Die Welt Kompakt - 06.11.2019

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12 WIRTSCHAFT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,6.NOVEMBER


G


laubt man dem
scheidenden obers-
ten Autolobbyisten,
war der Gipfel im
Kanzleramt ein Erfolg. „Die Au-
toindustrie hat sich enorm be-
wegt – auch bei Punkten, die
nicht ihr eigenes Geschäftsmo-
dell sind“, sagt Bernhard Mat-
tes, der Präsident des Verban-
des der Automobilindustrie
(VDA) am Morgen nach dem
Treffen bei Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU).


VON PHILIPP VETTER

„Zweite Sitzung der Konzer-
tierten Aktion Mobilität“ heißt
die Veranstaltung, an der neben
Mattes und Merkel auch meh-
rere Bundesminister und die
Chefs der drei deutschen Auto-
bauer sowie weitere Manager
und Gewerkschafter teilgenom-
men hatten. Nach großem Wurf
klingt schon der Titel des soge-
nannten Autogipfels nicht und
doch waren die Erwartungen
im Vorfeld wieder groß gewe-
sen. Es dürfe diesmal nicht wie-
der bei irgendwelchen Prüfauf-
trägen bleiben, sondern müsse
konkret werden, hatte Nieder-
sachsens Ministerpräsident
Stephan Weil (SPD) gefordert.
Weil ist Ministerpräsident ei-
nes der drei sogenannten Auto-
länder und durfte daher genau
wie Bayerns Regierungschef
Markus Söder (CSU) und der
baden-württembergische Mi-
nisterpräsident Winfried
Kretschmann (Grüne) ebenfalls
am Gipfel teilnehmen. Sein Fa-
zit fiel allerdings durchwachse-
ner aus als das von Mattes. Dass
es 50.000 neue Ladestellen für
Elektroautos bis 2022 geben
soll, sei ein „Schritt vorwärts“,
so Weil. „Ich hätte mir persön-
lich allerdings ein deutlich am-
bitionierteres Vorgehen ge-
wünscht.“
Tatsächlich ist das noch eine
freundliche Umschreibung für


die mageren Ergebnisse des Au-
togipfels. Wieder einmal wur-
den vor allem Ziele formuliert,
ohne dabei jedoch festzulegen,
wie sie auch erreicht werden
sollen. Das schon einmal im Kli-
mapaket der Bundesregierung
ausgegebene Ziel von einer Mil-
lion Ladepunkten bis zum Jahr
2030 wurde für den Gipfel noch
einmal zweitverwertet. Auch
die Erhöhung der Kaufprämie
für Elektroautos stand bereits
im Klimapaket.

Immerhin: Die künftige Hö-
he der Subventionen wurde
festgezurrt. Nun ist klar, dass
für Elektroautos künftig 6000
Euro Prämie gezahlt werden,
wenn sie weniger als 40.
Euro kosten – ein Plus von 50
Prozent, bislang bekommen
Käufer nur 4000 Euro. Für E-
Fahrzeuge mit einem Preis über
40.000 steigt die Prämie von
4000 auf 5000 Euro. Die Gren-
ze, ab der man gar keine Förde-
rung mehr beantragen kann,

verschiebt sich von 60.000 Eu-
ro auf 65.000 Euro. Gezahlt
wird der Bonus jezur Hälfte
vom Bund und den Autobauern.
Beim VDA geht man davon
aus, dass bis zu 700.000 Elek-
trofahrzeuge mit dem dann hö-
heren Bonus verkauft und ge-
fördert werden. Je nach Preis
der Autos entspricht das Prämi-
en von insgesamt mehr als vier
Milliarden Euro, der Staat wür-
de bis zu zwei Milliarden Euro
zahlen. Nicht die einzige Förde-
rung, die die Autoindustrie vom
deutschen Staat erhält.
Teilweise widersprechen sich
die Subventionen sogar, die ja
eigentlich Anreiz für eine Ent-
wicklung in eine bestimmte
Richtung sein sollten. So zahlt
der Bund sowohl für die Förde-
rung der Elektromobilität, als
auch für die Steuererleichte-
rung für Dieselkraftstoff Milli-
arden. Ein Ende der Dieselsub-
ventionen sei jedoch beim Gip-
fel „in keinster Weise“ bespro-
chen worden, sagt Mattes.
Stattdessen fordert der Ver-
band zusätzliche Subventionen.
Zwar will der Bund schon gut
drei Milliarden Euro für die
Förderung von öffentlichen La-
destationen ausgeben, doch
auch der Einbau von privaten
Lademöglichkeiten müsse bes-
ser gefördert werden, so Mat-
tes. Dafür seien bislang nur 50
Millionen Euro vorgesehen.
Allerdings ist trotz der Milli-
arden für öffentliche Ladesäu-
len noch immer völlig unklar,
wer Hunderttausende Ladesta-
tionen aufbauen und betreiben
soll. Die Autobauer haben ledig-
lich zugesagt, dass BMW, Daim-
ler und VW insgesamt 15.
Ladestellen bis 2022 installie-
ren wollen – allerdings vor al-
lem auf den Geländen ihrer ei-
genen Fabriken und Händler.
Zwar soll ein Teil davon auch
für die Allgemeinheit zugäng-
lich sein, der Großteil der Lade-
stellen dürfte aber den eigenen

Mitarbeitern vorbehalten blei-
ben. Bis 2030 soll die Zahl die-
ser Ladepunkte auf 100.
ausgebaut werden.
Doch es bleibt die Frage, wie
genau die übrigen fast 900.
Ladestellen errichtet werden
sollen. Hier gibt eskeine Ant-
worten, denn diejenigen, die
dafür zuständig sein sollen, sa-
ßen gar nicht mit am Tisch:
Tankstellenbetreiber, Energie-
versorger und Einzelhändler.
Denn die Autobauer würden
gern einfach ihre Elektroautos
verkaufen und halten sich für
nicht zuständig für die Infra-
struktur. Schließlich haben die
Hersteller ja auch keine Tank-
stellen betrieben, so das Credo.
Doch solche Gesetzmäßigkei-
ten gelten in der Welt der Elek-
tromobilität nichts mehr.
Vom Gipfel bleiben so vor al-
lem neue Subventionen für die
Industrie, Versprechen, von de-
nen niemand weiß, wie sie er-
füllt werden sollen und der eine
oder andere Prüfauftrag. Noch
immer gibt es keinen Beschluss,
wie man mit sogenannten jun-
gen Elektro-Gebrauchtwagen
umgehen soll. Die Bundesregie-
rung will nun prüfen, ob man
für solche Fahrzeuge eine Prä-
mie zahlen sollte, wenn das
gleiche Auto zuvor keinen Bo-
nus bei der Neuzulassung be-
kommen hatte.
Auch eine Überarbeitung
und Ausweitung des Kurzarbei-
tergeldes für Beschäftigte in
Betrieben, die durch den tech-
nologischen Wandel in Proble-
me geraten, will die Bundesre-
gierung prüfen. Weitere Sub-
ventionen sind angesichts die-
ser Ideen sehr wahrscheinlich.
Wann man denn eigentlich kei-
ne staatliche Hilfe mehr brau-
chen werde, um die Elektromo-
bilität den Kunden schmackhaft
zu machen, wurde Mattesnach
dem Gipfelgefragt. Da traue er
sich keine Prognose zu, sagte
der scheidende VDA-Chef.

Überfördert


Statt konkreter Pläne für den Aufbau


eines Ladenetzes kamen beim


Autogipfel nur neue Subventionen


für die Konzerne heraus


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