Süddeutsche Zeitung - 08.11.2019

(lily) #1
von evelyn vogel

W


as für eine Pracht! Die edle, mit
herrlichen Mustern durchzogene
Kleidung, der extravagante
Schmuck, die kunstvoll arrangierten Frisu-
ren, die – aber halt! Da lugt doch Kunstra-
sen unter den Gewändern hervor, rahmen
Plastikpflanzen die Szenerie ein? Die gan-
ze auf Äußerlichkeiten aufgebaute Künst-
lichkeit der elisabethanischen Gesell-
schaft hat die Fotografin Mickalene Tho-
mas in diesem opulent arrangierten und
zugleich ironisch gebrochenen Foto in Sze-
ne gesetzt. Ein Bild, das wie kein zweites in
der Ausstellung den visuellen Link zwi-
schen dem Roman „Orlando“ von Virginia
Woolf aus dem Jahr 1928, dem gleichnami-
gen Film von Sally Potter von 1992 und der
ebenso betitelten, von Tilda Swinton kura-
tierten Ausstellung im Münchner Literatur-
haus abgibt.
Aber die Ausstellung ist weit mehr als ei-
ne zeitgenössische fotografische Übertra-
gung der Roman- oder der Filmvorlage.
Sie stellt auf lustvolle und zugleich intelli-
gente Art und Weise Geschlechteridentitä-
ten in Frage, inszeniert queere Lebensent-
würfe, folgt realen Transgender-Biogra-
fien. Da sind die Fotos der transsexuellen
Multimedia-Künstlerin Zackary Drucker,
die ihre Muse und Mentorin Rosalyne Blu-
menstein – selbst eine Vorreiterin der
Transgenderbewegung – unter anderem
als Botticellis Venus inszeniert. Die Aufnah-
men des südafrikanischen Künstlers Ja-
mal Nxedlana wirken wie die von Models
in Hochglanzästhetik. Dabei sind die bei-
den Porträtierten aber so mit männlichen
und weiblichen Attributen in Szene ge-
setzt, dass Geschlecht, Hautfarbe und Klas-
senzugehörigkeit uneindeutig wirken.
Es sind in der Ausstellung auch eine gan-
ze Reihe fotografisch hoch konzeptueller
Werke zu entdecken. Die performative „Ro-
berta“-Serie von Lynn Hershman Leeson
beispielsweise. Leeson lebte fast zehn Jah-
re lang in ihrem Alter Ego Roberta mit eige-
ner Kreditkarte und eigener psychiatri-
scher Betreuung – nicht für Leeson, son-
dern für Roberta! Daneben hängen Viviane
Sassens übermalte marmorne Versailles-
Schönheiten und Carmen Winants viel-
schichtig überlagerte Porträts aus „Orlan-
do“-Biografien.

Mehrfach berührt fühlt man sich von
Collier Schorrs Bildserie, für die die ameri-
kanische Fotografin das junge Model Casil
McArthur auf ihrem Weg der Umwandlung
von einem knabenhaften Mädchen in ei-
nen mädchenhaften Knaben begleitete.
McArthur gilt längst als eines der berühm-
testen Transgender-Models. Spätestens
bei dem Foto, das ihren (oder seinen?) Ober-
körper mit den Pflastern nach der Brust-
OP zeigt, kann man sich den Aufnahmen
nicht mehr entziehen. Die ganze Uneindeu-
tigkeit der Geschlechter, die Virginia Woolf
faszinierte und die sie während ihrer Lie-
besbeziehung zu der um zehn Jahre jünge-
ren Vita Sackville-West in dem Roman „Or-
lando“ beschrieb, sie findet hier in der von
Tilda Swinton intelligent konzipierten
Schau ihren zeitgenössischen Ausdruck.
Für Swinton, die schottische Schauspie-
lerin mit dem markanten rot-blonden
Kurzhaarschopf und dem elfenbeinfarbi-
gen Teint, brachte die Hauptrolle in Pot-
ters „Orlando“-Verfilmung den internatio-
nalen Durchbruch. Mit ihrer androgynen
Ausstrahlung war sie die perfekte Beset-
zung für die Figur des jungen Adligen, der
nicht nur vier Jahrhunderte durchlebt oh-
ne zu altern – und währenddessen die hal-
be Welt bereist –, sondern der in dieser Zeit
auch „über Nacht“ vom Mann zur Frau
wird: „Er stand vor uns in völliger Nackt-
heit. Und indessen die Trompeten ihr
,Wahrheit! Wahrheit! Wahrheit!‘ schmet-
tern, bleibt uns keine andere Wahl, als zu
bekennen, dass er – ein Weib war.“
Um die Finanzierung für ihren Film zu-

sammen zu bekommen, musste Sally Pot-
ter einen Kniff anwenden. Sie fotografiert
Swinton im Orlando-Kostüm an histori-
schen Orten, machte daraus ein opulentes
Storyboard und verschickte die Bücher an
potenzielle Geldgeber. Das Geld kam über
diese Frühform von Crowdfunding tatsäch-
lich zusammen. Von den 100(!) Büchern,
die so entstanden waren, erhielt sie nur ein
einziges zurück. Es ist ebenso in der Aus-
stellung zu sehen wie einige der Aufnah-
men. Seither ließ der Orlando-Stoff Tilda
Swinton nicht mehr los. Auch deshalb bat
sie die elf Fotokünstler, sich mit dem The-
ma auseinanderzusetzen. Einige arbeite-
ten aktuell dafür, andere stellten Reihen zu-
sammen, die im Laufe von Jahrzehnten ent-
standen waren, wie beispielsweise der
Schweizer Fotograf Walter Pfeiffer, von
dem auch Schwarz-Weiß-Arbeiten aus den
Siebzigerjahren zu sehen sind.
Nah an der literarischen Auseinander-
setzung bleibt Paul Mpagi Sepuya. Er
greift in seinen Fotos eine Szene vom An-
fang des Romans auf. Dort spielt Orlando
mit einem Schrumpfkopf, der während
der Kolonialzeit in Afrika erbeutet wurde,
und der auf dem Dachboden hängt. Eine
Szene, die einem beim Lesen einen Schau-
der über den Rücken jagt. In Sepuyas Auf-
nahmen, die vom warmen Licht in Florida
durchstrahlt werden, wo die Bilder entstan-
den sind, ist die Kritik an den Kolonialver-
brechen poetisch-zurückhaltend.
Das ändert sich schlagartig, sobald man
den Audioguide zur Hand nimmt. In Mün-
chen hat man für die Ausstellung, die eine
Übernahme von der Aperture-Galerie aus
New York ist, zusätzlich Romanteile ein-
sprechen lassen. Wiebke Puls hat das sen-
sationell schön gemacht. Mit ihren Worten
im Ohr gewinnen die Fotos noch so viel
mehr an Eindringlichkeit, dass man kaum
glauben kann, dass Swinton selbst nicht

auf die Idee gekommen ist. Das Literatur-
haus bietet zudem eine zweite, englische
Tonspur an, die aus einem Hörbuch
stammt. Und man sollte nicht verpassen,
hin und wieder dorthin zu schalten, um
den Text im Originalsound zu hören.
Überhaupt wirkt der Audioguide in die-

ser Ausstellung unerlässlich. Denn die teils
phantastischen, großformatigen Fotogra-
fien sind unfassbar unsinnlich präsentiert:
Fotos auf überwiegend weißen Stellwän-
den. Eine Timeline, die das Leben von Virgi-
nia Woolf und ihrer Seelenverwandten und
zeitweiligen Geliebten Vita Sackville-West

in Daten und historischen Fotografien er-
läutert, ergänzt durch literarische und bio-
grafische Originalstücke in einer Vitrine.
An der Stelle liefert die Stimme von Wieb-
ke Puls übrigens Auszüge aus Tagebü-
chern und Briefen der beiden. Potters filmi-
sches Meisterwerk läuft auf einem mittel-
formatigen Screen; als einzige Eyecatcher
dienen zwei raumhohe Leuchtkästen mit
Tilda Swinton als Orlando.
Gewiss, das Literaturhaus hatte es noch
nie leicht, Ausstellungen, die über das Me-
dium der Literatur hinausgehen, in seinen
Räumen optisch gut, gar sinnlich aufzube-
reiten. Es hat aber durchaus schon den Be-
weis angetreten, dass es geht. Man hat tol-
le Raum-in-Raum-Installationen erlebt,
durch die zu wandeln eine Lust war. Man
traf auf Ausstellungsabfolgen, die einen
als Besucher führten, forderten, zum Ent-
decker werden ließen. Doch diese Präsenta-
tion ist in ihrer Anmutung auf den ersten
Eindruck enttäuschend. Allerdings: eben
nur auf den ersten.
Mit Hilfe des Audioguides füllt sich die
gesamte Ausstellung mit historischem Le-
ben, wird mit Woolf‘schem Sprachwitz auf-
geladen. Biografische Randnotizen rücken
nah an den Betrachter heran, die zeitgenös-
sischen Aufnahmen über der Timeline wer-
den mit Details gewürzt. Wie schrieb Vita
Sackville-West doch gleich: „Mein Gott Vir-
ginia, wenn ich jemals vor Begeisterung
und Schreck gezittert habe, dann bei der
Aussicht, in die Form von Orlando gegos-
sen zu werden. Was für ein Spaß für dich,
was für ein Spaß für mich.“

Orlando, Fotoausstellung inspiriert von Virginia
Woolf, kuratiert von Tilda Swinton,Literaturhaus,
Salvatorplatz 1, bis 12. Jan., Mo-Fr 10-19 Uhr,
Sa/So/Feiertage 10-18 Uhr, umfangreiches Begleit-
programm unter http://www.literaturhaus-muenchen.de

München–Zuletzt waren die Initiatoren
wild entschlossen, auch ohne städtische
Genehmigung loszulegen. „Dann soll die
Stadt halt entscheiden, dass die Statue wie-
der weg muss“, sagte vor vier Wochen ein
aufgebrachter Karl Eisenrieder Senior, In-
haber des Traditionscafés Münchner Frei-
heit. So weit musste es nicht kommen,
denn nun hat der Kulturausschuss am
Donnerstag per einstimmigem Beschluss
erklärt, der Errichtung einer Bronzeplas-
tik zu Ehren des Autors und Regisseurs
Helmut Dietl auf der Freischankfläche vor
dem Café Münchner Freiheit zuzustim-
men. Damit ist der Weg frei, dem 2015 ver-
storbenen Dietl ein Denkmal zu setzen.


„Zeit wird’s“, sagt Christian Vorländer,
stellvertretender Fraktionsvorsitzender
der SPD nach dem Beschluss. Dietl das
Denkmal zu errichten sei „super, klasse“,
er selbst sei „froh, dass das jetzt auf den
Weg gebracht ist“. Auch Beatrix Burk-
hardt (CSU) freut sich, dass dem Wunsch
des Bezirksausschusses und der Münch-
ner Bevölkerung nachgekommen werde,


„Dietl hat es verdient“. Für den 80-jähri-
gen Café-Betreiber Eisenrieder ist das The-
ma Dietl-Denkmal ein Herzensprojekt,
hatte er ihn doch in den Achtziger- und
Neunzigerjahren regelmäßig zu Gast in

seinem Café, wo der Schöpfer von Serien
wie „Münchner Geschichten“ und Kinofil-
men („Schtonk!“) sich mit Kollegen traf,
mit Towje Kleiner und Helmut Fischer et-
wa, allesamt eingehüllt in Zigaretten-

qualm. Laut und lustig soll es zugegangen
sein.
Seine wohl berühmteste Figur war der
Monaco Franze, den Helmut Fischer so ge-
nial verkörperte – und der als Denkmal
seit 1997 auf einem Stuhl vor dem Café
Münchner Freiheit sitzt. Dort soll nun
auch eine Bronze von Helmut Dietl Platz
nehmen, die beiden Freunde zu Lebzeiten
im Tode vereint. Doch zunächst stockte
das Projekt. Oder, um es mit den Worten
von Dietls Witwe Tamara auszudrücken:
Ihr verstorbener Mann hätte sicher aus all
dem eine kuriose Geschichte gemacht.
Der Plot lief so ab: Im Frühjahr 2018 sto-
ßen die Cafébetreiber und der Bezirksaus-
schuss-Vorsitzende Werner Lederer-Pilo-
ty (SPD) die Gedenkinitiative an. Der Kul-
turausschuss des Stadtrates entscheidet
zwar, die Sache nicht als städtisches Pro-
jekt durchzuziehen. Eine Würdigung
Dietls sei bereits mit einer Straßenbenen-
nung im Werksviertel erfolgt. Dennoch be-
grüßt der Stadtrat „das erinnerungspoliti-
sche Engagement“, legt dem formal priva-
ten Projekt also keine Steine in den Weg.
Dem Vernehmen nach will man vor allem
keinen Präzedenzfall für Persönlichkeits-
denkmal-Gesuche schaffen, die dann
gleichrangig zu behandeln wären.
Das städtische Direktorium richtet dar-

aufhin ein Spendenkonto ein, auf dem
70000 Euro eingehen. Das Direktorium
stoppt aber im Februar 2019 das Projekt,
zahlt die Spenden wieder zurück. Es heißt,
Künstler Nikolai Tregor, der schon die Mo-
naco-Statue schuf, habe Schulden, wo-
möglich flössen die Gelder an Gläubiger.
Außerdem verweist die Behörde bemer-
kenswerterweise auf den erwähnten Stadt-
ratsbeschluss mit den Worten „es ist eine
Frage der Sichtweise des Gedenkens im öf-
fentlichen Raum“.

Offenbar ist plötzlich aufgefallen, dass
die Dietl-Plastik auf öffentlichem Grund
stehen wird, auf der Freischankfläche des
Cafés, ebenso wie die Monaco-Plastik.
Dass diese dort platziert wird, hatte der da-
malige Oberbürgermeister Christian Ude
(SPD) einfach verfügt. Doch für Kunstwer-
ke im öffentlichen Raum wird gewöhnlich
ein Wettbewerb abgehalten, der Auftrag
ausgeschrieben. Damals beschwerte sich
niemand – nun sieht sich das Direktorium
offenbar in der Bredouille. Zwischenzeit-
lich schimpften die Schwabinger am Tre-

sen bei Karl Eisenrieder im Café über die
„Sauerei von der Stadt, dass die die Statue
nicht wollen“, wie er berichtete – worauf-
hin so einige Stadträte ihre Zuneigung zu
dem Denkmal-Projekt in Form von Anträ-
gen übermittelten, eine Realisierung „auf
öffentlichem Grund“ zu ermöglichen. So
kann die Stadtverwaltung den Ball wieder
an die Politik zurückspielen.
Im Kulturausschuss wollte am Donners-
tag dann niemand mehr auch nur über die
Sache diskutieren, einstimmig wurde das
Denkmal für Dietl beschlossen. „Ich kann
mir niemanden vorstellen, der prädesti-
nierter ist für ein Denkmal, als Helmut
Dietl“, sagt Vorländer zufrieden. „Nie-
mand verkörpert das Münchner Lebensge-
fühl mehr als er.“ Die Initiatoren wollen
jetzt keine Zeit mehr verlieren. Schon an
diesem Freitag soll Künstler Tregor den
Vertrag zur Unterschrift erhalten. Wenn
nichts dazwischen kommt, soll die Statue
bereits im Frühjahr 2020 fertig sein. Wit-
we Tamara Dietl hat schon vor einiger Zeit
nur einen Wunsch für die Gestaltung geäu-
ßert: Die Statue soll eine Zigarette in die
Hand bekommen. „Wenn er da oben auf
seiner Wolke sitzt und sieht, dass man ihm
zum Nichtraucher macht, dann würde er
sagen: Ihr habt’s doch einen Knall.“
christiane lutz, stefan mühleisen

Bamberg–Nach monatelanger Unsicher-
heit ist die Zukunft des größten deutschen
Produktionsstandorts von Bosch in Bam-
berg geklärt. Die Beschäftigten des Autozu-
lieferers reduzieren für die kommenden
sechs Jahre ihre Arbeitszeit und müssen
auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Im
Gegenzug schließt Bosch betriebsbedingte
Kündigungen bis 2026 aus und investiert
in eine Neuausrichtung des Werks, das
komplett am Verbrennungsmotor hängt.
Werkleitung und Betriebsrat haben eine
entsprechende Vereinbarung zur Standort-
sicherung ausgehandelt, wie sie mitteil-
ten. Zuvor waren die Mitarbeiter in einer
Betriebsversammlung darüber informiert
worden. „Mit dem Ergebnis sind wir sehr
zufrieden“, sagte Betriebsratschef Mario
Gutmann. „Ich bin erleichtert, dass wir da-
mit eine Neuausrichtung und Sicherheit
bekommen. Vor allem die Sicherheit ist
heute unbezahlbar“, betonte er. dpa


Zukunft des Bamberger


Bosch-Werks gesichert


Monaco Franze, den Helmut


Fischer verkörperte, sitzt seit


1997 als Denkmal vor dem Café


Die Beziehung zwischen Elisabeth I. und Orlando
inspirierte Mickalene Thomas 2019 zu ihrer
„Orlando“-Serie (oben). Um Geld für ihren Film einzuwerben,
fotografierte Sally Potter Tilda Swinton im
Frühjahr 1988 im Orlando-Kostüm im Anwesen von
Virginia Woolfs zeitweiliger Geliebter Vita Sackville-West.
FOTOS: YANCEY RICHARDSON GALLERY, NEW YORK/COURTESY THE ARTISTS

Die Schau im Literaturhaus
ist eine Übernahme von der
Aperture-Galerie aus New York

von johann osel

D


as Landeskriminalamt ist ja nicht
für seine lockere Ansprache be-
rühmt, beim Thema Graffiti aber
versucht man es mal flapsig: Die bunten
Bilder fänden sogar „die Erwachsenen“
gut, heißt es in einem Online-Aufruf der
Behörde – „wenn es als Sockenmuster
auftaucht, auf einem Plakat oder in der
Krankenkassenwerbung. Ein bisschen
Graffiti auf den Espresso-Tassen ist auch
okay“. Was aber nerve, „auch die meisten
echten Sprayer“, seien Schmierereien auf
U-Bahn-Sitzen oder in Treppenhäusern.
Je mehr die Städte vollgekritzelt würden
und je teurer es werde, Wände und Bah-
nen zu reinigen, desto mehr schade das al-
les der Stimmung gegenüber der wirk-
lich künstlerischen Graffiti-Szene. „Tja,
und auch wenn ihr es euch nicht vorstel-
len könnt: Brücken, Häuser und auch Zü-
ge gehören irgend jemandem.“ Ob der Ap-
pell fruchtet? Bahnbetreiber wie Kommu-
nen klagen jedenfalls häufig über das Pro-
blem von Schmierereien und Zerstö-
rungswut im öffentlichen Raum. Jedes
Jahr entsteht durch Vandalismus in Bay-
ern ein wirtschaftlicher Gesamtschaden
von mehr als 50 Millionen Euro.
In Ingolstadt will man den Halunken
jetzt zu Leibe rücken – mit einem Obolus
für Informanten. „Gerade in letzter Zeit
häufen sich die Schmierereien wieder im
gesamten Stadtgebiet. Nicht einmal Kir-
chen oder liebevoll sanierte, historische
Gebäude bleiben verschont“, schreibt die
CSU in ihrem Antrag dazu. Die Stadtver-
waltung solle daher eine Belohnung für
Hinweise aussetzen, die zur Ergreifung
und Verurteilung von Tätern führen. Fall-
bezogen sollen das stolze 1000 Euro sein;
dies verstärke die Bürgerpflicht des Hin-
sehens. Anfangs hatte man gar 2000 Eu-
ro im Sinn. Bundesweit ein paar Dutzend
Gemeinden machen das schon so, meist
lässt man aber nur ein paar Hundert Euro
springen. Nun, in Ingolstadt ist man halt
generell gerne ein bisschen opulent.
Im Stadtrat aber gab es Kritik, auch
wenn die Idee am Ende durchging. Weni-
ger als Belohnung, vielmehr als „Kopf-
geld“ empfanden manche den Vorschlag,
wieIngolstadt-Blogberichtet. Von „Wild-
westmethode“ und „Förderung des De-
nunziantentums“ war die Rede. Die Kos-
ten für die Reinigung seien enorm, beton-
te dagegen OB Christian Lösel (CSU). „Hät-
ten wir den Vandalismus in unserer Stadt
nicht, dann hätten wir goldene Dächer.“


XY ungelöst


Die Uneindeutigkeit der Geschlechter hat schon die Schriftstellerin Virginia Woolf fasziniert. Die von der Schauspielerin
Tilda Swinton kuratierte Ausstellung „Orlando“ verleiht dem Thema einen zeitgenössischen Ausdruck

Ein Denkmal für Helmut Dietl


Nun ist beschlossen, dass eine Bronzeplastik des Regisseurs an der Münchner Freiheit errichtet werden soll – wenn es nach der Witwe geht, wird die Statue eine Zigarette in der Hand halten


Diese Skizze hat Künstler Nikolai Tregor von der geplanten Plastik gefertigt. Nun
kann er bald in die Umsetzung gehen. FOTO: CATHERINA HESS

Schon an diesem Freitag soll der
Künstler den Vertrag
zur Unterschrift erhalten

(^34) MÜNCHEN · BAYERN Freitag, 8. November 2019, Nr. 258 DEFGH
MITTEN IN INGOLSTADT
Mit Kopfgeld
gegen Vandalen

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