Frankfurter Allgemeine Zeitung - 09.03.2020

(singke) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft MONTAG, 9.MÄRZ 2020·NR.58·SEITE 17


Tarifeinigung für Ärzte
Bei denTarifverhandlungen für Ärzte
an Unikliniken haben die Ärzte-
gewerkschaf tMarburgerBund und
die Tarifgemeinschaftdeutscher Län-
der eine Einigung erzielt.Das teilten
der MarburgerBund und das nieder-
sächsische Finanzministerium am
Samstag mit.Fürrund 20 000 Ärztin-
nen und Ärztean23tarifgebundenen
Kliniken erhöhen sichdemnachdie
Gehälter in dreiStufenuminsgesamt
6,5 Prozent.Die letzteStufegreiftim
Oktober 2021. dpa

Chinas Exporte brechen ein
Wegender Corona-Krise sind diechi-
nesischen Exporte im Januar undFe-
brua rimVergleich zum Vorjahreszeit-
raum um mehr als 17 Prozent einge-
brochen. DieAusfuhren sanken insge-
samt um 17,2 Prozent, wie aus den am
SamstagvorgelegtenZahlen deschi-
nesischenZolls hervorgeht.Dies ist
der stärkste Einbruchseit Februar
2019 –damals befand sich dieVolksre-
publi kimHandelskriegmitden Verei-
nigten Staaten. AFP

Leichterer sozialerAufstieg
In Deutschland haben imvergange-
nenJahrzehnt mehr Menschenden so-
zialen Aufstieg geschafft,und zwar
vorallem die Leutemit dengerings-
tenEinkommen. Aus dem ärmsten
FünftelDeutschlands sind zwischen
2009 und 2017 immerhin 33 Prozent
mindestens in die Mittelschicht aufge-
stiegen, einigesogar insreichs te Fünf-
tel, wie dieFrankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung (F.A.S.) unter Beru-
fungauf Zahlen aus dem sozio-ökono-
mischenPanel berichtet. F.A.Z.

M


an könntemeinen, ein erdöl-
exportierendes Land wie
Russland müssteaneinem
hohen Ölpreis interessiert
sein. AmFreitag aber hat sichgezeigt,
dassdies nicht immerstimmen muss: Da
ließ derrussische EnergieministerAlex-
anderNowa kden durch die Corona-Krise
ohnehingeschwächten Ölpreis mitvoller
AbsichtumweitereneunProzentabstür-
zen, indem er dieVerhandlungen mit der
Organisation erdölexportierender Länder
(Opec) inWien zum Scheiternbrachte.
DieOpec hatteversucht, bei ihren
zehnKooperationspartnernunter Füh-
rung vonRussland, der Opec-Plus-Grup-
pe, zusätzliche Produktionskürzungen bis
Ende des Jahres durchzusetzen. Doch
Russland, in dem es bisher offiziell nur
wenigeCorona-Fälle gibt, sieht die Epide-
mie alsvorübergehendes Phänomen an
und warlediglichbereit, schon bestehen-
de Kürzungen auf das zweiteQuartalaus-
zudehnen.
Nungeltenvom1.April angarkeine
Förderbeschränkungen m ehr,und Analys-
tensehen einen Krieg um das billigste Öl
heraufziehen: NachInformationenvon
Bloomberghat Saudi-Arabien die Preise
für Kunden in Europa, Asien und Ameri-
ka schonstarkgesenkt und will seine Öl-
förderung im April deutlichausweiten –
möglicherweise, um neueVerhandlungen
mit Russ land zu erzwingen.
Mit demvorläufigen EndevonOpec-
Plus haben sichmächtigeGegner derVer-
einbarung aufrussischer Seitedurchge-
setzt, allenvoranIgor Setschin, der Chef
des staatlichkontrolliertenÖlkonzerns
Rosneftund einer der engstenVertrauten
vonPräsident Wladimir Putin.
Er hattedie vordreiJahren begonnene
Zusammenarbeit schon langeoffen kriti-
siert. Ihretwegen, so lautet sein Argu-

ment, seien dieVereinigten Staaten in die-
ser Zeit dank derFracking-Technol ogie
zum weltweitgrößten Ölförderer aufge-
stiegen. Man überlasse anderen Ländern
den Markt,während man selbst Investitio-
nen zurückhalte.
Hinzukommt, dassRussland zwar an
einem hohen Ölpreis vielverdient, aber
nicht unbedingt darauf angewiesen ist.
RusslandsStaatshaushalt istschon bei ei-
nem Ölpreisvonetwa42Dollar je Barrel
(Fas szu159 Liter) ausgeglichen,wäh-
rend Saudi-Arabienfast das Doppelte be-
nötigt.Nachder 2014 durch Ölpreisver-
fall undwestliche Sanktionen im Ukrai-
ne-Konflikt ausgelöstenWirtschaftskrise
hatte Russland 2018 eineBudgetregelein-
geführt,wonachnur die Einnahmen aus
dem Ölexportbis zu einer Grenzevon
Dollar je Barrelfür den Haushaltgenutzt

werden dürfen. Alleweiteren Einkünfte
werden in einemWohlfahrtsfonds ange-
legt.
Teilnehmernder russischen Delega-
tion inWien zufolgeist MoskausAbkehr
vondem Öl-Kartell auc hals Kampfansa-
ge an dieVereinigtenStaaten zuverste-
hen, die für die Fracking-Ölförderung
ebenfalls auf einen höheren Ölpreis ange-
wiesen sind. In denvergangenen Mona-
tenhatten neue Sanktionen ausWashing-
toninMoskau fürUnmut gesorgt, insbe-
sonderejene gegendie Ostsee-Gas-Pipe-
lineNordStream2,derenBauseitDezem-
ber gestopptist. Aber auchdie im Februar
verhängtenStrafmaßnahmengegeneine
Tochtergesellschaftvon Rosneft, die Ge-
schäf te mit Venezuelas Präsidenten Nico-
lás Madurogemacht haben soll, dürften
Setschinverärgerthaben.

Dennochkam die Entscheidung des
Kreml, aus dem Bündnis auszuscheren,
auchfür russische Fachleute über-
raschend. Etliche sehen den Schritt als
Fehler:Der Ölpreiskönne nun leicht un-
terdie vonRussland benötigte40-Dollar-
Schwelle sinken, auchder Rubelkurswer-
de dadurch erheblich geschwächt;Investo-
renzögen ihr Geld ausRuss land wie aus
anderen Schwellenländernab. LeonidFe-
dun, Mitinhaber des zweitgrößten russi-
schen ÖlkonzernsLukoil, nanntedie Ent-
scheidunggegeneine Zusammenarbeit
mitder Opec„sehr unerwartet,und, gelin-
de gesagt, irrational“.Russlandwerde des-
halb –bei einem Exportvon fünf Millio-
nen Fass am Tagund einem Ölpreisabfall
von60Dollar auf 40 Dollar proFass–täg-
lichzwischen 100 Millionen und 150 Mil-
lionen Dollarverlieren.

F.A.Z. FRANKFURT.Vor demTreffen
des Koalitionsausschusses amgestrigen
Sonntag zeichnete sichnachInformatio-
nen derFrankfurter Allgemeinen Sonn-
tagszeitung (F.A.S.)eine Einigung auf
die vorgezogeneAbschaffung desSolida-
ritätszuschlags für die breiteMehrheit
der deutschen Einkommensbezieher ab.
Voraussetzung sei,dassder Finanzminis-
terdie Mindereinnahmenohne neue
Schuldenfinanzieren und dietech ni-
schen Probleme einerUmstellung zur
Jahresmittelösen könne, sagte der haus-
haltspolitischeSprecher der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, EckhardtRehberg.
„Wenn das alles geklärtist,spricht

nichts mehrgegenein Vorziehendes
Soli-Abbaus für 90 Prozentder Soli-Zah-
ler.“Für dieUnion bleibe es dennoch da-
bei,dassder Soli mittelfristigkomplett
abgeschafftwerden müsse, alsoauchfür
höhereEinkommen.Nachden bisheri-
genKoalitionsbeschlüssen sollteder
Solifür die Bezieher kleiner und mittle-
rerEinkommen eigentlicherstzum 1. Ja-
nuar2021 entfallen, der Termin soll
nun auf den 1. Julides laufendenJahres
vorverlegtwerden. DenVorschlag hatte
ursprünglichdie SPD aufgebracht, um
einer drohenden Eintrübungder Kon-
junkturvorzubeugen, zuletzt auchunter
dem Eindruckdes Coronavirus.

che. SYDNEY.Der frühereMinister-
präsident Indiens hat sichmit einem
Brandbrief zuWort gemeldet. Manmo-
han Singh, der die drittgrößteVolks-
wirtschaftAsiens bis 2014 über ein Jahr-
zehntgeführthatte, warntvor einer
„trostlosen undgrimmigen Lage“. In ei-
ner scharfenKritik in derZeitung „The
Hindu“ schreibt Singh: „Indien istinun-
mittelbarer Gefahr aufgrund der Drei-
faltigkeit aus sozialer Disharmonie, ei-
ner wirtschaftlichen Verlangsamung
und derglobalen Epidemie.“ Die sozia-
len Unruhen und der wirtschaftliche
Ruin seien „hausgemacht,während das
Coronavirus einexterner Schockist“,
schreibt Singh. „Ichbin zutiefst beunru-
higt, dassdie machtvolleKombination
vonRisiken nicht nur die Seele Indiens

bricht, sondernauchunserenweltwei-
tenRuf als wirtschaftliche und demo-
kratische Kraftbeschädigt.“ Ohne die
derzeitigeRegierung unter seinem
Nach folger NarendraModi zu nennen,
erklärtSingh: „In nurwenigen Jahren
istIndienvoneinemweltweit beachte-
tenBeispiel für einevorbildhafte wirt-
schaftliche Entwicklung dank liberaler,
demokratischer Methoden zu einem un-
ruhigen Mehrheitsstaat tief in ökonomi-
sche rVerzweiflungabgestürzt.“ Investo-
ren, Firmenchefsund Gründer hätten
ihren Appetit auf Risikoverloren.
Singhforderteinen verantwortungsvol-
leren Umgang mit demVirus, eine
Rück nahme der umkämpftenBürger-
rechts-Änderungenundeinsofortiges
Konjunkturpaket.

KurzeMeldungen


Ölstadt Omsk in Sibirien FotoReuters

In der EU-Kommission Jean-Claude Jun-
ckerswar Margrethe Vestager einStar.
Die dänische Wettbewerbskommissarin
legtesichmit den Mächtigen inWirt-
schaf tund Politik vonJeffBezos bis Do-
nald Trumpanund profilierte sichals un-
erschrockene Wettbewerbshüterin. Wie
viele ihrer Amtsvorgänger verdankteVes-
tagerihren gutenRufder Tatsache, dass
sie alsWettbewerbskommissarin unmit-
telbar geltendesRechtanwendenkonnte
und keinem politischen Druckausgesetzt
war. JunckerstellteVestagers Unabhän-
gigkeit nie inFrage–er wusste,dassdie
Kommission selbstgefährdetwäre, würde
er dieWettbewerbspolitik politisieren.
In der EU-KommissionUrsula vonder
Leyens is tesfür Vestager schwierigerge-
worden. Das liegt paradoxerweise voral-
lem daran, dassihre Zuständigkeitenge-
wachsen sind. Sie istimmer nochWettbe-
werbskommissarin,vonder Le yenhat sie
aber zusätzlichzur „Exekutiv-Vizepräsi-
dentin“ für Digitales ernannt.Dadie
Kommissionschefin die Gestaltung der
Digitalisierung zu einem der großen
Schwerpunkteihrer Amtszeit gemacht
hat, istVestagernun beides: unpolitische
Chefin derWettbewerbsbehörde und poli-
tische Gestalterin des digitalenWandels.
Wiesichdieser interne Interessenkon-
flikt auf ihreAmtsführung auswirken
wird, lässt sichmangelsgroßer Entschei-
dungen noch nicht sagen.
Schwieriger istesfür Vestager aus ei-
nem zweiten Grundgeword en. Ihr libera-
ler,auf dieWettbewerbsregelngestützter
Kurs wirdnicht nur wie bisherineinzel-
nen Mitgliedstaaten, sondernauchinner-
halb derKommission inFragegestellt.
Vorallem der französische Industrie- und
Binnenmarktkommissar Thierry Breton
hält wenig vomSchutz desWettbewerbs.
WährendVestager nicht müde wirdzube-
tonen, dieser nutze denVerbrauchernam
meisten, erklärte Breton in dervergange-
nen Wocheim„Figaro“, niedrigePreise
für di eVerbraucherkönnten nicht das ein-
zigeZiel der EU sein. Jetzt müsse es mehr
um dieUnternehmen gehen, um „Be-
schäftigung,Fortschritt und Souveräni-
tät“. Unddas müsse sichinder Überho-
lung der EU-Wettbewerbsregeln nieder-
schlagen. Dassdas Wettbewerbsrechtan
der ein oder anderenStelle angepasst wer-
den könnte, schließt auchVestagernicht
aus. Schon länger arbeitet sie etwa an der
Frage, ob sichdie Regeln für digitale Platt-
formen grundsätzlichändernmüssen. So
oder so:Für solche Änderungen hält die
Dänin sichselbstzuständig; Breton will
sie heraushalten.
Zusammen sind die beidenKommissa-
re zuständig für die „Industriestrategie“,
die die EU-Behörde am Dienstagvorstel-
len will. Im Prinzip handelt es sichumein
wenig konkretes Papier,indem viele Zie-

le und Instrumente aufgezählt sind, mit
denen sichdie Förderung der europäi-
schen Industrie auf die invonder Le yens
Kommission besonderspopulären Schlag-
worteNachhaltigkeit, Innovation und
Wettbewerbsfähigkeit zurückführen lässt.
Bis zum Schlussumstrittenwaraber,ob
darin auchdie Rolle derWettbewerbsre-
geln neu definiertwerden sollte. Breton
dringt darauf, darin schon jetzt industrie-
politische Zielefestzuklopfen. Vestager
wehrtsichmit dem Hinweis darauf, dass
sie dafür allein zuständig sei.
Wettbewerbs- oder Industriepolitik –
das is twahrlic hkeines neues Thema.Es
mündet in dieFrage, ob derWirtschaft
mehrgeholfen ist,wenn sie demWettbe-
werb ausgesetzt istoder durch den Staat
gefördertund geschützt wird. In der EU-
Geschichtestand Deutschland immer
eher für die erste, Frankreicheher für die
zweit ePosition. Dochimvergangenen
Jahr riefen auchdeutschePolitiker,vor al-
lem aus denUnionsparteien, nachmehr
Industriepolitik.
WirtschaftsministerPeter Altmaier
(CDU) und sein französischer Amtskolle-
ge Bruno Le Maireforder tennachdem
Verbotder Siemens-Alstom-Fusionvor ei-
nem Jahr eine Änderung derFusionskon-
trollregeln mit dem Ziel, dassdie Bildung
europäischer „Industriechampions“ im-
mer möglichsein müsse.Vorvier Wo-
chen wiederholten die beiden Minister

ihreForderung in einemgemeinsamen
Brief mit ihren Amtskollegen aus Italien
und Polen anVestager.
Ähnlicheswarinden vergangenenTa-
genvon Nord rhein -Westfalens Minister-
präsident Armin Laschet, Gesundheitsmi-
nisterJens Spahn (beide CDU) sowie
dem Chef der EVP-Fraktion im EU-Parla-
ment, ManfredWeber (CSU), zu hören.
Immer schwang dabeidie These mit, nur
richtig große europäischeUnternehmen
seie ninder Lage, auf demWeltmarkt mit-
zuspielen, und dieseUnternehmen dürf-
tennicht durch zu vielWettbewerb behin-
dertwerden.
Auch Vestager hält „Champions“für
wi chtig. Diese entwickelten sichaber am
bestenimWettbewerb, sagtesie kürzlich
in Brügge –und fügtehinzu: „Wir schaf-
fenkeine starkenChampions, indem wir
uns einen Favoritenherauspickenund
ihn vorWettbewerb schützen, sondernin-
dem wir allen einefaireChancegeben. So
können die besten, produktivstenund in-
novativstenUnternehmenwachsen. Die-
se dürfennicht vonunfairemWettbewerb
behindertwerden.“ Europa brauche nicht
die größtenUnternehmen, sonderndie
„weltbesten“ –egal, ob groß oder klein.
Werdie Wettbewerbsregeln zugunsten
vonmehr Industriepolitik,also vonselek-
tiver ,politischmotivierterFörderung ein-
zelner Industrien, ändernwill, hat dafür
mindestens zwei Ansatzpunkte. Da istein-

mal dieFusionskontrolle,umdie es voral-
lem Le Maireund Altmaiergeht.Nach
den jetzigenRegeln sei zuwenig berück-
sichtigt, dassder für die Beurteilung einer
Fusio nrelevanteMarkt immer derWelt-
markt sein müsse, kritisiertensie. Mit
Blickauf die Siemens-Alstom-Fusion ar-
gumentiertensie, die EU-Behörde habe
zu wenig die Bedrohung für die beiden
Unternehmen durch den chinesischen
StaatskonzernCRRCimBlickgehabt.
Die Kommission bestritt dies.Für si ewog
die vonder Siemens-Alstom-Fusion aus-
gehendeWettbewerbsbeschränkungdeut-
lich schwerer als eine vielleicht von
CRRCinder Zukunftausgehende Gefahr.
Vorallem Le Mairehielt sichdeshalb
nicht langebei einer Beurteilung deskon-
kreten Falls auf, sondernforderte eine Re-
geländerung: Der Ministerrat, das Gremi-
um der Mitgliedstaaten, müssekünftig je-
des Fusionsverbotper politischer Ent-
scheidung kassieren können. Vestager
lehntedas ab.
MehrIndustriepolitik istauchüber
eine Lockerung der EU-Beihilferegeln
möglich. Deren Sinn besteht darin, Sub-
ventionen der Mitgliedstaaten an einzel-
ne Unternehmenzuverhindern,wenn die-
se denWettbewerb im Binnenmarktver-
fälschen. Schon jetzt gibt es indes zahlrei-
cheAusnahmen. Immerwenn die Subven-
tionen „guten“ Zweckendienen,etwa
dem Umweltschutz, derStützungstruktur-
schwacherRegionen oder der Innovati-
onsförderung, sind sievomgenerellen
Beihilfeverbotausgenommen.
Voraussichtlichwerden demnächstwei-
tere Ausnahmen dazukommen–immer
wenn Staatshilfen potentiellKommissi-
onsziele wie Klimaschutz und Digitalisie-
rung fördern. Schon jetztexistier tein wei-
tererAusnahmetatbestand: die „wichti-
genVorhabenvongemeinsamem europäi-
schem Interesse“. Als solches hatVesta-
gerbereits die „Batterie-Allianz“ identifi-
ziert, dievonsieben EU-Staaten,voral-
lem Deutschland undFrankreich, mit ins-
gesamt 3,2 Milliarden Eurogefördert
wird.Diese Staatshilfenhat dieKommissi-
on im Dezembergenehmigt.
Breton würdegerneschon in der „In-
dustriestrategie“weiterenVorhaben oder
garganzen Branchen bescheinigen, sie
seienvon„gemeinsamem Interesse“ und
könnten deshalbvomBeihilfeverbotaus-
genommenwerden. Dagegenwehrtsich
Vestager strikt –wenigerweil sie generell
nichtsvoneiner Ausweitung hielte, son-
dernweil sie darüber selbstentscheiden
will. Endgültiggeklärtdürfteder Streit
der beidenindieserWoche nochnicht
werden, dafür wirddie „Strategie“ nicht
konkretgenug sein. EineVorentschei-
dungkönnteaber fallen –und vonder
Leyenwirdgezwungen sein, sichindie
eine oder andereRichtungfestzulegen.

Russlands Spiel mit dem Ölpreis


sibi. FRANKFURT. Die amerikani-
sche NotenbankFederalReserve (Fed)
hat of fenbar wegender Ausbreitung des
Coronavirus eine Art„Quarantäne“-
Regelung auchfür Geldscheine einge-
führt. Dollar-Banknoten, die aus Asien
in dieVereinigtenStaatengelangten,
würden seit dem 21.Februar für einen
„verlängertenZeitraum“vonsieben bis
zehn Tagenzurückgehalten,teilteeine
Sprecherin derFedmit.Amerikanische
Bürgermüsstensichjedochkeine Sor-
genumEngpässe bei der Bargeldversor-
gung machen. Ob eine solcheRegelung
sinnvoll ist, scheint aber sehr umstrit-
tenzusein. Die Deutsche Bundesbank
jedenfalls hat zu dem Thema mitgeteilt,
das Eurosystem untersuche regelmä-
ßig, ob die Produktion oder derUmlauf
vonEuro-BanknotenAuswirkungen
auf die öffentliche Gesundheithaben
könnten: „Es gibtkeinerlei Belegeda-
für,dassdas Coronavirus durch Bank-
notenoder Münzen übertragen wurde.“
Die Bundesbank-Beschäftigten wür-
den trotzdem über Hygieneregeln infor-
miert,weiter eSchrit te er folgten gegebe-
nenfalls auf Basis der Empfehlungen
der Weltgesundheitsorganisation, der
Bundesregierung und des Robert-
Koch-Instituts.Fürden Bürgerwürden
im Umgang mit Scheinen und Münzen
die gleichen Maßnahmen bezüglichder
Handhygiene empfohlen wie bei ande-
renGebrauchsgegenständen. Ähnlich

zurückhaltend äußertensichandereeu-
ropäischeNotenbankenauf A nfrage.
Die Virologin UlrikeProtzer vonder
TechnischenUniversität München sag-
te unterdessen dem BayerischenRund-
funk: „Nurwenn sichjemand direkt in
die Hand niest, SievondiesemMen-
schendirekt danachMünzenanneh-
men und sichdann selbstins Gesicht
fassen, wäre ein Risikogegeben.“
Unterdessen hat die EuropäischeZen-
tralbank für den heutigen Montagwe-
gendes Coronavirus einen Home-
office-Tagangesetzt.Die Notenbank hat
ihrerund 3700 Beschäftigten inFrank-
furtaufgerufen, an diesemTagvon zu
Hause aus zu arbeiten. Einen entspre-
chenden Bericht der „Börsen-Zeitung“
bestätigtedie Notenbank.Damit wolle
die EZB ihrenNotfallplantesten, der
bei einer InfizierungvonMitarbeitern
mit dem neuartigen Coronavirus in
Kraf ttrete nwürde. Mit dem eintägigen
Homeworking-Test solle vorallem die
IT-Infrastruktur derZentralbankgetes-
tetwerden. Der Zugang zu den EZB-Ge-
bäuden inFrankfurtsei den Mitarbei-
tern an diesemTagnicht verboten, aber
die EZBgehe da vonaus, dassder über-
wiegendeTeil zu Hause bleiben undvon
dortaus arbeitenwerde. Der Aufrufbe-
tref fe auchjeneMitarbeiter,die in Berei-
chen arbeiteten, die als besonderssensi-
bel gelten, wieetwa Marktoperationen
oder Zahlungsverkehr.

Soli-Abbau: Union lenkt ein


Termin soll auf Julivorverlegtwerden


Kampfumdie Wettbewerbspolitik


Soll die EuropäischeUnion denWettbewerb oder einzelne Industrien schützen? VonWerner Mussler,Brüssel


Margrethe Vestager und Thierry Breton FotoGetty

wvp. WASHINGTON.Kohleverstro-
mung istnachAngaben der britischen
Denkfabrik Ember im Jahr 2019welt-
weit um drei Prozent zurückgegan-
gen. DerStr omsektorverzeichnete ei-
nen Rückgang derCO 2 -Emissionen
um zwei Prozent,vermeldete die Orga-
nisation. Das sei diestärkste Minde-
rung seit 1990. In denVereinigten
Staaten habenWind, Wasser und Son-
ne nachvorläufigen Berechnungen im
Februar mehrStr om produziertals
Kohlekraftwerke.Das hat es in einem
Wintermonat nochnie gegeben, ver-
meldetdas „Institutefor Energy Eco-
nomics andFinancial Analysis“, eben-
falls langjährigeKritiker der Energie-
produktion ausfossilen Quellen. Glo-
bal stiegwegendes warmen Wetters
und der schwachenWeltkonjunktur
die Nachfragenach Strom nurhalb so
starkwie gewöhnlich, rechnetEmber.
Drei Energiequellen haben demzufol-
ge die Kohleverstromungverdrängt
und die zusätzlicheNachfrageabge-
deckt .Wind- und Solarenergie hat
deutlichzugelegt mit plus 15 Prozent.
Sie deckten damit allerdings nur acht
Prozent desglobalen Strombedarfs
ab. Vorallem in denVereinigten Staa-
tenund in Europa tr eten Gaskraftwer-
ke an dieStelle vonKohlekraftwer-
ken. Allerdings hat China 2019 die
Str omerzeugung ausKohleverbren-
nung ausgebaut.Auchgibt es ein klei-
nes Comebackder Kernkraf t: In Ja-
pan und Südkoreawurden alteReakto-
renangeworfen, in China entstanden
neue Kernkraftwerke.Der Er folg des
Erdgases wirdvon Ember als kritisch
angesehen. So istinden Berechnun-
gennicht berücksichtigt, dassbei der
Erdgasförderung häufig Methan in
die Atmosphäreentweicht.

Singhwarntvor „g roßer Krise“


Indiensfrüherer Ministerpräsidentschre ibt Brandbrief


WarumMoskaudie


Verhandlungenmit der


Ölstaaten-Organisation


Opec scheiternließ.


VonKatharinaWagner,


Moskau


Sieben bis zehnTage Quarantäne


für Geldscheine aus Asien


Fedbestätigt Regelung /Bundesbank beruhigt


Weniger


Kohlestrom

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