Louis de Silvestre. Von ihm lässt er sich lebensgroß im
Stil Ludwigs XIV. malen: als stolzer Recke im schimmern
den Harnisch, umwallt vom Hermelinmantel der Herr
schenden; zur einen Seite der Thronsessel, zur anderen
das sächsische Kurschwert sowie der Reichsapfel und die
Krone Polens. Das Gemälde ist auch Kunst-Propaganda,
denn es wird vielfach kopiert, variiert, verbreitet.
Spitzenverdiener im Heer der Dresdener Künstler und
Kunsthandwerker ist ein pausbäckiger, gelehrter Schwa
be: der Hofjuwelier Johann Melchior Dinglinger.
Für seinen Herrn fe rtigt er Meisterwerke wie den
Tischaufsatz "Der Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des
Großmoguls AUL·eng-Zeb" - eine glitzernde, exotische
Puppenstube aus Gold, Silber, einigen Tausend Diaman
ten, Rubinen, Smaragden und Perlen mit 132 bunt email
lierten menschlichen Figuren, dazu Geschenke, Drome
dare, Elefanten. Knapp 60 000 Ta ler stellt Dinglinger für
die gut 1,5 �adratmeter große Arbeit in Rechnung (ein
ausgebildeter Maurer verdient einen Ta ler pro Wo che).
Dass es sich um einen Tafelschmuck handelt, ist kein
Zufall. Prunkende, glänzende Geselligkeiten bei Tisch
sind ein zentraler Bestandteil des Lebensam Hof.
Friedrich August verfügt über viele wertvolle Ge
schirre, meist silbern, teils funkelnd vergoldet. Neben
Te llern und Schüsseln gehören Spieße für gebratene Ler
chen dazu, Zitronendrücker, Salzfässchen. Kostbar ge
schliffe ne Schalen, bauchige Flaschen aus hellrotem Glas.
Und auch Besteck. Denn in einem geht es in Dresden
vornehmer zu als in Versailles: Während sich der Sonnen
könig die Speisen nach altem Brauch mit den Fingern
in den Mund schiebt, speist Friedrich August mit der
neumodischen Gabel mit zwei Zinken.
Als Vorratskammer dienen dem Hof das Umland
und seine Märkte. Flüsse und Teiche bieten Fisch und
Krebse zur Fülle, die Bauern ziehen Rinder und Schweine,
Schafe, Hühner, Gänse; auf den Elbhängen werden We in
bergschnecken gemästet.
Sachsens Kaufleute importieren aus Asien teure
Gewürze sowie Vogelnester: delikate Gebilde aus dem
Speichel eines Verwandten der Mauersegler. Donnerstags
und sonntags rollt aus Leipzig die Küchenkutsche nach
;3;3 I GEO EPOCHE Deutschland um 1700