Frankfurter Allgemeine Zeitung - 03.03.2020

(Michael S) #1

SEITE T4·DIENSTAG, 3.MÄRZ2020·NR.53 Techniku nd Motor FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


Die Kiste


Huaweibringt die zweiteGeneration sei-
nes Falt-Smartphones nachEuropa.
Dem MateX,nur in China erhältlich,
folgt das MateXs, dasvomMärzanfür
einenstolzen Preisvon2500 Euroerhältlichist.Die
Bauformdes Geräts bleibt,es wird vertikal aufge-
klappt, so dass aus dem Smartphone inÜbergröße
ein kleinesTabletwird. AlsVorzügedes MateXs
nennt der Hersteller den schnelleren Prozessor,
nämlichden bereits zur InternationalenFunkaus-
stellungvorgestellten Kirin-990-Chipsatz, der mehr
Tempobiete und eine längereAkkulaufzeit.Ferner
istder mechanische Klappmechanismus überarbei-
tetworden, und die Apps sollen dasFaltdisplaybes-
ser unterstützen.Auch dieses neue Huaweikommt
ohne die Google-Dienste in den Handel. Mit den
HuaweiMobile Serviceswill der Hersteller eine Öko-
system-Alternativeaufbauen. (misp.)

Der erstePrototyp des Flugtaxis Lilium
Jetwurde am Donnerstag durch ein
Feuer auf dem Sonderflughafen Ober-
pfaf fenhofen schwer beschädigt. Die
Ursachen des Brandes sind unbekannt. Das senk-
rechtstartende Flugtaxi des jungenUnternehmens
Lilium ausWessling bei München soll elektrischbis
zu 300 Kilometerweit und 300 km/h schnell
fliegen und für vierPassagieresowie einem Piloten
Platz bieten. Fachleutehaben dasKonzeptimmer
wieder in Zweifelgezogen. Sowohl dieReichweite
wie auchdie Höchstgeschwindigkeit seien mit
derzeitiger Akkutechnik nicht zu erreichen.
Journalistendurften Probeflügenicht beobachten.
Die Wogender Kritik schlugen in denvergangenen
Monaten hoch. DasUnternehmenkündigteindes
an, dieVersuche mit einem zweiten, schonfertigen
Protot yp fortzuführen. (jsch.)

Die KaffeefilterhaltervonHario haben
sichmittlerweile in derganzenWelt ver-
breit et.Sobald ein Barista etwasauf sich
hält und einen „Filter“ zubereitet,also
klassisch aufbrüht, kreistder Wasserkessel über ei-
nem HarioV60für ein oder zweiTassen. Der mar-
kanteUnterschied zu den Klassikernvon Melitta&
Co. istdie Form der Rillen im Innern, die sichleicht
geschwungen demAuslauf nähern.Zudem istdie
Auslauföffnunggrößer,damit derKaffee aus dem
Filter schneller abfließt.Wersichbishervonder
Masse absetzenwollte, hat denV60inGlas, Metall
oderKupferverwendet.Nunbringt die „Colour Edi-
tion“ fürPorzellanfreundeetwasAbwechslung
beim morgendlichenAufguss. Für 30 Eurogibt es
den V60ineinem DutzendverschiedenerFarben,
darunterRosa, Gelb,Keramikrot oder Dunkelgrün.
Der Kaffeebleibt schwarz. (made.)

Das istgewagt:ZeroMotorcycles bringt
einen elektrischen Sporttourer auf den
Markt.Wieder Begriff schon sagt,fährt
man mit einem Sporttourer manchmal
zügig und auchnochweit, wasmit einem Batterie-
fahrzeug schwer in Einklang zu bringen ist. „Bis zu
323 Kilometer“ beträgt dem amerikanischen Her-
steller zufolgedie Reichweite, aber nur,„wenn der
optionalePowerTank hinzugefügt wird“. Binnen ei-
ner Stunde soll der 14,3-kWh-Akku zu 95 Prozent
geladen sein, aber nur in der „Premium-Version“
mit 6-kW-Rapid-Charger“ für 23 740 Euro. In der Ba-
sisausführung mit 3-kW-Laderkostet die 100 PS
starke, 200 km/h schnelle Maschine 21 540 Euro.
DerenReichweitenannteZerozunächst nicht. (lle.)

Wenn die E-Klasse im Herzen der
Modellpalettesteht, wie Daimler sagt,
dann wirdzum Sommer eine OP
vorgenommen. Der wie üblichzur
Halbzeit ausgeführte Eingriff beschertneue
Scheinwerfer mitVoll-LED, horizontal ausgerichtete
Heckleuchten, ein frisches Lenkrad sowie zwei
digitale Bildschirme. Ein nachKraft und Effizienz
strebender Zwei-Liter-Vierzylinderbenziner mit
48-Volt-Bordnetzkomplettiertdie Antriebsseite, die
aus Diesel, Benziner und Plug-in-Hybrid mit Heck-
oder Allradantrieb besteht undvon156 bis 435 PS
reicht. DieAvantgarde-Ausstattung istfortandie
Basis, und alle Änderungenwerden sowohl der
Limousine als auchdem Kombi zuteil. (hap.)

Klappen Zweifeln Filter nTouren Fahren


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W


ahrhaftigeEspressofans
würden einenKaffeevollau-
tomaten nie anrühren. Das
Vorurteil, mit so einem Ge-
rätkönne man niemalseinen guten Es-
presso zubereiten, wird leider allzu oft
durch nicht ausgereifte Produktevieler
Hersteller bestätigt.Wir konnten bisher
eine Maschinetesten, die eineAusnahme
war: die Maestosa vonDe’Longhi(F.A.Z.
vom25. Juni 2019). Die Siebträgerfrakti-
on will nicht nu rperfekten Espresso zube-
reiten, sondernviele Hebel in Bewegung
setzen, Knöpfedrückenund demZeiger
des Barometers zusehen, bis dieTassege-
füllt ist. Espressoexpertenwollen dievol-
le Kontrolle. Genaudiese Arbeitwollen
sichalle Kaffeetrinker sparen, die sichfür
einenVollautomaten entschieden haben.
Die Maschine soll dievollständigeKon-
trolle übernehmen und sichumWasser-
temperatur,Mehlmenge, Mahlgrad, An-
pressdruckund alles anderekümmern.
De’Longhi bieteteinen Kompromiss
an. La Specialista istzunächsteine Sieb-
trägermaschine,indieeineMühleinte-
griertist.Allein dieseKombination führt
bei vielen Espresso-Enthusiastenschon
zu Stirnrunzeln. Der Grund: Die Wärme
der Maschine übertragesichauf die Boh-
nen im Behälter,was wiederum den Ge-
schmacknegativ beeinflusse.Zudem ist
die Mühle fürKaffeeperfektionistenge-
nauso wichtig wie die Maschine,wassich
in der nicht seltenen Bereitschaftzeigt,
dafür ebenso viel Geld auszugeben.
De’Longhis La Specialistakostet mit Müh-
le nur 800 Euro.Für diesen Preis be-
kommt man mitetwa sGlückbei man-
chen Online-Händlerndie allseits aner-
kannten Einsteiger geräte Racilio Silvia
als Siebträgermaschine und EurekaMi-
gnon MCI als Mühle zumPaketpreis. Alle
weiteren ernstzunehmenden Maschinen
sind deutlichteurer .InjedemFall stehen
aber zwei Gerätenebeneinanderinder
Kücheund nehmenviel Platzweg. Verfüh-
rerischanMaschinen wie der La Specialis-
ta istihre Kompaktheit,das Gerätvon
De’Longhi sieht zudem mit seinem Edel-
stahlgehäuse nochrecht hübschaus. Sol-
cheKombigerätesind nichtsNeues, wir
nutzen seit zehn Jahren zu Hause diePe-
gaso vonQuickMill, die ebenfalls zirka
800 Eurokostet. Die besondere–wenn
auchnicht exklusive–Funktion an La
Specialista istdas automatisierte Tam-
pern, also dasFestdrückender gemahle-
nen Bohnen im Sieb. Diesem Handgriff
wirdinFachkreisen mitunter viel Bedeu-
tung zugemessen,weil das Mehlgleichmä-
ßig und mit demrichtigen Druckgetam-
pertwerden sollte.
An der neuen MaschinevonDe’Longhi
istdiese Aktion allerdings nichtvollauto-
matisiertwie etwa an den Maschinenvon
Gastrobackoder Sage. ImFalle der La
Specialista nimmt man den Siebträger
und spannt ihn unterhalb der Mühle ein.
Daraufhin beginnt die Mühle zu mahlen.
Wielangesie das tun soll und mitwel-
chem Mahlgradlässt sichhändischein-
stellen. Die Mehlmengewirdüber einen
Knopf an derFront dosiert, den Mahl-
gradstellt man wie üblichüber den Boh-
nenbehälter ein, indem man ihn nach
rechts oder linksdreht .Das geht nichtstu-
fenlos, wasman für diesen Preisvoneiner
eingebauten Mühleauchnicht verlangen
kann. Sind die Bohnengemahlen,weist
die Maschine dezent darauf hin, dassnun

getampertwerden muss. Dazu ziehtman
an der linken Seiteeinen Hebel nachun-
ten. Zu fest tampernkann man nicht,weil
auf den letztenZentimetern eine Feder
den Druckherausnimmt. Jetzt geht’s wei-
terwieaneinernormalenMaschine.Der
Siebträgerwirdherausgenommen und un-
terdie Vorrichtunggespannt,wo das hei-
ße Wasser herauskommt, damit die Pum-
pe es durch das Sieb mit dem Mehl presst.
Letztlichnimmt einem La Specialista
nur einen Handgriffdes Tamperns ab. Da-
durch ergibt sichein fließenderArbeitsab-
lauf: Zweimal den Siebträger einspannen
und einmalauf eineTaste drücken, fertig
istder Espresso.Nunlässt sichdarüber
streiten, ob De’Longhis Bezeichnung
„haltautomatischer Siebträger“ gerecht-
fertigt is t. Denn Maschinenwieetwadie
Advanced ProfessionalvonGastroback
füllt nicht nur das Sieb, sonderntampert
ebenso automatisch, ohne dassder Nut-
zer ir gendetwas tun muss. Man spannt
den Siebträger ein und nimmtihn nach
ein paar Sekunden mit dem angepressten
Mehl wiederheraus.Wiebei den meisten
VollautomatenvonDe’Longhiist es er-
freulich, dassdie Mühle hinreichendfein
mahlt.Mahlgradund Mehlmengeeinmal
aufeinander abgestimmt, bewegt sic haus
den Ausläufen des Siebträgersein schön
dünnes Rinnsal nachunten, so wie es sein
soll. Nach einem Bohnenwechsel auf hell
gerösteteBohnenkamdie Maschine wie
zu er warten etwa saus demTritt.Aber
nachein paarFeinjustierungen lief es wie-
der bestens.
Die Artdes Milchaufschäumens ist
klassischund orientiertsichander Tech-
nik der meistenSiebträgermaschinen.
Eine beweglicheLanze an der Seitestößt
auf Knopfdruckheißen Dampf aus, so
dassman in einemKännchen die Milch
zum Schäumen bringt. Dasgeht gut, der

Schaum bekommt eine schöneKonsis-
tenz. Mit anderen Siebträgermaschinen
geht es nochbesser .Aber diekosten dann
1500 Eurooder mehr–ohne Mühle. De
Longhilässt dem Nutzer für dieKaffeezu-
bereitung angenehmwenig Auswahlmög-
lichkeiten.AufKnopfdruckbereit et La
Specialista einen doppelten Espresso zu.
Die Mühle mahlt dann mehrBohnen und
durch das Siebfließt mehrWasser.Bei Be-
darflandetein Americano in derTasse,
wenn man denrechten Knopfeinmalwei-
terdreht.Wie es sichgehört, wirdzuerst
ein Espresso zubereitet und danachmit
heißemWasser verlänger t. A uf dieEin-
stellung „Kaffee“ könnte man unseres Er-
achtensverzichten. Dannfließt einfach
nur mehrWasser durch das Mehl, ohne
dassdieses vorher angefeuchtet wird, was
geschmacklichimmer dazu führt, dasszu
viele bittereAromen in denKaffee gelan-
gen. Siebträgermaschinen lassen sichbes-
ser reinigen als Kaffeevollautomaten.
Undman weiß, ob sie sauber sind,weil es
kein Innenleben gibt,wo sichSchmutz
verstecken könnte. Soverhält es sichauch
bei der La Specialista.Esgenügt, am
Abend die Auftropfschale auszuleeren
und kurz abzuspülen. Die Lanze für den
Milchschaum sollteallerdings nachjeder
Aktionkur zdurchgespült und abgewischt
werden.
La Specialista istnichts fürNerd s, die
jeden Morgendrei odervier Espressi in
den Abflusskippen,weil er nochnicht
das perfekte Aroma hat.De’Longhi
sprichtall jene an, denen der Espresso
aus demVollautomaten nicht schmeckt,
denen Siebträgermaschinengefallen, die
aber auchnicht zwei Geräte, also eine Ma-
schine und Mühle, auf derKüchenablage
stehen habenwollen. Undgenau jene be-
kommen für 800 Euroeine schöne,tadel-
los funktionierende Maschine.

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Saugenfrei:De’Longhi hat für
Traditionalisten eine Lanzegebrochen.
La Specialista saugt die Milchnicht
ein, sondernbringt sie auf
herkömmlicheWeise direkt mit
heißem Dampf zum Schäumen.
Nicht modern, aber gut.
FotosHersteller

Das Netz sieht alles.ZumBeispiel je-
den Klickbei Amazon:Werdortnach
einem neuen ToasterAusschau hält,
darfsichnicht wundern,wenn schon
eine halbeStunde später jede Menge
Hausrat in Anzeigenfens tern auf allen
möglichenWebsites auftaucht.Die Wer-
bewirtschaftwünscht sichschon lange,
dassauchdas Fernsehen nachdiesen
Prinzipien funktioniert. SmarteFern-
sehgeräte, die mit dem Internetverbun-
den sind, bietendafür längsteine wich-
tigeVoraussetzung: HbbTV, ein Stan-
dard, dertechnische Brückenzwischen
klassischerTV-Ausstrahlung und On-
line-Inhalten baut, protokolliert,was
wann auf der Mattscheibe läuft, und
übermittelt diese Information an die
Serverder Sender –anonymisiert,
heißt es, und das heißtnicht viel. Jetzt
macht sichHbbTVfit für den nächsten
Schritt.Inder vergangenenWoche hat
die HbbTVAssociation, die Industrie-
organisation hinter derNormensamm-
lung, ihreSpezifikationen für individua-
lisierte Werbung („Targeted Adverti-
sing“) vorgestellt.Dank HbbTV-TA,
wie der neueStandard heißt,können
die Programmanbieterkünftig die klas-
sischenWerbeblöcke durch individuali-
sierte Spots ersetzen–ausgewählt von
Algorithmen nachSichtungverfügba-
rerNutzerdaten.Zugespieltwerdensol-
cheWerbe-Einheiten über das Internet.
Das Fernsehen über dieRundfunk-
Verbreitungswegebleibt während die-
ser Zeit unsichtbar,eswirdüberlagert
voneiner ArtBrows erfenster, in dem
die personalisierte Werbung läuft. „Die
Entwicklung der Spezifikation erfolgte
aufgrund derNach frag evon Rundfun-
kanbietern“, sagtVincentGrivet, Vor-
sitzender der Association–und trifft
damit wohl unfreiwillig den Kern.
Denn niemand hat dieZuschauer nach

ihrenWünschengefragt. DieRolle der
gläsernenKonsumenten auf dem Sofa
istfür sie sicher nicht die Endstation
Sehnsucht.Esgibt allerdingseinen Aus-
weg: ZumGlückkann jeder mit der
Fernbedienung abstimmen, denn
HbbTVlässt sichkomplett abschalten.
AufdringlicheWerbung aberkommt
auchnoch auf anderenWegenauf die
Bildschirme–sogar bis invermeintlich
neutrale Gefilde, die Bedienoberflä-
chen der Geräte. Samsungetwa liefer te
dafür langeZeit ein trauriges Beispiel:
Veritable Shitstormsrieben sichdaran,
dassselbstinder Inhalte-Navigations-
leiste des „SmartHub“, wie der Herstel-
ler seinenStart-Bildschirmnennt, Wer-
bekacheln aufpoppen, die dortwirklich
niemand braucht.Mehr noch: Einwer-
befinanziertesProgrammpaket namens
TVPlusmacht sich imme rmal selbstän-
dig und flutetden Start-Bildschirm
gleichnachdem Einschaltendes Fern-
sehersmit Trailernvon seltsamenVi-
deos, drunter nichtwenigeeher peinli-
chen Inhalts.AuchschrilleWerbung
für Video-Portale wieRakutentaucht
so immer wieder ungefragt auf. Ein
Samsung-Modell des Jahrgangs 2019
hat uns da angenehm überrascht:
TV Plus ließ sichmit wenigen Klicks
aus derNavigationsleiste und gleichzei-
tig aus derkompletten Senderliste ent-
fernen. Seither gibt die nervtötende Vi-
deo-DreingabeRuhe, und übrig bleibt
vomSmartHub nur eineÜbersichtssei-
te.Wir werden den SmartHub weiter
beobachten–stets dieFrageimBlick:
Hat der Hersteller dazugelernt?Wir
würden es seinenKunden wünschen.
Lernfähigkeit wünschen wir auchallen
Medienhäusern, dievonneuen, spru-
delnden Umsatzquellen aus „maßge-
schneiderter“ Zwangswerbung träu-
men. WOLFGANGTUNZE

Sieber


der Herzen


Fernsehwerbung total


HbbTVkünftig mit individuellerTV-Werbung


Reklame bis in dieNavigationsgrafik


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2


5


Espresso ausSiebträgermaschinen


schmeckt am besten. Aber d ie


Zubereitung istaufwendig. Diese


De’Longhimacht tr otzdem Lust.


VonMarco Dettweiler


Zwangsbeglückt:Samsung-TV-Gerät wirbt für Samsung-Tablet. FotoLarsSiebenhaar

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Hinweis derRedaktion:Ein Teil der inTechnik und Motorbesprochenen Produktewurde derRedaktionvonden Unternehmen
zu Testzweckenzur Verfügunggestellt oder aufReisen, zu denen Journalisteneingeladen wurden, präsentiert.

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