Handelsblatt - 17.02.2020

(Ann) #1

verstärken, wenn er bei den US-
Wahlen im November im Amt bestä-
tigt wird. In diesem Fall könnte er
über Personalentscheidungen Ein-
fluss auf die Fed nehmen. Seine Be-
reitschaft dazu hat er zuletzt unter-
strichen, zum Beispiel indem er mit
Judy Shelton eine Kandidatin für
das Führungsgremium der Fed vor-
geschlagen hat, die ihm politisch
sehr nahesteht.
Shelton war eine Anhängerin des
Goldstandards, also des Vorschlags,
den Dollar ans Gold zu binden. In-
zwischen setzt sie sich für beson-
ders niedrige Zinsen ein. Knapp ein
Jahr nach den Wahlen in den USA
läuft die Amtszeit des bisherigen
US-Notenbankchefs Jerome Powell
aus. Trump könnte einen Nachfol-
ger bestimmen, der bereit ist, die
von ihm gewünschte Geldpolitik
umzusetzen – und so den Dollar
schwächen.
Hinzu kommt außerdem, dass die
US-Notenbank seit Ende vergange-
nen Jahres wieder für monatlich 60
Milliarden US-Dollar Anleihen kauft –
nachdem sie zeitweise ihren Bestand
an Anleihen sogar abgebaut hatte.
Die Fed führt dafür zwar keine geld-
politischen Gründe an. Anders als
nach der Finanzkrise geht es ihr
nicht darum, die Wirtschaft anzukur-
beln. Damals hatte sie vor allem lang-
laufende Papiere gekauft, um die
langfristigen Zinsen zu senken und so
das Wachstum zu stützen.
Bei den aktuellen Käufen betont
die Fed, dass diese rein technischer
Natur seien, um Liquiditätsengpässe
am Geldmarkt zu vermeiden. Die
Wirkung ist aus Sicht von Ökonomen
aber dennoch ähnlich. Die Fed weitet
ihre Bilanz aus und bringt Dollars auf
den Markt, wodurch das Angebot
steigt. Tendenziell spricht auch das
gegen einen stärkeren Dollar – zu-
mindest, wenn die Fed ihre Käufe
fortsetzt.


Sonderrolle für den Dollar


Neben politischen Faktoren und der
Geldpolitik sprechen auch funda-
mentale Gründe gegen den Dollar.
„Die Fundamentaldaten für den
Dollar werden immer schlechter“,
sagt Gergely Majoros von der Fonds-


gesellschaft Carmignac. „Das liegt
vor allem an den hohen Defiziten
im US-Haushalt und in der Leis-
tungsbilanz.“ Allein für den Haus-
halt 2019 wird das Haushaltsdefizit
auf etwa fünf Prozent der Wirt-
schaftsleistung geschätzt. Auch in
der Leistungsbilanz schreiben die
USA deutliche Defizite, also im Han-
del von Waren und Dienstleistungen
mit dem Ausland.
Normalerweise macht dies eine
Währung anfällig. Die betroffenen
Länder sind auf Kapitalzuflüsse aus
dem Ausland angewiesen, um ihre
Defizite zu decken. Vor allem in
Schwellenländern hängen Währungs-
krisen oft damit zusammen, dass Ka-
pitalzuflüsse abrupt stoppen.
Natürlich sind die USA damit nicht
vergleichbar. Wegen der Rolle des
Dollars als internationale Leitwäh-
rung genießen sie einen Sondersta-
tus. Andere Faktoren wie die Risiko-
neigung an den internationalen Ka-
pitalmärkten und politische Themen
spielen eine stärkere Rolle. „Wegen
des Status des Dollars als internatio-
nale Leitwährung ist es schwer vor-
herzusagen, wann sich die funda-
mentale Schwäche auf den Dollar-
Kurs niederschlägt“, sagt Majoros.
Dennoch bezweifeln viele Experten,
dass sich der Dollar auf Dauer von
fundamentalen Faktoren entkop-
peln kann.

Starker Dollar – schwacher Euro
Wechselkurs in US-Dollar je Euro
1 Euro = 1,0831 US$

HANDELSBLATT

1.1.2017 14.2.20 20
Quelle: Blommberg

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Klimawandel

Abgeordnete fordern


marktneutrale EZB


Die EZB dürfe ihre
Anlagepolitik nicht nach
Klimazielen ausrichten,
schreiben die Parlamentarier
in einem Positionspapier.

Frank Drost Berlin

M

it Sorge sieht die Arbeits-
gruppe Finanzen der Uni-
ons-Fraktion die Versuche,
die Zentralbanken verstärkt im
Kampf gegen den Klimawandel ein-
zubinden. „Wir fordern, die politi-
sche Unabhängigkeit und Marktneu-
tralität der Europäischen Zentral-
bank zu bewahren“, heißt es in ei-
nem Positionspapier, das dem Han-
delsblatt vorliegt. Die Arbeitsgruppe
warnt davor, die geldpolitischen
Wertpapierkäufe auf bestimmte Anla-
geklassen zu konzentrieren. Die EZB
dürfe ihre Anlagepolitik nicht nach
Klimazielen ausrichten. Sie müsse
weiterhin darauf verzichten, eine ak-
tive Industrie- und Strukturpolitik zu
betreiben und allein der Preisniveau-
stabilität verpflichtet bleiben.
Die Union ist damit auf einer Linie
mit Bundesbankpräsident Jens Weid-
mann. „Eine Geldpolitik, die explizit
umweltpolitische Ziele verfolgt, läuft
Gefahr, sich zu übernehmen“, mein-
te er kürzlich. Wenig Verständnis hat
die Arbeitsgruppe Finanzen für die
Entscheidung der Europäischen In-
vestitionsbank (EIB), ab 2021 die Fi-
nanzierung fossiler Energieprojekte
zu beenden. „Damit wird die Förde-
rung eines polnischen Kohlekraft-
werks mit neuen Filteranlagen un-
möglich“, rügen die Unions-Politiker.
Förderbanken müssten vielmehr ge-
nutzt werden, um den Übergangs-
prozess zu unterstützen. Nicht ohne
Grund beschäftigen sich die Unions-
politiker derzeit intensiv mit den Fol-
gen der Klimaschutzpolitik. Im De-
zember hat die neue EU-Kommission
den Green Deal vorgestellt. Das er-
klärte Ziel ist, bis 2050 ein klimaneu-
trales Europa zu schaffen. Die Bun-
desregierung will den Green Deal zu
einem Schwerpunkt der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft im zweiten
Halbjahr 2020 machen. Eine Verord-
nung soll nach Wunsch der EU-Kom-

mission zudem den Rahmen für
nachhaltige Investitionen schaffen.
Mittels einer „Taxonomie“ sollen
Kriterien entwickelt werden, um
nachhaltige Finanzprodukte einheit-
lich einordnen zu können. Aspekte
wie Umwelt, Soziales und Unterneh-
mensführung spielen eine entschei-
dende Rolle. Die Arbeitsgruppe for-
dert die Bundesregierung in diesem
Zusammenhang auf, auch in Zukunft
die Finanzmarktregulierung allein
am ökonomischen Risiko zu orientie-
ren. „Es besteht bereits jetzt die Ten-
denz, nicht mehr allein das Risiko ei-
nes Investments zu bewerten, son-
dern nach politischen Zielen
zwischen ‚guten‘ und ‚bösen‘ Invest-
ments zu unterscheiden. Die gibt es
aber nicht. Es gibt nur risikoreiche
und -arme“, sagte der CSU-Finanzpo-
litiker Alexander Radwan, Mitverfas-
ser des Positionspapiers, dem Han-
delsblatt.

Überbordende Bürokratie
Ein weiteres Anliegen ist den Unions-
politikern die politische Kontrolle der
Finanzmarktregulierung. Durch die
Taxonomie-Verordnung bestehe die
Gefahr, dass die Regulierung im Sin-
ne von demokratisch nicht legitimier-
ten Initiativen wie Nichtregierungsor-
ganisationen mitgestaltet werde. Die
Politiker warnen außerdem vor einer
überbordenden Bürokratie. Banken
müssten die nachhaltigkeitsbezoge-
nen Vorgaben der Finanzaufsicht er-
füllen, die geplante Taxonomie-Ver-
ordnung berücksichtigen und sich
auf eine nachhaltigkeitsorientierte
Standardisierung der Ratingagentu-
ren einstellen. Durch diese drei pa-
rallelen Systeme könne eine „bisher
nicht bekannte Bürokratie“ entste-
hen, die den Handlungsspielraum
der Kreditwirtschaft erheblich einen-
gen würde. Kritisch wird zudem die
Entwicklung gesehen, den Stabilitäts-
und Wachstumspakt zu umgehen. Es
gebe bereits Stimmen, die Investitio-
nen in den Klimaschutz nicht mehr
den nationalen Defiziten zurechnen
wollen. Wenn dies so käme, würde
der Stabilitäts- und Wachstumspakt
aufgeweicht und die Stabilität des
Euros gefährdet, warnen die Unions-
politiker.

Die


Fundamental-


daten für den


Dollar werden


immer


schlechter.


Gergely Majoros
Investmentstratege
von Carmignac

 
      
 
 



   
 
 


  


 
 

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Private Geldanlage
MONTAG, 17. FEBRUAR 2020, NR. 33
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