TEXT UND FOTOS: PETE MULLER
Wasser
voller
Frieden
IN KRISENGEBIETEN FOTOS
ZU MACHEN KOSTET KRAFT.
UM DANACH WIEDER ZU SICH
ZU KOMMEN, ZIEHT ES PETE
MULLER AN KENIAS FLÜSSE.
EINE LIEBES ERKLÄRUNG
AN DAS FLIEGENFISCHEN.
IM TAL LEUCHTET DAS LETZTE ABENDLICHT. Das Rau-
schen des Wassers übertönt alles. Ich gehe am Ufer
des Flusses entlang, neben mir mein Hund. Es macht
ihn nervös, dass er nur den Wasserfall hört. Ängstlich
hängt er mir an den Fersen. Wir gehen angeln. Vor-
dergründig zumindest.
Ich befinde mich mit meinem Hund im Hochland
Zentralkenias. Dort war ich 2013 zum ersten Mal
unterwegs. Die jahrelange Arbeit als Fotojournalist
in einigen der konfliktträchtigsten Regionen Afrikas
hatte Narben in mir hinterlassen. Mit der Zeit war
es mir immer schwerer gefallen, die Kämpfe, die
schon immer in mir wüteten, von jenen zu unter-
scheiden, die ich vor meiner Kameralinse hatte.
Beide verwoben sich zu einem zunehmenden Gefühl
von Spannung und Unfrieden.
Im Fliegenfischen, beim Waten im Fluss und dem
rhythmischen Auswerfen der Leine erhoffte ich mir
ein Gegenmittel gegen den Schmerz, mit dem mich
dieses viele menschliche Leid verfolgte.
Eine Angelleine auswerfen – das hatte ich zuletzt
als Zehnjähriger getan. Damals fischte ich an der
Küste des Atlantiks. Der lag direkt vor den Wohnorten
meiner Kindheit: New Jersey und Massachusetts.
Die Grundlagen des Fischens brachte mir der dama-
lige Freund meiner Mutter bei. Er war ein großer
Mann, ein Onkel, wie man ihn sich als Junge
wünscht. Aber er hatte bei den Spezialkräften der
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