Fliegermagazin Juli 2017

(avery) #1
auf Stufe und hebe dann ab, anschließend
werde mit nachgelassenem Höhenruder
beschleunigt.
Meine ganz private Faustformel zur
Wasserlandung: Wenn der Wind so stark ist,
dass er, genau quer kommend, einen Land-
start gerade noch zulässt, sind die Wellen
wahrscheinlich so hoch, dass man auf Was-
ser nicht mehr runter möchte. Beruhigend
finde ich in diesem Zusammenhang, dass
der Motorpylon auf 15 g getestet ist. Man
stelle sich vor, bei einem Aufprall würde der
Motor mit seinem dicht über den Insassen
kreisenden Propeller nach vorn knicken.
Der Glassy-Water-Crash hat jedenfalls ge-
zeigt, dass vorher die Rumpfschale bricht.
Bei der Landung in Stechow bläst der
Wind dann noch etwas stärker als beim
Start. Und immer noch quer. Im Endanflug
auf die »22« werfen uns Turbulenzen hin
und her. Trotzdem lässt sich der Flywhale
gut kontrollieren. Die Rollphase mit ange-
hobenem Bugrad ist wieder relativ kurz –
nach dem Aufsetzen sucht es Bodenkontakt.
Schülern kommt das anspruchslose
Start- und Landeverhalten bestimmt ent-
gegen, schließlich wird Winni auf dem Fly-
whale UL-Wasserflugpiloten ausbilden. Mit

fahren wird es nach wie vor elektrisch über
eine gebogene GfK-Stange, die bei Grund-
berührung federnd nachgibt. Was mich
ebenfalls beeindruckt: Zwecks Anhänger-
transport und Hangarierung sind Flügel
und Höhenleitwerk abnehmbar. Und dann
holt Entwicklungsingenieur Jan Kaminski
sein Surfbrett, klappt die rechte Sitzlehne
um und schiebt es ins Cockpit! Der Stau-
raum hinter den Sitzen ist wirklich riesig.
Wie geht’s weiter? »Unsere Produktion
läuft gerade erst an«, sagt Helmut, »wenn
sie richtig strukturiert ist, wollen wir alle
zwei Monate einen Flywhale fertigstellen.«
Zurzeit wird der Rumpf von Air Sports Air-
craft in Dassel gebaut, Composite-Teile wie
Tanks und Motorverkleidung kommen aus
Serbien von Wing Aerospace Engineering,
für die Tragfläche ist ein deutsches Unter-
nehmen im Gespräch. Auf jeden Fall will
man die Endmontage in Dötlingen durch-
führen. Für Wasserflüge mit Interessenten
steht nur 30 Kilometer entfernt auf der We-
ser ein genehmigtes Gelände zur Verfügung:
am Lankenauer Höft in Bremen. Dort hat es
früher schon einen Wasserlandeplatz gege-
ben; die zwölf Meter breite Rampe für den
Amphibienbetrieb lässt sich noch nutzen.

Ungeübten dürfte er es aber nicht zu tun
haben, denn Voraussetzung für die Wasser-
flugberechtigung sind 30 Stunden auf Land-
Dreiachsern. Wer keine Lizenz hat, kann
wohl noch diesen Sommer ganz in der Nä-
he von Stechow den Reiz des Wasserfliegens
genießen: Auf dem Hohenauer See darf der
Flywhale starten und landen. Die Gäste stei-
gen in Ferchesar ein und aus – dank Amphi-
bium auf einer Wiese am Strand.

S


eine eigentlich Hombebase aber ist
Oldenburg-Hatten. Der Verkehrs-
landeplatz liegt nur wenige Auto-
minuten vom Flywhale-Firmensitz
in Dötlingen entfernt. Nach meinem Pro-
beflug in Brandenburg zeigt mir Helmut
Rind bei einem Werksbesuch den neuesten
Stand der Dinge anhand der Nummer fünf,
die wenige Tage später ausgeliefert werden
soll. Im überarbeiteten Panel stecken auf
Kundenwunsch zwei riesige Dynon-Sky-
View-Touch-Monitore, dazwischen ist eine
iPad-Halterung montiert. Weitere Avionik
und einige Bedienelemente sind neu an-
geordnet. Wichtiger erscheint mir aber das
größere Wasserruder – die Wirkung des bis-
herigen war zu schwach. Ein- und ausge-

Das Glück des Tüchtigen: Helmut Rind mit der »Nummer drei«
am Wasserflugplatz Sedlitzer See. Auf dem rechten Sitz Winfried
Rall, dessen Flugschule auf dem Flywhale ausbilden wird

92 http://www.fliegermagazin.de #7.2017

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