Die Welt Kompakt - 08.08.2019

(Michael S) #1

14 WIRTSCHAFT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,8.AUGUST


D


isney steigt mit ge-
ballter Kraft in den
umkämpften Strea-
mingmarkt ein: In
den USA bietet der Unterhal-
tungskonzern ab dem 12. No-
vember sein Videostreaming-
Angebot Disney+ in einem Paket
mit zwei weiteren, zugekauften
Diensten an: Hulu und ESPN+
sollen zusammen mit Disney+
1 2,99 Dollar im Monat kosten.
Damit hat Disney-Chef Bob Iger
fffür den Heimatmarkt USA einür den Heimatmarkt USA ein
sehr geschickt gestaltetes Bün-
del aus Bewegtbildern ge-
schnürt. Disney+ liefert die Fa-
milienklassiker sowie Superhel-
den aus dem Marvel-Universum
und sämtliches „Star Wars“-Ma-
terial. Hulu richtet sich klar an
erwachsene Kunden, die Filme
und Serien jenseits der Disney-
Marken suchen. Mit ESPN+
schließlich holt Iger die Millio-
nen amerikanischer Hardcore-
Sportfans ab, die regelmäßig
American Football, Baseball und
Basketball bis hinunter in die
College-Ligen verfolgen.

VON BENEDIKT FUEST

1 2,99 Dollar zahlen auch Net-
ffflix-Kunden in den USA für daslix-Kunden in den USA für das
Standardangebot, Iger hat nicht
umsonst den gleichen Preis ge-
wählt. Die drei Dienste kosten
im Paket 30 Prozent weniger als
im Einzel-Abo, ein klares Lock-
angebot an die Netflix-Kund-
schaft. Im Gespräch mit Analys-
ten verkündete der Disney-
Chef, er wolle bereits Ende 2020
mindestens zwölf Millionen
zahlende Abo-Kunden in den
USA für sein neues Angebot ge-
winnen, das wären 20 Prozent
von Netflix’ aktueller Kunden-
zahl auf dem amerikanischen
Markt.
In Deutschland soll es noch
etwas länger dauern, bis Dis-
ney+ auf den Markt kommt: Bis
März 2020 will Iger das Angebot
in Westeuropa auf die Bildschir-
me bekommen, danach soll Ost-
europa folgen. Wie Disney die
Inhalte hierzulande bündeln
will, verrät der Konzern noch
nicht. In Europa hat der Name
ESPN längst nicht die Anzie-
hungskraft wie in den USA – der
Sportsender verfügt nicht über
vergleichbar attraktive Lizen-
zen für nationale Sportligen. In-
halte der ersten und zweiten
Bundesliga zum Beispiel über-
trägt ESPN zwar live in Irland
und Großbritannien, jedoch
nicht in Deutschland.
Für Disney geht es beim Start
seiner Streamingangebote um
sehr viel. Bislang verdiente der
Konzern gutes Geld mit Kabel-
TV-Angeboten – doch allein bis
Ende 2018 kündigten 35 Millio-
nen amerikanische Kabelkun-
den ihre Bezahlfernsehangebote
und stiegen auf Streamingdiens-
te um. Da etwa ESPN und Dis-
neys Familienfernsehkanäle bis-
lang als Teil solcher Bündelan-
gebote vermarktet werden,
muss dem Unterhaltungskon-
zern nun der Einstieg in die
Streamingwelt gelingen. „Dis-
ney+ ist das wichtigste Produkt,

das die Firma in meiner Amts-
zeit gestartet hat“, kommentiert
Iger seine Offensive.
Dafür investiert er aktuell
Millionen, Disney verpasste des-
wegen im vergangenen Quartal
sogar die ursprünglich angepeil-
te Gewinnmarke. Im Vergleich
zum Vorjahresquartal sank der
Gewinn um mehr als 39 Prozent
auf 1,76 Milliarden Dollar, trotz
Rekordeinnahmen an der Kino-
kasse dank des Blockbusters
„Avengers: Endgame“. Iger be-
gründet den Einbruch in erster
Linie mit den Investitionen ins

Streaminggeschäft. Der Kon-
zern kauft aktuell vor allem In-
halte zusammen, um den Kun-
den mehr als nur Familienpro-
gramm bieten zu können. Der
größte Einkauf war der Medien-
konzern 21st Century Fox inklu-
sive einem 30-Prozent-Anteil
am Streamingdienst Hulu, der
im Frühjahr 2019 abgeschlossen
wwwurde. Disney kaufte die ver-urde. Disney kaufte die ver-
streuten restlichen Anteile von
Hulu von diversen Konkurren-
ten zusammen, allein das koste-
te das Unternehmen mehr als
sieben Milliarden Dollar.

Doch nicht nur die Inhalte
kosten Geld – globales Strea-
ming ist technisch relativ kom-
plex und teuer, da Anbieter wie
Netflix und Disney ihre Infra-
struktur bis in die Rechenzen-
tren der jeweiligen nationalen
Internet-Provider legen müs-
sen, um die Streaminginhalte in
444 k-Qualität ruckelfrei zum Kun-k-Qualität ruckelfrei zum Kun-
den zu bringen. Die entspre-
chende Technologie liefern
Streaming-Provider wie das Un-
ternehmen BAMTech, das Dis-
ney für über zwei Milliarden
Dollar übernahm. Denn würde
sich Disney gleich zum Start ei-
ne technische Blöße geben und
die Zuschauer mit über den
Bildschirm ruckelnden Super-
helden vergraulen, dann dürften
die meisten wechselwilligen
Streamingkunden schnell wie-
der zurück zu Netflix flüchten.
WWWas die Inhalte angeht, mussas die Inhalte angeht, muss
sich Disney dagegen wenig Sor-
gen machen: 2019 war das bis-
lang erfolgreichste Jahr an der
Kinokasse – mit „Captain Mar-
vel“, „Avengers Endgame“ und
„Aladdin“ hatte Disney gleich
drei Filme, die jeweils mehr als
eine Milliarde Dollar einspiel-
ten. Mit solchen Inhalten kann
der Konzern darauf hoffen, auch
die TV-Zuschauer an sich zu
binden – und sorgt daher aktuell
konsequent dafür, dass niemand
außer Disney Disney-Inhalte
und -Marken streamen darf.
Systematisch hat der Konzern
in den vergangenen Monaten
die eigenen Marken – von Star
WWWars über Marvel bis hin zu denars über Marvel bis hin zu den

klassischen Animationsfilmen –
von Netflix, Amazon Prime und
diversen nationalen Streaming-
Plattformen der privaten Fern-
sehsender zurückgezogen. Be-
stehende Verträge verlängert
Iger nicht mehr und verzichtet
damit auf Einnahmen; neue
Deals mit Neueinsteigern wie
AAApple werden gar nicht erst ab-pple werden gar nicht erst ab-
geschlossen. Exklusivität ist das
Mittel, mit dem Disney Netflix
und Amazon Prime seine Kun-
den abspenstig machen will.
Darauf setzt seit jeher auch
Netflix mit seinen Serien-Eigen-
produktionen. Doch die neue
Konkurrenz kommt für den
Marktführer zur Unzeit. Aktuell
ffflacht seine Wachstumskurvelacht seine Wachstumskurve
deutlich ab, insbesondere in den
USA scheint eine gewisse
Marktsättigung einzusetzen.
Im vergangenen zweiten
QQQuartal verfehlte Netflix dasuartal verfehlte Netflix das
selbst gesteckte Ziel von fünf
Millionen neuen Abo-Kunden
deutlich, stattdessen gewann
der Marktführer nur 2,7 Millio-
nen hinzu, insgesamt hat Net-
ffflix damit gut 152 Millionen zah-lix damit gut 152 Millionen zah-
lende Kunden. Schlimmer noch,
im wichtigen Heimatmarkt USA
musste Netflix sogar eingeste-
hen, unterm Strich 126.
AAAbonnenten verloren zu haben.bonnenten verloren zu haben.
AAAls Ursache nennt Netflix selbstls Ursache nennt Netflix selbst
zu schwache neue Serieninhalte,
die nicht genügend Neukunden
überzeugen konnten. Doch ex-
terne Analysten gehen davon
aus, dass die Kunden Netflix die
Preiserhöhung um zwei Dollar
übel genommen haben.
Das jedoch zeigt auch, wie
schwer es Disney in dem Markt
haben wird: Bislang waren die
Konzerne davon ausgegangen,
dass die Nutzer ähnlich viel
Geld für Streaming-Abonne-
ments ausgeben wie zuvor für
ihre Kabelfernseh-Verträge, die
leicht 50 Dollar und mehr pro
Monat kosten. Damit wäre ge-
nügend finanzieller Spielraum
fffür mindestens drei verschiede-ür mindestens drei verschiede-
ne Abonnements mit Preisen
von rund 15 Euro vorhanden ge-
wesen. Doch die Reaktion der
Netflix-Kunden zeigt, dass die
Streaming-Nutzer extrem preis-
sensitiv reagieren.
Analysten werten Disneys
Einstiegspreise – 12,99 Dollar
fffür das Paket mit Hulu undür das Paket mit Hulu und
ESPN+, 6,99 Dollar für Disney+
allein – als Lockangebote und
gehen davon aus, dass der Kon-
zern die Preise mittelfristig an-
heben kann. Das gelang früher
vor allem deshalb spielend, weil
Preissteigerungen in der Kabel-
fffernsehrechnung versteckt wer-ernsehrechnung versteckt wer-
den konnten. Doch jetzt, im di-
rekten Kontakt mit dem Kun-
den, müssen die Preise klar
kommuniziert werden. Wie
schwierig das ist, zeigt das Bei-
spiel Netflix. Iger könnte sein
Lockangebot spätestens im
kommenden Jahr bereuen,
wenn er zwölf Millionen Kun-
den gewinnen muss. Der Markt-
ffführer gibt die Preise aktuellührer gibt die Preise aktuell
vor. Wer als Erster mehr kostet,
muss dafür sehr gute Gründe
vorbringen – oder er hat das
Nachsehen.

„Narcos“ (o.) oder „Avengers“ (u.)? Mit exklusiven Inhalten wollen Netflix und Disney (M.) punkten

PA/ DPA

/ FILM FRAME/ MARVEL 2016

Es kann nur einengeben


Disney geht in den USA demnächst


mit einem eigenen Streamingdienst


an den Start. Ein echtes Kampfangebot


soll die Kunden überzeugen, von Netflix


herüberzukommen – doch diese


Strategie kann sich rächen




Die beliebtesten Video-on-Demand-
Anbieter in Deutschland

Quelle: Statista Global Consumer Survey

Kostenpflichtige Nutzung in den vergangenen �� Monaten,
Anteil der Befragten in Prozent, ����
Amazon Prime Video
Netflix
YouTube
Sky Go
Maxdome
Google Play Store
Sky Ticket

iTunes
Telekom Entertain TV
PlayStation Store
Unitymedia
Dazn
Chili
Sonstige

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PA/ DPA

/ SAB/ DANIEL DAZA

DPA

/ RICHARD DREW

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