Geo Epoche - 08.2019

(lu) #1

Botengänge zu erledigen, Stra­
ßen auszubessern oder Felder des
Gutsherrn zu pflügen. Ihre eige­
nen Äcker können sie manchmal
erst in der Nacht bestellen; im
Mondlicht arbeiten sie dann bis
zum Morgengrauen durch.
Manche Großgrundbesitzer
erwirtschaften genug, um ein­
drucksvolle Barockschlösser zu
errichten. Andere Gutsherren ge­
raten durch die Kriegsverwüstun­
gen unter Druck: Die Getreide­
preise sinken zwischen 1660 und
1690 um 30 Prozent, weil sich die
landwirtschaftliche Produktion
schneller erholt als die Bevölke­
rungszahl - und damit als die
Nachfrage. Diesen Druck geben
die Herren an die Bauern weiter,
fo rdern höhere Abgaben oder um­
fangreichere Frondienste ein.
Leibeigene wehren sich da­
gegen zuweilen mit passivem Wi­
derstand, etwa indem sie langsam
und schlampig arbeiten. Einige
erreichen so eine Ve rringerung
der Frondienste oder andere Ve r­
besserungen, etwa eine mildere
Behandlungvor Gericht.
Doch insgesamt ändert sich
an ihrer Lage nicht viel: Sie blei­
ben den Gutsherren ausgeliefert,
können umgesiedelt, vermietet,
verkauft und willkürlich bestraft
werden - mit Geldbußen, Peit­
schenhieben oder Kerker.
Diese Macht nutzen die
meisten Großgrundbesitzer aber
wohl nur selten. Prügelstrafen
oder Einsprüche gegen Hochzei­
ten kommen kaum vor, Bußgelder
etwas häufiger.
We nn ein Leibeigener stirbt,
setzen die Herren meist dessen
Sohn oder To chter als Nachfolger
ein; obwohl ein Bauer rechtlich
nicht über seinen Erben bestim­
men kann, bleiben die Höfe so


KRIEGE, KRANKHEITEN, HUNGER: Künstler
des 17. und 18. Jahrhunderts stellen den Tod
als Allmacht dar, die niemanden verschont

IM HUNGERWINTER 1708 grassiert nicht
nur die Pest: Viele Familien infizieren sich
mit Krankheiten wie Typhus oder Ruhr

AUCH ADELIGE erliegen der Pest, allerdings
weitaus seltener als Bauern: auch weil sie unter
besseren hygienischen Bedingungen leben

FISCHVERKÄUFERIN mit Sensenmann.
ln Preußen veröden in der Krise Märkte, wird
Nahrung knapp, steigen die Preise rasant an
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