Flugrevue April 2017

(Barré) #1

B-2 über Libyen


Die US Air Force hat erstmals seit 2011 ihren Stealth-
Bomber wieder für einen Kampfeinsatz verwendet.
Ziel war ein IS-Camp bei Sirte.

B-1A. Für den Angriff wurden angeb-
lich rund 100 der Bomben verwendet.
Ganz generell bedeutete der Ein-
satz der Spirit aber auch eine Erinne-
rung, dass das Global Strike Command
nach wie vor in der Lage ist, jederzeit
Ziele überall auf dem Globus ins Visier
zu nehmen. Damit die B-2A diese Rol-
le auch in Zukunft erfüllen kann, läuft
derzeit ein Modernisierungsprogramm
des Defensive Management System.
Die momentan durchgeführten Ent-
wicklungsarbeiten umfassen neue
Empfänger (BAE Systems) und Anten-
nen (Ball Aerospace und L-3 Rand-
tron) sowie neue Computer für die
Displays. Der Auftrag im Wert von
1,84 Milliarden Dollar (1,73 Mrd. Eu-
ro) sieht die Umrüstung von zunächst
drei Flugzeugen für die Tests vor.

K


aum hatte „Shatter“ im Dezem-
ber seinen Waffenlehrerkursus
bei der 325th Weapons Squa-
dron in Nellis AFB mit einer komple-
xen Angriffsmission beendet, da war-
tete auf den B-2-Piloten beim Heimat-
verband in Whiteman AFB schon ein
realer Einsatz. Als „Flight Lead“ führ-
te er am 18. Januar den Angriff von
zwei Spirits auf ein Ausbildungscamp
des sogenannten Islamischen Staats in
Libyen an. Rund 34 Stunden waren
die beiden Stealth-Bomber nonstop
unterwegs. „Die dynamische Zielzu-
weisung auf dem Weg nach Libyen
und die Integration mit anderen Kräf-
ten ... waren etwas, das einen großen
Teil des Waffenlehrerkursus ausmach-
te, besonders in der abschließenden
WSINT-Phase“, so „Shatter“.
Der Einsatz war wohl der letzte,
den noch Präsident Obama freigege-
ben hatte, mit Zustimmung der liby-
schen Zentralregierung. Er erforderte
den Einsatz von KC-135- und
KC-10A-Tankern auf fünf Basen in
drei Kontinenten. Unbemannte MQ-9
Reaper waren als Beobachtungsflug-
zeuge in der Luft. „Wir hatten 100 Ter-
roristen in den beiden Camps, die ein
Risiko darstellten“, so Pentagon-Spre-
cher Per Cook. 80 von ihnen sollen bei
dem Angriff getötet worden sein.
Die Wahl der Northrop Grumman
B-2A als bestes Mittel für den Einsatz
oblag der US Air Force. Die Bomber
wurden in diesem Fall aber nicht we-
gen ihrer Stealth-Eigenschaften be-
nutzt, sondern wegen ihrer Waffenzu-
ladung und ihres Radars. Seit einem
Modernisierungsprogramm sind die
B-2A in der Lage, bis zu 80 GBU-38
(JDAM mit GPS-Steuerung, 240 kg)
mitzuführen, statt nur 12 oder 15 wie
die B-52H beziehungsweise die

keine Reaktion. Wenige Sekunden später
wurde dem Piloten klar, dass es nicht
reichen würde. Nach einem Notruf steu-
erte er das Flugzeug noch von einigen
Häusern weg und löste um 13:00:28 bei
275 km/h und einer Flughöhe von 80
Metern den Schleudersitz aus, der ein-
wandfrei funktionierte. Rettungskräfte
waren schnell vor Ort. Sie stellten fest,
dass Turner unverletzt war. Die F-16CJ
schlug in normaler Fluglage um 13:00:36
auf einem Feld knapp außerhalb der Ba-
sis auf.
Die Unfalluntersuchungen konzen-
trierten sich schnell auf die Frage,
warum der Schubhebel in die Abschalt-
position gestellt wurde. Normalerweise
muss dafür ein Sicherungshebel am
Schubhebel gedrückt werden, um den
Hebel dann nach außen zu stellen und
über die Leerlaufposition hinaus nach
hinten zu ziehen. Turner konnte sich
nicht erinnern, den Hebel gedrückt zu
haben. Allerdings fiel ihm bei den Wie-
derstartversuchen auf, dass sich der
Schubhebel ohne Wider stand über den
Leerlaufstopp bewegen ließ.


SICHERUNGSSTIFT STECKT IN
GEDRÜCKTER POSITION FEST


Nach dem Ausbau der unbeschädigten
Schubhebelkonsole stellten die Ermittler
in der Tat fest, dass der federbelastete Si-
cherungsstift in der gedrückten Position
feststeckte, also den Weg bis zur Cut off-
Position freigab. Seit wann genau er sich
in dieser Stellung befunden und wann
der Pilot ihn gedrückt hatte, ließ sich
nicht mehr nachvollziehen – während
des ganzen Flugs wurde der Schubhebel
jedenfalls 40-mal auf Leerlauf gezogen,
ohne dass er weiter nach hinten ging.
Weitere Versuche zeigten, dass der
Hebel bei mehrmaligem Drücken die
Tendenz hatte, in etwa 35 Prozent der
Fälle in der gedrückten Position festzu-
stecken oder nur sehr langsam wieder
in die Ausgangsposition zurückzukeh-
ren. Bei der Demontage des Bauteils
wurden dann erhebliche Verunreinigun-
gen in der Führungsbuchse festgestellt.
Zudem war der Stift etwas schief einge-
setzt, und ein Teil des Schubhebels be-
fand sich außerhalb der Toleranzen. Ein
Faktor dabei war, dass die Wartungsan-
weisungen in mehreren Punkten offen-
bar etwas vage sind.


Fotos: US Air Force

KARL SCHWARZ KARL SCHWARZ

Die B-2A kann bis zu 80 GBU-
38-Bomben mitführen.

Start von der Whiteman AFB in
Missouri. Flugzeit: 34 Stunden.

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