Frankfurter Allgemeine Zeitung - 03.03.2020

(Michael S) #1

SEITE 6·DIENSTAG, 3.MÄRZ2020·NR.53 Politik FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


Wasauchimmer passiertamMittwoch
im ThüringerLandtag, es dürftenochein-
mal ein historischerTagwerden. Binnen
vier Wochen kommen die 90Abgeordne-
tenabermals zusammen, um einen Minis-
terpräsidenten zuwählen. Linke, SPD
und Grüne nominiertenwieder den Lin-
ken-Politiker Bodo Ramelow, der das
Amt bis zum 5.Februar innehatte, dann
zweimal die absoluteMehrheitverfehlte
und schließlichmit 44 zu 45Stimmen
knappgegenThomasKemmerichverlor,
den die FDP im drittenWahlgang aufge-
stellt und mit Hilfeder Abgeordneten von
AfD und CDUgewählt hatte.Kemmerich
wardrei Tage später untergroßem inner-
parteilichen wie öffentlichen Druckzu-
rückgetreten, um das Amt „vom Makel
der AfD-Stimmen“ zu befreien, undre-
giertseitdemgeschäftsführend mit den
Staatssekretären derrot-rot-grünenVor-
gänger regierung. EinKabinett hatteer
nicht ernannt, Thüringen istseitdem
ohne reguläreRegierung.
Auch diesmalgeht Ramelowohne eige-
ne Mehrheit insRennen. Seine Minder-
heitskoalitionverfügt über 42Abge ordne-
te,ihr fehlen also vierStimmen, um ihren
Kandidaten im ersten Wahlgang zuwäh-
len. „Wir gehen davonaus, nachGesprä-
chen mitAbgeordnetenvon CDU und
FDP,dassBodo RamelowimerstenWahl-
gang gewählt wird“, sagtedie Vorsitzende
der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, in

Erfur t. „Alternativwerden wir sofortei-
nen Antrag aufAuflösung desParlaments
stellen.“ Bereits zuvor hatteRamelowdie-
ser Zeitunggesagt, demWahltag „völlig
zuversichtlich“ entgegenzusehen. „Ich
bin nachvielen Gesprächen in den letz-
tenTagen emotional zu dem Ergebnis ge-
kommen, dassich mit einer ausreichen-
den Mehrheit aus dem demokratischen
Spektrum im ersten Wahlgangrechnen
kann.“ Ramelowbezog sichdabei sowohl
auf persönliche Gespräche mitUnionsab-
geordnetenals auchseinerPartei, SPD
und Grünen mit der CDU,indenen sich
diese auf eineÜbergangsregierung unter
seinerFührung sowie fürNeuwahlen im
Aprilkommenden Jahresgeeinigt hatten.
Linke, SPD und Grünewollten sofortige
Neuwahlen ,während di eCDU dieseange-
sichts verheerender Umfrag ewerte so
weit wie möglichhinauszögern wollte.

CDU pocht auf Grundsatzbeschluss

Bereits am 5.Februar hatteRamelow
zwei Stimmen mutmaßlichaus denFrak-
tionenvon CDU und FDP bekommen.
BeideFraktionenhaben angekündigt,Ra-
melownicht wählen zuwollen. Die CDU
will sichoffiziell an ihrenParteitagsbe-
schlusshalten,wonachsie nicht mit AfD
und Linken zusammenarbeiten und de-
renKandidaten auchnicht ins Amtverhel-
fendarf. AllerdingsverwiesenUnionsab-

geordnete zuletzt immer wieder darauf,
dassdie Wahl geheim und sie in ihrem
Mandat frei seien. Mutmaßlichist ihre
Furcht, das Mandat bei sofortigenNeu-
wahlen zuverlieren,größer als dieÜber-
windung, Ramelowfür eine begrenzte
Zeit wieder in dieStaatskanzlei zuverhel-
fen. Hinzukommt dasverheerende Bild,
das die ThüringerPolitik in denvergange-
nen vierWochen abgegeben hat und das
auchdie CDU beenden will. Ihr neuer
Fraktionschef MarioVoigt, der am Mon-
tag außerplanmäßig und mitgroßer Mehr-
heit der 21Abgeordne tengewählt wurde,
erklärte: „Heuteist der ersteTag vonbes-
serenZeiten und der letzteTag vonSelbst-
beschäftigung.“ Erwolle neuesVertrauen
gegenüber den Bürgern,aber auchunter-
einander aufbauen. „Politik istein Mann-
schaftsspiel.“
Das warals deutliche Kritik an seinem
Vorgänger MikeMohring zu lesen, der
aus derPartei vielfachfür einsame Ent-
scheidungen imWahlkampf wie in der
Zeit danachkritisiertwordenwarund der
am Montag seine Ämter alsFraktions-
und Landeschef zurVerfügung gestel lt
hatte. Mohring hattenachder Wahl, bei
der die CDU erstmals nicht stärkste
Kraft, sondernnachLinkenund AfD Drit-
ter geworden war, eine Kooperation mit
der Linken angepeilt–die einzigeMög-
lichkeit, eine Mehrheitsregierung ohne
die AfD zu bilden.Nachheftiger Kritik

daran aus Bundes- und Landespartei so-
wie vergeblichemAuslotenweiterer Min-
derheits- und Projektregierungs-Optio-
nen ließ Mohring dieWahl Kemmerichs
mit Stimmen der AfD zu,waszum Rück-
tritt der Bundesvorsitzenden Annegret
Kramp-Karrenbauer führte.Danachtor-
pedierte er Ramelows Vorschlag, die
CDU-Politikerin Christine Lieberknecht
bis zuNeuwahlen als Ministerpräsi dentin
zu wählen,und kündigteschließlichsei-
nen Rücktritt mit der Begründung an,
dassdas Abkommen seinerFraktion mit
Rot-Rot-Grün für eineÜbergangsregie-
rung ein Bruchdes CDU-Wahlverspre-
chens sei,Rot-Rot-Grün zu beenden.

Auch BjörnHöcke will kandidieren
Voigt is teiner der vierUnionsabgeordne-
ten, die das „StabilitätfürThüringen“ver-
heißendeAbkommen mitRot-Rot-Grün
für eineÜbergangszeit ausgehandelt ha-
ben. Darinverpflichten sichdie vie rPar-
teien,sichnicht mitHilfeder AfD zu
überstimmen.Voigt kündigt ean, dieRol-
le derUnion als„kon struktive Oppositi-
on“ zu sehen,wasals ein Indiz dafürgese-
hen werden kann, dassRamelowamMitt-
woch mit derabsoluten Mehrheitrech-
nenkann. Einweiteres Indizist die Kan-
didatur Björn Höckes, de ndie AfD-Frak-
tion am Montag nominierte.SollteRame-
lowamMittwochmehrals die 42Stim-

men vonRot-Rot-Grün erhalten,werde
klar sein, dassdiese nichtvonder AfD
stammten, sagteder Parlamentarische
Geschäftsführer der AfD-Fraktion,Tor-
ben Braga. Höcke hatte bereitszuvor an-
gekündigt, dass es „ausgeschlossen“ sei,
„dasswir BodoRamelo wvon den Linken
mitwählen“. Selbigeshatteder Chefder
AfD-Fraktion im Bundestag,Alexander
Gauland, empfohlen,umRamelow die
Annahme derWahl unmöglichzuma-
chen.Am5.Februar hatte die AfD im
drittenWahlgan gihren parteilosenKan-
didaten fallengelassen undgeschlo ssen
für Kemmerichgestimmt.
Darüber hinaus einigten sichLinke,
SPD und Grüne, imFalle einerWahl Ra-
melows die bisherigenZuschnitteder Mi-
nisterien andersals geplant bis zuNeu-
wahlen nicht zuverändern. Solltedie
Wahl abermals scheitern,wärenNeuwah-
len der einzigeAusweg. Diese sind aller-
dings nochschwieriger herbeizuführen,
als einenRegierungschef zuwählen:Für
die Auflösung des Landtags müssten min-
destens 60Abgeordnete stimmen, also 18
mehr,als Rot-Rot-Grün hat.Dassgleich-
wohl nichts sicher istund dieVerhältnisse
im Landtag in Erfurtäußerst volatil sind,
zeigenÄußerungenvonCDU-Abgeordne-
ten, die für eineventuelles ScheiternRa-
melows schon jetzt die SPDverantwort-
lichmachen. Begründung: Die Sozialde-
mokraten seien dochdie Einzigen, die un-
bedingt Neuwahlenwollten.

Viktor Dammertz gestorben


Viktor Josef Dammertzwarein Soli-
tär unter den 27 Orts- und annähernd
40 Weihbischöfen, die in den neunzi-
gerJahren die Deutsche Bischofskon-
ferenz bildeten. Denn als Einziger
warernicht auf demWegüber ein di-
özesanesPriesterseminar undTätig-
keiten in der Pfarrseelsorge oder der
Verwaltung eines Bistums in das Bi-
schofsamtgekommen. Dammertzhat-
te sich1953 dem Orden der Benedikti-
ner angeschlossen. Ende der siebziger
Jahrewurde er aus derPosition des
Erzabtes seinerAbteiSt. Ottilien her-
aus zum Abtprimas der Benedikti-
schenKonföderation mit Sitz inRom
gewählt.15Jahrespäterkehrte der
freundlich-zurückhaltende Ordens-
mann nach Deutschland zurück–
nachAugsbu rg.Dortsollteder promo-
vierte Kirchenrechtler nachdem Wil-
len vonPapstJo-
hannesPaul II. Bi-
schof sein und die
Fliehkräfte unter
den Gläubigen ein-
hegen, die sein
Vorgänger Josef
Stimpfle mit der
Ansiedlung aller-
lei konservativer
bis traditionalisti-
scher Gruppen er-
zeugt hatte. Zwölf Jahrelang versah
der gebürtigeNiederrheiner seinen
DienstinDemut und Bescheidenheit.
In derNachtzum Montag isterimAl-
tervon 90 Jahren inSt.Ottilienver-
storben. D.D.

Ion Iliescu 90
Rumänienwardas einzigeLand Ost-
europas, in dem dieRevolution 1989
blutigverlaufen ist. Mehr als 1100
Menschenverloren beim Sturzdes
DiktatorsCeauşescu ihr Leben.We-
gen862 diesergewaltsamenTodesfäl-
le steht derzeit in Bukarestder Mann
vorGericht, der sichimDezember
1989 als Anführer derRevolution prä-
sentierte und dann als Präsident,Par-
teiführer undStrippenzieher fastzwei
Jahrzehntelang diePolitik maßgeb-
lichbestimmte: Ion Iliescu. Ihm wird
vorgeworfen, mit Mitverschwörern
nochnachder Hinrichtung Ceauşes-
cus am 25. Dezember 1989gewaltsa-
me Zusammenstöße or ganisiertzuha-
ben, um selbstandie Macht zukom-
men. Iliescu,der seit den fünfziger
Jahren Parteifunktionär war, hatte
sichinden achtziger Jahren denRuf
einesReformerserworben.Während
der Revolution 1989 setzteers ichmit
anderenkommunistischenKadernan
die Spitze einer „Front derNationalen
Rettung“, aus der antikommunisti-
sche Kräfte raschverdrängt wurden.
Im Juni 1990 ließ Iliescu in Bukarest
Studentendemonstrationenvonher-
angekarrten Bergarbeiterngewaltsam
zerschlagen–auchdeswegen läuftein
Prozessgegen ihn. Langehattedie
vonIliescu begründete „sozialdemo-
kratische“Partei dafürgesorgt, dass
die juristische Aufarbeitung ver-
schlepptwurde. Seine Anhänger se-
hen in ihm den Gründervaterder ru-
mänischen Demokratie. Schließlich
ging er dreimal–1990, 1992 und 2000
–als klarer Sieger aus Präsidenten-
wahlen und führte das Land 2004 in
die Nato.Andiesem Dienstag wird
Ion Iliescu 90 Jahrealt. rve.

D


er britische Chefunterhändler
DavidFrostschwieg, als er am
Montagnachmittag zum Auf-
takt derPost-Brexit-Verhand-
lungen im Gebäudeder Europäischen
Kommission in Brüssel ankam. EineStun-
de lang sprachFrost anschließend mit
EU-Chefunterhändler Michel Barnier.
Später trafen sichdie Fachleute zu den
verschiedenen Verhandlungsthemen in
großer Runde. Vondiesem Dienstagan
geht es in Brüssel um die Details deskünf-
tigen Verhältnisses: In elf Arbeitsgruppen
verhandeln beide Seiten unter anderem
über den Handel mitWarenund Dienst-
leistungen,Verkehr,die Kooperation im
Energiesektor,insbesondereder Atom-
energie, dieZusammenarbeit derPolizei
und Justizbehörden sowie die Mobilität
vonArbeitnehmern.
Knapp einhundertFachleute haben al-
lein die Briten dafür nachBrüssel mitge-
bracht.Viel Zeit bleibt nicht.Die Über-
gangsfrist, in der nachdem Brexit Ende
Januar zwischen EU und demVereinigten
Königreichweitgehend alles beim Alten
bleibt, endetam31. Dezember dieses Jah-
res. Sic hbis dahin auf das angestrebteum-
fassende Handelsabkommen und zu-
gleichanderewichtig eThemen zu eini-
genist –vorsichtigformuliert–ehrgeizig.
Schon bei derTaktung derVerhandlungs-

runden, die imWechsel in Brüssel und
Londonstattfinden,gabesStreit.Die EU
wolltealle dreiWochen, die Briten alle
zweiWochen zusammenkommen. Nun
stehen immerhin dieTermine für die ers-
tenfünf Runden bis MitteMai fest.Im
Juni wollen beide Seiten Zwischenbilanz
ziehen. Theoretischkönnten sie sichbis
Juli auf eineVerlängerung derÜbergangs-
fristeinigen.Dasallerdingshatderbriti-
sche PremierministerBoris Johnson aus-
geschlossen.
Im Gegenteil: Im britischenVerhand-
lungsmandat istvielmehrdie Rede da von,
sichimZweifel vonJuni an besser auf ei-
nen hartenSchnitt vorzubereiten. Für
den Handel zwischenKontinent und In-
sel hieße das einRückfall auf dieRegeln
der Welthandelsorganisation, alsoZoll-
barrieren. Angesichts der engen wirt-
schaftlichenVerknüpfung hättedas spür-
bareFolgen sowohl für die Europäische
Union als auchfür dasVereinigteKönig-
reich. SchnelleFortschritteerwartetden-
nochniemand in Brüssel.Wenn die erste
Verhandlungsrunde am Donnerstag
ende,werdeesimbestenFall heißen,
dasseskonstruktiveGesprächegegeben
habe, heißt es. Daswerdenachjeder Ver-
handlungsrunde soweiter gehen, bis es im
Juni bei der Zwischenbilanz zum ersten
„Showdown“komme. Die heiklenFragen
kämen ohnehin erst im Herbstauf den
Tisch, sagt ein Diplomat.
Das sindvorallem die zwei Bedingun-
gen, anwelche die EU einen zoll- und
quotenfreienZugang zu ihrem Marktge-
knüpfthat. Er stens sollen sichdie Briten
verpflichten, sichauchkünftig an die EU-
Standards für Arbeitsrecht undUmwelt-
schutz zu halten. Barnier argumentiert,
angesichtsvonnur 34 KilometerLuftlinie
zwischen Calais und Doverkönne die EU
keinen Dumping-Wettbewerb mit dem
Vereinigten Königreich akzeptieren.
Zweitensfordertdie EU freienZugang zu
den britischenFischereigebieten. DasVer-
handlungsmandat der EU lässt ihm in die-
sem Punktkaum Spielraum: derZugang
soll bleiben wie bisher. Die Verknüpfung

mit dem Handelsabkommen begründet
die EU mit dem britischen Exportvon
Fischprodukten in Höhevon1,79 Milliar-
den EuroimJahr.
Die britischeRegierung lehnt beide Be-
dingungenstrikt ab. Der zentrale Satz im
Verhandlungsmandat für Frostlautet:
„Was auchimmer passiert, dieRegierung
wirdkeine Vereinbarung aushandeln, in
der dasVereinigteKönigreichnicht die
Kontrolle über seine eigenen Gesetze und
das politischeLeben hat.“Weiterhin die
Standards der EU anzuwenden odergar
neue Standards zu übernehmen istdamit
aus JohnsonsSicht ausgeschlossen. Glei-
ches gilt auchfür dieFangrechte. Johnson
hat immer wieder betont, dasVereinigte
Königreichmüsse als unabhängigerKüs-
tenstaat frei über seineFischgründeverfü-
genkönnen, und will deshalb allenfalls
ein separatesFischereiabkommen ohne
dauerhafte Zusagen aushandeln. Dertat-
sächlichen ökonomischenRolle der Bran-
chewirddie Bedeutung,die beide Seiten
ihr zugestehen, kaum gerecht. Allerdings
sind dieFischereiflotten einiger EU-Staa-
tenstark vomZugang zu den britischen
Gewässernabhängig.
Die Britenkönnten das in der Endpha-
se derVerhandlungen alsFaustpfand be-
nutzen,heißt es schonwarnend aus der
Kommission. Die EU allerdings hat eben-
falls einenFaustpfand: denZugang zu ih-
remFinanzmarkt.Der hat für die briti-
sche Finanzbranche enorme Bedeutung.
Die EU aber will darübergarnicht erst
verhandeln.Obsie den BritenZugang
zum Finanzmarktgewähreoder nicht, sei
allein ihreEntscheidung. EinenVorge-
schmackdarauf, wie die Europäische
Kommission diese „unilaterale“ und ei-
gentlichanrein objektiven Kriterien hän-
gende Entscheidungstrategischeinsetzen
kann, haben dieVerhandlungenüber das
Rahmenabkommen mit der Schweizgelie-
fert:Als die SchweizerRegierung mit der
Unterzeichnung desAbkommens nicht
vorankam,kappte die Kommission den
Schweizer Bankenkurz erhand denZu-
gang zum EU-Finanzmarkt.

Foto RobertGommlich

Foto Wolfgang Eilmes

Nachdem AusscheidenPete Buttigiegs
aus dem Rennen um die Präsident-
schaftskandidatur der Demokraten in
Amerikarufen Vertreterdes moderaten
Parteiflügels dazu auf, sichhinter Joe Bi-
den zu versammeln. Der fulminante
Sieg des früherenVizepräsidenten in
der Vorwahl in South Carolina habever-
deutlicht, dasserinder Lagesei, im
HerbstDonaldTrumpzuschlagen.Um
einen Durchmarschdes selbsterklärten
SozialistenBernie Sandersinder Partei
zu verhindern, wirdder Druckauf den
früherenNewYorker BürgermeisterMi-
chael Bloombergerhöht, zugunstenBi-
dens zuverzichten. Der Milliardär,der
jetzt erst ins Rennen einsteigt, zeigt sich
freilich bislang unbeeindruckt.
Am Dienstagfinden in 14 Bundesstaa-
ten Vorwahle nstatt.Die Demokraten
vergeben dabei mehr als ein Drittel der
Delegiertenstimmen. Sandersgab sich
vordem „SuperTuesday“weiter zuver-
sichtlich,vorallem inKalifornien und
Texas, den beiden bevölkerungsreichs-
tenBundesstaaten, vornezuliegen.
Dorthatten viele Demokraten schon
per Briefwahlgewählt, bevorBidens
Kampagne durchdas Resultat von
South Carolina eine neue Dynamik ent-
falten konnte. Buttigiegsprachzwarkei-

ne Wahlempfehlung für Biden aus, als
er am Sonntag in seiner Heimatstadt
South Bend in Indiana seinenVerzicht
erklärte.Dochdeuteteeran, dasserei-
nen Erfolg Sanders’ verhindernwolle:
Er müsse anerkennen, dassdas Rennen
einenPunkt erreichthabe, an dem er sei-
nen Idealen am ehestendadurch treu
bleibe,wenn er beiseitetrete und diePar-
teieine.
Es sei seineVerantwortung, dieFol-
geneines Festhaltens an seiner Bewer-
bung zu berücksichtigen, sagte er,ohne
konkreter zuwerden. Zuvorhatten sei-
ne Berater nochargumentiert, Buttigieg
könne Sandersam„SuperTuesday“ in
vielen BundesstaatenStimmenkosten.
Kurz darauf mussman zu dem Ergebnis
geko mmen sein, es sei besser,auszustei-
gen. Er st nach der Entscheidung soll er
Kontakt zu Biden aufgenommen haben.
Buttigiegwarder er steoffen schwule
Präsidentschaftsbewerber der Demokra-
ten. In Iowa,wodie Vorwahlen Anfang
Februar begannen, sorgteder 38 Jahre
altefrühereBürgermeistermit seinem
Sieg für eine kleine Sensation; inNew
Hampshirekam er auf Platz zwei.Nach
denErfolgen in den beiden überwie-
gend weißen Bundesstaaten zeigtesich
aber die Schwäche Buttigiegs: InNeva-
da, das über einegroße Latino-Bevölke-

rung verfügt, und in South Carolina,wo
die Afroamerikaner die Mehrheit unter
den Demokraten bilden,landete er abge-
schlagen im hinterenFeld.
Trumpreagierte umgehend auf Butti-
giegs Ankündigung.AufTwitter schrieb
der Präsident, Bidenwerdenun „alle“
Stimmen Buttigiegs erhalten. Dies sei
der Anfang einerKampagne desPartei-
establishments der Demokraten, San-
dersdie Nominierung zu nehmen–wie
2016.Trumpwill so einenKeil ins Lager
der Gegenseitetreiben. SeinTweetof-
fenbartaber auch: Immer nochfürchtet
er einen Herausforderer Biden am meis-
ten.
Sandersfühltesich schonvorvier Jah-
ren, als ergegenHillaryClinton antrat,
vonder Parteiorganisation unfair behan-
delt.Tatsächlichgibt es jetzt wieder
eine Debattedarüber,was passieren
soll, wenn Sanderswomöglichnur mit
einerrelativen Mehrheit der Delegier-
tenstimmen zum Nominierungspartei-
tagimSommer in Milwaukee ziehe. Die
Statuten derPartei sehenvor, dassdann
–ineinemzweiten Wahlgang–die Stim-
men der „Superdelegierten“, die sich
aus Mandatsträgernzusammensetzen,
den Auss chlag geben. Dannkönnteder
zweitplazierte moderateVertr eter an
Sandersvorbeiziehen.

Zwei Briten in Brüssel:DavidFrost(links) und EU-BotschafterTim Barrow FotoGetty

lock. DRESDEN.Erstals sein Sieg so
gut wie sicherwar,kam Leipzigs Oberbür-
germeisterBurkhardJung am späten
Sonntagabend insRathaus der Messe-
stadt. Zuvorhatteder SPD-Politiker lange
bangen müssen. Immer wieder lagwäh-
rend derAuszählung derWahllokale sein
ärgs terHerausforderervonder CDU
vorn,SachsensWissenschaftsministerSe-
bastian Gemkow.AmEnde setztesich
Jung mit 49,1 Prozent denkbar knappge-
genGemkow durch,der 47,6 Prozent der
Stimmen holte. Eine dritteBewerberin
vonder Piraten-Parteierreicht e3,3 Pro-
zent.Rund 3300Stimmen lag Jung letzt-
lichvor Gemkow.Spätes tens seit dem ers-
tenWahlgangvorvier Wochen, bei dem
acht Bewerber antraten und überra-
schend Gemkow gewonnen hatte,war
das Rennen um den zweitenWahlgang
spannendgeworden.
Jung, der seit 14 Jahren Oberbürger-
meisterist und zum dritten Mal antrat,
hattevor allem mit seinen Erfolgen
zu punktenversucht .Als er 2006zum ers-
tenMal gewählt wurde, galt Leipzig
als Armutshauptstadt mit Einwohner-
schwundund hoher Arbeitslosigkeit.
Heute istesdie am schnellstenwachsen-
de Großstadt Deutschlands, hat in den
vergangenenanderthalb Jahrzehnten

rund 100 000 Einwoh-
ner dazu gewonnen.
Die Arbeitslosenquo-
te sank von17auf
sechs Prozent. Der
Boom führtallerdings
auchzuvielfältigen
Engpässen,etwa auf
dem Wohnungsmarkt,
im Verkehr,bei Schu-
len und Kindergärten. Hinzukommt die
„Attraktivität“ derStadt für die linksex-
treme Szene. Insbesonderedie CDUwarf
Jung immer wiedervor, die linksextreme
Szene nichtkonsequentzubekämpfen.
Unions-Kandidat Gemkow,der aus
Leipzigstammt undvonseiner Arther
eher verbindlich,ruhig und zurückhal-
tend ist,warfür viele Leipziger docheine
Alternativezudem SPD-Mann.Nunver-
halfen diesem mutmaßlichdie Be werbe-
rinnen der Linken und der Grünen, die
ihreKandidaturen nachder er sten Run-
de, in der sie 13,5 und zwölf Prozent er-
reichten, zurückgezogen hatten, zum
Sieg. Für dieSPD, die seit 1990 in Leipzig
den Oberbürgermeisterstellt, imRathaus
aber nur nochdie fünftgrößtevon sechs
Fraktionen istund bei der Landtagswahl
zuletzt nur 7,7 Prozent erreichte, istdas
ein großer Erfolg.

NordkoreatestetRaketen
Nordkoreahat am Montag nachdrei
MonatenTestpause zwei ballistische
Kurzstreck enrak eten in die Gewässer
zwischenKoreaund Japangeschos-
sen. Nach Angaben des südkoreani-
schen Militärsflogen dieRaketenvon
Wosan an der Ostküste etwa 35 Kilo-
meterhoch und 240 Kilometerweit.
Im vergangenen Jahr hattedas nord-
koreanischeRegime mindestens 19
Mal Waffen getestet.NachErkennt-
nissen der Südkoreaner setzteNord-
koreaamMontag zudem militärische
Schießmanöverfort, die Führer Kim
Jong-un amFreitag beaufsichtigt hat-
te.Südkorea und dieVereinigtenStaa-
tenhaben aus Sorge vo rdem Corona-
virus allegemeinsamen Manöverbis
auf weiteres abgesagt. pwe.

Regieru ngsbildung im Irak


gescheitert


Im Irak istder frühereMinister Mu-
hammadTaufiq Allawi bei der Bil-
dung einer neuenRegierunggeschei-
tert.AmSonntagabendverkündete
er in Bagdad seinenRücktritt als de-
signierterMinisterpräsident.Allawi
waresnicht gelungen, für seinenVor-
schlag eines Kabinetts genügend
Rück halt imParl ament zu sichern,
waserals Grund seinesRücktritts
nannte. „Ichhabe mit allen mögli-
chen Mittelnversucht, unser Land
voreinemAbrutschen in dasUnbe-
kanntezubewahren und das derzeiti-
ge Problem zu lösen“, sagteAllawi.
Der Iraksteckt seit Monaten in einer
politischen Krise. Im Oktoberwaren
Proteste im Land ausgebrochen, bei
denen Hunderte Menschenstarben
und Tausendeverletzt wurden. Sie
richten sichgegen ausuferndeKor-
ruption und die politische Elite. dpa

Personalien


Selbstüber die Termine gabesStreit


Mit Stimmen vonCDU und FDP?


BodoRamelowkandidiertamMittwochals Ministerpräsident–für eineÜbergangszeit /VonStefanLocke, Dresden


Wichtiges inKürze


Buttigieggeht,Biden hofft


Vordem „SuperTuesday“ in Amerika/VonMajid Sattar,Washington


Die Verhandlungen


zwis chen de rEUund


London habenunter


denkbar ungünstigen


Voraussetzungen


begonnen.


VonHendrikKafsack,


Brüssel


LangesZitter ninLeipzig


BurkhardJung bleibt Oberbürgermeisterder Stadt


BurkhardJung

V.Josef Dammertz
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