Der Standard - 21.03.2020

(Ron) #1

26 |SA./SO.,21./22.MÄRZ2020DAutomobil ERSTANDARDWOCHENENDE


Fesch,kompakt,wendig–und erstaunlich viel drin:
Hyundai pfeift auf das Kleinwagensterben und lanciert
die dritte Generation des i10.Sympathisch auch: Mit
3,67 mLängebleibterpraktisch aufVorgängerniveau.

DieGegner werden


laufendweniger


G


ar kein übler Anblick,
denkt man sich bei der ers-
ten Runde um den neuen
Hyundai i10, das Design passt
schon einmal, ein Eindruck, der
sich drinnen bestätigt. Bei aller
durch Sparzwänge klassenübli-
chen Hartplastik, immerhin nicht
auch noch mit dem Schweins-
schwartel poliert, beweisen die
Koreaner erneut Sinn für Behüb-
schung–etwa mittels eines silbri-
gen Paneels mit wabenartiger Prä-
gung, in die Lüftung und Infotain-
ment-Block integriert oder drauf-
gesetzt sind. Ähnlich wabenartig,
aberimsonstdurchgängigen Hart-
plastikschwarz gehalten, sind die
Verkleidungen hinter den Tür-
öffnern.
Wird trotzdem nicht reichen,
das materialseitig Eingesparte,


womöglich haben wir hier die
letzte Generation verbrennungs-
motorisch betriebener Kleinwa-
gen vor uns. Denn willkommen in
Absurdistan, das Brüsseler Abgas-
regelwerk schickt gerade die Kate-
gorie der Klein(st)wagen ins Aus-
gedinge, die teure Abgasnachbe-
handlung ist in der margenarmen
Fahrzeugkategorie bald nicht
mehr unterzubringen.
Freuen wir uns also, solange es
noch geht, und mit dem i10 geht
das gut. Auf 3,67 Metern Kürze
(ungefähr Format 1er-Golf von
1974; der war 3,71mlang) bringt
der Einstiegskoreaner ganz schön
wasunter.Nichtnur,dassderKof-
ferraum mit 252 bis 1050 Litern
Volumen (2:1 getrennt umlegbare
Rückbank) angesichts der Dimen-
sionenpasst,auchanAblagenund

Fächern zum Verstauen des all-
täglichen Krimskramses herrscht
kein Mangel.
Das setzt sich fort in Inhalten
wie Lenkradheizung (ungewohnt
in der Klasse. Allerdings ist das
Volant nur höhenverstellbar) und
einem Sicherheitsassistenzpaket
namens Smart Sense, das einen
automatischen Notbremsschutz-
engel ebenso umfasst wie auto-
matisches Fern- und Abblendlicht
sowie einen aktiven Spurhalter
und Müdigkeitsdetektor. Passt
was nicht mit Ihrer werten Auf-
merksamkeit, schickt der Hyun-
dai Sie in die Federn oder zum
nächsten Wirten auf einen Kaffee.

Netzleiberl
Nicht fehlen darf natürlich heu-
te das Kapitel Vernetzung und
Handyintegration, auch da leistet
sich der i10 kaum Schwächen,
alles drin, alles dran, inklusive in-
duktivem Ladeteil. Was heutzuta-
ge schon alles verbaut ist in einem
so kleinen Auto, erstaunlich.
In der Praxis ist uns beim Test-
wagen, einem i10 Level 41,2
mit Fünf-Gang-Schaltung, aufge-

fallen, dass man die Kofferraum-
tür besser ordentlich zuknallt,
sonst–piep-piep-piep–werden
Sie zum nochmaligen Verlassen
des Fahrzeugs und zum neuer-
lichen Handanlegen aufgefordert.
Der 1,2-Liter-Vierzylinder mit
84 PS ist zugleich die Topmotori-
sierung, die Alternative wäre der
1,0-Liter-Dreizylinder mit 67 PS.
Klar, beide Maschinen machen
aus dem i10 jetzt nicht die ulti-
mativen Rennsemmeln, das wird
aber eh niemand fordern. Über-
nommen haben wir den nagelneu-
en Testwagen bei 7,4l/100 km,
mit 7,1 haben wir ihn retourniert.
Ist er erst eingefahren, wird das
sicher noch weiter in Richtung
WLTP-Normtestwert rutschen,
der bei maximal 5,8 Litern liegt.
Fahrwerk, Federung, Sitze,
Handling–alles sauber gemacht,
gemessen an Klassenmaßstäben,
nichts hinterlässt einen mit offe-
nen Fragen, der i10 ist ein sympa-
thischer Neuzugang, mit dem sich
obendrein in der Stadt verhältnis-
mäßig leicht Parkplätze finden
lassen.Nur,Preisbrecherwieetwa
der fast gleich große Mitsubishi

SpaceStar,istderi10keinermehr.
Los geht’s mit dem i10 prinzipiell
bei 11.490 Euro, der 1,2 Level 4
mit Handschaltung kommt auf
17.390, unser Testwagen mit Ex-
tras summierte sich schließlich
auf 18.830 Euro. Kleines Auto,
größerer Preis. Aber, wie gesagt,
enorm viel drin.

Die Bikolor-Ausführung passt dem neuen i10 gut, überhaupt leistet sich der Einstiegs-Hyundaibeim
Design kaum Schwächen. Allerdings zwickt’s etwas in Reihe zwei–keinWunder bei nur 3,67mAuto.

Fotos: Werk

Andreas Stockinger

ÖKO-WERTUNG
Normverbrauchnach WLTP (gesamt): 5,8–5,2l/
100 km; CO 2 :132–117 g/km; Euro 6d-temp-EVAP
Kommentar:Testverbrauch 7,1l/100 km. Eigent-
lich zu viel für ein so kleines Auto. Liegt aber ver-
mutlich daran, dass der Testwagen nagelneu war

Preis:ab 17.390€(Testwagen: 18.830 €)
Antrieb:4-Zylinder-Benziner, 1197 cm³, 61,8 kW
(84 PS), max. Drehmoment 117,6 Nm (bei
4200/min), 5-Gang-Schaltung, Frontantrieb
Fahrleistungen:
0–100 km/h in 12,6 sec, Spitze 171 km/h
Dimensionen:L/B/H: 367/168/148 cm;
Radstand: 243 cm; Kofferraum: 252–1050 l;
Leergewicht: 932–1007 kg
TT+Erstaunlich gut ausgestatteter und grundsätzlich
sympathischer Kleinwagen
TT–Wo sind die Zeiten, als die Koreaner noch mit
Kampfpreisen punkteten
Konkurrenz:Kia Picanto, Renault Twingo, Fiat 500,
VW up!, Peugeot 108/Citroën C1/Toyota Aygo

TEST


Hyundaii10 Level41,2 MT

Sondereditionen


Alpine lanciert zwei A110-Son-
dereditionen–die auf 400 Exemp-
lare limitierte A110 „Légende GT“
(252 PS) und die A110 „Color Edi-
tion 2020“ auf Basis der leistungs-
gesteigerten A110S (292 PS).

ImDutzend


Zwölf Stück nur sind vorgesehen,
alle verkauft, der Preis ist geheim.
Bentleys hauseigener Veredler
Mulliner hat mit dem Bacalar ein
komplett eigenständiges Exquisi-
tum entwickelt. Der 6,0-Liter-W12
leistet659PS,undzurBeruhigung
allfällig schlechten Ökogewissens
der Klientel soll der verdecklose
Speedster im weltweit ersten CO 2 -
neutralen Werk für Luxusfahrzeu-
ge gebaut werden. Foto: Werk

KURZGEMELDET


Die Teilnahme an interna-
tionalen Fahrzeug-und
Technikpräsentationen er-
folgt großteilsauf Basis von
Einladungen der Automobil-
importeure oder -hersteller.
Diese stellen auch die hier zur
Besprechungkommenden
Testfahrzeuge zur Verfügung.

HINWEIS


Esgeht auch ohne viel Schnickschnack


Nissankombiniert imMicra den Dreizylinder-Ottomit einerkommodenCVT-Automatik


Michael Völker

D


ie kleinen Autos drohen et-
was aus der Mode zu kom-
men, jeder will hoch und
breit und lang. Trotz aller Beden-
ken sind die SUVs ganz stark im
Trend, und Parkplatzsorgen hat
man erst dann, wenn sich beim
Rundendrehen die Verzweiflung
mit dem Wutausbruch paart. Da-
bei gibt es so viele grundvernünf-
tige, praktische und vielseitige
Kleinwagen, und da gehört der
Nissan Micra dazu. In erster Rei-
he. Grundsolide, kann fast alles,
ist günstig, komfortabel und
macht obendrein Spaß, wenn das


denn auch noch ein Kriterium
beim Autofahren sein soll.
Was beim Micra gleich einmal
besticht, ist der Umstand, dass al-
les passt, dass alles vorhanden ist,
aber nicht zu viel. Man kennt sich
gleich aus. Bordcomputer und As-
sistenzsysteme bieten reichlich
Ablenkung, lassen sich aber sinn-
voll einordnen und nutzen. Der
Innenraum macht einen hochwer-
tigen Eindruck, nicht anbiedernd,
aber einladend.
Wie schön ist das, wenn ein
Auto erst einmal logisch funktio-
niert–und dann auch noch so gut
fährt. Nissan setzt auch hier auf
einen Dreizylinder. Das hört man

ein wenig beim Starten, da geht
das Geräusch so in Richtung Näh-
maschine, im Normalbetrieb läuft
der Murl aber wie ein Großer, ru-
hig und souverän.
Unter der Motorhaube bleibt
alles recht übersichtlich: drei Zy-
linder, 999 Kubik Hubraum und
100 PS. Angesichts der Größe des
Micra, den man früher auch noch
Mouse nannte, ist die Motorisie-
rung ausreichend. Und zwar nicht
nur für die Stadt. Natürlich funk-
tioniert der Micra gerade dort her-
vorragend, dort gehört er hin, aber
auch Überlandfahrten lassen sich
problemlos und ohne zerrüttete
Nerven absolvieren. Die komfor-

table Automatik trägt viel zum
entspannten Fahrgefühl bei. Das
stufenlose CVT-Getriebe passt
überraschend gut mit der Motori-
sierung zusammen. Nur wer es
wirklich etwas härter und sport-
lich braucht, der wird wohl mit
der Alternative, der Fünf-Gang-
Schaltung, glücklicher werden.
Der Kofferraum ist zwangsläu-
fig übersichtlich, nützt aber die
Fläche, so gut es geht. Zum Sitzen
ist es gerade noch gemütlich, ir-
gendwie ist ganze Fahrzeug recht
stimmig, auch von außen. Kein
Schnickschnack, keine Aggres-
sion, aber auch nichts Drolliges –
sehr sympathisch.

ÖKO-WERTUNG
Normverbrauchnach WLTP (gesamt):6,4–6,1l/
100 km;CO 2 :146–139g/km; Euro 6d-temp
Kommentar:Testverbrauch7l/100 km. Braver Drei-
zylinder, zu dem auch das CVT-Getriebe gutpasst

Preis:ab 19.119 €
Antrieb:3-Zylinder-Turbo-Benziner, 999 cm³,
74 kW (100 PS), max. Drehmoment 144 Nm (bei
2000/min), Xtronic (VCT-Automatik), Frontantrieb
Fahrleistungen:
0–100 km/h in 13,0 sec, Spitze 177 km/h
Dimensionen:L/B/H: 400/174/146 cm;
Radstand: 253 cm; Kofferraum: 300–1004 l;
Leergewicht: 1155–1200 kg
TT+Stimmiges Gesamtkonzept, sparsam, aber nicht
langweilig
TT–Die Automatik geht auf Kosten der Dynamik
Konkurrenz:Renault Clio, Peugeot 208, Citroën C3,
Opel Corsa, VW Polo, Seat Ibiza, Škoda Fabia, Ford
Fiesta, Hyundai i20, Kia Rio, Mazda2, Toyota Yaris,
Honda Jazz

TEST


Micra IG-T 100 XtronicAcenta

Auch außen verzichtet Nissan beim Micra auf Firlefanz: ein ehrlicher und sehr praktischer Kleinwagen,
der rundum gut funktioniert. 100 PS sind in dieser Dimension mehr als ausreichend.

Foto: Stockinger

Aufgeräumtes Interieur und alles am rechten Platz. Vernetzung ist
inzwischen bis in die kleinste Fahrzeuggattung vorgedrungen.
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