Handelsblatt - 17.02.2020

(Ann) #1

Hamburger Naturkosmetikmarke
„Stop The Water While Using Me“.
Das ist der erste Zukauf im Kosmetik-
geschäft seit Jahren, obwohl Beiers-
dorf schon lange auf der Suche ist.
Die Kehrseite solcher Deals: Die
Käufer sind erst einmal mit jungem
Blut versorgt. So sucht die deutsche
Online-Kosmetikmarke HelloBody ei-
nen Käufer. Das sagte die Unterneh-
menschefin Monique Hoell dem Han-
delsblatt: „Wir sind profitabel und
daher nicht auf frisches Geld ange-
wiesen. Aber es wäre schön, einen
Partner zu haben, der uns etwa bei
einer Expansion nach Asien mit Wis-
sen über den dortigen Markt unter-
stützen kann.“


Kosmetikmarke HelloBody
sucht Käufer


Hoell baut die Marke seit gut vier Jah-
ren für den Berliner eCommerce-Ent-
wickler Invincible Brands auf. Seit
zwei Jahren gehört die Mehrheit der
2015 in Berlin gegründeten Holding
dem Londoner Finanzinvestor Capi-
tal D. Konzipiert ist HelloBody so,
dass die Marke unter anderem ideal
auf die Beiersdorf-Anforderungen ge-
passt hätte: Mit den Schwerpunkten
auf Naturnähe, junge Frauen und Di-
gitalmarketing erfüllt sie alle Suchkri-
terien der Hamburger. Doch der Dax-
Konzern hat sich mit dem aktuellen
Zukauf vorerst für eine andere, ähn-
lich positionierte Marke entschieden.
Zudem setzen die Hamburger statt
auf teure Zukäufe verstärkt auf die In-
house-Entwickelung von Start-ups.
Der Nivea-Konzern hat dafür die
Tochter Wingman Studios gegründet.
Auch L‘Oréal ist versorgt: In
Deutschland kauften die Franzosen
2018 den jahrzehntealten Naturkos-
metikhersteller Logocos mit den Mar-
ken Logona und Sante. Durch den
Zukauf bekam L’Oréal auch Produkti-
onsanlagen dazu, die der Konzern
2019 noch ausbaute. HelloBody hin-
gegen ist ein reiner Entwickler und
Vermarkter, die Produktion überneh-
men Lohnfertiger. L’Oréal wollte auf
Anfrage zu HelloBody ebenso wenig
etwas sagen wie Beiersdorf.
Hoell muss vorerst weiter für die
Vorzüge ihres Geschäfts werben, um
einen anderen Partner für die Interna-
tionalisierung zu finden: Potenzielle
Käufer will HelloBody-Chefin Hoell mit
der Aussicht auf deutliches Wachstum
locken. So könne HelloBody dank des
eCommerce-Modells schnell in neue
Länder vorstoßen: „Die Infrastruktur
für einen neuen Markt können wir in-
nerhalb eines Monat schaffen“, sagt
sie. Allerdings ist die Expansion außer-
halb Europas teuer.
Aus eigener Kraft ist das nur
schwer leistbar. Das hat Hoell in den
USA erfahren: Im August 2018 eröff-
nete HelloBody ein Büro in Los Ange-
les, bis heute liegt der Anteil am Um-
satz „im niedrigen einstelligen Pro-
zentbereich“, sagte Hoell. „Mit dem
,mindset‘, wie in Europa profitabel
wachsen zu wollen, tun wir uns bei
der Erschließung der USA schwer“,
sagt sie. Ein strategischer Käufer
könnte hilfreich sein. Zudem könn-
ten neue Verkaufskanäle wie Parfü-
merien und eigene Markenläden zum
Wachstum beitragen. 2019 hat Hello-
Body bereits mit drei jeweils wenige
Wochen geöffneten Pop-up-Stores ex-
perimentiert. Bislang verkauft die
Marke mit ihren 85 Mitarbeitern fast
ausschließlich über ihren Online-
shop. 2019 habe sie 65 Millionen
Euro Umsatz erreicht, sagte Hoell –
vor allem im deutschsprachigen
Raum, Frankreich, Italien und Polen.
Bekannt geworden ist die Marke übri-
gens über Influencer vor allem auf
Instagram – wie einst Casper.


Klagewelle

Neuer Ärger für Bayer vor Gericht


Ein Gericht in Missouri
verurteilt Bayer und BASF zu
265 Millionen Dollar Strafe. Es
geht um den Monsanto-
Unkrautvernichter Dicamba.

Bert Fröndhoff, Katharina Kort
Düsseldorf, New York

B


ayer muss in den USA eine
neue Schlappe vor Gericht
wegen eines Monsanto-Pro-
dukts einstecken. Ein Gericht in Mis-
souri hat Bayer und BASF dazu verur-
teilt, einem klagenden Farmer insge-
samt 265 Millionen Dollar zu bezah-
len, weil das Unkrautmittel Dicamba
seine Obsternte zerstört hat. Das Mit-
tel soll von einem benachbarten
Baumwollfeld herübergeweht sein.
Das Urteil kommt zu einer Zeit, in
der Bayer ohnehin schon mit milliar-
denschweren Forderungen wegen
des glyphosathaltigen Mittels Round -
up zu kämpfen hat. Sowohl Dicamba
als auch Roundup sind durch die
Übernahme von Monsanto bei Bayer
gelandet. Damit haben die Leverku-
sener auch die Klagen übernommen.
Dicamba ist ein Unkrautmittel, das
alles vernichtet außer bestimmten
genmodifizierten Pflanzen, die gegen
Dicamba resistent sind. Das Produkt
ist vor allem beim Anbau von Baum-
wolle und Soja beliebt. Dicamba ist
einer der am meisten verbreiteten
Unkrautvernichter in der amerikani-
schen Landwirtschaft, aber vom Vo-
lumen längst nicht so groß wie Gly-
phosat. In den USA vertreiben Bayer
und BASF sowie der Agrarkonzern
Corteva das Mittel. Wie viel Umsatz
die Konzerne mit Dicamba machen,
ist nicht bekannt. In Deutschland
spielt Dicamba nur eine kleine Rolle.

Erste Klagen gegen Dicamba ka-
men 2017 auf, als die Hersteller eine
neue Variante mit deutlich stärkerer
Wirkung auf den Markt brachten. In
Missouri sind Bayer und BASF zu 15
Millionen Dollar reinem Schadenser-
satz verurteilt worden. Die 250 Millio-
nen Dollar sind die sogenannten „pu-
nitive damages“ – zusätzliche Strafen,
die Unternehmen davon abhalten
sollen, ihr Verhalten zu wiederholen.
Bayer und BASF betonen, dass die
Probleme auf den fehlerhaften Ein-
satz der Farmer zurückzuführen sei-
en. „Die vorgelegten Beweise zeigen,
dass Monsantos Produkte nicht für
den Schaden verantwortlich waren“,
sagte ein Bayer-Sprecher.
Die US-Umweltbehörde EPA hatte
bereits 2018 auf die Vorwürfe rea-
giert. Sie verbot zwar nicht den Ver-
kauf von Dicamba, schränkte aber

die Verwendung ein. So darf nur
noch speziell geschultes Personal das
Mittel auf die Felder bringen, und die
Farmer müssen an den Feldrändern
einen gewissen Abstand einhalten.

Warten auf die Einigung
bei Roundup
Bei den noch viel schwerer wiegen-
den Klagen wegen des Glyphosat-
Mittels Roundup gehen die Verhand-
lungen unterdessen in die letzte Pha-
se. Die Konzernanwälte feilen um
die letzten Details einer außerge-
richtlichen Einigung mit Tausenden
Klägern, die ihre Krebserkrankung
auf Roundup zurückführen.
In der Branche wird erwartet,
dass Bayer vor der Hauptversamm-
lung im April zu einer Lösung mit
den Klägeranwälten kommt. Mögli-
cherweise gelingt dies schon vor der
Bilanzpressekonferenz Ende Febru-
ar. Eine Vergleichssumme von rund
zehn Milliarden Dollar steht im
Raum.

„Die Verhandlungen gehen weiter,
und ich bin weiterhin vorsichtig opti-
mistisch“, sagte der Chef-Mediator Ken
Feinberg dem Handelsblatt. Ihn hat das
Gericht eingesetzt, um zwischen beiden
Seiten zu verhandeln. Bayer geht es vor
allem um eine Lösung, die eine neue
Klagewelle in Zukunft vermeiden kann.

265


MILLIONEN
Dollar sollen Bayer und
BASF einem Farmer
in Missouri zahlen.

Quelle: U.S. District Court for the
Eastern District of Missouri

Farmer auf
Sojabohnenfeld:
Verwendung von
Dicamba ist in
den USA seit 2018
eingeschränkt.

The Washington Post/Getty Images

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