Handelsblatt - 17.02.2020

(Ann) #1
Carsten Volkery London

Z


ahlreiche Anleger werden
Ende Februar wieder
nach London zur Haupt-
versammlung von Funds-
mith pilgern, um Terry
Smith zu erleben. Der 66-Jährige ist
einer der letzten verbliebenen Stars
in der Branche der Fondsmanager.
Seine Hauptversammlung ist regel-
mäßig die größte in Großbritannien,
im vergangenen Jahr kamen 1300 An-
leger – was für britische Verhältnisse
sehr viel ist. Der Vergleich mit War-
ren Buffett, der Investorenlegen-
de von Berkshire Hathaway, drängt
sich auf. Smith hört das gern, er zi-
tiert den Amerikaner ständig. Buffett
ist sein Vorbild, auch wenn er ihn nie
getroffen hat. Wie Buffett schreibt
Smith einen jährlichen Anlegerbrief
in klarer Sprache und stellt sich den
Fragen seiner Investoren. Kein ande-
rer Fondsmanager in Großbritannien
macht das. „Ich kommuniziere gerne
direkt mit meinen Anlegern“, sagt er
in seinem Londoner Büro. „Die Anle-
ger müssen verstehen, was wir ma-
chen.“ Auf seiner Hauptversammlung
predigt Smith immer drei goldene
Regeln: Kaufe gute Firmen. Bezahle
nicht zu viel. Mache sonst nichts.

Orakel aus Omaha
Der simple und zugleich radikale An-
satz erinnert an das Orakel aus Oma-
ha. „Es gibt 160 Milliarden Gründe,
warum Warren Buffett richtigliegt“,
erklärt Smith. 160 Milliarden, so groß
ist das verwaltete Vermögen von
Berkshire Hathaway. Fundsmith ist
deutlich kleiner. Doch mit 19 Milliar-
den Pfund ist Smiths Aktienfonds seit
ein paar Jahren der größte Einzel-
fonds im Königreich. Der Grund: Die
großen aktiven Vermögensverwalter
verzeichnen seit Jahren hohe Netto-
abflüsse. Smiths Fonds hingegen er-
lebt weiterhin Zulauf – trotz des
Trends zu passiven Indexfonds.
Smiths Bilanz kann sich dabei se-
hen lassen: Seit der Gründung von
Fundsmith 2010 hat er das Kapital
der Anleger um 377 Prozent ver-

mehrt. Er hat eine sehr enge Definiti-
on davon, was ein gutes Unterneh-
men ausmacht. Hohe und zugleich
stabile Gewinne, großer Marktanteil,
keine hohen Schulden, Patente, Mar-
kenname, das sind Dinge, auf die er
achtet. „Nur 70 Firmen weltweit be-
stehen den Test“, sagt er. In seinem
Portfolio hat er 28 davon. Smith mag
Verbraucherwerte, Technologie und
Gesundheit. 60 Prozent seines Fonds
ist in US-Firmen angelegt, weitere 20
Prozent in britische Unternehmen. In
den Vitrinen im Konferenzraum steht
ein ganzes Supermarktsortiment: Ge-
schirrspültabletten, Deo, Zahnpasta,
Kaffee, alles Produkte, die seine Fir-
men verkaufen. Vergangenes Jahr hat
er Brown-Forman, den Hersteller von
Jack Daniels, hinzugefügt, nachdem
die Aktie aufgrund der EU-Zölle auf
amerikanischen Whisky eingebro-
chen war. „Auch die besten Firmen
haben manchmal einen Ausrut-
scher“, sagt Smith. „Das ist dann un-
sere Gelegenheit zum Zuschlagen.“
Um die meisten Branchen macht
der Fondsmanager jedoch einen gro-
ßen Bogen. „Drei Viertel der Welt
sind uninvestierbar“, erklärt er. Ban-
ken zum Beispiel. „Ich werde nie in
eine Bank investieren“, meint Smith,
der einst als Bankenanalyst bei Bar-
clays seine Karriere begonnen hatte.
Seit der Erfindung von Derivaten in
den 1980ern könne man keine ver-
nünftige Risikoanalyse mehr machen.
Niemand wisse, was in einer Bank
vorgehe, nicht einmal die eigene
Führung. Und selbst Banken, die nur
Einlagengeschäfte machen, hätten
mit dem Systemrisiko zu leben. „Es
ist ein tödlicher Sektor.“ Auch Flugge-
sellschaften stehen aufgrund der
jahrzehntelangen Verluste auf seiner
schwarzen Liste. „Wir brauchen Flug-
gesellschaften, aber ich freue mich,
wenn sie jemand anders finanziert“,
sagt er. Apple hat er ebenso nie ge-
kauft, weil er die Marke für eine Mo-
de hält. „Ich könnte falschliegen,
aber es könnte aus der Mode kom-
men.“ Sehr zufrieden ist er hingegen

mit seinem Microsoft-Investment. Die
jüngste Firma, die er besitzt, ist Face-
book. Sie hat ihm zugleich die meiste
Kritik von seinen Anlegern einge-
bracht. Er hält jedoch unbeirrt daran
fest. Seit 2014 lebt Smith auf Mauriti-
us, einer Insel im Indischen Ozean.
Kritik aus der alten Heimat weist er
zurück: Er zahle weiterhin seine
Steuern in Großbritannien, das sei
nicht der Grund für den Umzug ge-
wesen. Vielmehr brauche er Ab-
stand, um seinen Fonds zu managen.
„Ich werde fürs Lesen und Nachden-
ken bezahlt“, sagt er. Das Büro in
London sei der schlechteste Ort da-
für, weil er ständig gestört werde.
Nun schaut er nur einmal im Monat
vorbei.

„Keine Experimente“
Der Umzug habe seinen Blick auf die
Welt verändert, erklärt er. „Europa
ist nicht das Zentrum der Welt.“ Die
Debatte um Facebook, Cambridge
Analytica und Wahlbeeinflussung,
die seine Anleger in Großbritannien
besorgt, ist in Asien weit weg. Ein bri-
tischer Investor habe ihm gesagt, Fa-
cebook sei Geschichte, weil seine
Kinder es nicht mehr nutzten. Darauf
habe er entgegnet: „Was ist mit den
Kindern in Jakarta?“ Solange das so-
ziale Netzwerk ein Nutzerwachstum
von neun Prozent verzeichne, mache
er sich keine Sorgen. Facebook ist ein
Ausreißer in Smiths Portfolio, „ge-

„Europa ist


nicht das


Zentrum


der Welt“


Der Fondsmanager des größten britischen


Aktienfonds redet über seine goldenen


Regeln, Warren Buffett und die Krise des


aktiven Managements.


HANDELSBLATT

1) Vergleichsindex: MSCI Welt-Aktienindex (Netto-Index in britischen Pfund)
2) 1.11.2010 bis 31.1.2020
Quellen: Fundsmith, Bloomberg

Fondsname
Gesellschaft
Fondsgruppe
Fondsmanager
ISIN
Volumen
Ausgabeaufschlag
Managementgebühr p. a.
Internet

Kennzahlen

Fundsmith Equity Fund Feeder

1.11.2010 14.2.20 20

+400

+200

±0

%

%

%

Prozentuale Veränderung seit 1.11.2010

Fonds
MSCI Welt (Net GBP)

Fundsmith Equity Fund Feeder
Fundsmith
Aktien Welt
Terry Smith
GB00B4Q5X527
19,3 Mrd. £
0 %
1,00 %
http://www.fundsmith.co.uk

Performance

1 Jahr (zum 31.1.2020)
Seit Auflegung des Fonds2

+18,4
+377,

%
%

+11,8
+18 ,

%
%

Fonds Vergleichsindex

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MONTAG, 17. FEBRUAR 2020, NR. 33
34
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