Heyd. „Es ruft die alten blonden, blauäugigen
Geister zurück aus der Hölle, in die sie nach dem
Zweiten Weltkrieg geschickt wurden.“
T
atsächlich aber liefern die Gene
tiker Argumente, die Kossinnas
Theorie zerplatzen lassen: Ers
tens dokumentiert die Genanaly
se, dass nicht etwa ein „Supervolk“
aus dem Norden, sondern die JamnajaMen
schen und ihre Nachkommen Europa prägten.
Zweitens stützt diese Erkenntnis die Theorie der
Linguisten, wonach ProtoIndoeuropäer nach
Europa einwanderten – und nicht „Arier“ die
Weiten Osteuropas kultivierten. Kossinnas Be
hauptung, dass es die eine ureuropäische Rasse
gegeben habe, deren Verbreitung sich anhand
ihrer Kulturgegenstände identifizieren lasse, ist
also hinfällig. Euro päer sind eine Mischung: zu
etwa gleichen Teilen JamnajaKultur und ana
tolische Bauern mit einem wesentlich kleineren
Klecks afrikanische Jäger und Sammler. Jedoch
mit großen regionalen Unterschieden: mehr
Gene der Nomaden in Skandinavien, mehr
Bauern Gene in Spanien und Italien.
„Für mich untergraben die neuen Ergebnisse
aus den DNAAnalysen das nationalistische
Paradigma, wonach wir schon immer hier gelebt
und uns nicht mit anderen Völkern gemischt
haben“, sagt der schwedische Archäologe Kris
tian Kristiansen. „Es gibt keinen Dänen oder
Schweden oder Deutschen.“ Stattdessen, sagt
er, „sind wir alle Afrikaner und Russen“. N
Aus dem Englischen von Susanne Schmidt-Wussow
DIE ERSTEN EUROPÄER 67
Der Amerikaner Andrew Curry lebt in Berlin und
schreibt über archäologische und historische The-
men sowie über Kultur und Politik. Rémi Bénali
machte immer wieder mit Fotoreportagen und
ikonischen Bildern von sich reden, etwa mit seinen
Fotos vom ersten Klonschaf Dolly.