Süddeutsche Zeitung - 22.02.2020

(WallPaper) #1

Bundesliga



  1. Spieltag
    FC Bayern München – SC Paderborn 3:2 (1:1)
    München: Neuer – Kimmich, Alaba, Hernandez – Odrio-
    zola (63. Coman), Thiago, Tolisso (87. Zirkzee), Davies –
    Coutinho (69. Thomas Müller), Gnabry – Lewandowski.



  • Trainer: Flick.
    Paderborn: Zingerle – Jans, Strohdiek, Schonlau, Holt-
    mann (29. Jastrzembski) – Gjasula, Vasiliadis – Pröger,
    Srbeny (81. Fridjonsson), Antwi-Adjei – Mamba (53. Mi-
    chel). – Trainer: Baumgart.
    Tore: 1:0 Gnabry (25.), 1:1 Srbeny (44.), 2:1 Lewandow-
    ski (70.), 2:2 Michel (75.), 3:2 Lewandowski (88.). –
    Schiedsrichter: Schmidt (Stuttgart). – Gelbe Karten:
    Hernandez (3) – Gjasula (11), Michel (3), Antwi-Adjei
    (2). – Torschüsse: 18:5. – Zuschauer: 75 000 (ausverk.).
    Mönchengladbach – TSG Hoffenheim Sa. 15.30
    Werder Bremen – Borussia Dortmund Sa. 15.30
    Hertha BSC – 1. FC Köln Sa. 15.30
    SC Freiburg – Fortuna Düsseldorf Sa. 15.30
    FC Schalke 04 – RB Leipzig Sa. 18.30
    Bayer Leverkusen – FC Augsburg So. 15.30
    VfL Wolfsburg – FSV Mainz 05 So. 18.00
    Eintracht Frankfurt – Union Berlin Mo. 20.30

    1. (1) FC Bayern München 23 15 4 4 65:26 49

    2. (2) RB Leipzig 22 13 6 3 56:25 45

    3. (3) Borussia Dortmund 22 12 6 4 63:32 42

    4. (4) Mönchengladbach 21 13 3 5 42:24 42

    5. (5) Bayer Leverkusen 22 12 4 6 38:29 40

    6. (6) FC Schalke 04 22 9 9 4 32:27 36

    7. (7) SC Freiburg 22 9 6 7 31:31 33

    8. (8) TSG Hoffenheim 22 10 3 9 33:35 33

    9. (9) VfL Wolfsburg 22 8 7 7 28:28 31





  1. (10) Eintracht Frankfurt 22 8 4 10 37:35 28

  2. (11) FC Augsburg 22 7 6 9 34:45 27

  3. (12) Union Berlin 22 8 2 12 27:35 26

  4. (13) Hertha BSC 22 7 5 10 27:38 26

  5. (14) 1. FC Köln 21 7 2 12 28:42 23

  6. (15) FSV Mainz 05 22 7 1 14 31:48 22

  7. (16) Fortuna Düsseldorf 22 4 5 13 21:46 17

  8. (17) Werder Bremen 22 4 5 13 25:51 17

  9. (18) SC Paderborn 23 4 4 15 29:50 16

  10. Spieltag;Freitag, 20.30 Uhr: Düsseldorf – Hertha; Sams-
    tag, 29.2., 15.30 Uhr: Dortmund – Freiburg, Hoffenheim –
    München, Augsburg – Mönchengladbach, Mainz – Pader-
    born;18.30 Uhr: Köln – Schalke 04; Sonntag, 1.3., 13.30 Uhr:
    Union Berlin – Wolfsburg; 15.30 Uhr: Leipzig – Bayer 04 Lever-
    kusen; 18 Uhr: Werder Bremen – Eintracht Frankfurt.


von benedikt warmbrunn

München– Diese Szene, die für ihn und
die gesamte Abwehr des FC Bayern eine
mittlere Peinlichkeit war, schloss Manuel
Neuer zumindest mit einer artistisch an-
spruchsvollen Aktion ab. Der Torwart
sprang in die Höhe, schon in der Luft dreh-
te er sich, dann rollte er sich ab. Es war eine
Rolle des reinen Ärgers.
Es lief die 44. Minute im Heimspiel des
FC Bayern am Freitag gegen den SC Pader-
born, der Tabellenführer lag gegen den Ta-
bellenletzten 1:0 vorne. Dann spielte Pader-
born den Ball noch einmal so nach vorne,
wie die Gäste es die ganze Zeit versucht hat-
ten, weit, sehr weit. Streli Mamba, der zu-
vor meistens den Ball bekommen hatte,
stand jedoch im Abseits, er erkannte das,
und mit ihm die Verteidiger des FC Bayern.
Nicht im Abseits aber stand Dennis Srbe-
ny, und so nahm die Peinlichkeit ihren
Lauf. Neuer stürmte wild aus seinem Tor
heraus, Srbeny war schneller, tunnelte
Neuer. Als nächstes stürmte Abwehrchef
David Alaba heran, er grätschte, aber er
war zu schnell für Srbeny, Alaba rutschte
ins Aus. Der Paderborner musste den Ball
nur noch ins Tor schieben, zwischen Jo-
shua Kimmich und Álvaro Odriozola hin-
durch. Wenig später folgte die ersehnte
Pause. „Ich hatte Respekt davor, ihn umzu-
hauen“, erklärte Neuer später bei Dazn die
Szene, „weil das eine Rote Karte nach sich
zieht. Ich hatte das Gefühl, dass er vor mir
an den Ball kommt – darum sieht es so aus,
wie es aussieht. Das gehört zu meinem
Spiel dazu und passiert halt mal.“


Sie hatten sich das beim FC Bayern ja so
angenehm vorgestellt, ein Spiel am Frei-
tag, gegen den Tabellenletzten, das klang
nach einem entspannten Einspielen für
das Hinspiel im Achtelfinale der Champi-
ons League am Dienstag beim FC Chelsea
(der dann übrigens definitiv auf seinen ver-
letzten Strategen N’Golo Kanté verzichten
muss). Dann aber fehlten die gelbgesperr-
ten Pavard und Boateng – also die Hälfte
der Abwehrkette einer ohnehin dünn be-
setzten Mannschaft. Und weil Trainer Han-
si Flick ohnehin improvisieren musste, im-
provisierte er gleich richtig. Das Spiel der
Bayern, es verlief dann lange schleppend.
Und so wurde es ein zäher Abend. Erst ein
spätes Tor durch Robert Lewandowski
sorgte dafür, dass die Peinlichkeit der ers-
ten Halbzeit ungestraft blieb, der FC Bay-
ern erkämpfte sich mühsam ein 3:2 (1:1).
„Paderborn“, sagte Flick, der Gästetrainer
Steffen Baumgart nach dem Abpfiff lange
umarmt hatte, „hat uns absolut gefordert
bis zum Letzten.“
Die wohl beruhigendste Erkenntnis, die
Flick aus dieser Partie mitnehmen darf, ist
es, dass er mit dieser Abwehr, über die sich
Neuer in der Nachspielzeit der ersten Halb-
zeit so famos aufregte, wohl nie wieder
spielen lassen muss. Kimmich, Alaba und
Lucas Hernández bildeten eine Art zentra-
le Dreierkette, Alphonso Davies auf links
und Odriozola auf rechts agierten als vor-


gezogene Außenverteidiger. Für Kimmich
rückte Corentin Tolisso auf den Posten vor
der Abwehr; weiter vorne schonte Flick zu-
nächst Thomas Müller, für diesen begann
Philippe Coutinho. Es war eine Elf, die das
Geschehen gegen den Außenseiter domi-
nierte, aber ihr fehlte dieser kraftstrotzen-
de Vorwärtsdrang, der die Bayern unter
Flick eigentlich auszeichnet.
Die erste Halbzeit ist schnell erzählt:
Die Bayern hatten wenige gute bis bessere

Chancen, ohne dafür gut oder gar besser
als sonst spielen zu müssen. Paderborn
hatte dem Münchner Einzelkönnen wenig
entgegenzusetzen, deutlich war das bei
der Führung zu sehen: Serge Gnabry setz-
te sich gegen vier Verteidiger durch,
schoss gegen die Laufrichtung aller, auch
von Torwart Leopold Zingerle – es war Gna-
brys 40. Tor im 100. Bundesligaspiel (25.).
Kurz vor der Pause hätte der Gastgeber
den Vorsprung erhöhen können, doch Cou-

tinho versuchte es selbst, passte nicht zum
völlig freistehenden Robert Lewandowski


  • Zingerle parierte (41.).
    Paderborn setzte auf weite, sehr weite
    Bälle, auf Konter, meistens nahm Neuer
    den Ball weit vor seinem Tor an, bevor die
    Situation gefährlich werden konnte. Meis-
    tens. Nur eben in der 44. Minute nicht.
    In der zweiten Halbzeit spielten die Bay-
    ern wieder mit mehr Kraft, doch dass es
    lange zäh blieb, das lag an einem alten Be-


kannten: an Leopold Zingerle, der 13 Jahre
lang für den FC Bayern gespielt hatte, bis


  1. Zingerle wehrte mit einem flink aus-
    gefahrenen Arm einen Schuss von Lewan-
    dowski ab (53.). Wenige Sekunden später
    parierte er auf der Linie einen Kopfball
    von Lewandowski, um dann den Ball gera-
    de noch vor dem Münchner Angreifer weg-
    zukicken. In der 66. Minute scheiterte der
    eingewechselte Kingsley Coman aus spit-
    zem Winkel an Zingerle. Vier Minuten spä-


ter war aber auch der prächtig aufgelegte
Torwart chancenlos, nach einem feinen Zu-
spiel von Gnabry traf Lewandowski. In der


  1. Minute aber war es wieder Zingerle, der
    Paderborn im Spiel hielt, als er weit aus sei-
    nem Tor herausgelaufen kam, sich den Ball
    vor Coman schnappte – hätte er dieses Du-
    ell verloren, hätte Coman getroffen, es wäre
    wohl schon die Entscheidung gewesen.
    So aber konnte Paderborn weiter an die ei-
    genen Konter glauben, und entsprechend
    lief in der 75. Minute Dennis Jastrzembski
    alleine auf das Münchner Tor zu, seinen
    Schuss wehrte Neuer ab. Allerdings nur in
    die Mitte, und dort traf Sven Michel mit ei-
    nem Abstauber aus kurzer Distanz.
    Dass der FC Bayern die Tabellenführung
    dennoch verteidigte, das verdankte der
    Klub einen weiteren Kooperation von Gna-
    bry und Lewandowski. Gnabry flankte in
    der 87. Minute erneut, und in der Mitte war-
    tete Lewandowski wieder, er traf ganz cool.
    Es war ein Tor, das in seiner Lässigkeit nicht
    zu diesem zähen Abend passte.


Frankfurt– Jesse Marsch will jetzt nicht
reden über den Mann, über den in Fußball-
Europa gerade alle reden. Über den Mann,
der in seinen vergangenen sieben Spielen
elf Treffer erzielt hat, der soeben mit zwei
Toren den Großklub Paris Saint-Germain
frustrierte und der vor kurzem noch Stür-
mer in seiner, in Marschs Mannschaft war.
Jesse Marsch will jetzt nicht reden über Er-
ling Braut Haaland.
„Es geht nicht um die Spieler, die nicht
hier sind“, sagte der Trainer von Red Bull
Salzburg am Donnerstagabend. Hier, das
war in dem Fall das Stadion von Eintracht
Frankfurt, in dem Marschs Mannschaft
im Hinspiel der Europa-League-Zwischen-
runde gerade 1:4 verloren hatte. „Es ist ein
bisschen eine neue Gruppe, klar, und wir
legen den Fokus auf diese Gruppe.“
Jesse Marsch ist seit Sommer der Trai-
ner des österreichischen Dauermeisters,
und in dieser Funktion erlebt er nun eine
merkwürdige Saison und Situation. Bis
zur Winterpause galt RB Salzburg als die
große Attraktion in Europa, die in der Vor-
runde der Champions League beinahe den
Titelverteidiger FC Liverpool eliminiert
hätte. Jetzt ist RB Salzburg die Mann-
schaft, die nach einem 1:4 in Frankfurt
sehr wahrscheinlich in der Zwischenrun-
de der Europa League ausscheidet – und
die in Österreichs Liga nach dem 2:3 im
Spitzenspiel gegen Linz vor einer Woche
nur noch auf dem ungewohnten zweiten
Platz liegt und Gefahr läuft, erstmals seit


2013 nicht den nationalen Titel zu errei-
chen. Und bei diesem Negativtrend spie-
len natürlich ein paar Spieler eine zentrale
Rolle, die nun nicht mehr bei Marsch sind.
Gleich drei schmerzhafte Weggänge
gab es im Winter: den von Innenverteidi-
ger Marin Pongracic, 22, nach Wolfsburg,
den von Mittelfeldspieler Takumi Minami-
no, 24, zu Liverpool und vor allem den von
Angreifer Erling Braut Haaland, 19, nach
Dortmund – nach 28 Toren für Salzburg in
der Hinrunde. Somit ist der Klub ein pri-
ma Beispiel dafür, wie die Nahrungs- und
Karriereketten des globalen Fußballs heut-
zutage funktionieren.

Nun ist es den Verantwortlichen von RB
seit ein paar Jahren bewusst, wo sie in die-
ser Kette stehen. Dank der Millionen ihres
Klubmäzens Red Bull können sie Talente
anlocken, diese formen und veredeln, aber
recht bald müssen sie diese auch wieder
abgeben – weil natürlich kein Spieler, der
etwas auf sich hält, auf Dauer gegen Al-
tach oder St. Pölten spielen will. „Jeder Ver-
ein in Österreich ist ein Ausbildungsver-
ein“, hat Ralf Rangnick, früher selbst Sport-
direktor in Salzburg und inzwischen obers-
ter Fußballbeauftragter der Red-Bull-
Gruppe, einmal ziemlich treffend gesagt.

So ging etwa 2014 der hochbegabte An-
greifer Sadio Mané, 2016 der Stratege Na-
by Keita, 2017 der Verteidiger Dayot Upa-
mecano. Alltag für Salzburg. Doch in den
vergangenen Monaten wurde diese
Schraube offenkundig überdreht. Xaver
Schlager, Stefan Lainer, Hannes Wolf, Dia-
die Samassekou, Munas Dabbur – die hal-
be Achse war schon in der Sommerpause
auf einen Rutsch weg, und nun im Winter
eben noch einmal ein Trio. Das brachte
zwar weit mehr als 100 Millionen Euro und
eine weitere Stärkung der Spitzenplatzie-
rung in der europäischen Verkaufstabelle.
Aber binnen kurzer Zeit quasi eine kom-
plette Elf inklusive des Frontrunners Haa-
land zu verlieren, das kostete offenkundig
zu viel Substanz. Und vielleicht waren sie
in Salzburg auch ein bisschen zu selbstsi-
cher, das ausgleichen zu können, weil sie
in den vergangenen Jahren stets neue Ta-
lente ausfindig machen konnten.
Salzburgs Trainer Jesse Marsch ist ein
eher unkonventioneller und grundsätz-
lich sehr optimistischer Typ. Aber es ist
ihm am Donnerstagabend anzumerken,
dass es ihm schwerfällt, die jetzige Situati-
on einzuschätzen. In den vergangenen Wo-
che habe die Mannschaft gut trainiert und
gespielt, sagt er, aber in Frankfurt jetzt
eben nicht; kein Spieler habe seine Normal-
form erreicht. Frage: Ist das vor allem ein
Kopfproblem? „Ich denke so.“ Warum ist
das so? „Eine gute Frage, ich weiß es
nicht.“ Hat das was mit dem Haaland-

Wechsel zu tun? „Nein, und es ist auch
nicht nur ein Kopf-Problem.“
Es ließen sich auch in der Tat ein paar
grundsätzliche Schwachstellen diagnosti-
zieren bei diesem 1:4 gegen Frankfurt.
Mehrmals ergaben sich gegnerische Chan-
cen nach simplen Einwürfen in die Tiefe,
so wie vor Wochenfrist schon gegen Linz.
Und die nachrückenden Frankfurter Of-
fensivspieler hatten recht viel Platz, was
der Serbe Filip Kostic zu einem Treffer
(56.) und der überragende Japaner Daichi
Kamada sogar zu drei Toren nutzte
(12./43./53.). Die Abwehrreihe ist traditio-
nell der eher schwächere Teil im Salzbur-
ger Tempofußball, aber nun scheint ihr be-
sonders die Stabilität zu fehlen.
„Das ist nicht einfach jetzt, aber das ist
Profifußball“, sagt Trainer Marsch also:
„Für mich ist es wichtig, dass der Trainer
am besten ist, wenn die Situation schwer
ist. Wenn die Situation einfach ist, sind wir
alle gute Trainer.“
Das Elfmetertor zum 1:4 kurz vor
Schluss hat immerhin etwas Hoffnung ge-
geben fürs Rückspiel in einer Woche in Ös-
terreich, und in der Liga sind auch noch
ein paar Spieltage Zeit, um das erste
meisterlose Jahr seit 2013 zu vermeiden.
Aber eines weiß Marsch bereits: dass es
auch im Sommer wieder Weggänge geben
dürfte. Spieler wie den Angreifer Patson
Daka oder den Mittelfeldmann Enock
Mwepu sieht er schon bereit für den nächs-
ten Schritt. johannes aumüller

Lässig erst kurz vor dem Abpfiff


Der FC Bayern erkämpft sich erst durch ein spätes Lewandowski-Tor ein 3:2 gegen den Tabellenletzten – auch
wegen taktischer Experimente und eines Neuer-Patzers verläuft die Champions-League-Generalprobe zäh

FUSSBALLGÖTTER


Opfer der Nahrungskette


RB Salzburg war die Attraktion der Champions-League-Hinrunde. Doch nun droht das frühe Europapokal-Aus


Schon im Sommer war die
halbe Stammelf weggerutscht –
jetzt ging noch mal ein Trio

In der Abwehr lässt


Trainer Flick mit drei


zentralen Verteidigern spielen


38 SPORT 1MG Samstag/Sonntag, 22./23. Februar 2020, Nr. 44 DEFGH


Ein Lapsus mit kurzen Folgen, aber ohne langfristige Konsequenzen: Manuel Neuer ermöglicht Dennis Srbeny das 1:1. FOTO: JAN HÜBNER / EDUARD MARTIN / IMAGO

Drei Tore gegen Salzburg: Daichi Kamada, Frankfurts Matchwinner beim 4:1 gegen
RB und Salzburgs Torwart Cican Stankovic. FOTO: DANIEL ROLAND / AFP
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