochter Anne(Preuß) will inden
Westen„rübermachen“.Um ihrenge-
fälschten Westpassabzuholen,istAnne
mit ihremFreundMatti (Benjamin)und
ihrem Fälscherkontakt August (Mat-
schenz) auf demWeg nachLeipzig.Dort,
woanjenem9.Oktober 1989Polizei- und
Armeetruppsauf Anweisungenwarten,
wie mit denTausendenDemonstranten
zuverfahrensei, die sichdortseit einigen
MontagenzumProtestversammeln.Als
ein gut informierterKollege Ottosteckt,
HoneckerhabedenSchießbefehlerteilt,
istfür denliebendenVater klar: Ermuss
seine Anneretten– und zwarinseiner Pa-
raderolleErich Honecker.
Eine Hürde nachdernächstenstellt Dreh-
buchautor MarkusThebe auf,überdie
Regisseurin Franziska Meletzkydenfal-
schen HoneckerinSlapstick-Manierstol-

pernlässt. Humor zugeschnittenauf Zu-
schauer, die mit denFilmenvon Louis de
Funès aufwuchsen, die sowohlimOsten
als auchimWestensehrbeliebt waren.
Dasssich trotz dervielenskurrilenSitua-
tionenkeine großenLacher ergeben, liegt

vermutlichandemschon fastthrillerar-
tigen Handlungsstrang, dendie „Tatort“-
erprobte Regisseurin immer wieder
zwischenschneidet:Anneund ihrezwei
Begleiter liefern sichgefährliche Verfol-
gungsjagdenmit Stasi-Schergen. ali

ErichwährtamLängsten


Vorwärtsimmer!|CharademitStaatsratsvorsitzendem:EinDDR-Schauspiele r
schlüpftindieHonecker-Rolle,umseineTochtervordemSchießbefehlzuretten.

Egbert (AlexanderSchubert) und Otto (Jörg Schüttauf, rechts) spielenEgon Krenzund Erich
Honecker in einem Theaterstück. FOTO:ARDDEGETO/CRAZYFILM/NADJAKLIER

Legendäre


Limonade


DOKUMENTATION| DONNERSTAG, 20.15UHR,
3SAT– NachaktuellenStudienwerden
inDeutschland 62HektarLandbebaut


  • und das täglich.Das bedeutet: Jeden
    einzelnen Tag werdenmitunter ökolo-
    gisch wertvolle Flächen inder Größe
    von 88 FußballfelderndenStraßen,
    Flugplätzen oder Wohn-, Gewerbe-
    und Industriegebieten„geopfert“.
    BaldkeinGrünmehr: Besteht die Re-
    publikirgendwannnur nochaus As-
    phalt und Beton?DieserFrage gehtdie
    Dokumentation „Luxusgut Lebens-


chesLebenbrauchen, auchgewähr-
leistenzukönnen.“
EineMöglichkeit gegen denBodenfraß
wären beispielsweise Ausgleichsflä-
chen. Sie sollenden Verlust von Natur
und Landschaftkompensieren. Vie-
leGemeindeninDeutschland setzen
die Vorgabe nachdemBundesnatur-
schutzgesetz jedochnur unzureichend
um,wie inMeyersFilmzusehen ist.
Der Zuwachs neuerEinwohner und Ge-
werbe scheint bedeutenderals Wiesen,
Wald und Wälder. ttl

raum“ von Uta Meyer nach, die nun erst-
mals bei 3satzusehen ist. Die Folgendes
anhaltendenBauboomskönnten drama-
tisch sein. Durch denVerlustanfrucht-
baremBodenundanLebensraumfür
Pflanzenund Tiere drohtnicht nur ein Ar-
tensterben.Expertenwie Dr. Karl Kienzl

vomUmweltbundesamtÖsterreichwar-
nen bereits. Ersagt:„Wirmüssendazu
kommen,dasswir null Flächezusätzlich
verbrauchen.Das istbitter notwendig,
umlangfristigeineVersorgungmit Le-
bensmitteln,Futtermittelnundall den
anderenGütern, die wir für unsertägli-

WenndasGrünverschwindet


Luxusgut Lebensraum|DeranhaltendeBauboomführtinDeutschlandzueinem
massivenFlächenverbrauch.Eine3sat-DokumentationschlägtAlarm.

DerHunderteinjährige,derdieRech-
nungnichtbezahlte...| Schwungvolle
Fortsetzungdesschwedisch enHits

SPIELIFLM| DIENSTAG,22.45UHR, ARD– Ein
Jahristvergangen seit denGeschehnis-
sen aus „DerHundertjährige, deraus dem
Fenster stieg und verschwand“(2009). In
der 2016 erschienenenFortsetzungder
Erfolgskomödieleben dernunmehr hun-
derteinjährigeAllan (Robert Gustafsson,
Bild) undseine Freunde nochauf Bali.
Aberdas Geldaus demDrogendeal, das
ihnen indie Hände gefallenwar, istaus-
gegeben. InBademänteln schleichensich
Allan,Julius(Iwar Wiklander), Geddan
(Jens Hultén) und das Äffchen Erlander
aus demHotel, dessenRechnungsie nicht
mehrbegleichenkönnen. Zumindest ha-
bensie einenPlan, wie esweitergehen
könnte:Die Volksbrause aus demunter-
gegangenenSowjetreich, die Allan insei-
ner Zeit als Doppelspionschätzengelernt
hat, könnteein Verkaufsschlagerwerden
und ihnen ein neuesVermögenbescheren.
Auf derSuche nachderRezepturkehren
Allan und seinAnhanginsheimatliche
Schwedenzurück,dochschon baldver-
schlägt es sie nachBerlinund Moskau.
EineRomanvorlage vonBestsellerautor
Jonas Jonassongab esfür die Fortsetzung
nicht. Doch das Drehbuchund die Regie
derBrüderFelix und MansHerngrensor-
gen trotzdemfür ein solidesRoadmovie
mit wohldosierten burlesken Einlagen.
Das Erste zeigt denschwungvollen Film
als Free-T V-Premiere. agü

FOTO:ARDDEGETO/TELE

-MÜNCHEN

Olga Lenski (MariaSimon) und ihr polnischer Kollege AdamRaczek (LucasGregorowicz) ha-


ben wieder einen grenzübergreifendenMordfall. FOTO:RBB/OLIVERFEIST


Polizeiruf110:Heimatliebe|ImRBB-Krimitreffenpolnischeunddeutsche
Nationaliste nimStr eitumHeimatundGrenzenaufeinander

FERNSEHFILM| SONNTAG, 20.15UHR,ARD–


ImMittelpunkt des neuen „Polizeiruf


110“-Krimis aus Brandenburg stehen


polnische Nationalisten und sich als


preußisch verstehende Reichsbürger-


Verschnitte,die allesamtineinen grenz-


überschreitenden Mordfall verwickelt


sind.Wobei „Grenze“ indiesemhinter-


gründigen Filmein ebensozentralerwie


dehnbarerBegriff ist.


Solernt derZuschauerden verschrobenen


BerndJaschke (Waldemar Kobus)ken-


nen,derdie VerfassungderBundesrepu-


bliknicht anerkennt,keine Steuern zahlt


und sichbewaffnet auf seinemHof mit
Grenzschild der preußischen „Provinz
Brandenburg“verbarrikadiert.Auf der
polnischenSeite der OderwirdderBau-
erWojciechSekula (Grzegorz Stosz) auf
seinemHof ermordet. Verdächtigt wird
derenterbte Bruder(Marcin Pietowski),
ein Ultra-Nationalist. Für die Kommissa-
reOlgaLenski(MariaSimon)und Adam
Raczek(LucasGregorowicz) stehenharte
Ermittlungeninfeindseliger Umgebung
an. AutorenfilmerChristian Bacherzählt
klugvon historischerSchuld und patrioti-
schemStolz. mxh

Grenzenlosprovinziell

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