Frankfurter Allgemeine Zeitung - 06.04.2020

(WallPaper) #1

Wasbleibtvom„Lob des


Sports“ inZeiten vonNo


Sports? Ein Gesprächmit Hans


UlrichGumbrecht.


Sport, Seite


HöchstesLob vomjapanischen


Teemeister: Ein Besuchbeim


Töpfer Bruce Martin, einem


lebendenKulturschatzvon


Neuseeland.


Feuilleton, Seite


In Singapurrekonstruieren


„Kontaktdetektive“ minutiös die


zurückliegendenWochen im


LebenvonCorona-Patienten,


um die Quelle zu ermitteln.


Politik,Seite


Macht Purpose ausKapitalisten


dochkeineWeltverbesserer?


Steckt hinter dem Anglizismus


nur Machtstreben in neuem


Gewand? Der Betriebswirt,Seite


In der Corona-Pandemie schlägt


sichdie liberale Demokratie


erstaunlichgut.Jetzt gilt es, die


nächstenSchrittezubedenken.


Die Gegenwart,Seite


I


nden meistengroßen Krisen
geht es auchumMenschenleben.
In Kriegen unmittelbar,inWirt-
schafts- undFinanzkrisen häufig mit-
telbar,weil nicht jeder denVerlustsei-
ner Existenzgrundlageverkraftet. In
der Corona-Pandemie istdas Erleben
des Todes besonderseindringlich.
Menschen sterben nicht auffernen
Schlachtfeldernoder an den Spätfol-
geneiner Krise, sondernschnell, in-
mitten ihres Lebensumfeldes, noch
dazu dort,wo das Bollwerkgegen den
Todstehen soll: im Krankenhaus.
So istesseit Wochen in den hoch-
entwickelten Ländernder Europäi-
schen Union zu beobachten. Das
macht denStreit darüber,wie dieser
Herausforderungfinanziell zu begeg-
nenist, so heikel.Wenn imNorden Ita-
liens oder im OstenFrankreichsTau-
sende inkürzesterZeit sterben,weil
das Gesundheitssystemstellenweise
zusammenbricht,darfdanndasrei-
cheDeutschland mit seinen bislang
nochdeutlichweniger Corona-Toten
festhalten an seinenfinanzpolitischen
Grundprinzipien? Istesnicht kalther-
zig, den sonstgerne alsFreunde und
Partner bezeichnetenFranzosen, Ita-

lienernoder Spaniernden Wunschei-
ner gemeinsamen europäischenVer-
schuldung mit Hilfevon Euro- oder
eben Corona-Bonds auszuschlagen?
Oder aberistess krupellosvonden Re-
gierungen jener Länder,eine Pande-
mie mitTausendenTotenauszunut-
zen, um ihre altenfinanzpolitischen
Vorstellungengege nDeutschland, die
Niederlande undweiter eEurobonds-
Gegner inStellung zu bringen?
Das Eis, auf dem sichdie Verfech-
terbeider Sichtweisen bewegen, ist
reichlichdünn. Dabeiwaresbislang
schon nicht sonderlichtragfähig.
Denn die jetzigeVertiefung der Ent-
fremdung zwischen den Freunden
vonGemeinschaftsschulden und ih-
renGegnernist die hässliche Ergän-
zung zu der Entfremdung zwischen
manchen mittelosteuropäischen Län-
dern–voranUngar n–und demRest
der EUwegenunterschiedlicherVor-
stellungen über dasWesen der Demo-
kratie. Man sollteesmit denUnter-
gangsszenarien nicht übertreiben, es
gabsie schon immer,und bislang sind
sie glücklicherweise nicht eingetre-
ten. Aber fest steht: Die Europäerstan-
den sichschon einmal deutlichnäher.

M


ehr als 15 000 Personen
sind in Italien mittlerweile
an denFolgen des Corona-
virusgestorben. Dochmitten in der
Tragödie hat die Diskussion über die
Ursachen begonnen. Ein Sünden-
bockist längstgefunden: die Europäi-
scheUnion. Auf derenVerlangen hin
sei Italiensstaatliches Gesundheits-
wesen kaputtgespartworden.
WasindiesenWochen allein die
zehn Millionen Einwohner zählende
Region Lombardei erlebt,wärefür vie-
le Nationen oder auchfür manchein
deutsches Bundesland schwer zuver-
kraf ten: 12 000Patientenwerden mit
schweren Symptomen der Corona-In-
fektion in Krankenhäusern stationär
behandelt, auf den Intensivstationen
ringenweiter e1300 Infizierte um ihr
Leben. Mit einemZehntel derPatien-
tenzahlen der Lombardeigeratendie
Regionen im Süden Italiens schon an
ihreGrenzen. Eigentlichsind die
staatlichen Zuwendungen für das öf-
fentliche Gesundheitswesen aberrela-
tiv gleichmäßig auf die zwanzigRegio-
nen Italiensverteilt.Sie sind es näm-
lich, dieVerantwortung tragen für die
Organisation undAusges taltung des
Gesundheitswesens. Schon der Ver-
gleichder Regionen macht klar,dass
nicht allesvonder finanziellenAus-
stattung abhängt.Entscheidend ist,
wasmit dem Geldgemacht wird.
Insgesamtwaren2019 für Italiens
Gesundheitswesen 118 Milliarden
Euroinden Staatshaushalt einge-
stellt, acht Milliarden mehr als im
Jahr 2009. In dieser Dekadefiel das
Gesundheitsbudget nur einmal um
zwei Milliarden Euroniedriger aus
als imVorjahr.Das warimJahr 2012,
als dieRegierung in der Krisevon
2012 einenStaatskonkursbefürchte-
te und überall sparen musste.Die Per-
sonalkosten blieben innerhalb dieser
zehn Jahrekonstant, die Ausgaben
für Arzneimittel wurden um ein Drit-
teloder vier Milliarden Eurogekürzt.
Alles in allem istdas Gesundheits-
budget nicht sogewachsen, wie es
sichmanchegewünscht hätten, und
schongarnicht wie in den zehn Jah-
renvon 1999 bis 2009, als eineSteige-
rung um 90 Prozentverzeichnetwur-
de. Finanziellen Spielraum hättees
abergegeben: Italien spartgegenüber
2012 jedes Jahr bei den Zinskostenfür
die Staatsschulden zweistelligeMilli-
ardenbeträgeein dank der Geldpoli-
tik der EuropäischenZentralbank.
Italiens Politiker fanden zuletzt
auchimmer wieder das Geld, um die
Ausgaben für dieRenten zu erhöhen.
Seit 2009stiegen dieZahlungen um 45
Milliarden Euroauf nunmehr 276 Mil-
liarden Euro. Das sind 32 Prozent al-
ler öffentlichen Ausgaben. Die Dyna-
mik diesesAnstiegs istungebrochen,
unter anderemwegender Wiederein-
führung derFrührentemit 62 Jahren.
Nunsoll die EuropäischeUnion da-
für verant wortlichsein, dassnicht
alle Staatsausgaben beliebigwachsen
können.Unddas in einem Land, des-

sen Politiker ohnehin höhereHaus-
haltsdefizitezuverantworten haben,
als sie immerversprochen hatten.
Es gehörtzuden Schattenseiten je-
des aus demStaatshaushaltfinanzier-
tenGesundheitswesens, dassAusga-
ben für Krankenhäuser in Konkur-
renz stehenetwa mit neuenAutobahn-
projekten oder mitWahlgeschenken
wie höheren Rentenzahlungen.
Gleichzeitigwerden viele Begehrlich-
keiten geweckt, wenn armeRegionen
in jedem JahrgewaltigeSummen er-
halten,etwa Kalabrien 3,3 Milliarden
Eurooder Sizilien 9,3 Milliarden.Von
gewöhnlicherKorruption bis zum or-
ganisiertenVerbrechen gibt es viele
Kanäle, in denen Geldverschwindet.
Italiens Gesundheitswesen istein
Spiegel der vielen Dysfunktionalitä-

tender Staatswirtschaft. Es gibtwe-
nig Anreize, die Behandlungder Pa-
tienten effizient zu organisieren oder
zusätzliche Gerätezukaufen. DerPa-
tient istvielmehr derStörenfried,ge-
fangen in der Bürokratie desTermin-
vergabesystems, der Gebühren und
der langenWartezeiten.Wernicht ein
halbes Jahr und mehr auf lebenswich-
tigeUntersuchungen oder Operatio-
nen warten will, zahlt bar aus eigener
Tasche. Die Italienerverwenden da-
für Urlaubs- oder Weihnachtsgeld,
manche legen in derFamilie zusam-
men. Sokamen zuletzt insgesamt 37
Milliarden EuroimJahr zusammen.
Die Mängel desstaatlichen Systems
machen es Italien umso schwerer,die
Epidemiezubewältigen. In denRegio-
nen istdie Planung zentralisiert, man-
cheverfügen über nur ein Labor für
Corona-Tests. Versäumnisse süditalie-
nischerPolitiker,denenAusgaben für
ihreKlientel wichtigerwaren, alsRe-
servenanMasken oder Schutzanzü-
genanzulegen, erweisen sichnun als
verhängnisvoll.Während in der Lom-
bardei viele Kräfte aus demstaatli-
chen Gesundheitswesen und privaten
Unternehmen mobilisiertwurden,
zeigt sichimSüden die Schwerfällig-
keit öf fentlicher Apparate.
Fatalwirkt esichnochein anderes
Problem des Systems aus: Es gibt zu
wenig Allgemeinärzte. Weil deren
Praxen auchoft nur schlecht ausge-
stattet sind, dienen sieweniger der
Behandlung denn als Eingangstorin
das verschlungeneStaatssystem. Folg-
lichversammeln sichinder Notauf-
nahme der Krankenhäuser dringende
Fälle wie medizinische Bagatellfälle.
Dorthinkamen auchdie er sten Coro-
navirus-Patienten. So wurden inkur-
zer Zeit die Krankenhäuser zu Brut-
stätten desVirus. DasUnglücknahm
seinen Lauf.

job.LONDON.Der neueVorsitzende
der britischen Labour Party,Keir Starmer,
will nach dem Ende der Corona-Krise die
Gehälter der systemrelevanten Arbeiter
(„Key Workers“) aufbessern. Sie seien in
der Vergangenheit „übersehen und unter-
bezahlt“worden, sagteeramSamstag
nachseinem Sieg in derUrwahl, in der er
sichgegen zwei Mitbewerberinnen durch-
gesetzt hatte.Starmer kündigte an, den
Antisemitismus in den eigenen Reihen
„auszurotten“ und die Partei wieder zu ei-
ner Heimat für Juden zu machen. Zugleich
versprac her, während der Corona-Krise
konstruktiv mit derRegierung zusammen-
zuarbeiten. (Siehe Seite10.)

tp. ROM. DengemeinsamenKauf vonPa-
tenten für Schnelltestsauf das Corona-
virus und später auchfür Impfstoffe
schlägt GriechenlandsRegierung den Eu-
ropäernvor.Damitkönne eine möglichst
schnelleund gerechte Verteilungsicherge-
stellt werden, sagteder griechische Minis-
terpräsidentKyriakos Mitsotakis amWo-
chenende. DieAussicht auf denKauf von
Patenten zuvernünftigen Preisen erhalte
die Anreize fürForschung und Entwick-
lung der neuen Produkte. „Zugleicher-
zeugt man unter Europas Bürgern das Ge-
fühl,dassGelder derSteuerzahler sinn-
voll ausgegebenwerden.“ (Siehe Wirt-
schaft, Seite17.)

mwe. BERLIN.Der Organisator des
rech tsextremistischen „Flügels“ in der
AfD,AndreasKalbitz,hat dievomBundes-
vorstand seinerParteibeschlosseneAuflö-
sung derStrömung als„Generalattackege-
genden Osten“ bezeichnet. Das schrieb
Kalbitz in einer internen Mail an Anhän-
ger, die dieserZeitungvorliegt.NachRe-
cherchen dieserZeitungkönnteAfD-Chef
JörgMeuthen mit seinemjüngstenVor-
stoß versucht haben, derAbspaltung einer
Ost-AfD durchden „Flügel“ zuvorzukom-
men. Meuthen sagte nun in einem Ge-
sprächmit derZeitung „JungeFreiheit“,
die Debatteüber eineAufspaltung derPar-
teisei beendet. (Siehe Seite10.)

F.A.Z. FRANKFURT. Bundestagspräsi-
dentWolfgangSchäuble (CDU)und der
Präsident derfranzösischen Nationalver-
sammlung, RichardFerrand, haben sichda-
fürausgesprochen,inder Corona-Krise
über „neue Schritte hinzumehrSolidarität
undfinanzpolitischerInteg ration“ nachzu-
denken.„Wir sind überzeugt,dassdiese De-
batt egeführtwerde nsollt eund dassunse-
re Parlamenteihren Beitragleistenkön-
nen, um Missverständnisse auszuräumen
undgemeinsamvoranzukommen“, schrei-
bendie beidenParlamentspräsidenten in
einemGastbeitragfür dieseZeitung, der
auch in der französischen Zeitung „Les
Échos“ ersc heint.Die beidenfordern, dass
manden europäischenHaushalt und den
MehrjährigenFinanzrahmenmit allen
Struktur-,Regional- undSozialfonds, die
Möglichkeiten derEuropäischen Investiti-
onsbank unddie desEuropäischen Stabili-
tätsmechanismus mit„allergebotenen Fle-
xibilität mobilisierenund ausweiten“ solle.
Damit mischen siesichindie Diskussi-
on ein,wie die EuropäischeUnionfinan-
ziell auf dieCorona-Pandemie reagiert.
Diefranzösische Regierung istfür die
Scha ffungsogenannterCorona-Bonds,die
Bundesregierung iststrik tdagegen.Auch
Schäublehattesicherstkürzlichgegen sol-
cheMittel einergemeinsamenVerschul-
dung derEUgerichtet. DerVorsitzende
desAuswärtigenAusschusse sdes Bundes-
tages, Norbert Röttgen(CDU), sagtedie-
serZeitung zurHaltungder Bundesregie-
rung:„Das kategorischeNein zu Euro-
bondsist ökonomischgut begründet, aber
emotionalfatal. Deutschland hättediese
Lösung zwar ablehnenkönnen,hätteaber
doch mehr tunmüssen,als n ur aufden
ESMzuverweisen.“
In der EuropäischenKommission ma-
chen unterdessen derfranzösischeBinnen-
marktkommissar Thierry Breton und der
italienische Wirtschaftskommissar Paolo
Gentiloni,Druck,umdie Einführungvon
Corona-Bonds zu erreichen.Angesichts der
Summen,umdie es bei der Krisegehe, brau-
chedie EU neben den Mitteln des Euro-Kri-
senfonds,der Europäischen Investitions-
bankund derEU-KurzarbeitsinitiativeSure
einevierte Säule, schriebendie Kommissa-
re in einem Gastbeitragfür dieseZeitung.
„DieZeit istknapp.Wirmüsse nkreativ
sein.“Die Mitgliedstaaten müsstenSolidari-
tät zeigen. Breton undGentiloniwollen
dazueinensteuerfinanziertenFonds aufle-
gen, der langfristige Anleihen, sprich Coro-
na-Bonds, ausgibt.
Hamburgs Erster BürgermeisterPeter
Tschentscher (SPD) hat im Gesprächmit
dieserZeitungvoreiner Debatteüber eine


verfrühteExit-Strategie in der Corona-Kri-
se gewarnt. „Wir müssen erst einmal in
eine Lagekommen, in der wir sicher sind,
unser Gesundheitssystem nicht mehr zu
überlasten.“ Er fügtean: „Bevorwir das
nicht erreicht haben, dürfenwir keine Maß-
nahmen lockern und auch nicht die Diszi-
plinverlieren.“ Eskönne derzeit niemand
seriösvorhersagen, wie es nachdem 19.
Aprilweiter gehe. Tschentscher sagteaußer-
dem, dassdie HamburgerKrankenhäuser
die Zahl der Intensivbetten bislang um 60
erhöhenkonnten. 300weiter eBetten mit
Beatmungsgeräten soll der Bund liefern.
Der vormaligeBundeskanzler Gerhard
Schröder (SPD) hat dasVorgehen der
Bundesregierung in der Corona-Krisege-
lobt und die SPD-Spitze aufgefordert,
sichklarer als bisher hinter die Arbeit der
Regierung und der sozialdemokratischen
Ministerzustellen. InsbesondereFinanz-

ministerOlaf Scholz (SPD) handelerich-
tig, sagteSchröder der „Hannoverschen
AllgemeinenZeitung“. „Dieganze Regie-
rung, auchGesundheits- undWirtschafts-
ministerund auchFrauMerkel, macht
derzeit einen sehr guten Job.“
Königin Elisabeth II. hat am Sonntag
an britischeTugenden appelliert, um die
Corona-Krise zu meistern.IneinerFern-
sehansprache, deren Ausstrahlung für
den Abend geplantwar, sagtedie Königin
laut einemvorabveröf fentlichtenRede-
manuskript: „Jene, die nachuns kommen,
werden sagen, dassdie Briten dieser Ge-
neration sostarkwaren wie jede andere,
dassdie Eigenschaftenvon Selbstdiszi-
plin, einer ruhigen, gutgelaunten Ent-
schlossenheit undvonAnteilnahme die-
ses Land nachwie vorcharakterisieren.“
Präsident DonaldTrumpkündigtean, zur
Unterstützung imKampfgegen diePande-

mie Tausende Soldaten in die Bundesstaa-
tenzuentsenden.„Wir werden einegewal-
tigeMengeanSoldatenzur Hilfeschi-
cken“, sagteTrumpamSamstag imWei-
ßen Haus.AlleinnachNew York Citysol-
len 1000Mitglieder derStreitkräfte gehen
–Ärzte,Sanitäter und Krankenschwestern
eingeschlossen. BürgermeisterBill de Bla-
sio hatteumdie EntsendungvonSoldaten
gebeten. Gouverneur AndrewCuomo
konnteamSonntagvorsichtig optimisti-
scheZahlenfür NewYorkverkünden: Erst-
mals sei dieZahl derToten innerhalbvon
24 Stundengesunken,von630 auf 594,sag-
te Cuomo.Auchdie Zahl derneu ins Kran-
kenhausgebrachtenPatienten sei zurück-
gegangen.
(Siehe Seiten2bis 4, 6, 7und 10,
Deutschland unddie Welt, Feuilleton, Sei-
ten11und 13, sowieWirtschaft, Seiten17,
19 und 20 undRhein-Main-Zeitung.)

Allesoder nichts


Brief eandie Herausgeber,Seite


Neuer Labour-Chef will


mit Johnsonkooperieren


mwe./sat.BERLIN/WASHINGTON.In
Deutschlandgeht die Debatteüber die zu
langsame BeschaffungvonSchutzausrüs-
tung in der Corona-Kriseweiter .Das Prä-
sidium des DeutschenStädtetags zeigte
sichamWochenende besorgt, dassder
Mangel an Beatmungsgeräten, Schutzmas-
kenund -kleidung anhält. Der FDP-Vorsit-
zende Christian Lindner schlug in der
„Welt am Sonntag“ eine „nationaleLuft-
brücke“vor,uminChina produzierte
Schutzausrüstung nachDeutschland zu
bringen. BayernsMinisterpräsident Mar-
kusSöder (CSU) plädierte hingegen für
eine „nationaleNotfallproduktion“. Es
sei nicht akzeptabel, dassDeutschland
sichauf demWeltmarkt „gegen dieWild-
west-Methoden“einigerLänderbeim Auf-
kauf vonSchutzausrüstungwehren müs-
se, sagteSöder derZeitung „Bild am
Sonntag“ mit Blickauf dieVereinigten
Staaten.
Von„Wildwest-Methoden“ hatteauch
Berlins Innensenator Andreas Geisel
(SPD) amFreitagabendgesprochen, nach-

dem auf dem thailändischen Flughafen
Bangkok angeblich200 000 für Berlin be-
stimmteAtemschutzmasken in dieVerei-
nigtenStaaten umgeleitet worden waren.
Geisel hattevon einem„Akt moderner Pi-
rate rie“ gesprochen; BerlinsRegierender
BürgermeisterMichael Müller (SPD) hat-
te das HandelnvonPräsidentTrump „un-
menschlichund inakzeptabel“genannt.
Im Laufedes Wochenendes mussteder
Senat allerdings zugeben, dassseine Be-
hauptung auf dünnerFaktenlageberuhte.
So wardie Bestellung der Schutzmasken
nicht beim amerikanischen Hersteller 3M
erfolgt, sondernbei einem deutschenVer-
tragspartner,der dieUmleitunggemeldet
habe. Ob die amerikanische Regierung in-
tervenierthatte, blieb unklar.Man habe
keine Informationen,wasgenau auf dem
Flughafen Bangkok passiertsei, sagteder
Sprecher Geisels.„Wir klären Lieferket-
tenauf, um Klarheit zu bekommen“, sag-
te ein Polizeisprecher dieserZeitung. Es
gehe etwaum die Flugnummer und den
Transportschein.

Trumpwurde am Samstagwährend sei-
nes tägl ichen Corona-Briefings zu dem
Berliner Fall befragt:„Es gabkeinePirate-
rie“, sagteer. Der Präsident schien aber
nicht mit Details desVorgangsvertraut zu
sein.AufNachfragesagteer, manwerde
entsprechende Informationen zurVerfü-
gungstellen. ÄhnlicheVorwürfe wie aus
Berlin,wonachWashington für andere
Länder bestimmteSchutzausrüstung zu
höheren Preisen aufkaufe, hatten zuvor
schonFrankreichund Kanada erhoben.
Trumphatteschon amFreitag klarge-
macht, dasserden „Defense Production
Act“ aktivierthabe, um den Exportvon
„wichtigen medizinischen Produkten“ zu
unterbinden. Das Gesetzstammt aus den
Tagendes Korea-Krieges.
In Berlin sind mittlerweile zwei Millio-
nen Schutzmasken aus China und 300 000
Schutzanzüge eingetroffen. Sie trafen m
Samstag auf FlughafenLeipzig/Halle ein
und wurdenvonder Bundeswehrweiter-
transportiert.Sie sind fürKliniken,Pflege-
heime und diePolizeivorgesehen.

GelebteSolidarität: In Mailand hängenKörbe mit Lebensmitteln für Bedürftige. FotoAP

An den Grenzen


derVerfassung


Athen fürgemeinsamen


Kauf vonImpfstoffen


Meuthen:Debatteüber


AfD-Spaltung beendet


Geduldwardie Konstante


Tödliches Staatsversagen


VonTobias Piller

Streit mit AmerikaumSchutzausrüstung


Trump: Esgabkeine Piraterie/BerlinerSenatrelativiertVorwürfe


Weiterhin Streit über Corona-Bonds


Schäuble undFerrand für mehr Solidarität/EU-Kommissarefür Gemeinschaftsanleihen


Dem Erreger auf der Spur


In Italien wirddas
Gesundheitswesen aus
demStaatshaushaltfinan-
ziert. Mit fatalen Folgen.

Auf dünnemEis


VonEckartLohse

Purpose heiltFehler


ZEITUNGFÜR DEUTSCHLAND


Montag, 6. April 2020·Nr.82/15 R0 HERAUSGEGEBENVONGERALDBRAUNBERGER, JÜRGENKAUBE,CARSTENKNOP, BERTHOLDKOHLER 3,00 €D295 5AF. A.Z. im In ternet:faz.net


FrankfurterAllgemeine Zeitung GmbH;Kundenservice: (069) 75 91-1000, Telefax: (069) 75 91-21 80 oder http://www.faz.net/meinabo. Briefeandie Herausgeber:[email protected]

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