Handelsblatt - 30.07.2019

(Nandana) #1

John Ratcliffe


Trump befördert Loyalisten


D


er scheidende Direktor der US-Ge-
heimdienste, Dan Coats, blickt auf
eine lange Karriere zurück. Der
76-Jährige war US-Botschafter in Deutsch-
land unter George W. Bush, zuletzt koordi-
nierte er die Nachrichtendienste für Donald
Trump. In dieser Funktion widersprach er
Trumps Kurs im Umgang mit Russland,
Nordkorea oder Syrien. Sein designierter
Nachfolger, der republikanische Abgeordne-
te John Ratcliffe, dürfte sich hingegen mit
Kritik zurückhalten.
Der Texaner war acht Jahre lang Bürger-
meister der Kleinstadt Heath am Rande von
Dallas, wo er mit seiner Frau und seinen
zwei Kindern wohnt. Im Vergleich zu ande-
ren Topbeamten bringt er wenig bundespo-
litische Erfahrung mit. Der Jurist war unter
Präsident Bush Bundesanwalt für Terroris-
mus für seine Region, und seit er 2014 in
den US-Kongress gewählt wurde, ist er Mit-
glied in den Ausschüssen für Justiz und

Geheimdienste. Beide Gremien haben Un-
tersuchungen gegen Trump gestartet und
drängen auf die Herausgabe seiner Steuerer-
klärung. Doch in dem 53-jährigen Ratcliffe
hat Trump einen treuen Unterstützer gefun-
den. Der Republikaner hält die Aufklärung
der Russlandaffäre für ideologisch verzerrt
und wirft Behörden wie dem FBI vor, befan-
gen zu sein. Die Denkfabrik Heritage kürte
Ratcliffe, der Einreisesperren für Bürger aus
muslimischen Ländern befürwortet, zu ei-
nem der konservativsten Abgeordneten der
USA.
Dabei ist der Job, den er bekommen soll,
eigentlich durch parteipolitische Neutralität
geprägt. Der Posten des Geheimdienstdirek-
tors wurde nach den Terroranschlägen vom


  1. September 2001 geschaffen. Er berät den
    Präsidenten und erstellt das tägliche Ge-
    heimdienst-Briefing für das Oval Office, was
    ihm großen internationalen Einfluss ermög-
    licht, etwa in der aktuellen Irankrise.
    Bevor Ratcliffe befördert werden kann,
    muss er vom US-Senat bestätigt werden.
    Dort haben die Republikaner eine knappe
    Mehrheit. Trump kann sich auf dem Weg zu
    seiner Wunschpersonalie nur wenige Ab-
    weichler leisten. Annett Meiritz


Trump-Vertrauter
Ratcliffe: Einer der
konservativsten
Abgeordneten
der USA.

CQ-Roll Call Group/Getty Images

Wenn der


US-Senat so


eine


parteiische


Person


befördert, ist


das ein großer


Fehler.


Charles Schumer
Demokratenchef im
Senat

Liz Truss


Auf schwieriger Mission


D


ass Liz Truss sich für Höheres beru-
fen sieht, ist in Großbritannien ein
offenes Geheimnis. Die 44-Jährige
soll mit dem Job des Finanzministers gelieb-
äugelt haben, erzählt man sich in London.
Das hat nicht geklappt, aber trotzdem sitzt
„The Truss“, wie sie sich selbst nennen soll,
nun mit am Kabinettstisch: Premierminister
Boris Johnson hat ihr den Posten als Ministe-
rin für Internationalen Handel übertragen.
Deswegen wird die zweifache Mutter in
Kürze ihre Koffer packen und ihre wichtigs-
te Mission angehen: Sie will ein Handelsab-
kommen mit den USA schließen.

Wie so viele Brexit-Befürworter sieht sie
in einem umfassenden Abkommen mit den
Vereinigten Staaten das beste Mittel, um
Einbußen im EU-Handel auszugleichen –
selbst wenn die Aussicht auf einige US-Pro-
dukte manchen Briten gar nicht behagt.
Die Ökonomin ist eine vehemente Ver-
fechterin der reinen Marktlehre. Zusammen
mit anderen Abgeordneten der konservati-
ven Partei hatte sie vor einigen Jahren sogar
das Buch „Britannia Unchained“ veröffent-
licht, in dem sie radikale ökonomische Re-
formen fordert. Den Enthusiasmus des neu-
en Premiers über die Zeit nach dem Brexit
teilt sie uneingeschränkt, auch in ihrer letz-
ten Position als Staatssekretärin im Finanz-
ministerium hatte sie Warnungen vor einem
ungeordneten Brexit abgetan – obwohl sie
vor dem EU-Referendum noch gegen den
EU-Ausstieg war. Kerstin Leitel

BusinessLounge


Diagnose: Sachsens Ministerpräsident
Michael Kretschmer (CDU) trägt im Nationalen
Zentrum für Strahlenforschung in Dresden eine
VR-Brille. Das Hightech-Instrument soll die Er-
kennung von Krebsleiden verbessern.

Hoher Besuch: Japans Kronprinz Fumihito und
Prinzessin Kiko verfolgen ein Turnier, bei dem die
Schulen des Landes ihre Kräfte messen. Fumihito
ist der jüngere Bruder von Kaiser Naruhito.

Hoher Besuch:Japans KronprinzFumihitound


Siegertreppchen: Skoda-Marketingvorstand
Alain Favey (r.) überreicht auf den Pariser
Champs-Élysées den Pokal an Peter Sagan, der
die Punktwertung der Tour de France gewann.

Wasserschlacht: Düsseldorfs Oberbürgermeister
Thomas Geisel (r.) und Roland Kettler, Geschäfts-
führer der Bädergesellschaft, geben gemeinsam
eine Pressekonferenz. In einem Freibad der Stadt
wird nach wiederholten Tumulten von jungen
Männern eine Videoüberwachung eingeführt.

Wasserschlacht:Düsseldorfs Oberbürgermeister


dpa (2), obs, imago images / Kyodo News

Der US-Geheimdienstkoordinator


gibt auf. Vom designierten


Nachfolger erwartet der Präsident


vor allem eines – keine Widerworte.


Die neue Handelsministerin


Großbritanniens hat Großes vor:


Sie will einen Wirtschaftspakt mit


der US-Regierung schließen.


Liz Truss:
Soll für die Zeit
nach dem Brexit
neue Handelsdeals
schließen.

ddp


Namen des Tages


DIENSTAG, 30. JULI 2019, NR. 144


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