Die Welt - 03.03.2020

(Nancy Kaufman) #1

I


m Vergleich zu den Rüstungsrie-
sen aus den USA oder China er-
scheint Rheinmetall eher klein.
AAAuf Platz 22 der Top-Unterneh-uf Platz 22 der Top-Unterneh-
men der Branche tauchte der
Konzern mit Sitz in Düsseldorf zuletzt
in der Liste des schwedischen Frie-
densforschungsinstituts Sipri auf.

VON GERHARD HEGMANN


Dennoch ist Rheinmetall mit Ab-
stand Deutschlands größter Rüstungs-
konzern und seine Bedeutung steigt,
wie jüngste Zahlen belegen. In der jün-
geren Vergangenheit hatte der Kon-
zern nie mehr Millitäraufträge in den
Büchern. Der seit 2013 amtierende
Rheinmetall-Chef Armin Papperger
hat dafür eine Erklärung. Der Konzern
profitiere als international tätiger Sys-
temanbieter „vom ‚Super-Zyklus‘ im
wehrtechnischen Geschäft“.
Damit meint Papperger den drin-
genden Nachholbedarf bei der Ausrüs-
tung der Militärs. Ungefähr mit der
Krim-Krise 2014 steigen die Budgets
im Rüstungsmarkt wieder – und das
beschere Rheinmetall viele neue Auf-
träge. 2019 bestellten im zweiten Jahr
in Folge die Militärs für über fünf Mil-
liarden Euro neue Ausrüstung bei
Rheinmetall. Der Auftragsbestand
wuchs um gewaltige 21 Prozent auf
1 0,4 Milliarden Euro. Ein Rekordwert.
Das Geschäft mit den Militärs ist in-
des nur eine von zwei Säulen des gut
1 30 Jahre alten Traditionskonzerns.
Neben den Rüstungsaktivitäten gibt
es auch noch das Geschäft als Auto-
mobilzulieferer, etwa mit Kolben oder
Pumpen. Vor dem Hintergrund der ak-
tuell weltweit sinkenden Autoproduk-
tion und dem Wandel vom Verbrenner

sammenhang mit dem Jemen-Konflikt
verhängt hätte. Das kostete Rheinme-
tall in 2019 rund 40 und in diesem Jahr
7 0 Millionen Euro Rüstungsumsatz.
Zudem stoppte Berlin neue Rüstungs-
geschäfte mit der Türkei.
Über die Details zum abgelaufenen
Jahr und den Ausblick wird Rheinme-
tall-Chef Papperger am 18. März be-
richten. Aber längst hat Rheinmetall
in Präsentationen Analysen vorgelegt,
wohin die Reise gehen soll. Vor allem
das Rüstungsgeschäft verspricht glän-
zende Geschäfte, selbst auf dem hei-
mischen Markt mit der Bundeswehr.
WWWenn Deutschland seinen enn Deutschland seinen Verteidi-
gungshaushalt, wie angekündigt, bis
2 024 auf 1,5 Prozent des Brutto-
inlandsproduktes anhebt, könnten
sich die Aufrüstungsausgaben von
jährlich gut acht auf zwölf Milliarden
Euro erhöhen, lautet die Prognose.
Rheinmetall erhofft sich daraus einen
Anteil von 20 bis 25 Prozent. Langfris-
tig erwartet Rheinmetall, dass der
Bund im Jahr 2030 rund 1,2 Milliarden
Euro allein für Munition ausgibt, wo
der Konzern über etwa 35 Prozent
Marktanteil verfügt. Die Prognosen
wurden allerdings noch vor dem kon-
junkturgefährdenden Ausbruch des
Coronavirus erstellt.
Rheinmetall-Chef Papperger hat
das Unternehmen als international tä-
tigen Rüstungskonzern positioniert,
der über verschiedene Kooperationen
und Gemeinschaftsunternehmen zum
Erfolg kommt. So werden Multi-Milli-
ardenaufträge für Militär-Lkw und
Transportpanzer in Australien herein-
geholt. Der Kontinent am anderen En-
de der Welt ist für Rheinmetall so et-
was wie der zweite Heimatmarkt ge-
worden. Das Geschäft brummt aber

nicht nur in Australien: Großaufträge
gab es beispielsweise auch für Leo-
pard-Panzer in Ungarn oder in Groß-
britannien für den Transportpanzer
Boxer. Über ein neues Gemeinschafts-
unternehmen mit BAE Systems kann
der britische Markt bedient und von
dort der Export aufgebaut werden. In
den USA ist Rheinmetall stark im Mu-
nitionsgeschäft vertreten.
AAAuf einer Präsentationsfolie zumuf einer Präsentationsfolie zum
Rüstungsgeschäft heißt es: „Wir legen
nicht alle Eier in einen Korb“. Dies
kann als Anspielung auf den deut-
schen Panzerhersteller Krauss-Maffei
WWWegmannegmann(KMW) verstanden wer-
den, der einerseits Konkurrent, bei
vielen Waffensystemen andererseits
VVVerbündeter ist. Die privaten KMW-erbündeter ist. Die privaten KMW-
Gesellschafter haben ihren Panzerher-
steller nämlich in ein Gemeinschafts-
unternehmen mit dem französischen
Staatsrüstungskonzern Nexter einge-
bracht, der als KNDS firmiert. Nun
sind sie auch davon abhängig, wie es in
dem Bündnis mit dem Staatskonzern
weitergeht.
Ein Versuch des Rheinmetall-Chefs
Papperger, sich in dieses Bündnis
KMW-Nexter durch Übernahme der
KMW-Anteile einzukaufen, scheiterte
bislang. Die Ende 2018 überraschend
von Rheinmetall verkündeten Ein-
stiegspläne sind am Widerstand von
KMW-Chef Frank Haun geplatzt.
Rheinmetall wollte auf diesem Weg
das Sagen bei dem Milliardenprojekt
fffür den ersten gemeinsamen deutsch-ür den ersten gemeinsamen deutsch-
fffranzösischen ranzösischen Kampfpanzer bekom-
men und einen großen deutschen Hee-
restechnikkonzern aufbauen. So
taucht das Panzer-Projekt jetzt in der
Zukunftsplanung von Rheinmetall
und KMW auf. Wobei noch nicht ent-
schieden ist, welcher Konzern letzt-
lich dabei das Sagen bekommt. Berlin
und Paris haben bei dem Projekt
(Main Ground Combat System) nur
fffestgelegt, dass Deutschland die Füh-estgelegt, dass Deutschland die Füh-
rung haben soll.
AAAber auch ohne ein Zusammenrü-ber auch ohne ein Zusammenrü-
cken mit KMW hat Rheinmetall weiter
große Pläne. So präsentierte der Kon-
zern einen Leopard-Kampfpanzer mit
einer Kanone, die über ein größeres
Kaliber (130 statt 120 Millimeter) ver-
fffügt. Der neue Panzerturm soll nachügt. Der neue Panzerturm soll nach
2 025 den Leopard-Kunden als Moder-
nisierungsmaßnahme vorgeschlagen
werden. Über 300 Panzer mit stärke-
rer Kanone sollen an Deutschland und
die Niederlande geliefert werden. Auf-
tragswert: 1,7 Milliarden Euro. Im
Zeitraum 2018 bis 2027 könnten aus
einem Rahmenvertrag mit der Bun-
deswehr sagenhafte 10.000 bis 20.
Militär-Lkw verkauft werden. Dieses
potenzielle Auftragsvolumen wird auf
drei bis sechs Milliarden Euro bezif-
fffert. Ein Beleg für die Super-Konjunk-ert. Ein Beleg für die Super-Konjunk-
tur in der Rüstungsbranche.

In der Rheinmetall-Fabrik
in Unterlüß (Niedersachsen)
läuft die Produktion seit
Jahren auf Hochtouren.
Hier werden Schützenpanzer
der Reihe „Puma“
zusammengeschraubt

PICTURE ALLIANCE / DPA

/DPA PICTURE-ALLIANCE / PHILIPP SCHULZE

Rheinmetall


nutzt globalen


WWWaffen-Boom affen-Boom


Die Rüstungsindustrie wächst wie selten zuvor.


Seit der Krim-Annexion erneuern Militärs ihre


Bestände. Rheinmetall streicht besonders


satte Gewinne ein und hat weitere große Pläne












































Lockheed Martin Corp.


Boeing


Northrop Grumman Corp.


Raytheon


General Dynamics Corp.


BAE Systems


Airbus Group


Leonardo


Almaz-Antey


Thales


Rheinmetall


Krauss-Maffei Wegmann


ThyssenKrupp


Hensoldt


USA


USA


USA


USA


USA


Großbritannien


Europa


Italien


Russland


Frankreich


Deutschland


Deutschland


Deutschland


Deutschland


Das sind die größten Rüstungsunternehmen


Quelle: Friedensforschungsinstitut Sipri


Umsatz der größten Waffenhersteller in Milliarden Dollar ����


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zum E-Motor verdüstern sich hier die
AAAussichten. Vor acht Jahren gab esussichten. Vor acht Jahren gab es
noch Überlegungen, die Autosparte
separat an die Börse zu bringen, aber
das wurde unter Pappeger abgeblasen.
Inzwischen hat sich das Blatt ohnehin
schon gewendet.
WWWar vor Jahren der Automotive-Be-ar vor Jahren der Automotive-Be-
reich noch renditestärker und auf
WWWachstumskurs, ist es jetzt das Rüs-achstumskurs, ist es jetzt das Rüs-
tungsgeschäft. Zum Vergleich: 2015
waren Auto- und Rüstungsbereich,
was den Umsatz betrifft, mit je 2,
Milliarden Euro gleich groß. Mit Mo-
torenteilen wurde mehr als doppelt so
gut verdient wie mit Waffen. Inzwi-
schen zeigt sich ein anderes Bild: Nach
den nun vorgelegten Zahlen für 2019
sank der Umsatz im Automotive-Be-
reich um knapp sieben Prozent auf 2,
Milliarden Euro, während die Rüs-
tungssparte um neun Prozent zulegte,
auf dreieinhalb Milliarden Euro. Das
fffrühere Gleichgewicht der beiden Un-rühere Gleichgewicht der beiden Un-
ternehmenssäulen beim Umsatz ent-
wickelt sich zu einem 40:60, zuguns-
ten der Rüstung. Das Geschäft mit den
Militärs ist inzwischen mit fast zehn
Prozent operativer Marge auch rendi-
testärker als das zivile Autogeschäft,
das auf sieben Prozent Marge abge-
sunken ist. Während das Automotive-
Geschäft auch von der Lust der
Kunden auf neue Autos abhängt, sit-
zen die Waffenkäufer in den Regierun-
gen und bestellen nach Kriegs- und
Konfliktlage.
Das Rüstungsgeschäft wäre 2019
noch besser gelaufen, wenn nicht die
italienische Regierung im vergange-
nen Juli einen 18-Monate-Stopp für
Munitions- und Bombenlieferungen
der italienischen Rheinmetall-Tochter
RRRWM Italia nach Saudi-Arabien im Zu-WM Italia nach Saudi-Arabien im Zu-

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03.03.20 Dienstag,3.März2020DWBE-HP


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12 WIRTSCHAFT DIE WELT DIENSTAG,3.MÄRZ


F


ranz-Peter Tepaß pustet erleich-
tert durch, bevor er auf die Frage
antwortet. „Nein, wir haben kei-
nen Markt in Heinsberg“, sagt der
Deutschland-Geschäftsführer der Bau-
marktkette Obi. Die Folgen der aktuel-
len Coronavirus-Pandemie sind für das
Unternehmen aber auch jenseits der
nordrhein-westfälischen Kreisstadt zu
spüren, die derzeit eine Art Hochburg
der COVID-19-Erkrankungen in
Deutschland ist.

VON CARSTEN DIERIG


Mundschutz und Atemmasken sind
bei Obi bundesweit ausverkauft, Ganz-
körperanzüge ebenfalls, dazu Desinfek-
tionsmittel – und Gummistiefel. Aber
damit ist das Unternehmen längst nicht
allein. Auch bei der restlichen Bau-
markt-Konkurrenz gibt es bei diesen
Sortimenten derzeit Lücken im Regal,
meldet der Handelsverband Heimwer-
ken, Bauen und Garten (BHB). Und die
Sorge wächst, dass Engpässe auch in an-

deren Bereichen auftreten, weil Ware
beispielsweise in China hergestellt
wird. „Natürlich gibt es die Angst vor
Lieferschwierigkeiten“, gibt BHB-
Hauptgeschäftsführer Peter Wüst zu
und verweist auf den Produktionsstopp
in vielen Fabriken in der Volksrepublik.
Derzeit sei die Branche zwar noch gut
aufgestellt. Die Ware für die kommen-
den Monate liege längst in den Lägern
der Baumärkte oder sei per Schiff zu-
mindest schon unterwegs nach Europa.
„Darüber hinaus ist die Lage aber völlig
unsicher: Niemand kann einschätzen,
welche Probleme beim Wareneinkauf
noch auf uns zukommen werden.“
Obi zum Beispiel bezieht rund 20
Prozent seiner Eigenmarken-Artikel di-
rekt aus Fernost, berichtet Tepaß. „Die
Branche bereitet sich aber vor“, versi-
chert der Manager, der seit Ende 2019
den BHB-Vorstand anführt. „Wir den-
ken nicht erst jetzt darüber nach, uns
beim Einkauf noch breiter aufzustellen
und wieder stärker auf Produkte aus
Europa zu setzen.“ Lieferketten werden

sich in Zukunft verändern, kündigt Te-
paß an. Wie genau, müsse aber noch be-
sprochen werden. Erstmal gelte es, die
aktuelle Lage zu meistern.
Geschlossene Läden müssen die Kun-
den dabei hierzulande nicht befürchten.
„Es gibt keinerlei Pläne, Märkte zu
schließen“, versichert Tepaß. Ohnehin
sei ihm die in der Öffentlichkeit auf-
kommende Panik derzeit eine Nummer
zu groß. Wobei der Verbandschef die
Absage der Internationalen Eisenwa-
renmesse in Köln, der mit fast 3000
Ausstellern weltweit größten Plattform
für die Baumarktbranche, ausdrücklich
begrüßt. „Das ist nochmal ein ganz an-
deres Risiko als der Besuch in einem
Baumarkt, zumal allein ein Drittel der
angemeldeten Aussteller aus China
kommt.“
Auch die Kundschaft scheint derzeit
noch kein erhöhtes Risiko zu sehen. Von
Frequenzrückgängen in den Märkten je-
denfalls kann Tepaß zufolge keine Rede
sein in den vergangenen Tagen. Und der
Manager hofft, dass es dabei auch

bleibt. Denn die Do-It-Yourself-Branche
hat viel zu verlieren. Seit mittlerweile
fünf Jahren steigen die Umsätze, 2019
sogar so stark wie lange nicht mehr. Um
3,6 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro ha-
ben sich die Erlöse im vergangenen Jahr
erhöht, zeigt die Jahresbilanz des BHB,
deren Basis die Daten von Marktfor-
scher GfK-Gruppe bilden. Umsatz-
stärkste Sortimente waren dabei wie in
den Vorjahren Bauchemie und Bauma-
terial, Sanitärinstallation/Heizung/Zu-
behör, dazu Gartenausstattung sowie
Werkzeuge/Maschinen/Werkstattaus-
stattung. Das größte Wachstum indes
gab es im Bereich Gartenchemie/Erden/
Saatgut mit über zehn Prozent Zu-
wachs.
Ohnehin laufen die Gartensortimen-
te fast wie von allein. „Der Garten ist
das neue Statussymbol“, sagt Obi-Ma-
nager Tepaß, der die Terrasse schon als
„Verlängerung des Wohnzimmers“ be-
zeichnet. „Zumal die Menschen wegen
des Klimawandels und der dadurch ge-
stiegenen Temperaturen auch viel mehr

Zeit draußen verbringen können und
wollen.“ Die Ansprüche an Ausstattung
und Gestaltung des Gartens seien dem-
entsprechend gestiegen. Das beginne
mittlerweile bei Whirlpools und ende
bei regelrechten Grillküchen inklusive
eigener Spüle.
Den Mehrumsatz erzielen die Bau-
märkte dabei in immer weniger Filialen.
2019 ist die Zahl der Märkte von Obi,
Hornbach, Bauhaus, Hagebau und Co.
bereits im zweiten Jahr in Serie zurück-
gegangen. 2106 Filialen mit zusammen
13.240 Millionen Quadratmetern Ver-
kaufsfläche meldet die Gemaba, die Ge-
sellschaft für Markt- und Betriebsanaly-
se aus Leverkusen. Das sind 26 Märkte
mit in Summe 115.000 Quadratmetern
weniger als noch im Jahr 2017. „Nach
vielen Jahren der Expansion beschäftigt
sich die Branche mittlerweile intensiv
mit der Verbesserung bestehender Flä-
chen“, beschreibt BHB-Hauptgeschäfts-
führer Wüst. Zwar würden weiterhin
neue Märkte eröffnet, um Lücken im
Vertriebsnetz zu schließen. „Dafür wer-

den aber auch verstärkt unrentable und
veraltete Standorte vom Netz genom-
men.“ Die meisten Filialen gibt es dabei
in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von
Bayern, Baden-Württemberg und Nie-
dersachsen. Die höchste Dichte gibt es
indes im Osten. In Mecklenburg-Vor-
pommern etwa kommt ein Baumarkt
auf 24.400 Einwohner, in Thüringen auf
25.500 und in Sachsen-Anhalt auf
26.600. Zum Vergleich: In NRW müssen
sich 46.000 Konsumenten einen Bau-
markt teilen, im Saarland 49.600 und in
den Großstädten Berlin und Hamburg
sind es jeweils rund 80.000.
Wer nicht eigens rausfahren will, fin-
det mittlerweile aber so gut wie alles
auch im Internet. 2019 ist der On-
lineumsatz um neun Prozent auf rund
vier Milliarden Euro gestiegen, zeigen
aktuelle Analysen des Instituts für Han-
delsforschung (IfH) und von Teipel Re-
search & Consulting. Rund die Hälfte
davon entfällt allerdings auf reine On-
line-Anbieter. 21,4 Prozent liefern die
Bau- und Heimwerkermärkte selbst.

Ganzkörperanzüge, Gummistiefel und ganz viel Garten


Auch in den Baumärkten klaffen wegen der Coronavirus-Krise mittlerweile erste Lücken in den Regalen. Die Engpässe erwischen die Unternehmen inmitten eines Booms


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