Die Welt Kompakt - 05.11.2019

(Steven Felgate) #1

Rummenigge ist bis Ende 2021
Vorstandschef und soll bis dahin
Oliver Kahn zum neuen Klubboss
ausbilden. Die Torwartlegende
fängt im Januar an.
Es könnte also zu einem letz-
ten Machtspiel zwischen Rum-
menigge und Hoeneß kommen.
Bislang haben sich die beiden bei
der Trainerauswahl quasi ab-
wechselnd durchgesetzt. Rum-
menigge durfte vor drei Jahren
Carlo Ancelotti durchsetzen,
Hoeneß dann im Sommer 2018
Kovac. Jetzt wäre wieder Rum-
menigge dran. Er hätte dem Ver-
nehmen nach damals lieber Tho-
mas Tuchel statt Kovac ver-
pflichtet. Tuchel steht heute bei
Paris Saint-Germain unter Ver-
trag – und dort aktuell schwer in
der Kritik.
Rummenigge bemühte sich
nun festzuhalten, dass die Kovac-
Entscheidung gemeinsam getrof-
fen wurde. „Ich möchte zunächst
festhalten, dass Uli Hoeneß, Ha-
san Salihamidzic und ich gemein-
sam und einvernehmlich mit Ni-
ko Kovac entschieden haben, die
Zusammenarbeit zu beenden“,
sagte er: „Und auch in Zukunft
werden Uli, Hasan und ich in Ab-
stimmung mit dem Aufsichtsrat
wichtige Entscheidungen ge-
meinsam diskutieren und be-
schließen.“
Die Münchner brauchen einen
Trainer, der in der Lage ist, in-
nerhalb des Kaders voller Egos
zu moderieren. Nach Pep Guar-
diola, Jupp Heynckes und Ance-
lotti war Kovac der erste Bayern-
Trainer ohne Weltrang. Kaum
vorstellbar, dass die Bayern zum
zweiten Mal in Folge einen Trai-


ner verpflichten, der noch bei
keinem ganz großen Klub gear-
beitet hat. Denkbar ist auch fol-
gendes Modell: Flick trainiert das
Team bis zur Länderspielpause,
Arséne Wenger übernimmt bis
Saisonende. Der 70-jährige Wen-
ger, von 1996 bis 2018 beim FC
Arsenal, hat die nötige Autorität,
um die Kabine zu disziplinieren.
Und die Bayern könnten in Ruhe
mit einem Trainer verhandeln,
der noch bei einem anderen Klub
unter Vertrag steht. Dieser müss-
te dann keine „gebrauchte Sai-
son“ zu Ende bringen.
Aus Italien heißt es, die
Münchner hätten Massimiliano
Allegri als idealen Trainer ausge-
macht. Der 52-Jährige trainierte
zuletzt fünf Jahre Juventus Tu-
rin und gewann jedes Jahr die
italienische Meisterschaft und
vier Mal den Pokal. Bis zum
Sommer will er ein Sabbatical
machen. Allerdings spricht Alle-
gri kein Deutsch. Als weiterer
Kandidat gilt Erik ten Hag. Der
49-jährige Niederländer war von
2013 bis 2015 Trainer der U23 der
Bayern. Derzeit ist ten Hag Trai-
ner von Ajax Amsterdam. Zudem
wird über Ralf Rangnick speku-
liert. Intern soll es aber Vorbe-
halte geben. Mauricio Pochetti-
no von Tottenham Hotspur
schätzen die Bosse des Rekord-
meisters sehr.
Die Bayern-Spieler haben nun
kein Alibi mehr. Bis auf Manuel
Neuer, Robert Lewandowski und
viele Wochen auch Serge Gnabry
spielte bislang kein Profi in Top-
form. Die seelenlosen Bayern zu-
letzt haben gezeigt: Flick erwar-
tet eine schwierige Aufgabe.

Bis Sonntag waren Niko
Kovac (l.) und Hansi Flick
ein Team. Nach der Ent-
lassung des Trainers soll
nun Flick die Mannschaft
des FC Bayern stabilisieren

BONGARTS /GETTY IMAGES

/ ALEXANDER HASSENSTEIN

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,5.NOVEMBER2019 SPORT 29


Ein wenig von dem alten
Selbstvertrauen scheint jedoch
schon wieder zurückgekehrt zu
sein. Im Vorfeld des Rückspiels
gegen Inter, das dem BVB vor
zwei Wochen mit seinem Defen-
sivbollwerk und einer körperbe-
tonten Spielweise den Nerv ge-
zogen hat, gab es klare Ansagen.
„Auch wenn das Hinspiel nicht
top war: Es ist die Chance, unse-
re Fans eines Besseren zu beleh-
ren“, sagte Brandt. Es werde
zwar wichtig sein, gegen die Ita-
liener „clever“, aber auch „mu-
tig“ zu spielen, so der National-
spieler. „Wir sind Borussia Dort-
mund, spielen zu Hause und ha-
ben hier schon gegen ganz ande-
re Mannschaften gewonnen. Das
sollte man auch sehen.“
Eine starke Leistung gegen In-
ter wäre nicht nur im Hinblick
auf die Qualifikation für das Ach-
telfinale wichtig. Sie dürfte auch
die Voraussetzung sein, um dann
mit breiter Brust nach München
zu fahren. Natürlich hätte die 1:5-
Niederlage der Bayern in Frank-
furt „ein wenig überrascht“, sagte
Sebastian Kehl, der Leiter der Li-
zenzspielerabteilung. Ansonsten
wollte niemand beim BVB etwas
zum Ligahit am Samstag sagen.
Auch nicht zu der bemerkenswer-
ten Tatsachen, dass erstmals seit
2010 weder der eine noch der an-
dere deutsche Vorzeigeklub als
Tabellenführer in das Duell gehen
wird. Die Trennung der Bayern
von Kovac und die Umstände, die
möglicherweise dazu beigetragen
haben, beschäftigen Favre aber.
Er vermisst im Umgang mit den
Trainern Respekt. „Das ist heut-
zutage überall so, egal wo du ar-
beitest. Man muss damit leben
und positive Gedanken haben“,
sagte er om

L


ucien Favre verbindet mit
Niko Kovac mehr als ein
kollegiales Verhältnis. Der
62-jährige Trainer von Borussia
Dortmund hat es dem freigestell-
ten Coach des FC Bayern nicht
vergessen, dass der sich erst vor
knapp zwei Wochen öffentlich
für ihn starkgemacht hatte. Er
könne es überhaupt nicht nach-
vollziehen, dass Favre derart in
der Kritik stehen würde, hatte
Kovac gesagt – und damit klar zu
verstehen gegeben, dass er den
Umgang mit Trainern grundsätz-
lich für respektlos hält.
Das war Wasser auf die Müh-
len von Favre, der vor zwei Wo-
chen massiv unter Druck gestan-
den hatte. Seine Mannschaft hat-
te in der Champions League 0:2
gegen Inter Mailand verloren.
Favre wurde für die defensive
Auf- und Einstellung seines
Teams, das einen fast schon le-
thargischen Eindruck gemacht
hatte, kritisiert. Und nicht zu-
letzt dafür, dass er hernach ge-
sagt hatte, die Leistung sei „ganz
okay“ gewesen.
Zwei Wochen später hat sich
Favre durch ein Unentschieden
(0:0 auf Schalke) und zwei Siege
(2:1 gegen Mönchengladbach im
DFB-Pokal und 3:0 gegen Wolfs-
burg in der Bundesliga) Luft ver-
schafft. Sollte der Aufwärtstrend
Dienstag im Rückspiel gegen In-
ter (21.00 Uhr/live DAZN) und
vor allem am Samstag, wenn es
zum Bundesliga-Schlager nach
München geht, anhalten, dann
hätte der Schweizer seine zuletzt
wacklige Position gefestigt.
Bei diesen Aussichten mutet
es ein wenig kurios an, dass sein
Fürsprecher bei den Bayern
mittlerweile Geschichte ist. „Ich
finde es sehr schade, schon als

Kollege. Niko hat selbst seinen
Rücktritt angeboten. Und er hat
seine Gründe“, erklärte Favre
und wirkte für einen Moment so,
als wollte er noch mehr zum
Trainerwechsel in München sa-
gen. So war es wohl auch, aber
nach kurzem Nachdenken ent-
schloss er sich, lieber zu schwei-
gen. „Mehr kann ich nicht sa-
gen“, so Favre und nickte mit
dem Kopf.
Wenn er sein vermutetes Un-
verständnis über die Trennung
von Kovac ausgesprochen hätte,
wäre Unruhe entstanden. Dies
wollte Favre vermeiden, schließ-
lich ist auch seine Mannschaft
immer noch eine Baustelle: Zwar
gab es bei den letzten beiden Sie-
gen eine Leistungssteigerung,
doch der Aufschwung ist ein
noch zu zartes Pflänzchen. Am
Samstag gegen Wolfsburg gab es
erst in der zweiten Halbzeit wie-
der den druckvollen Dortmunder
Angriffsfußball. Und in der
Champions League tut sich die
Borussia schon länger mit dem
Toreschießen schwer. Nur in
zwei der vergangenen acht Spiele
gelangen Treffer. Selbst in den
drei vorigen Heimspielen gegen
Tottenham, Brügge und Barcelo-
na ging das Team leer aus. „Wir
müssen uns die Leichtigkeit wie-
der erarbeiten, das ist nicht
selbstverständlich. Ich glaube
aber, dass die Qualität nach wie
vor in uns steckt und dass es bald
mehr als nur eine gute zweite
Halbzeit geben wird“, sagte Juli-
an Brandt, der sich mit etwas An-
lauf in Dortmunds Team etab-
liert hat und auch gegen Mailand
eine wichtige Rolle spielen dürfte


  • zumal hinter dem Einsatz von
    Kapitän Marco Reus ein Frage-
    zeichen steht.


„Niko hat seine Gründe“


BVB-Trainer Favre fühlt vor dem Mailand-Spiel mit geschassten Kollegen


D


ie Bilder liefen im nie-
derländischen Fernse-
hen. Max Verstappen war
beim Großen Preis der USA in
Austinauf Platz drei gefahren.
Nun aber erhob der Formel-1-Pi-
lot von Red Bull Anklage. „Das
bekommst du, wenn du aufhören
musst zu schummeln“, sagte der
22-Jährige mit Blick auf das Er-
gebnis von Ferrari.
Der italienische Rennstall hat-
te am Sonntag ein schwaches Er-
gebnis eingefahren. Charles Lec-
lerc wurde beim sechsten WM-
Sieg von Lewis Hamilton Fünf-
ter, Sebastian Vettel schied vor-
zeitig aus. Vor allem aber kamen
die roten Renner auf den Gera-
den nicht auf ihre Höchstge-
schwindigkeit. Für Verstappen
der bislang fehlende Beweis für

einen Verdacht, den man bei Red
Bull schon länger gehabt hatte.
Demnach sei der Leistungsvor-
sprung auf das Einspritzen von
Extra-Benzin zurückzuführen.
Laut „Auto, Motor und Sport“
war es auch der österreichische
Rennstall, der die Anfrage an die
Fia stellte.
Red Bull setzte die Regelhüter
unter Druck, da der Benzinfluss
bislang nur in Intervallen gemes-
sen wurde. Entscheidend war
bislang einzig, dass die Addition
der Messwerte die Benzinmenge
von 100 Kilogramm pro Stunde
nicht überschritt. Ferrari jedoch,
so die Vermutung, habe zwischen
den Messpunkten gezielt Kraft-
stoff eingespritzt, um in den Be-
schleunigungsphasen eine höhe-
re Leistung zu erzielen. Beweise
dafür gab es nicht. Doch die Fia

löschte ihre Grauzone vor dem
Rennen und erließ eine Techni-
sche Direktive.
Womöglich verzichtete Ferrari
nun erstmals auf die Anwendung
des Tricks. „Warum denkt ihr,
dass Ferrari am Start nicht mit
uns kämpfen konnte?“, fragte
Verstappen: „Ihr könnt es euch
selber ausmalen.“ Nicht nur bei
Red Bull sehen sie sich bestätigt.
„Wir haben uns die Daten ange-
sehen. Ihre Höchstgeschwindig-
keit sieht ganz anders aus als bei
den letzten Rennen“, findet Mer-
cedes-Teamchef Toto Wolff. Fer-
rari setzte bereits den Konter.
„Ich weiß nicht, was diese Kom-
mentare sollen. Die Leute müs-
sen vorsichtig sein, was sie sagen.
So etwas ist nicht gut für den
Sport“, giftete Teamchef Mattia
Binotto. lwö

Betrugsverdacht gegen Vettel und Leclerc


Verstappen klagt an - Ärger für Ferrari bei Lewis Hamiltons WM-Party

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