yachtrevue.at • 7|17 61
„Wenn du gegen die besten Segler der
Welt antrittst, kannst du nicht immer
gewinnen. 2010 und 2013 ist es uns
gelungen, diesmal hatten die Neusee-
länder das stärkere Paket.“
Jimmy Spithill, Steuermann von Oracle Team USA
Großes Kino
Challenger Play Offs. Im Gegensatz
zum AC wurden die Fans beim Louis
Vuitton Cup mit knappen Rennen und
spektakulären Szenen unterhalten
Zunächst wurden die Qualifiers gesegelt, an
denen erstmals auch der Verteidiger teilneh-
men durfte. Oracle ging nach zwei Round-
Robin-Runden als Sieger hervor und wurde
dafür mit einem Bonuspunkt für den AC
belohnt, Groupama schied aus.
Als beste Herausforderer durften sich die
Kiwis den Gegner für das Semifinale aus-
suchen. Sie wählten Land Rover BAR, da die
Briten offensichtlich das langsamste Boot
hatten, und gewannen klar mit 5:2; nicht einmal
eine Kenterung in der Vorstartphase (siehe
Foto) konnte sie stoppen.
Ausgeglichener verlief das zweite Semifi-
nale zwischen Artemis und SoftBank Japan.
Man lieferte sich spannende Kopf-an-Kopf-
Duelle, der Sieg ging letztlich mit 5:3 an das
favorisierte schwedische Team.
Damit zogen Schweden und Neuseeland
ins Finale ein, das die Neuseeländer mit 5:2 für
sich entschieden. Artemis konnte zwar segleri-
sche Akzente setzen, war den Kiwis aber bei
leichteren Winden geschwindigkeitsmäßig
unterlegen. Für Dramatik sorgte Artemis-Steu-
ermann Nathan Outteridge, der in Führung
liegend bei einem Seitenwechsel über Bord
ging. Auch im dritten Rennen war Action vom
Feinsten zu sehen: Die Kiwis stürzten an der
letzten Tonne auf die Rümpfe ab und hatten
daraufhin Schwierigkeiten wieder auf die Foils
zu kommen, während die Schweden von
hinten mit einem Affenzahn daherrauschten.
Team New Zealand gewann mit einer Sekunde
Vorsprung – spannender geht es nicht. V. D.
sonen verteilt. Peter Burling konnte sich
ausschließlich auf das Steuern konzentrie-
ren, das Trimmen der Foils übernahm sein
ehemaliger 49er-Vorschoter Blair Tuke;
kontrolliert und verstellt wurden die Trag-
flächen über eine Art Tablet, das Tuke stän-
dig bei sich trug. Burling und Tuke segeln
seit sieben Jahren zusammen und sind das
erfolgreichste 49er-Team aller Zeiten.
Die beiden sind bestens aufeinander ein-
gespielt, vertrauen einander blind und
kommunizieren weitgehend ohne Worte.
Über die On-Board-Mikrofone war deutlich
zu hören, dass auf der 17 von Team Oracle
während der Rennen reger Gesprächsver-
kehr herrschte – auf der Aotearoa hingegen
gab es nur ganz wenige knappe Anweisun-
gen oder Kommentare.
- Stärkeres Team
In der neuseeländischen Mannschaft saß
auf jedem Platz der richtige Mann. Über
Foil-Trimmer Blair Tuke war schon zu
lesen, ein weiteres Beispiel ist Simon van
Velthooven, der als Bahnradfahrer bei den
Olympischen Spielen 2012 eine Bronzeme-
daille geholt hatte und als Cyclist für mäch-
tig Druck im Hydrauliksystem der Kiwis
sorgte. Insgesamt handelte es sich um ein
extrem junges Team. Nicht nur Peter Bur-
ling und Blair Tuke waren Teil jener Nach-
wuchs-Truppe, die 2013 den erstmals aus-
getragenen Youth America’s Cup gewann,
auch Andy Maloney und Josh Junior,
die bei fast allen AC-Rennen an Bord der
Aotearoa zu sehen waren, gehörten dazu.
Jung bedeutet superfit und belastbar, frei
im Kopf, aber auch lern- und anpassungs-
fähig. Die Neuseeländer entwickelten sich
im Lauf der Serie in unglaublichem Tem-
po weiter, bewiesen in heiklen Passagen
mentale Stärke und ließen die Konkurren-
ten buchstäblich alt aussehen. „Diese Jungs
segeln besser und machen weniger Fehler“,
brachte es Spithill resigniert auf den Punkt.
Mit beinahe 40 Jahren der einzige Oldie
zwischen den U30-Lausbuben war Glenn
Ashby, auch der einzige Nicht-Neuseelän-
der und der einzige, der die Schmach von
2013 persönlich an Bord der Kiwi-Yacht
miterlebt hatte. Ashby hatte nicht nur die
Rolle des Skippers inne, sondern bediente
auch das aus vier Teilen bestehende Trag-
flügel-Segel mit einer ganz speziellen Tech-
nik und trug damit wesentlich zum Erfolg
bei. Ashby fierte bei zu viel Druck im Wing
nicht einfach, sondern öffnete lediglich die
oberen Sektionen, twistete das Segel also.
Wie Tuke tat er das über ein mobiles Tab-
let, während sein Gegenspieler bei Oracle
eine herkömmliche Schot in Händen hielt.
- Besserer Steuermann
Peter Burling ist siebenfacher Weltmeister
in den Klassen 420er, 49er und Moth, ge-
wann Silber und Gold bei den Olympischen
Spielen (2012 und 2016) und darf sich nun,
im Alter von 26 Jahren, als jüngster Steuer-
mann, der je einen America’s Cup gewon-
nen hat, bezeichnen; auch in dieser Hin-
sicht löste er seinen Rivalen Jimmy Spithill
ab. Burling verbindet Intuition mit techni-
schem Verständnis und herausragendes
Talent mit der Disziplin eines Besessenen –
FOTOS: CLIVE MASON/GET T Y IMAGES (1), ACE A 2017 / RICARDO PINTO (1 )
FOTO: ACEA 2017 / GILLES MARTIN-RAGET