FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Politik DONNERSTAG, 5.MÄRZ2020·NR.55·SEITE 5
HerrKommissar, IhreChefin hat Sie be-
auftragt, eine Kultur der Rechtsstaatlich-
keit in der EU zu fördern. Wie ist das
möglich, wenn in mehreren Mitgliedstaa-
ten der Rechtsstaat mit Füßen getreten
wird?
Wirnehmen das ja nicht einfachhin. Die
Kommission geht schon jetzt gegen
schwerwiegende Verletzungen vorund
nutzt dafür alleverfügbarenWerkzeuge,
auchKlagenbeimEuropäischenGerichts-
hof. Künftig werden wir uns außerdem in
allen Mitgliedstaaten dieRechtsstaatlich-
keit näher ansehen.Wirwerden im Sep-
tembererstmalseinen Bericht dazuvorle-
gen.
An Berichten mangelt es der EU ja nun
wahrlich nicht.
Es geht mir nicht um einenweiteren Be-
richt,der dannimRegallandet. Ichwillei-
nen echten Dialog über dieRechtsstaat-
lichkeit anstoßen: in derKommission, im
Parlament, in den Mitgliedstaaten. Mein
Vorbild istdie jährlicheÜberprüfung al-
ler nationalen Haushalte.
Das wirkt oft wie ein leeres Ritual.Än-
derndie Staaten deshalb ihre Politik?
Ichbin zwölf Jahrelang belgischerFi-
nanzminister gewesen. Wirhabennach
derBanken- undFinanzkriseviele struk-
turelle Reformen in denMitgliedstaaten
umgesetzt .Heute läuftgegen kein einzi-
gesLand mehreinVerfah renwegen ei-
nesexzessivenStaatsdefizits. Das liegt
auchamkollektivenDruckderHaushalts-
kontrolle.
SiesindandiesemDonnerstagin
Deutschland. Wir stellen gerade fest,
dass es ein massives ProblemmitRechts-
extremismus gibt und dieBehörden das
zu lange übersehen haben. Wird das
auch in IhremBericht auftauchen?
Unser Bericht wird sichauf vier Themen
erstrecken: dieUnabhängigkeitderJustiz,
den Kampfgegen Korruption, Pluralis-
mus in den Mediensowie in dieVerfas-
sung eingebauteChecksund Balances. Es
wirddiesesJahr außerdemeineneueStra-
tegie zurUmsetzungder EU-Grundrech-
techarta geben und einen Aktionsplan für
Demokratie. Eskann sein, dassdaauch
Probleme mit Extremismus auftauchen.
Machen Siesich dennSorgen überdie
Rechtsstaatlichkeit in Deutschland?
Wirmachen uns Sorgenüber dieRechts-
staatlichkeit in allen Mitgliedstaaten. Es
gibt aber einengroßen Unterschied zwi-
scheneinzelnenVerstößen undeinem sys-
tematischenVerstoß. Die Artikel-7-Ver-
fahren gegenPolen undUngarn wurden
nureingeleitet,weilwirdamit einersyste-
matischen negativenHaltungzumRechts-
staat konfrontiertwerden. Bei Ländern
mit größeren Problemen wirdauchunser
Bericht mehr in dieTiefegehen müssen.
Es kommt in allen Mitgliedstaaten vor,
dassoberste GerichteGesetze für un-
rechtmäßig erklären. Ist das ein Verstoß
gegen die Rechtsstaat-
lichkeit–oder das Ge-
genteil: ihreVerteidi-
gung?
Das istein Beleg da-
für,dasseswirksame
Checks und Balances
gibt undVerstöße kor-
rigiertwerden.Wenn
es aber immer wieder
solcheVerstöße gibt,
dann istdas bedenklich. Ichgebe Ihnen
ein anderes Beispiel: Istesrichtig, binnen
eines Tagesein Gesetz zu beschließen? In
manchen Ausnahmefällenkann das so
sein, in der Bankenkrise mussten wirex-
trem schnell handeln.Wenn aber ein sol-
ches Gesetz–wie wir das inPolen schon
gesehen haben–das Justizwesenverän-
dert, dann haben wir ein echtes Problem.
Wollen SieinIhrem Berichtnurdie Pro-
bleme beschreiben?
Nein, wir werden auch Schlussfolgerun-
genziehen undjedes Mal fragen:Wie
kann die Lagesoverbessertwerden,
dass sie besserunseren europäischen
Standardsentspricht? Darüberwerden
wirdann in einen Dialog eintreten, übri-
gens au ch mit dennationalenParlamen-
ten.
Waskannein solcher Rechtsstaatsdia-
log an der Lage in Polen und Ungarnän-
dern?
Wirmüssen die Bürgerund auchdie Ge-
schäftsleutedavonüberzeugen,dasssyste-
matische Mängel in derRechtsstaatlich-
keit ein Problem für sie selbstsind, nicht
nurfürRichter.AusPolenkönntensichIn-
vestoren zurückziehen, weil sie nicht
mehr sicher seinkönnen, dassihreRech-
te geschütztwerden, wenn dieRegierung
vonden Gerichtenverlangt, polnischeIn-
teressen über alles zustellen. So funktio-
niertder Binnenmarkt nicht.
Wenn derRat über die Lage in Polen
und Ungarn berät, halten sichviele neue
Mitgliedstaaten heraus. Sie halten den
anderen vor, das alte oder westliche
Europasitze über das neue, östliche
Europa zu Gericht. Lässt sich das än-
dern?
Unser Bericht soll die Artikel-7-Verfah-
rennicht ersetzen.Aber wir werden darin
alle EU-Mitgliederfair beurteilen, nach
demselben Maßstab. Esgeht nicht um
West gegenOst,sondernum ein differen-
ziertesBild vonallen Staaten.
Nichts gegen einen Dialog, aber am
Ende kann jede Regierung sagen: Das se-
hen wirandersals die EU-Kommission.
Wenn es beigravierendenVerstößen un-
terschiedliche Meinungen gibt,kann nur
eine Instanz darüber entscheiden: der
Europäische Gerichtshof.Wir haben ihn
mehrmalswegender LageinPolen an-
gerufen–und bisher stetsrecht be-
kommen. Derzeit prüfen wir,obwir auch
gegendasneueGesetzzuDisziplinarmaß-
nahmen für Richter klagen.Wirwerden
der Kommission dazu inwenigen Wo-
chen eine Empfehlungvorlegen. ImÜbri-
genhoffe ich, dasskünftig dieAuszah-
lung vonHaushaltsmitteln an die Bedin-
gung geknüpftwird, dassein Mitglieds-
land dieRechtsstaatlichkeitgewährt.
Die Kommission hat vorgeschlagen,
dass sie in einem solchenFall eineEmp-
fehlung ausspricht, bestimmte Zahlun-
gen zu stoppen–und dies nur gestoppt
werden kann, wenneinequalifizierte
Mehrheit der Staatendagegen stimmt.
Ichhalte das fürrichtig, denn das erzeugt
echten Druck. Kein Staat verzicht et ein-
fach so aufFördermittel. DasVorbild da-
für is twieder unsereHaushaltskontrolle.
Wenn dieKommissionAuflagen für ein
Mitgliedslandvorschlägt, können die nur
mitqualifizierterMehrhei tabgelehntwer-
den.Esreichtnicht,nureinekleineGrup-
pe vonVerbündeten zu mobilisieren, es
müssen viele sein.
Ihr Parteifreund Charles Michel,der
Präsident desEuropäischenRats, hat
gerade ein schwächeres Quorum vor-
geschlagen: dass eine qualifizierte
Mehrheit nötigist, um EU-Mittel zu
sperren.
Das is teine politische Debatteunter den
Mitgliedstaaten. Es gibt immerWider-
stand dagegen,wenn Mehrheitserforder-
nisse verändertwerden sollen.Falls es
jetzt nurgelingt, ein solches Instrument
mit schwächeren Anforderungen einzu-
führen,wäre das besser,als es garnicht
zu haben–wie heute. In Europageht es
Schritt für Schrittvoran.
Die FragenstellteThomas Gutschker.
D
onald Trumphatteesdie Spra-
cheverschlagen.Erstam nächs-
tenMorgenmeldete er sic hzu
Wort:Essei selbstsüchtigvon
ElizabethWarren gewesen, imRennen zu
bleiben, obwohl siechancenlosgewesen
sei. Das habe „Bernie“ schwergetrof fen,
schrieb der Präsident aufTwitter .Nicht,
wie sonst, „crazy Bernie“, sondernein-
fach nur „Bernie“ nannteerden Sozialis-
tenSandersfastliebevoll. Dessen Erfolg
am „SuperTuesday“wäre am Ende sein
Erfolg gewesen. So sahTrumpdas. Doch
es kam anders.
Der Präsidentverfolgt genau, wassich
bei den Demokraten tut:Das Parteiestab-
lishment habe Sanderswieder „zer-
malmt“–wie 2016 solltedas heißen.Nun
habeJoeBiden,jenerMann,dener mital-
lenMitteln als Herausfordererverhindern
wollte,mitBlickaufdienächsten Vorwah-
len guteAussichten. Ganzfalschliegt
TrumpinseinerAnalysenicht.Das Partei-
establishment kamtatsächlichzusam-
men, um einen DurchmarschvonSanders
zu verhindern. Es handeltesichfreilich
nicht um einkonspirativesTreffen, son-
dernumviele Gespräche in den letzten
Wochen. Eines davonfand in derWoche
vorder Vorwahl in South Carolinastatt,
welche dieWende für den früherenVize-
präsidenten einleiten sollte.
Vorder Fernsehdebatte in Charleston
lud der „BlackCaucus“, dieVereinigung
der Afroamerikaner in der Demokrati-
schen Partei, zu einem Cocktail-Empfang
in die Kneipe „Prohibition“. DieFührung
der Parteiorganisation DNC und allerlei
Prominenzkamen: In einer Ecke saßen
TerryMcAulif fe,der frühereGouverneur
vonVirginia, und Christopher Korge, der
Schatzmeisterdes DNC, zusammen. Man
sprac hdarüber,wie man dieKampagne
Bidens, die in den erstendrei Vorwahlen
partout nicht aufhebenwollte, dochzum
Laufen bringenkönne. Nach einem Sieg
in South Carolina müsstenPeteButtigieg
und AmyKlobuchar verzichten, sagte
McAuliffe,der ein alterVertrauter Hilla-
ry Clintons ist. Dann gebe es einenPfad.
Zu diesemZeitpunktwarlängstausge-
macht, dassJim Clyburn, der einfluss-
reichste Demokrat South Carolinas, am
nächs tenTag zurWahl Bidens aufrufen
werde, um diesem den nötigen Schub zu
verleihen.
48 Stundenvordem „SuperTuesday“
wurde die Biden-Kampagne neugestar-
tet: Den fulminantenWahlsieg in dem
Südstaat im Rückenkündigten erst Butti-
giegunddannKlobucharan,ausdemRen-
nen auszusteigen. Beide setzten sichnoch
am Montag ins Flugzeug nachDallas, wo
Biden Wahlkampf machte. AmAbend
wandten sie sichnacheinander an die De-
mokratenundsprachenihreWahlempfeh-
lung für den 77 Jahrealten Mann aus.
McAuliffe hattedies zu diesemZeitpunkt
auchschon getan. DieZentris tenversam-
melten sichkurzvor dem wichtigsten
Wahltag derVorwahlsaison hinter jenem
Mann, der langeder Favoritwar,dann
aber insStrauchelngeriet.Den Abgrund
vorAugen, wurde dieKampagne im letz-
tenMomentgerettet.
Der „Super Tuesday“, so befand es
Trumpspäter ,sei für Biden „ein perfekter
Sturm“ gewesen.Von den 14Vorwahlen
gewann Bidenneun Bundesstaaten, San-
dersnur drei. InKalifornien und in Maine
wirdnochausgezählt.Indem bevölke-
rungsreichstenStaat an der Westküste
liegt Sanders aber deutlichvorn; in dem
Neuenglandstaatanderkanadis chenGren-
ze füh rt Biden. Der frühereVizepräsident
erreicht eweitmehr,alsihmzugetrautwor-
den war. Er gewann jeneSüdstaaten mit
hohemafroamerikanischenBevölkerungs-
anteil,die schon Clinton 2016gegen San-
dersgewann:Virginia ,North Carolina,
Tennessee, Alabama, Arkansas und Okla-
homa.Daraufhatte ergebaut:Die Schwar-
zen, im Süden einMachtfaktor in derPar-
tei, bilden seinengrößten Rückhalt.
Bidengewann auchinTexas. Clinton
hatteden Bundesstaat vorvier Jahren
ebenfallsgeholt, dochdiesmal lag Sanders
über Wochen in denUmfragenvorn.Er
hatteviel in den „LoneStar State“ inves-
tiert. Bidens Sieg in demriesigen Flächen-
staatist auchdeshalb so bemerkenswert,
weil seinWahlkampfteam, das nicht über
die Mittel Sanders’oder Michael Bloom-
bergs verfügte, hier langeZeit garnicht
präsentwar–weder mit Bodentruppen
nochmit Fernsehwerbung.
Biden setztesichzudem in Massachu-
setts durch,der politischen HeimatWar-
rens. Der Sieg in dem wichtigstenNeueng-
landstaat erklärt, wie dankbar Biden der
Senatorin sein muss.Warren, wie Sanders
eineBewerberin des progressiven Partei-
flügels,nahmdemselbsterklärtenSozialis-
tendie entscheidendenStimmen.Undsie
hatte ganz wesentlich dazubeigetragen,
dasssichfür Bloombergdie In vestition
von500 Millionen Dollar in denWahl-
kampfnicht auszahlte.InzweiFernsehde-
battenhatte der Milliardär ihren scharfen
Attacken nichts entgegenzusetzen.FürBi-
den is tder Sieg in Massachusetts und in
Minnesota,dem Heimatstaat der Senato-
rinKlobuchar,auchwichtig, um deutlich
zu machen, dasserinm ehrheitlich weißen
Bundesstaaten ebenfallsgewinnen kann.
Sandersholtewie er wartet seinepoliti-
sche HeimatVermont.Erwar aber auch
imWestendesLandeserfolgreich:inColo-
rado und in Utah.Wegenseines wahr-
scheinlichen Sieges inKalifornienkönnte
er am Ende sogar bei den bishervergebe-
nen Delegiertenstimmen knappvorBiden
liegen. Das liegtauchdaran, dassdie De-
mokraten einen ProporzfaktorinihreVor-
wahlen eingebaut haben,der vorsieht,
dassKandidaten, die über der 15-Prozent-
Hürde liegen, einen Anteil an den Dele-
giertenstimmen fürdenNominierungspar-
teitag erhalten.
Dennoch istdas Er gebnis für Sanders
eineEnttäuschung.Erglaubt ebiszu m„Su-
per Tuesday“nochaneinenechtenDurch-
marsch, da er sichvon Warren abgesetzt
hatte und BloombergsVersuch, sichins
Renneneinzukaufen,vorallem Bidenzu
schadenschien. Das breiteWählerbünd-
nis, das Sanders mit seiner „Bewegung“ zu
mobilisierenverspricht, hat sichinvielen
Bundesstaaten nichtmanifestiert. Sanders
iststark bei jungen,weißen Wähl ern, vor
allemimstudentischen und akademischen
Milieu,undliegtauchinderwichtigerwer-
dendenLatino-Communityvorn.Insge-
samt aber hat Biden zeigenkönnen,dass
seine Wähl erkoalitiongrößerist:Erliegt
beide nSchwarzenund denWeißen vorn–
und auchbei denFrauen.
AlsBidensichamDienstagabendinLos
Angelesan seineAnhängerwandte, warer
vorlauter Selbstbewusstsein nichtwieder-
zukennen:Manhabegesagt,nachdem„Su-
per Tuesday“sei es für ihnvorbei, brüllte
er ins Mikrofon. „Vielleicht istesfür den
anderenKerl vorbei“, sagte er,ohne San-
dersbeimNamen zu nennen. Esgebe Leu-
te,die über eineRevolutionredeten. Er
aber verfügeübereine Bewegung. Biden
wirktewieausgetauscht .VorseinemWahl-
sieg in South Carolinawarerauf seinen
Kundgebungen nicht er selbstund wirkte
häufiggehemmt. Clyburnmacht eseinem
ÄrgerLuftund sprachdavon, dassBidens
Beratervorlauter politischer Korrektheit
denK andidatenwieeinenRobote rerschie-
nenließen.ManmögedenMannendlich
ihn selbst sein lassen.
VorBiden warSandersinVermont
schon auf seinerWahlparty erschienen: Er
sagemit großerZuversi cht, „wirwerden
dieKandidaturgewinnen“.Dannflücht ete
er sic hinVersatzstücke seinerüblichen
Wahlkampfrede. Mankönne Trumpnicht
mit derewig gleichenPolitik schlagen. Er
sprac hüber Biden, ohne dessenNamen zu
nennen und nannteihn den Mann, der als
Senator dem Irak-Krieg zugestimmthabe,
der die Sozialversicherungkürzen wollte
und dergleichen mehr.
A
mMittwochmorgenfolgtedas
Unvermeidliche. Schon am
Abend zuvor hatteesaus dem
Bloomberg-Lager geheißen,
man werdedie Lag enun prüfen müssen.
Nach einer kurzen Nach tteilteermit,
dasserseineKampagneaus demgleichen
Grund beende, aus dem er sie im Herbst
begonnen habe. Esgehe darum,Trump
zu schlagen. Er habe immergesagt, die
Partei müsse sichhinter demKandidaten
versammeln, der über die bestenChan-
cen verfüge. „Nachdem gestrigenWahl-
abend istklar:Dieser Kandidat istmein
Freund, dergroßartigeAmerikaner Joe
Biden.“Terry McAuliffe hattezuvor
scho nangedeutet,dassessokommenwer-
de. Erkennt Bloombergebenso gut wie
Biden. Der Milliardär hatteinVirginia
viele Kandidaten imWahlkampffinan-
ziell unterstützt und so geholfen, die
Mehrheitsverhältnisse in Richmond zu-
gunstender Demokratenzudrehen. Der
frühereGouverneur machtedeutlich,was
ein Rückzug Bloombergs bedeutet:Es
gehe nicht nur darum, dassein moderater
Konkur rent wegfalle, esgehe auchdar-
um, dassBloombergdie Biden-Kampa-
gne materiell unterstütze. Wenn der frü-
hereNew Yorker Bürgermeisterseine
Wahlkampfbürosund einenTeil seiner
Mitarbeiter,die eine Gehaltsgarantie für
das ganze Jahr erhalten hatten, Biden zur
Verfügung stelle, könne dieser seinen
strukturellenNach teilgegenüber Sanders
mehr als ausgleichen.
Auch aus demWarren-Lager heißt es,
die SenatorinüberdenkeihreBewerbung.
Ob ihrAusscheiden so eindeutig Sanders
helfen würde, wieTrumpdiessuggeriert,
istunklar.SandersLeutelamentieren
schon, nun passierewieder genaudas,was
2016passiertsei.DasEs tablishmentschla-
ge zurück,amEndekönntemanmiteinem
„Kandidaten ohne Botschaft“ dastehen.
McAuliffehält dem entgegen, dassBiden
Wähl er hinter sichversammele, die „Herz
und Seele derPartei“ seien.Zudem brau-
chedas Landjetzt einenKandidaten, der
die „Nation heilen“könne und nicht auf
Gegenpolarisierung setze.
Foto Reuters
Großer Sieg:Joe Biden am „SuperTuesday“ in Los Angeles FotoEPA
„Polen hat systematischnegativeHaltung zumRechtsstaat“
EU-Ju stizkommissar Didier Reynderserklä rt,warum er nunalleMitgliedstaaten überwachen will undPolenihmbesondereBauchs chmerzen bereitet
cmei./Lt. FRANKFURT/BERLIN.
Nach einer WellevonAngriffende rTali-
ban istdie amerikanischeArmee am
Mittwocherstmalsseit demvorvergan-
genen Wochenendewiedermilitärisch
gegendie afghanischen Aufständischen
vorgegangen. In der südlichen Provinz
Helmandflogdie AirForceLuftangriffe
auf Stellungen der Islamisten; dieTali-
ban hatten zuvor einenKontrollposten
der afghanischen Armee attackiert. Ein
amerikanischer Militärsprecher sprach
voneinem „defensiven“ Angriff.Auf
Twitter schrieb er:„Wirfühlen uns dem
Frieden verpflichtet“–aber die Ameri-
kanerhättendieVerantwortung,ihreaf-
ghanischenPartner zuverteidigen.
Die Taliban hatten am Montag die
seit dem 22.Februar geltende „Gewalt-
reduzierung“ im Land für beendeter-
klärt, wasdas afghanische Militär be-
tref fe;seither haben sie Dutzende An-
griffe unternommen. Allein am Mitt-
woch wurden mindestens 20 Sicher-
heitskräfte bei Attacken in den Provin-
zen Kundus undUrusgangetöte t.
Noch amVorabendhattederamerika-
nischePräsidentDonald Trumpnachei-
nem Telefonat mit demTaliban-Führer
AbdulGhani Baradargesagt, man sei
sicheinig gewesen,dass„wir keine Ge-
walt wollen“.NachDarstellungderTali-
ban sagteder Präsidentindem 35Minu-
tenlangenGespräch, manwerdemit
der afghanischen Regierung darüber
sprechen, wie Hindernissefür die Auf-
nahm einnerafghanischer Friedensge-
spräche beseitigtwerden könnten.
Beidiesen Gesprächen sollDeutsch-
landgemeinsammitNorwegeneinefüh-
rendeVermittler rollespielen.Außenmi-
nis ter HeikoMaas(SPD) sagte am Mitt-
woch in Be rlin nac heinerUnter redung
mitdemqatarischenAußenministerMu-
hammad BinAbd al Rahman Bin
DschassimAlThani,esgehe zunächst
um eineVereinbarungdarüber, wieein
Gefangenenaustauschbewerkstelligt
werden könne. An dieserFragehatte
sichkurznachder Unterzeichnung des
Abkommens zwischenWashington und
den TalibanamSamst ag ei nStreit en t-
zündet.Bei den Friedensgesprächen
werdeesd arum gehen, Einflussauf bei-
de Seitenzu nehmen, um zunächsteine
Einigung über die Zusammensetzung
derGesprächsteilnehmer zu erreichen.
Die neuen Gewalttatender Talibanbe-
zeichnete Maas als „Belastung für jeden
innerafghanischenDialog“.
AlsOleksij Honts charukimAugust vori-
genJahre sukrainischer Ministerpräsi-
dent wurde, warerder jüngste Regie-
rungschef in der Geschichte des Lan-
des.Nun scheidetermit einemweiteren
Rekord aus demPosten: derkürzesten
Amtszeit. AmMittwoch nahmdasParla-
mentineiner Sondersitzungsein Rück-
trittsgesuch an. Mit ihm musseine gan-
ze Reihe weiterer Minister die ukraini-
sche Regierungverlassen, die so jung
warenwie der 35 JahrealteHontscha-
rukund die wie er neu in derPolitikwa-
ren. Sieverkörper tendas Versprechen,
mit demWolodymyrSelenskyjimFrüh-
jahr 2019die Präsidentenwahl gewon-
nen hatte: Erwerdedas Land mitLeu-
tenumkrempeln, die nichts mit deral-
tenElitezutun hätten, die in der Ukrai-
ne seit derUnabhängigkeit denTonan-
gegebenhat.
HontscharuksAbschied hattesich
seit MitteJanuar angekündigt.Damals
warenTonaufnahmenandieÖffentlich-
keit gelangt, in denen er sichabfällig
über den politischen und ökonomi-
schen Sachverstand Selenskyjs geäu-
ßertund sic hselbstals „ökonomischen
Laien“ bezeichnethatte. Der Minister-
präsident botdaraufhin seinenRück-
tritt an, dervomPräsidenten aber nicht
angenommen wurde. Dochdie Gerüch-
te über seine baldigeAblösung und
eine große Kabinettsumbildung,die
sichnun bewahrheiten, sind seither
nicht mehrverstummt.
Schon im Januarwar klar,dassdie
Tonbandaffärenicht der einzigeGrund
für dieRegierungskrise war. Es knirsch-
te an vielen Stellen, und derEindruck
wurde immerstärker, dassSelenskyjs
jungeLeuteihren Aufgabe nnicht alle
gewachsenwaren. Das wirkt sichimmer
mehr auchauf dieUmfrag ewerte des
Präsidenten aus, die seit Jahresbeginn
deutlich gesunken sind. Hinzukamen
Konflik te in Selenskyjs Mannschaft, in
der entgegen denWahlkampfversp re-
chen Vertreter alter oligarchischer Seil-
schaf teneineRollespielen. Diese
MachtkämpfeführtenMitteFebruar zur
Entlassung des Chefsder Präsidialver-
waltung,Andrij Bohdan, der als„grauer
Kardinal“galtundHontscharukundan-
derejungeAktivisten in Selenskyjs
Team geholt hatte.
Hontscharuksdesignierter Nachfol-
gerist gleichfalls ein politischerNeu-
ling: Landesweit bekanntgeworden ist
der 44 JahrealteDenis Schmygal er st
AnfangFebruar ,als er aus dem Nichts
zum Minister fürRegionalentwicklung
und stellvertretenden Ministerpräsiden-
tenwurde .Voriges Jahrwarervon Se-
lenskyj zumVerwaltungschef des Ge-
bietsIwano-Frankiwskernanntworden.
Zuvorhatteder Ökonom,der unteran-
derem in Belgien,Kanada und Deutsch-
land studierthat, Karriereinder Wirt-
schaf tgemacht.Vorallem sein letzter
Arbeitgeber ließ in der Ukraine viele
aufhorchen:Esist derEnergiekonzern
DTEK,der de mostukrainischenOligar-
chen RinatAchmetowgehört. Achme-
tow, der reichsteMann desLandes,war
bis zurRevolution 2014 einer der wich-
tigsten politischen Strippenzieher der
Ukraine. Schmygalbestreitetjedoch,
dassereinMannAchmetowssei:Erken-
ne ihn „auchnur aus demFernsehen“.
In Schmygals Kabinettfinden sich
kaum nochjungeLeute, dafür aber
mehrereVeteranender ukrainischenPo-
litik.Etwader 63 JahrealteEnergiemi-
nisterIwanPlatschkow,der dieseFunk-
tion schon unter der Ministerpräsiden-
tin Julija Tymoschenkowährend des
ersten großen russisch-ukrainischen
Gasstreits imWinter 2005/2006 inne-
hatte.Auch er hat zuletzt fürAchme-
tows DTEK-Konzerngearbeitet.ImKa-
binett bleibt auchInnenministerArsen
Awakow.Erwar vonPräsident Selen-
skyj selbstfür un verzichtbar erklärt
worden –und wirddamit immer mehr
zu einem Phänomen:Awakow istam
Tagnachder Rev olution imFebruar
2014 in sein Amtgekommen und hat
seitheralseinzigeralleKabinettsumbil-
dungen undRegierungswechsel über-
standen. Dabei hatteesschon früh in
der Amtszeit des früheren Präsidenten
Petro Poroschenkogeheißen, dieser
wolle ihn loswerden.Undauchnach
der Wahl Selenskyjs imFrühjahrvori-
genJahres gingen Gerüchteum, Awa-
kowmüsse gleichnachder vomneuen
Präsidenten durchgesetztenvorzeitigen
Parlamentswahlgehen.
DerperfekteSturm
Luftangriffeauf Ta liban
Aufständische attackieren afghanische Armee
Das Scheiternder
jungen Generation
KabinettsumbildunginKiew/VonReinhardVeser
Bide ngeht mit Vorteilen
in de nZweikampf
gegenSanders.Der
über raschend klareSieg
am „SuperTuesday“
hat viele Väter.
VonMajid Sattar,
Washington
DidierReynders