FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport MONTAG, 6.APRIL 2020·NR.82·SEITE 27
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Einfrieren derTechnik? Deckelung
der Budgets? DieFormel-1-Teams
bleiben auf Ego-Kurs.
Die Politik soll die Geldnotlindern,
der Verband löstdie Fesseln der
Paragraphen.
Wenn dieWahrheit nicht auf dem
Platz, sondernimTV-Studio liegt –
eine Satire.
Trainieren für denSport-LK,zuviel
Chemie: Corona-Tagebücher des
SaarbrückerLudwigsgymnasiums.
Hans Ulrich Gumbrecht,ge-
boren1948 inWürzburg, ist
AlbertGuérardProfessor in
LiteratureEmeritus an derStanford
University und Anhängervon Borussia
Dortmund.Über seine Leidenschaftfür
den Sporthat er in „Lob des Sports“
(Suhrkamp 2005)geschrieben. In diesem
Jahr erscheintvonihm in Deutschland
unter anderem ein Buchüber „Stadium
Crowds“ (Vittorio Klostermann).
ZurPerson
FEILSCHEN UNDSTREITEN HILFERUF DER FUSSBALL-AMATEURE
Sie haben gerade mit einemneuen Buch
angefangen: „Stadium Crowds“. Wie
passt das zurRealität derleeren Stadien
durch Corona?
Ichhatteschon längervor, dieses Buch zu
schreiben. Jetztkann ichmichganzanders
darauf konzentrieren,ich kann fast aus-
schließlichdarüber nachdenken. Das ist
ein positiverNebeneffekt dieser Situation.
Wirdesjetzt ein ganz anderes Buch?
Ja und nein.Ich habe dafüreine Metapher
ausdem Sport. Mich beeindrucktessehr,
wieSlalomfahrer sich,bevor si elosfahren,
denganzen Slalomvorstellen können.
Wenn ichein Buchmache ,dann kenne ich
auc halle Tore,durch dieich durch muss.
Das bedeutet nicht, dass amEndealles im-
mer genau sowirdwie geplant,anCorona
komme ich nichtvorbei.Aber ic hwerde
denSlalom an sich nicht verändern. Ich
will kein Corona-Buchschreiben ,sondern
übe rStadium Crowds.Zudiesem Thema
gibt es–außer derebensozutreffenden
wiebanalenBeobachtung, dass Massen
zurGewalt neigen–fastüberhaupt nichts.
Wiesichdie Leuteauf der „Süd“verhalten
(der DortmunderFantribüne, d. Red.),
weiß maneigentlichnicht.
In welche Richtung könntedas gehen?
Massen haben intellektuell eineganz negati-
ve Reputation,außerwennman alsMarxi st
den Glauben an die Massenals „Subjekt der
Geschichte“ hochhält.Aber mankann im
Stadionetwasganz anderes erleben. Ichden-
ke an einen besonderen Moment bei einem
DortmunderHeimspiel. Da starbinder
Halbzeit jemand,der beijedemSpielauf
der „Süd“ zu sehenwar, unddas Stadion ist
danndie ganzezweiteHalbzeitlang ver-
stummt. Bis in der90. Minute alleangefan-
genhaben,„You’ll ne verwalkalone“ zu sin-
gen. Daswarsehr bewegend, sogar erha-
ben.Und sehr interessant,weil eskeinerlei
Anweisunggab, diesesVerhaltenist in der
Masse entstanden.ZurErklärunghat man
nur Ansätze, zum Beispiel die Theorie der
Spiegelneuronen:Wenn ichSie essensähe,
würde es dieselbenNeuronenauslösen, als
wenn ichselbstäße.Ein Kopiereffekt.Oder
eineandere Forschungsrichtung,die beim
Militär imVordergrundsteht:Schwarmver-
halten.WiesichVögel im Schwarmverhal-
ten, kann man nur erklären,wenn man
voraussetzt, dasseseine Artvon automati-
schemKopierverhalten gibt.
Dann wäre das MassenerlebnisimStadi-
on mehr als ein hedonistisches Phäno-
men des späten 20. und frühen 21. Jahr-
hunderts, es würdeingewisser Weiseim
Menschen drinstecken?
Ja, eswarenjaauch250 000Leute im Cir-
cus Maximus. Heutesind wir in einerSitua-
tion, in derdie Kommunikationvorallem
medialvermittelt ist. Wo sonstist man
dennnochmit mehr als 100Leutenzusam-
men,inder Kircheauchnicht mehr.Das ist
ein Punkt, bei dem dasStadiondie Kirche
ersetzt hat. Die Möglichkeit, mit einergro-
ßen Zahl vonanderenzusammen zu sein
und einegewisse Artder Euphorie zu erfah-
ren, is tfast nur nochimStadio nzuhaben,
wobei das auchRockkonzerte sein können.
Im „Lobdes Sports“, Ihrem vor gut 15
Jahren erschienenen Buch, gehen Sie
noch weiter. Da schreibenSie unter Hin-
weis auf Heidegger,dass im Stadion die
elementarste philosophische Frage über-
haupt vergegenwärtigt wird: Warum
überhaupt etwas existiert, und nicht nur
nichts. Das müssen Sie erklären.
Diese philosophischeFrageist tatsächlich
eine,die mir, wenn ichdarüber nachdenke,
aufden Magen schlägt.Eskönnte ja auch
sein, dass es nichtsgäbe.Darüber denke
ichaber nicht nach,wenn ichimStadion
bin. Es gibtfür mich einfach eine Intensität
und eineEuphorie desStadionerlebnisses,
die unabhängig istvon dem Spiel undda-
von, ob meine Mannschaftgewinntoder
nicht. Etwas, dasauchmehrist alsdas Ge-
fühl: Ichfühlemichwohl. Vielleichtkönn-
te dassoetwas seinwie das Lebenansich.
Das volleStadion istdieseSeite:Wirsind
zusammen,esgibtetwas, wir sind da.Das
leereStadion istder Hintergrund,vordem
dieseErfahrung einbesonderes Profil be-
kommt.Und vielleichtkann man dasLe-
ben nur als diesenKontrastfasse n–erle-
ben. Deshalb bin ichwohlnicht nurnach
vollen ,sondernauchnachleeren–also
vollkommen leeren–Stadien süchtig,sie
eröffnendiesenVorstellungsraum desvol-
len, gebündeltenLebens.
Jetzt stehtder Sportaber gewissermaßen
vor einemNichts, alles wird abgesagt
oder verschoben.Was bleibt da noch vom
„Lob des Sports“–oder anders gefragt:
Was geht der Welt gerade verloren?
Wenn wir über Zuschauersportreden,
geht dieses eine zentrale Ritualverloren.
Dieseexistentielle Dimension desZusam-
menseins in einerZahl vonLeuten, die
sichde-individualisiertverhalten. Diese
Artvon Euphorie.Wasdas fürKonse-
quenzen hat,wenn das langfristigverlo-
renginge,weiß ic hnicht.
Bestenfalls schauen wir gerade der Reali-
tät von Geisterspielenins Auge.
Daswäre natürlichetwasganz anderes.
Auch wenn es sichdie meistenLeuteam
Bildschirmanschauen würden.Wenn die
Bundesligamit GeisterspielenzuEnde ge-
spieltwird, dann gibt es eine Annäherung
an E-Sports. Einerseitsverschieden,weil
die Mannschaftenjaweiter spielenund
ein KloppvonaußenAnweisungen gibt.
Aber diePartizipation derZuschauer,die
nicht mehr mit einemvollen Stadionrech-
nen, istdann ähnlich. Es istaus meiner
Sicht okay,dassder DFB E-Sports in sein
Prog ramm aufgenommen hat.Nur: Mit
dem Begriff vonSport, der mir wichtigist,
den ichlobenwollte, hat das nichts zu tun.
Die ökonomische Notwendigkeit der
Geisterspiele liegt auf der Hand,vonden
Machernwird uns–und der Politik –
aber auch gesagt, dass Fernsehfußball
Trost und ein bisschen Glück in diesen
Zeiten spendet. GlaubenSie daran?
Wenn morgenangekündigtwird, dassabTag
Xdie Bundesligamit Geisterspielenweiter-
geht, wirdessehr hohe Einschaltquotenge-
ben,sie würdensicher allgemein zugänglich
gemacht, um niemanden auszuschließen.
Die ersten Berichtewürden sehr euphorisch
ausfallen. Ichweiß abernicht ,obich mirdas
wirklichanschauenwollte.Diese ganze Hek-
tik istjaauchetwas eigenartig: Beiuns in
den USA gibt es die Diskussion, ob dieNBA
(dieBasketball-Profiliga, d.Red.) oderdie
NHL(Eishockey-Liga, d.Red.)ohne Publi-
kumzuEndegespielt wird,sointensiv nicht.
Dadurch,dassdas hier schonein paar Mal
passiert ist, wegenStreiks, isteswohlnorma-
ler.Dassdie Bundesliganicht zu Endegeht,
kann mansichoffenbar schwervorstellen.
Wieein Jahr,das nicht zu Endegeht.
Könnten Sie sich denn über eine Geister-
Meisterschaft des BVB freuen?
Daranglaubeichzwarnicht, aber überlegt
habe ichesmir auchschon. Sagenwir so:
Ichwürde sie mitzählen,weil wir dann
endlichNürnberg eingeholt hätten mit
den „zweitmeisten“ Meisterschaften
(lacht).Aber eigentlich würde ichsie eher
als Symptomatik und Prognose für die
nächste, hoffentlichwieder wirkliche Sai-
son ansehen. Eine Geisterspiel-Meister-
schaftwäreetwas merkwürdiges.
Es stellt sich ja auch sportlichdie Frage,
ob es noch ein und derselbe Wettbewerb
sein kann–nach so einerZäsur und un-
ter solchenUmständen.
Eine beste Lösunggibt es nicht.Aber
sportlich wäre es vielleichtwirklichbes-
ser,die Saisongarnicht zu Ende zu spie-
len. Dannwäreeben niemand Meister,
das gabesjaauchschon einmal, 1922.
Oder dergewinnt, der nachdem letztenre-
gulären Spieltagvorn lag, auchwenn es
wiederdie Bayern wären. Ic hwill ja auch,
dassLiverpool Meisterwird, nicht nurwe-
genKlopp.Aber mir istnatürlichklar,
dassdanochandereFragen dranhängen.
Noch einmal zurück zur Frage, ob die Ge-
sellschaftjetzt Sport quasi aus therapeuti-
schen Gründen braucht. Ist vielleicht so-
gar ein Plädoyer für den Sport nötig. So,
wie es die Kulturstaatsministerin Grüt-
ters in Bezug auf Kultur sagt, die in der
Krise „existentiellen Stellenwert“ habe,
als „Ausdruck von Humanität“?
„Ausdruckvon Humanität“, das istjaeine
Tautologie–gibt es denn irgendeinVer-
halten, das nicht Menschlichkeit aus-
drückt?Abgesehen davonbin ic hmit sol-
chen Sachen immeretwasvorsichtig. Es
liefejadarauf hinaus, dassder Zuschauer-
sporteine konkreteFunktion hat, wie das
Joggen für die Gesundheit.Ich halteaber
die AnbindungvonKultur und Sportins-
gesamt an bestimmtebenennbareFunk-
tionen für problematisch. Eher würde ich
michdem begriff lichsoannähern: Ritua-
le dieser Artsind Teil derFülledes Le-
bens, sie machen eskomplexer, intensi-
ver: theplenitude of life.
Eine anderePerspektive wäre, es für eine
Anmaßung des Fußballszuhalten:Jetzt,
da der Scheitelpunkt der Krise wohl noch
nicht annähernd erreichtist, schon wieder
darüber zu sprechen, wann der Ball rollt.
Zunächsteinmal sind dieVereineUnter-
nehmenwie andereauch, und alle denken
geradedarüber nach, wie sie überleben
können.Die UniStanfordhat um die 33
Milliarden Dollar Stammkapital, das
mussman sicheinmalvorstellen.Aber
jetzt laufen Einstellungen nur daweiter,
wo schon einformelles Angebotgemacht
ist, neueAusschreibungen gibt es nicht,
weil man nichtweiß, wie esweiter geht.
So mussauchjeder Klub und die Bundes-
liganachdenken, wie sie weiterleben
kann. Dann sagt man eben: Der Ball muss
rollen. Eine Anmaßung fände iches,
wenn man unterstellte, dassder Sport
eine spezifischeFunktion hat, im Sinne
seinerUnverzichtbarkeit:Wenn jetztkein
Fußballstattfindet, dann passiertirgend-
wasganz schreckliches.Wenn eskein Es-
sen mehrgäbe odergarkeineKommuni-
kation mehrstattfinden würde–das wäre
sicher problematisch.Aber ohneFußball
kommen wir–leider–aus.
Wie wird der Sport nachder Krise aus-
sehen?
Es gibtjetzt ja so vieleFachleute,die sagen:
die Gehälter,die Ablösen, das wirdalles
runter gehen. Das klingtfastschadenfroh,
wasich eigenartigfinde. Ichfinde nicht,
dassesdaetwas „zurechtzurücken“ gibt,
weil dies ja bedeuten würde,dasseseine ob-
jektiveVerhältnismäßigkeit zwischen Pro-
duktundPreis gibt.UnsereWahrnehmung
istteilweise sehreinseitig,wenn wir zum
Beispiel aufCristianoRonaldo schauen,
der jetzt plötzlichviel positiver gesehen
wird,weil er Intensivstationen für Kranken-
häuser in seiner Heimatgespendethat.In
Portugal istdas Bildaberschon länger ein
anderes. Oder nehmen wirNeymar. Tho-
masTuchel hat mir einmalerzählt, dass
sichdie Verpf lichtung schon alleinwegen
der Trikotverkäufeüberraschend schnell
amortisierthat, ganz abgesehen davon,
dasserPSG zu einem Klubmit einerAura
gemacht hat.Ich warauchmal bei ein paar
Trainingseinheiten dabei, und nachdem ich
ein sehr negativesBild auchaus denbrasi-
lianischen Medien hatte,warich über-
rascht, dassNeymar wirklichnettwar.
Die mögen den schon auchinder Mann-
schaft. Wenn nachder Krise insgesamt
weniger Geld imUmlauf ist, dann wird
sichdas auchauf denFußball auswirken.
Aber das Interesse am Phänomen produ-
zierteben das,wasdie Spieler kriegen.
Das erste Kapitel der „Stadium
Crowds“haben Sie mit „LeereStadien“
überschrieben. Darin klingen Sie sehr
skeptisch, wird die Krise das Verhältnis
zum Sport nachhaltigverändern?
Es gibt zwei Ebenen, auf denenich das be-
fürchten könnte. Die eine ist, dasssichdie
Geisterspielehabitualisieren, dassdas
eineArt der Partizipation wird, an die sich
die Leutegewöhnen. Darüber hinaus fra-
ge ichmich, ob diesererste Fall einerwah-
renPandemie so einzigartig bleiben wird,
oderobdie Gefahr,dasssoetwas wieder-
kommt, nicht vielgrößer ist, als wir uns je
vorgestellt haben und immernochvorstel-
len.Dann kann es nicht nur sein,dassdas
Stadionereignis untergroßemVorbehalt
seitens derstaatlichen Institutionenste ht.
Sondernauch, dassdie Menschen Angst
haben,ins Stadion zugehen.
Das klingt dystopisch.
Aber es gibtganz konkret die deutlichen
Hinweise rund um das SpielvonAtalanta
Bergamo im Giuseppe-Meazza-Stadion in
Mailand. Darauf wirdman vielleichtnoch
zurü ckkommen. Daswäre ein Albtraum
für mich, ichbin ja auchdeshalb inStan-
ford geblieben,weil ic hhier jedeWoche
ein Sport-Erlebnis habenkann. Aber man-
cheDingegibt es dann halt nicht mehr.
MeineFrau und ichhaben Season Tickets
im American CollegeFootball, aberwenn
ichandie geplante Eröffnung im Septem-
ber denke,weiß ic hnicht, ob sie insStadi-
on mitkommen würde. Sie hat mehr Angst
vorder Ansteckung als ich.
Und Sie?
Natürlichspielt in meinem Alter dieÜber-
legung eineRolle: Wiehochist die Wahr-
scheinlichkeit, dassman sichdas Virus
einfängt? Die Wahrscheinlichkeit, das
nächste Neujahrsfestzuerreichen, istje-
denfallsgeringer als im letzten Jahr.Viel-
leicht sind das nur zehn Prozent oderwe-
niger,aber das istschon existentiellrele-
vant.Trotzdem mache ichmir darüber
nicht dauernd Sorgen. Das istein gewis-
ser stoischer Effekt: Wenn es michdenn
in meinem 72. Lebensjahr dahinrafft,
habe ichwenigstens intensivgelebt.
Dann lassen Sie uns doch auf die andere
Variante hoffen. Dasswir im nächsten
Jahr das Schlimmsteüberstandenhaben
und alle dabei sind bei den fröhlichsten
und glücklichsten Sportfesten,die man
seit langem erlebt hat.
Wenn das dann wieder möglichist,dann
würde bestimmt nocheinmaldeutlicher
werden, wasder existentielleKickdieses
Zusammenseins ist. Allerdings glaubeich
wie gesagt, dassdas –verständlicherweise
–politischsoschnellnicht möglichsein
wird. Bevordie Stadien wiedervoll sein
dürfen, wirdesnocheine ganze Zeit dau-
ern.Politikerwie Söder sind jagerade
durch ihreentschlossenenVerbote derzeit
so populärgeworden. Diese Entschlossen-
heit,etwaszuverbieten, natürlichmit ei-
nem Grund, hat ihreeigene Attraktivität.
DasGesprächführte Christian Kamp.
JUGEND SCHREIBT DIE FERNSEHLIGA
W
as sichvor einem halben
Jahr nochkaum jemand
hätte vorstellenkönnen,
waramEndeganz logisch, ja nur
nocheine Frageder Zeit:dassder
Mannder Zukunftbeim FC Bayern
Hans-DieterFlickheißt.Einer,der
nochnie einen Profik lub trainierthat-
te,als er im Sommer als Assistent
kam–und nun Cheftrainerbis zum
Endeder Saison 2023 bleiben soll.
Diese erstaunliche Laufzeit dokumen-
tierelaut VorstandschefKarl-Heinz
Rummenigge„unserVertrauen“. Er
hatt eFlickschon nach dem 3:0 imFe-
bruar beim FC Chelsea–dem Hin-
spiel in einemAchtelfinale der Cham-
pions League,das womöglichnie ein
Rückspiel erleben wird–zum 55. Ge-
burtstag einenStift geschenkt, mit
dem man „beim FC Bayern auchVer-
träg eunterschreibt“.
Das einzigÜberraschende war,
dassesdanachsolangegedauerthat,
den Stifteinzusetzen. Es wirdnicht,
wie oftimVertragspoker beiFußball-
klubs, am Geldgelegen haben.Viel-
mehr hat Flickdas Vertrauen,das er
sichinnur wenigen Monaten bei al-
len,bei Spielern, Bossen undFans, er-
arbeitete, wohl für Wichtigeres ge-
nutzt: für seinen EinflussinEntschei-
dungen überPersonal und Strategie.
Das dokumentiertdie Vereinsmit-
teilung, die Flickmit derAussagezi-
tiert,man habe „zusammen die Aus-
richtungfür diekommenden Jahre
festgelegt“. Dieses „zusammen“ ist
ziemlichneu. An der SäbenerStraße
wurdenTrainer früher eher kleinge-
halten. Oftbeklagt hat dasFelix Ma-
gath, der als bis heuteeinzigerTrainer
im deutschenFußball zwei Doubles
nacheinandergewann –und sieben
Monatespäter den Job loswar. Nach
dem Klinsmann-Irrtum vertrauteder
Rekordmeister seinenKader irgend-
wann nur nochMännernan, die be-
reits die Champions Leaguegewon-
nen hatten: vanGaal, Heynckes, Guar-
diola, Ancelotti.
Dochnun ist, infolgedes großen
Umbruchs durch den vollzogenenAb-
schied vonPräsident Uli Hoeneß,
den bevorstehendenvonRummenig-
ge und auchdurch die unwägbaren
Folgen der Corona-Weltkrise, eine
neue Situation, ein neues Anforde-
rungsprofil entstanden.Darin istwe-
niger die Erfolgsliste einesTrainers
gefragt als dessen Sozialkompetenz
undFähigkeit alsRuhepol. Flickist
als stabilisierenderFaktor für unruhi-
ge Jahre zu sehen.
Aber auchals einer,der sichseiner
Möglichkeiten bewusst ist. Schon im
Januarforderte er,nochals Interims-
trainer,personelle Verstärkungen.
Nunwirderdas mit nochviel breite-
rerBrust tun können.Die angestreb-
tenVertragsverlängerungen mit Ma-
nuelNeuer,Thomas Müller und Da-
vid Alabawerden an ihm nicht schei-
tern.Eher die imvergangenen Som-
mer durch Verletzungverhinderte Ver-
pflichtungvonLeroy Sané, dietrotz
dessen Genesung immerunwahr-
scheinlicher wird. Flickgilt alsFan
vonTimo Werner,den er sichneben
RobertLewandowski gutvorstellen
kann. Behält errech t, entstünde ein
Sturm-Duo mit dem Torpotential
50+x. DiePosition, um einen wieWer-
ner,vor JahresfristinMünchen noch
abgelehnt,durchzusetzen, hat Flick
nun.
Eine
Geisterspiel-
Meisterschaftfände ich
merkwürdig.Vielleicht
wäre es besser,die
Saison nichtzuEnde
zu spielen.
Neues
mit Flick
VonChristian Eichler
Alles oder
Nichts
’’
Wasbleibtvom„Lob des Sports“ inZeiten vonNoSports?
Ein Gesprächmit HansUlric hGumbrecht über das,wasder
Welt verlorengeht–und darüber,obesjewiederkommt.
Wosonstdas Lebenan
sichgefeiertwird: Das
Stadion alsVorstellungsraum
Foto Hans UlrichGumbrecht
Hans-DieterFlick Foto dpa