Flugrevue April 2017

(Barré) #1

NASA baut neuen


Kipprotor-Teststand


Mit dem Tiltrotor-Prüfstand will die NASA Grundlagendaten
für künftige große Kipprotor-Entwürfe sammeln.

N


achdem das „Prop Test Rig“
1991 irreparabel beschädigt wor-
den war, hatte die NASA lange
keine Möglichkeit, Kipprotoren im gro-
ßen Maßstab zu testen. Mit dem „Tiltro-
tor Test Rig“ (TTR), dessen Versuche im
großen Windkanal des Ames Research
Center in Kalifornien im Februar begin-
nen sollten, wird sich dies nun ändern.
Klotzen statt kleckern war beim Bau
des TTR die Devise. Statt 2235 Kilowatt
stehen nun mit vier Elektromotoren bis
zu 4470 Kilowatt als Antriebsleistung
zur Verfügung, was sich in einen maxi-
malen Rotorschub von 13 600 Kilo-
gramm (statt 7250 kg) umsetzen lässt.
Rotoren bis zu einem Durchmesser von
7,9 Metern können am TTR getestet

werden, egal ob es sich um Konstruktio-
nen mit konventionellen Gelenken oder
um Starrrotoren handelt. Ihre Drehzahl
kann zwischen 126 und 630 U/min liegen
(Blattspitzengeschwindigkeiten bis 930
km/h). Montiert auf dem Drehtisch im
12 x 24 Meter großen Kanal des Natio-
nal Full-Scale Aerodynamics Complex in
Ames, lassen sich Tests im Vorwärtsflug
bis 555 km/h durchführen. Wird der Ro-
tor seitlich zum Windstrom gestellt, sind
auch noch 330 km/h möglich. Durch
das Drehen des Versuchsaufbaus werden
verschiedene Flugzustände simuliert.
Gebaut wurde der Tiltrotor-Test-
stand im Auftrag der NASA von Bell He-
licopter und Triumph Aerospace Sys-
tems. Gelder gab es auch von der US

Army und der US Air Force sowie aus
Töpfen des American Recovery and
Reinvestment Act. Vor der Aufstellung
im Windkanal wurden (ohne Rotor) um-
fangreiche Kalibrierungsversuche und
Tests der Instrumentierung auf einem
festen Teststand durchgeführt.
Mit dem TTR kann die NASA Roto-
ren erproben, die mehr Schub und höhe-
re Geschwindigkeiten liefern als bisher.
Diese wären für große Kipprotormuster
interessant, die eventuell in Zukunft für
militärische und zivile Aufgaben entwi-
ckelt werden. Laut Susan Gorton, beim
Langley Research Center für Senkrecht-
start-Technologien zuständig, wird das
TTR bis zum Jahresende zunächst eine
gründliche Überprüfung erfahren, um
eventuelle Probleme zu beheben. Ab
2018 steht es dann der Industrie für For-
schungsvorhaben zur Verfügung, wobei
derzeit anscheinend noch kein konkretes
Projekt ins Auge gefasst ist. Auf jeden
Fall wird die NASA je nach verfügbaren
Mitteln mit dem TTR Grundlagenfor-
schung betreiben, um zum Beispiel die
Effizienz verschiedener Konfigurationen
zu untersuchen. Auch Aspekte wie das
Verhalten bei geringeren Drehzahlen (50
bis 75 Prozent der maximalen Blattspit-
zengeschwindigkeit) im Reiseflug sind
interessant.

Fotos: NASA

KARL SCHWARZ

Vier Elektromotoren
sorgen für den
Antrieb des Rotors.

Das Test Rig ist im Windkanal auf einem
Drehtisch montiert. So sind Versuche im
Hubschraubermodus möglich.

Der Aufbau umfasst die Elektronik
(links), die vier Motoren und das
Getriebe zum Rotor.

FR

74 FLUG REVUE A pr i l 2017 http://www.flugrevue.de

Forschung im Windkanal


Technik

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