Geo Epoche - 08.2019

(lu) #1

ne Festungsstadt Braunau (die erst
ab 1779 zu Österreich gehört).
Und sie ergreifen nun auch
polirisch die Initiative. Am 21. De­
zember kommt dort ein "Landes­
defensions-Kongress" zusammen



  • das erste Parlament in Bayerns
    Geschichte, in dem Landleute und
    Städter vertreten sind.
    Die Bauern der Region stel­
    len die große Mehrheit der kurz­
    fr istig bestimmten Abgeordneten.
    Der ebenfalls eingeladene Klerus
    schickt keine Vertreter, der Adel
    nur wenige (und erst nach Ge­
    waltdrohungen der Rebellen).
    Die Delegierten beanspru­
    chen ein Recht auf Widerstand
    gegen die Besatzer - und rechtfer­
    tigen so ihr Aufbegehren.


LÄNGST GÄRT ES auch in der Re­
gion südlich von München. Dort
organisieren entlassene Offiziere
und kurbayerische Beamte nun
gezielt einen Aufstand.
Die Rädelsführer setzen auf
Verbindungen zu örtlichen Beam­
ten, die von der Besatzungsmacht
aufihren Posten belassen worden
sind. Die Aufrührer behaupten,
ein Geheimdekret des Kurfürsten
rufe zur Vertreibung der Österrei­
cher aus München auf.
Eine glatte Lüge: Max Ema­
nuel hat mit der Rebellion in sei­
nem Reich nichts zu tun. Doch
etliche Amtsleute im Süden lassen
sich überzeugen und schicken die
jungenMänneraus ihren Bezirken
zur "Landesdefension".
Allerdings schließen sich
längst nicht alle Beamten der Re­
volte an, und so sammeln sich am



  1. Dezember nur gut 2700 statt
    der erhofften 20 000 Kämpfer bei
    einem Kloster rund 20 Kilometer
    südlich von München. Die Auf­
    ständischen sind schlecht bewaff­
    net, kein bisschen gedrillt. Zudem


Dann


färbt


sich


der


SCHNEE


ist die östlich von München agie­
rende Bauerntruppe von inzwi­
schen 16 000 Mann noch zu weit
von der Stadt entfernt, um recht­
zeitig den Angriff zu unterstützen.
In der Hauptstadt selbst hof­
fen die Bauern auf Hilfe von den
Bürgern: So jedenfalls haben es
die Rädelsführer des Aufsrands
mit einem Zirkel von Verschwö­
rern in der Kapitale besprochen.
Deren Kreis soll dort den Wider­
stand heimlich organisieren - und
den Angreifern eines der östlichen
Stadttore öffnen.
Am Vormittag des 24. De­
zember schicken die eingeweihten
Münchner den Aufständischen
einen Boten, sichern ihre Unter­
stützung zu, raten ihnen jedoch
von einer Attacke ab: Die kaiser­
lichen Tr uppen seien zu stark.
All dies sind Wa rnzeichen,
doch sie werden von den Anfüh­
rern der südlichen Rebellion igno­
riert. Seit Wochen schon planen
sie den Angriff, Bedenken schie­
ben sie nun beiseite.
Ein früherer kurbayerischer
Hauptmann namens Matthias
Mayer soll die Bauern komman-

58 I GEO EPOCHE Deutschland um 1700


dieren, doch aufgrund der unkla­
ren Lage und schlechten Bewaff­
nung der Männer empfiehlt er
einen vorübergehenden Rückzug.
Daraufhin drohen einige zu allem
entschlossene Rebellen damit, ihn
zu erschießen.
Ihre Anführer befehlen nun
kurzerhand den Marsch auf Mün­
chen. Am Mittag des 24. Dezem­
ber rückt das Bauernheer von dem
Kloster aus auf die Kapitale vor.
Zwar desertieren unterwegs
einige Hundert Mann, aus Furcht
vor dem bevorstehenden Kampf.
Eine fe indliche Patrouille, die ih­
nen am Abend begegnet, schlagen
die Aufständischen jedoch schnell
in die Flucht und schießen zwei
Kavalleristen vom Pferd.
Die anderen Reiter aber kön­
nen die 2000 kaiserlichen Solda­
ten in München alarmieren. Ein
Überläufer informiert sie zudem
über den erbärmlichen Zustand
des Bauernhaufens.

U


nd so sind die
Kämpfer des Kai­
sers vorbereitet,
als die Rebellen
aufMünchen mar­
schieren. Die Wälle der Stadt sind
mit zusätzlichen Tr uppen besetzt,
Soldaten auf Straßen und Plätzen
stationiert, die Bürger aufgefor­
dert, zu Hause zu bleiben, die
Christmetten abgesagt. Ein Bote
wird zu einem Österreichischen
Korps geschickt, das etwa 20 Ki­
lometer vor München biwakiert.
Noch in der Nacht soll es in Rich­
tung Hauptstadt aufbrechen.
Von all dem ahnen die Bau­
ern nichts. In drei Abteilungen
nähern sie sich München am spä­
ten Abend des 24. Dezember. Eine
Kolonne marschiert zum östlichen
Stadtrand, wo das Isar- und das
Kosttor liegen, die andere zum
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