Spektrum der Wissenschaft - Oktober 2017

(Tuis.) #1

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MEDIZIN
EINBLICK IN DEN MUTTERLEIB

Wie Ultraschallwellen zur vorgeburtlichen Diagnostik beitragen.


Regelmäßige Ultraschallkontrollen gehören selbstverständlich zur Schwanger-
schaftsvorsorge. Doch die Untersuchungsmethode wirft bei vielen werdenden
Eltern Fragen auf: Was bedeuten die schwarzen und weißen Flächen auf dem
Bild? Kann das Ungeborene den Ultraschall spüren? Und wie funktioniert die
Technik? Der österreichische Mediziner Michael Burger hat sich auf Pränataldia-
gnostik spezialisiert. In seinem Buch erklärt er humorvoll und informativ die physi-
kalischen Grundlagen, technischen Möglichkeiten und praktischen Anwendungen
der Ultraschallmethode.
Zu jedem Schwangerschaftsdrittel beschreibt Burger, was die Ärzte bei Kon-
trollterminen untersuchen, was man zu dem Zeitpunkt bereits erkennen kann und
welche zusätzlichen diagnostischen Möglichkeiten es gibt. Dabei geht er zwar
auch auf medizinisch relevante Auffälligkeiten ein, legt den Fokus aber auf die
gesunde Entwicklung des Kindes. Statistische Wahrscheinlichkeiten ordnet er
verständlich ein und macht deutlich, dass nicht jeder potenziell kritische Befund
tatsächlich bedrohlich ist. Viele vermeintliche Komplikationen verschwinden von
selbst. Beispielsweise liegt die Plazenta in der Mitte der Schwangerschaft noch bei
12 von 200 Schwangeren vor dem Muttermund (Placenta praevia), zum Zeitpunkt der Geburt hat aber nur noch
eine von ihnen dieses Problem.
Medizinische Fachbegriffe erklärt der Autor im Fließtext und führt sie außerdem in einem Glossar am Ende
des Buchs auf. Das erleichtert medizinischen Laien, das ärztliche Vokabular zu verstehen. Da das Buch sehr
übersichtlich gestaltet ist, eignet es sich gut, um nach dem ersten Lesen immer wieder einzelne Aspekte nachzu-
schlagen. So überzeugt es als hilfreicher Begleiter für die Schwangerschaft. Elena Bernard

Michael Burger
UNSER BABY IM ULTRA-
SCHALL
Ein Begleiter für werdende
Eltern
Springer, Berlin 2017
170 S., € 19,99

bekannt geworden als
treibende Kraft hinter der
Aktion »Mathematics of
Planet Earth« (2013), ist
sogar so uneigennützig, gar
nichts von ihrer eigenen
Arbeit zu erzählen. Viel-
mehr gibt sie eine Einfüh-
rung in »Geometrien der
Natur«, unter denen die
fraktale nur die prominen-
teste ist.
Haben die Mathematiker
die Finanzkrise von 2008
auf dem Gewissen? Nein,
argumentiert Walter Scha-
chermayer von der Univer-
sität Wien. Mathematiker
haben zwar die Werkzeuge
zur Berechnung finanzieller
Risiken bereitgestellt,
insbesondere die berühmt
gewordene Formel von
Black und Scholes; aber es
waren die Finanzleute, die
sie gegen die Warnungen


der Mathematiker falsch
angewendet haben.
Weitere Gebiete, zu
denen die Mathematik
Wesentliches beizutragen
hat, werden ebenfalls
gründlich besprochen,
darunter demokratische Ab-
stimmungssysteme, sichere
Nachrichtenübermittlung
durch Verschlüsselung
sowie Wetter- und Klima-
prognosen.
Gegen die Qualität der
Beiträge ist nichts einzu-
wenden, im Gegenteil.
Dennoch weckt das Ge-
samtwerk sehr gemischte
Gefühle. Es versucht beide
Zielgruppen, Professionelle
wie Laien, gleichermaßen
zu bedienen, und dieser
Spagat kann nicht gelingen.
Das fängt bei der Sprache
an. Die überwiegende
Mehrheit der Autoren ist

deutscher Muttersprache,
und etliche von ihnen
hatten erkennbar mit dem
Englischen zu kämpfen.
Ihre Inhalte wären auf

Deutsch wahrscheinlich
eindrucksvoller herüberge-
kommen; aber das kann
man den Kollegen auf
einem internationalen
Kongress natürlich nicht
zumuten.
Zwar enthalten die Artikel
beileibe kein Übermaß an
Formeln. Aber viele von
ihnen folgen der fachüb-
lichen Darstellungsform, die
für Nichtmathematiker eher

unbekömmlich ist. Zudem
haben die Veranstalter
gar nicht erst versucht, das
Werk über den gewöhn-
lichen Buchhandel zu ver-

breiten; erhältlich ist es nur
über die Website der Euro-
pean Mathematical Society
(www.ems-ph.org). Den
mathematisch interessier-
ten Laien sei immerhin
gesagt: Ja, es ist mühsam,
sich durch dieses Buch zu
arbeiten und es zu verste-
hen. Aber die Anstrengung
lohnt sich durchaus.
Christoph Pöppe ist Redakteur
bei »Spektrum der Wissenschaft«.

Die Mathematiker haben zwar die


Werkzeuge bereitgestellt, aber die


Finanzleute wendeten sie falsch an

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