Die Welt - 22.02.2020

(Barré) #1

F


ür die Operation „Detach-
ment“ hatte die US Navy im
Februar 1945 mehr Kampf-
kraft zusammengezogen, als
zur Unterstützung der alli-
ierten Invasion in der Normandie auf-
gewandt worden war: acht Schlacht-
schiffe, zwölf Leichte Träger, 19 Kreu-
zer, die von 16 großen Flottenträgern
und ihren Begleitschiffen gedeckt wur-
den. Hinzu kamen 110.000 Soldaten und
ihre Logistik. Eine riesige Armada für
die Eroberung einer Insel, die ganze 23
Quadratkilometer maß und 1200 Kilo-
meter von Tokio entfernt lag: Iwojima.

VON BERTHOLD SEEWALD

Die winzige Vulkaninsel im Bonin-
Archipel war Ende des 19. Jahrhunderts
ein Teil des Kaiserreichs geworden, so-
dass die geplante Operation die erste
Landung auf japanischem Boden sein
wwwürde. Doch es ging den US-Strategenürde. Doch es ging den US-Strategen
weniger um ein symbolträchtiges Un-
ternehmen, sondern vielmehr um die
strategische Chance, mit den japani-
schen Flugfeldern auf der Insel eine Ba-
sis im Bombenkrieg gegen die japani-
schen Hauptinseln in die Hand zu be-
kommen. Zwar konnten die neuen
B-29-Langstreckenbomber Tokio und
andere Städte von den Marianen aus er-
reichen. Aber für beschädigte Flugzeu-
ge bot sich Iwojima als sicherer Lande-
platz auf dem Rückflug an.
Dies erkannte auch das kaiserliche
Hauptquartier und entwarf einen
selbstmörderischen Plan. Da die japani-
sche Flotte in der Schlacht um die Phi-
lippinen-Insel Leyte im Oktober 1944
weitgehend aufgerieben worden war,
sollte die Garnison auf Iwojima die In-
vasoren in einen Vernichtungskampf
verstricken, bei dem auf jeden Verteidi-
ger mehrere tote Angreifer kommen
wwwürden. Damit sollte die amerikanischeürden. Damit sollte die amerikanische
Offensivkraft entscheidend geschwächt
werden.
Diese Aufgabe kam General Tadami-
chi Kuribayashi zu, der die rund 21.000
japanischen Soldaten auf Iwojima kom-
mandierte. Während seines letzten Be-
suchs in Tokio, bei dem er sogar von
Kaiser Hirohito empfangen wurde, tat
er das Gelübde: „Mit Sprengladungen in
unseren Händen werden wir feindliche
Panzer angreifen ... Jeder von uns emp-
fffindet es als seine heilige Pflicht, min-indet es als seine heilige Pflicht, min-
destens zehn Feinde zu töten, bevor er
selbst stirbt.“
Immerhin behielt Kuribayashi kühlen
Kopf. Statt seine Leute in wahnwitzigen
Selbstmordangriffen ins feindliche Feu-
er zu schicken, wie das japanische Kom-
mandeure in ausweglosen Situationen
in der Regel taten, baute er Iwojima zu
einer riesigen Festung aus. Auf der ge-
samten Insel, deren Bewohner beizei-
ten evakuiert worden waren, entstand
ein dichtes Netz von Bunkern, die mit
gedeckten Wegen miteinander verbun-
den waren. Die Wände dieser versteck-
ten Stellungen bestanden aus bis zu 60
Zentimeter dicken Betonblöcken, die
zudem mit Steinbrocken und Vulkan-
asche bedeckt waren. Außerdem trich-
terte der General seinen Soldaten ein,
das Feuer nicht auf den Strand zu rich-
ten, sondern die Amerikaner in den
Dschungel vor ihre Maschinengewehre
zu locken.
Das rund 25 Kilometer lange Bunker-
system überstand die Bombardierung
und den Beschuss aus Schiffsgeschüt-
zen, mit denen die Marines ihre Lan-
dung vorbereiteten, beinahe unbeschä-
digt. Zu ihrer Verwunderung trafen die

PICTURE ALLIANCE /

COURTESY EVERETT COLLECTION (3)

Mit einer riesigen Armada attackierte die US Navy im Februar 1945 die japanische Insel Iwojima.


Deren Garnison vergrub sich in einem 25 Kilometer langen Bunkersystem und setzte auf eine selbstmörderische Taktik


ersten 30.000 Mann, die am 19. Februar
1 945 auf Iwojima landeten, auf keinerlei
Widerstand. Doch dann eröffneten Ku-
ribayashis Geschütze das Feuer auf die
Invasoren, die in dem lockeren schwar-
zen Sand keine Deckung fanden. Dann
machten die Soldaten des Kaisers das
Gelübde ihres Kommandeurs wahr. Die
Nahkampfgefechte überstiegen alles,
was an Grauen auf dem pazifischen
Kriegsschauplatz bis dahin erlebt und
erlitten worden war.
Da die Bunker selbst dem Beschuss
von Panzern widerstanden, entwickel-
ten die Amerikaner die Taktik, sie mit
Flammenwerfern auszuschalten. Das
aber bedeutete, dass sich die Träger die-
ser empfindlichen Waffen nah genug an

ihre Ziele heranarbeiten mussten, was
jeden Angriff zu einem Himmelfahrts-
kommando machte. Angesichts der
enormen Verluste forderten die US-
Kommandeure schließlich den Einsatz
von Senfgas und Phosgen an, was US-
Präsident Franklin D. Roosevelt aller-
dings kategorisch ablehnte.
Allein die Eroberung des erloschenen
VVVulkans Suribachi im Süden der Inselulkans Suribachi im Süden der Insel
kostete 800 Marines das Leben. Drei
Tage hatten sich die Soldaten Meter um
Meter zum Berg vorgekämpft. Am 23.
Februar erlosch der japanische Wider-
stand, und eine Gruppe stieß bis zum
Gipfel vor. Dort hisste sie die Stars and
Stripes, und der Kriegsberichterstatter
Lou Lowery machte ein Foto. Weil aber

die Flagge dem kommandierenden US-
General zu klein geraten war, musste
die Szene wiederholt werden. Diesmal
drückte Joe Rosenthal von der Nach-
richtenagentur Associated Press auf
den Auslöser. So wurde die Flagge auf
dem Suribachi zu einer der bekanntes-
ten Szenen des Zweiten Weltkrieges.
WWWährend die Fotos gemacht wurden,ährend die Fotos gemacht wurden,
tobte die Schlacht weiter. Obwohl zu
diesem Zeitpunkt offensichtlich war,
dass die Insel nicht gehalten werden
konnte, kämpfte die japanische Garni-
son um jeden Bunker, um jede Feuer-
stellung. Erst am 25. März erklärte die
amerikanische Führung die Insel für
fffeindfrei. Da waren nur noch 212 Vertei-eindfrei. Da waren nur noch 212 Vertei-
diger am Leben, ein Prozent der zu Be-

ginn der Kämpfe dort stationierten kai-
serlichen Soldaten. Das Schicksal von
KKKuribayashi wurde nie geklärt. uribayashi wurde nie geklärt.
Die US-Verluste betrugen 6821 Tote
und 19.217 Schwerverletzte. 27 Soldaten
wwwurden mit der Medal of Honor, derurden mit der Medal of Honor, der
höchsten Tapferkeitsauszeichnung, ge-
ehrt. Das waren etwa ein Viertel aller
VVVerleihungen dieses Ordens währenderleihungen dieses Ordens während
des Pazifikkrieges.
Bereits am 11. März begann die US Air
Force mit der Stationierung der ersten
Flugzeuge auf den beiden Flugplätzen,
die noch von den Japanern angelegt
worden waren. Man hat errechnet, dass
bis zum Ende des Krieges im August
2 4.761 Angehörige der amerikanischen
Luftstreitkräfte durch ihre (Bruch-)

Landungen auf Iwojima den strategi-
schen Bombenkrieg überlebten.
Noch wichtiger waren die psycho-
logischen Folgen. 1944 hatte die japani-
sche Armee auf dem asiatischen Fest-
land mit der „Ichi-go“-Offensive weite
Teil Südchinas und Französisch-Indo-
chinas besetzt. Nicht umsonst drängte
Präsident Roosevelt auf der Konferenz
von Jalta den sowjetischen Diktator
Stalin, nach der Eroberung des Deut-
schen Reiches in den Krieg gegen Japan
einzutreten. Mit der Landung auf Iwoji-
ma konnten die USA mit einem wichti-
gen Erfolg auf den japanischen Vor-
marsch antworten. Dafür sorgte nicht
zuletzt das Foto von der amerikani-
schen Flagge auf dem Berg Suribachi.

��� km

JAPAN

KOREA Tokio

Philippinensee

Pazifk

Okinawa

Nördliche
Mariannen
Guam

Iwojima

ASIENASIENASIENASIEN

3 0.000 Marines landeten am 19. Februar
111 945 auf Iwojima; im Hintergrund der945 auf Iwojima; im Hintergrund der
erloschene Vulkan Suribachi. Vier Tage
ssspäter hissten US-Soldaten auf dem päter hissten US-Soldaten auf dem
Gipfel die US-Flagge (u.), die Lou Lowery
fffotografierte. Diese wurde bald durchotografierte. Diese wurde bald durch
eine größere ersetzt, auf die Joe Rosenthal
(((vorn u. l.) seine Kamera richtete vorn u. l.) seine Kamera richtete

„Mit Sprengladungen


in unseren Händen


werden wir angreifen“


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22.02.20 Samstag, 22. Februar 2020DWBE-HP


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DIE WELT SAMSTAG,22.FEBRUAR2020 GESCHICHTE 21


A


usgerechnet am Rosenmontag.
Zwar hat der Karneval im sächsi-
schen Zwickau keine besonders
starke Tradition. Aber dass es ausge-
rechnet am Rosenmontag 1960, dem 22.
Februar, zur Katastrophe kam, fügte
dem Unglück noch eine besonders zyni-
sche Facette hinzu.

VON SVEN FELIX KELLERHOFF

In der Frühschicht waren 178 Berg-
leute in das Steinkohlebergwerk „Karl
Marx“ eingefahren, das genau östlich
der Zwickauer Altstadt zwischen Pöh-
lauer Bach und Zwickauer Mulde lag. Al-
les sah ganz normal aus an diesem Tag.
Allerdings nur bis 8.20 Uhr. Da erschüt-
terte plötzlich eine schwere Explosion
das gesamte Bergwerk. Die Detonati-
onswelle fuhr durch die Abbaugänge
und Schächte. Es war passiert, was
Bergleute am meisten fürchten: In 1100
Meter Tiefe hatte der Kohlenstaub in
der Luft, der beim Abbau unweigerlich
entsteht, gezündet. Die Hitze setzte zu-
dem noch weitere Kohleflöze in Brand,
bis hinauf in eine Tiefe von 770 Metern.

Die Grubenwehr reagierte umgehend
und kämpfte sich hinunter in die bren-
nenden Teile des Bergwerkes. Sauer-
stoff gab es hier kaum noch. Nur mit
Atemgeräten konnten die Männer in
den Qualm, die Hitze, das Feuer vor-
dringen. Angetrieben wurden sie von
der vagen Hoffnung, eingeschlossene
Kumpel noch lebend bergen zu können.
Die Einsätze der Zwickauer Gruben-
wehr, die rasch durch Kollegen aus an-
deren Bergwerken auch aus der damali-
gen Tschechoslowakei unterstützt wur-
den, retteten immerhin 40 Bergleute –
sie konnten lebend aus der Tiefe an die
Oberfläche geholt werden. Doch für 15
weitere kam jede Hilfe zu spät: Sie wur-
den tot geborgen. 123 Kumpel blieben
vermisst.
Erst kurz nach 19 Uhr, fast elf Stun-
den nach der Explosion, gab ADN, die
Nachrichtenagentur der DDR, das Un-
glück bekannt. Natürlich konnte so ein
Großeinsatz weder verschwiegen noch
bagatellisiert werden. Die SED-Bezirks-
zeitung von Chemnitz, die „Freie Pres-
se“, rückte in ihrer Ausgabe Zwickau-
Stadt einen schwarz umrandeten Kas-

ten oben rechts auf die erste Seite ein.
Auch westdeutsche Zeitungen berichte-
ten über das Unglück, ebenso der DDR-
Rundfunk.
„Als die Explosion erfolgte“, erzählte
ein aus der Tiefe geretteter Steiger, „bin
ich zehn Meter durch die Luft geflogen.

Andere Kumpel wurden wie mit Rake-
ten herumgeschleudert.“ Der Vorarbei-
ter gab seiner Kolonne Anweisungen,
wie sie sich verhalten soll: „Weil Gott
sei Dank keine Panik ausbrach, konnten
wir kurze Zeit später gerettet werden.“
WELT-Chefredakteur Hans Zehrer
kommentierte die Explosion: „Es ist ein
nationales Unglück. Unsere Anteilnah-
me gilt den Männern dort unter Tage
und ihren Angehörigen. Wir würden ja
gern helfen. In solchen Fällen darf es
keine Grenzen geben.“ Doch Otto Gro-
tewohl, der – allerdings weitgehend
machtlose – Ministerpräsident der
DDR, lehnte das Hilfsangebot der erfah-
renen und mit neuestem Gerät ausge-
rüsteten Grubenwehren aus dem Ruhr-
gebiet ab: „Eine solche scheinheilige
Hilfe benötigen wir nicht.“
Die Zwickauer Grubenwehr, die nach
der Rettung einiger weiterer Überle-
bender und mehrerer Leichen am
Dienstag nun, am Mittwoch, keinerlei
Hoffnung mehr hatte, entschloss sich,
die brennenden Bereiche des Bergwerks
zuzumauern. Sauerstoffabschluss galt
als die einzige Möglichkeit, die Flam-

men zu ersticken. Gleichzeitig begann
die Ursachenforschung, die einerseits
eine offizielle Kommission und ande-
rerseits natürlich die DDR-Staatssicher-
heit übernahm – die Geheimpolizei war
die einzige Institution der DDR, der die
SED-Spitze um Walter Ulbricht und
Erich Honecker vertraute. Natürlich
blieben die Ergebnisse der Stasi unter
Verschluss.
Die offizielle Kommission kam zu
dem vagen Schluss, sowohl technische
Fehler als auch menschliches Versagen
kämen als Ursachen für die Explosion
infrage. Dafür hätte man allerdings
kaum eine Kommission gebraucht, die-
se brisante Kombination kannte jeder
erfahrene Bergmann auch so.
Weitere Details über das Grubenun-
glück wurden erst nach der Wiederver-
einigung aus dem Stasi-Bericht be-
kannt. Zuerst hatte die SED-Geheimpo-
lizei nach Beweisen für Sabotage aus
dem Westen gesucht. Sie fand keine. Je-
doch wurde einer der beim Unglück
umgekommenen Sprengmeister verant-
wortlich gemacht. Der Kohlenstaub- sei
eine weitere Explosion vorausgegangen.

Es gab auch die Spekulation, der verant-
wortliche Sprengmeister habe Suizid
begehen wollen, hieß es.
Erneute Untersuchungen diesmal al-
ler verfügbaren Unterlagen seit 2004 er-
gaben ein anderes Ergebnis: Tatsächlich
habe menschliches Versagen die Koh-
lenstaubexplosion ausgelöst, allerdings
durch einen anderen Sprengmeister,
denn der Ursprung der Katastrophe sei
von der Staatssicherheit falsch verortet
worden.
Erst ein gutes Jahr nach der Katastro-
phe konnten die vermauerten Stollen
geöffnet und weitere knapp hundert To-
desopfer geborgen werden. Sechs Lei-
chen wurden nie gefunden; sie waren
wahrscheinlich in eingestürzten Gän-
gen verschüttet. Untersuchungen erga-
ben, dass 44 der Opfer von den Flam-
men gar nicht erreicht worden waren,
sondern an Kohlenmonoxid erstickten.
Insgesamt starben 123 Bergleute, der äl-
teste 61 Jahre, der jüngste noch keine 17.

TNeue Geschichten aus der
Geschichte lesen Sie täglich auf:
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Die Staatssicherheit mutmaßte Suizid


Im Zwickauer Bergwerk „Karl Marx“ kam es am 22. Februar 1960 zu einer Kohlenstaubdetonation. Das schwerste Grubenunglück in der DDR forderte 123 Opfer


Ein Förderturm des Steinkohlenwerks
„Karl Marx“ in Zwickau

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