Nr. 2 / 8.1.2022DER SPIEGEL 77
Bund macht 2021
weniger Schulden
HAUSHALT Der Bund hat im
vergangenen Jahr weniger
Kredite aufnehmen müssen als
geplant. Demnach wird die
Neuverschuldung im Bundes
haushalt nach vorläufigen Be
rechnungen des Finanzministe
riums mindestens zehn Milliar
den Euro geringer ausfallen als
die zunächst vorgesehene Sum
me von 240 Milliarden Euro.
Grund dafür ist, dass die Steuer
einnahmen besser laufen als zu
nächst gedacht. Den offiziellen
Haushaltsabschluss will Finanz
minister Christian Lindner (FDP)
in der kommenden Woche vor
legen. Bis dahin kann sich
die Zahl noch geringfügig ver
ändern, weil die Finanzämter
noch einige Tage Zeit haben,
Steuereinnahmen zu verbu
chen. Die Neuverschuldung
fiele noch viel niedriger aus,
wenn Lindner nicht 60 Milliar
den Euro, die im vergangenen
Jahr für die Finanzierung der
Pandemiefolgen vorgesehen wa
ren, aber nicht gebraucht wur
den, in den Energie und Klima
fonds verschieben würde. Auch
wenn der Bund den Kredit
rahmen 2021 nicht komplett aus
geschöpft hat, schließt er mit
einer Rekordverschuldung ab. REI
Kreuzfahrten
für Ärzte
REISEN Gut gemeint, aber
schlecht getimt: Die Schweizer
Reederei MSC lockt mitten in
der nächsten Pandemiewelle
dringend benötigtes medizini
sches Personal wie Kranken
pfleger, Ärztinnen oder Labor
mitarbeiter mit Rabatten von
bis zu 50 Prozent auf Kreuz
fahrtschiffe. Sogar Feuerwehr
leute oder Beschäftigte von Ge
sundheitsämtern werden um
worben, den Discount für die
»CoronaHelden des Gesund
heitswesens« in Anspruch zu
nehmen. MSC will keine genau
en Zahlen nennen, da das Ange
bot aber »sehr attraktiv« sei,
werde es »sehr gut« nachgefragt.
Zuletzt gab es auf vielen Kreuz
fahrtschiffen, darunter auch je
nen von MSC, teils massive Co
ronavirusAusbrüche. Aida oder
TUI Cruises mussten Fahrten
abbrechen. Das Auswärtige Amt
warnt explizit vor Kreuzfahr
ten. Es bestehe das Risiko, »dass
im Falle eines Covid19 Aus
bruchs an Bord – auch unter ge
impften Reisenden – von den
Behörden im Ausland eine mehr
tägige Schiffsquarantäne ver
hängt wird. Ein zeitnaher Rück
transport nach Deutschland
wäre deswegen ausgeschlossen«.
Angesichts der neuartigen Omi
kronVariante wächst die Be
fürchtung, dass insbesondere
viele Beschäftigte der kritischen
Infrastruktur gleichzeitig aus
fallen könnten. MUM
Nachtzüge brauchen
Staatshilfe
VERKEHR Die Deutsche Bahn
(DB) und fünf weitere staatliche
Bahnkonzerne in Europa for
dern die Politik auf, beim Auf
bau eines Nachtzugnetzes in
Europa zu helfen. Nachtzüge
hätten »ihre Grenzen als kom
merziell lebensfähiges Modell
erreicht«, heißt es in einem
Schreiben an die EUKommis
sion. Deshalb sei »politische
Unterstützung notwendig, um
Nachtzüge auf ein neues Niveau
zu heben«. In dem Schreiben
von Dezember verlangen sie,
die Benutzungsgebühren auf
Bahntrassen sowie die Mehr
wertsteuer für Tickets zu senken.
Der »Nachteil des Schienenver
kehrs« gegenüber anderen Ver
kehrsträgern müsse ausgeglichen
werden. Bis Dezember 2023
wolle man das Nachtzugnetz
weiter ausbauen, etwa durch
Verbindungen zwischen Berlin,
Brüssel und Paris. Die DB
betreibt keine eigenen Schlaf
wagen, sondern kooperiert da
bei mit der österreichischen
ÖBB, deren Nachtzug service
staatlich subventioniert wird.
Ein eigener Betrieb sei nicht in
der Planung, erklärte ein Spre
cher der Deutschen Bahn auf
Nachfrage des SPIEGEL. Die
DB hat sich mit der ÖBB, der
Schweizer SBB und der franzö
sischen SNCF zu einer Partner
schaft zusammengeschlossen.
Zwei neue Angebote von Zürich
nach Amsterdam sowie von
Wien nach Paris starteten Ende
vergangenen Jahres. Die Nacht
strecken sollen dem Flugzeug
Konkurrenz machen. In einem
Aktionsplan hatte die EUKom
mission den Bahnen bereits
Unterstützung für ihre Pläne
signalisiert. GT
Strombedarf
von Pkw pro 100 km,
in kWh
SQuelle: BMU
18
54
115
Wasser-
stoff
Elektro-
motor
E-Fuels
ÖBB-Nachtzug
Setzt Deutschland zu stark auf Batterieautos?
SAMSTAGSFRAGE Trotz E-Booms haben Brennstoffzelle und E-Fuels weiter prominente Fans.
Die Bundesrepublik wird immer mehr zum Land der
Stromer. Rund jedes vierte verkaufte Auto war im
November und Dezember bereits ein reines Batte
riefahrzeug. Dennoch finden sich noch immer
prominente Befürworter anderer Antriebsarten
wie Brennstoffzelle oder EFuels – vor allem in
der FDP, die den Verkehrsminister stellt. Auch
BMWChef Oliver Zipse mahnt, man dürfe sich
nicht allein auf Elektroautos festlegen. Porsche in
vestiert Millionen in eine Produktionsanlage für syn
thetische Kraftstoffe in Chile. Wird der AkkuAntrieb
also bald von Wasserstoff und Brennstoffzelle abgelöst?
Zu mindest bei den Pkw gehört die Zukunft eindeutig den
Batteriefahrzeugen. Sie sind im Straßenbetrieb erheblich effizi
enter: Um 100 Kilometer zurückzulegen, benötigt ein
batteriebetriebenes EAuto nur ungefähr 18 Kilo
wattstunden Strom, ein Wasserstoffauto das Drei
fache. Ein mit synthetischem Kraftstoff betriebe
ner Verbrenner verschlingt gar 115 Kilowatt
stunden – mehr als das Sechsfache des Bedarfs
des Stromers. Dennoch kommt dem Wasserstoff
in der Mo bilitätswende eine zentrale Bedeutung
zu, nur eben nicht in Pkw, sondern in allen Ver
kehrs mitteln, die große Energiemengen brauchen und
Platz für große Gastanks bieten: in Lkw im Fernverkehr,
in Schiffen, Flugzeugen oder Zügen. BMW sieht außerdem
Chancen für WasserstoffPkw in Gegenden, wo es kaum Lade
säulen gibt. SH
Georg Hochmuth / dpa
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