Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.11.2019

(Greg DeLong) #1
Uralt – und auf der Höhe der Zeit
Eine 100 Jahre alte Siedlung in Essen
zeigt, wie bezahlbares Wohnen geht.

D


as Restaurant „Peter Luger“ ist
das berühmteste Steakhaus in
New York und eine Institution in
der Stadt. Es besteht seit dem Jahr 1887
und hat deutsche Wurzeln. Namensge-
ber Peter Luger war ein Einwanderer aus
Bayern. Gelegen ist das Lokal in Willi-
amsburg, dem heutigen Szeneviertel im
Stadtteil Brooklyn, das früher stark von
Deutschen geprägt war. Luger starb
1941, und einige Jahre später wurde das
Restaurant von Sol Forman übernom-
men, einem New Yorker Unternehmer,
der vorher schon ein Stammkunde war
und angeblich mindestens zwei Steaks
am Tag aß. Dessen Nachfahren gehört
das Steakhaus bis heute. An die deut-
schen Wurzeln erinnert noch immer eini-
ges. Zum Beispiel „German Fried Potato-
es“, also deutsche Bratkartoffeln, die als
Beilage zu den Steaks serviert werden.
Oder die auf der Speisekarte als „Schlag“
bezeichnete Dessertsahne.
Ein Besuch in dem rustikalen Lokal
mit holzvertäfelten Wänden und schäbig
anmutendem Mobiliar fühlt sich wie eine
Zeitreise in die Vergangenheit an. Und
„Peter Luger“ leistet sich diverse Schrul-
ligkeiten. Die Kellner sind nicht für ihre
Freundlichkeit bekannt, sondern neigen
bisweilen dazu, etwas schroff zu den Gäs-
ten sein. Manche sagen, das trage zum
Charme des Lokals bei. Das Restaurant
akzeptiert bis heute keine Kreditkarten,

erst seit kurzem erlaubt es eine Reservie-
rung von Tischen über das Internet.
Einen Platz zu bekommen ist aber
nicht leicht, „Peter Luger“ ist üblicher-
weise auf Wochen hinaus ausgebucht.
Das Publikum besteht aus Einheimi-
schen und Touristen gleichermaßen, und
die Gäste stören sich offenbar nicht an
den stattlichen Preisen. Das Vorzeigege-
richt „Porterhouse“ kostet in der Varian-

te für zwei Personen 114,90 Dollar plus
Steuern. Das ist auch für New Yorker Ver-
hältnisse üppig. Dafür legt die Inhaberfa-
milie bis heute Wert auf die Feststellung,
jedes Stück Fleisch werde von jemandem
aus ihren Reihen eingekauft. Das Fleisch
wird außerdem mehrere Wochen lang in
einem speziellen Raum im Keller des Lo-
kals trockengereift, bevor es auf dem Tel-
ler landet.
Gerade weil dem Steakhaus ein Ruf
wie Donnerhall vorauseilt, sorgte es für
einen Aufruhr in der New Yorker Gastro-
nomieszene, als die „New York Times“
ihm kürzlich ein vernichtendes Zeugnis
ausstellte. Pete Wells, der angesehene
Restaurantkritiker der Zeitung, gab „Pe-
ter Luger“ null von vier möglichen Ster-
nen und beschrieb in wehmütigen Wor-
ten, wie sich das Lokal nach seiner Mei-
nung verändert habe. In den neunziger
Jahren habe ein Steak ihm hier wie we-
nig andere Dinge das Gefühl gegeben, er
sei „am Leben“, trotz der hohen Preise.
Nun aber habe er nach dem Bezahlen
jedes Mal den Eindruck, er sei übers Ohr
gehauen worden. Das Porterhouse sei
einfach nur ein Steak wie viele andere
und bei weitem nicht das beste in New
York. Die Pommes seien mehlig und lang-
weilig, die deutschen Bratkartoffeln brei-
ig, grau und manchmal kalt. Die Kellner
seien nicht mehr auf charmante Weise
brüsk, sondern vermittelten den Ein-
druck, die Gäste hielten sie von ihrem

Schläfchen ab. Am Ende resümiert
Wells, „Peter Luger“ habe so viele Defizi-
te, dass man sich frage, warum über-
haupt noch jemand der Meinung sei, hin-
gehen zu müssen.
Die beißende Kritik an dem New Yor-
ker Traditionslokal wurde umgehend
zum Trendthema auf Twitter. Sie wurde
in Restaurantblogs debattiert und von
Lokalmedien aufgegriffen. Fernsehsta-
tionen schickten Reporter und Kamera-
teams zu „Peter Luger“, um mit Gästen
zu sprechen. Auf der Internetseite der
„New York Times“ hat die Kritik mittler-
weile mehr als 2000 Leserkommentare.
Die Resonanz auf den Verriss war ge-
mischt. Manche sagten, er sei überfällig
gewesen, und das Lokal sei völlig über-
schätzt. „Bravo, mein furchtloser Kriti-
ker“, meinte ein Leser und fügte hinzu,
„Peter Luger“ sei schon seit langem nicht
einmal mehr mittelmäßig. Er habe sich
nach seinen Besuchen jedes Mal gefragt,
warum das Lokal so beliebt sei. Ein ande-
rer verglich „Peter Luger“ mit dem Mär-
chen von „Des Kaisers neue Kleider“.
Aber es gab auch einige Stimmen, die
das Restaurant in Schutz nahmen. Ein
Leser schrieb, er gehe seit mehr als zwan-
zig Jahren dort essen und finde es „be-
merkenswert konsistent“. Das Steak sei
hier auf eine Art zubereitet wie nirgend-
wo sonst auf der Welt. Der New Yorker
Restaurantbesitzer Eddie Huang bekun-
dete in einem Blogeintrag, die Metropo-

le brauche mehr Lokale wie „Peter Lu-
ger“, denn genau so etwas sterbe hier
aus. Dinge mit „selbstbewusster Identi-
tät“ würden ersetzt von „kalkulierten
und kuratierten Erlebnissen“, die sich
wie Algorithmen anfühlten.
Kritiker Wells ist sich wohl bewusst,
dass seine Restaurantbesprechungen
eine explosive Wirkung entfalten kön-
nen. Er hat jetzt gesagt, nach der Veröf-
fentlichung negativer Kritiken versuche
er, sozialen Netzwerken fernzubleiben,
da viele Menschen „Fackeln und Mistga-
beln“ herausholten. Auf seinen Artikel
über „Peter Luger“ habe er aber zehn
Mal so viele positive wie negative Reak-
tionen bekommen.
Das Steakhaus nahm den Tadel mit
Fassung und teilte selbst ein paar Seiten-
hiebe aus. Es verwies darauf, im Laufe
der Jahre von der Zeitung auch schon
sehr positiv beurteilt worden zu sein.
Während „Kritiker und ihre Launen“
sich verändert hätten, habe sich „Peter
Luger“ immer darauf konzentriert, eine
Sache außergewöhnlich gut zu machen,
nämlich Steak von höchster Qualität zu
servieren. „Wir wissen, wer wir sind und
immer gewesen sind. Das beste Steak,
das man essen kann. Nicht der jüngste
Grünkohlsalat.“ Und das Lokal kann
sich damit trösten, dass es andere profes-
sionelle Testern besser beurteilen. Vom
Restaurantführer Michelin bekam es ge-
rade wieder einen Stern verliehen.

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Kopenhagen gegen Blackstone
Wie sich Dänemark gegen
Erhöhungen der Mieten wehren will.
Auf der Suche nach einem neuen Präsi-
denten hat der Verband der Automobil-
industrie (VDA) eine Absage kassiert.
Über mehrere Medien ließ der frühere
SPD-Vorsitzende und Außenminister
Sigmar Gabriel der Lobbyvereinigung
nun ausrichten, dass er sich „nach reifli-
cher Überlegung und aufgrund anderer
Aufgaben“ entschieden habe, nicht für
den Posten zur Verfügung zu stehen. Ge-
rade in einer Zeit großer Umbrüche sei
es eine spannende und herausfordernde
Aufgabe, die Autobranche zu begleiten,
sagte Gabriel weiter. „Ich empfinde es
deshalb als Ausdruck großen Vertrau-
ens, dass Vertreter dieses für Deutsch-
land so wichtigen Industriezweiges mir
die Aufgabe als Präsident des VDA zu-
trauen.“ Der Lobbyverband der deut-
schen Autohersteller und Zulieferer
wollte Gabriels abschlägige Antwort am
Mittwoch nicht kommentieren und sich
auch nicht zum weiteren Verlauf der Su-
che nach einem neuen Präsidenten äu-
ßern. Der derzeitige Amtsinhaber, der
frühere Ford-Manager Bernhard Mat-
tes, hatte im September angekündigt,
den Posten zum Jahresende abgeben zu
wollen.
Wer Mattes nachfolgt, könnte sich
schon am Donnerstag entscheiden.
Dann soll der Vorstand des VDA zu ei-
ner Sitzung zusammenkommen und das
Thema diskutieren. Dem Gremium gehö-
ren die Vorstandsvorsitzenden von
BMW, Daimler und Volkswagen an, zu-
dem sind die Chefs der großen Zulieferer
Bosch, Continental und ZF Friedrichs-
hafen vertreten. Zuletzt hatte unter ande-
rem die Frankfurter Allgemeine Sonn-
tagszeitung berichtet, dass neben Ga-
briel Hildegard Müller als VDA-Präsiden-
tin gehandelt wird. Die 52 Jahre alte frü-
here CDU-Politikerin und Staatsministe-
rin im Bundeskanzleramt arbeitete zu-
letzt als Vorstand für den Energiekon-
zern Innogy, hat aber auch Lobbyerfah-
rung. Zwischen den Jahren 2008 und
2016 führte sie den Bundesverband der
Energie- und Wasserwirtschaft. magr.
Eine New Yorker Gastronomielegende steht unter Beschuss
Das Steakhaus „Peter Luger“ erhält eine vernichtende Kritik – und wehrt sich auf ganz eigene Art .Von Roland Lindner, New York
Gabriel sagt Autolobby ab


E

s ist Mittagszeit. Die Kantine
vonMieleist gut besucht, aber
nicht überfüllt. Nach dem Essen
steht der zweite Teil der indivi-
duellen Werksbesichtigung an. Plötzlich
und unerwartet steht Markus Miele mit
dem Tablet in der Hand vor uns und fragt
höflich, ob er sich dazusetzen dürfe. Die
Frage ist nicht rhetorisch, sondern höf-
lich gemeint. Sein Auftritt ist nicht insze-
niert. Die PR-Abteilung hat damit nichts
zu tun. Es ist eine Situation wie in der ei-
genen Kantine, wenn ein Kollege einen
zufällig entdeckt. Markus Miele wird
nicht als Erster den Tisch wieder verlas-
sen. Er lässt sich Zeit, obwohl er keine
hat. Vor allen Dingen, wenn man mit ihm
über Technik redet.
Es ist wieder Mittagszeit. Die Miele-
Pressekonferenz auf der Internationalen
Funkausstellung in Berlin ist längst gelau-
fen. Markus Miele steht allein auf der
Bühne, mit dem neuen Akku-Staubsau-
ger hantierend, während die Mitarbeite-
rin aus der Pressestelle unruhig wird. Er
erklärt dem Journalisten aus Frankfurt
ausführlich, wie das Produkt funktio-
niert. Er zieht Rohre auseinander und
steckt sie wieder zusammen, wechselt die
Bürste und tauscht den Akku. Markus
Miele kann nicht nur alle Funktionen an
dem Miele-Produkt erklären, er kann
auch erzählen, warum es sie gibt. Wer ihn
nicht kennt, könnte diesen freundlich lä-
chelnden Mann im Anzug ohne Farbe,
mit weißem Hemd und sympathisch ro-
ten Wagen leicht für einen versierten
Staubsauger-Vertreter halten. Auch sie
kennen ihr Produkt auswendig, auch sie
brennen für ihre Ware, und auch sie wol-
len die Verkaufszahlen steigern.

Es wäre vielleicht wieder Mittagszeit
gewesen, um mit ihm dieses Mal nicht nur
über die Beleuchtung im Innern eines Ge-
schirrspülers, den auswechselbaren Akku
eines Staubsaugers, die patentierte Be-
schichtung der Backofenbleche oder das
Material im Innern einer Waschmaschine
zu reden – sondern auch darüber, wie es
Miele in Zukunft schaffen will, die immer
näher rückende Konkurrenz auf Abstand
zu halten. Vergangene Woche hat das Un-
ternehmen beschlossen, bis Ende 2021
global rund 1070 Stellen abzubauen, 240
davon in Deutschland. Zu einem Ge-
spräch kommt es dieses Mal aber nicht.

Ingenieur mit Doktortitel
Ein Dialog mit Markus Miele über The-
menjenseits der Technik würde vermut-
lich eh zäh werden. Dann würden wahr-
scheinlich Sätze in den Notizblock flie-
ßen wie: „Herausforderungen und Chan-
cen werden aus einer Position der Stärke
und mit dem notwendigen Nachdruck in
Angriff genommen.“ Solche vorgefertig-
te Parolen hört man in diesen Tagen
auch vom zweiten geschäftsführenden
Gesellschafter Reinhard Zinkann junior.
Dem Kaufmann mit Zweireiher, Ein-
stecktuch und weltmännischem Auftre-
ten, nimmt man solche Sätze ab, Markus
Miele eher nicht. Beide leiten zusammen
mit drei weiteren Geschäftsführern das
Unternehmen. Carl Miele und Reinhard
Zinkann hatten 1899 einen Betrieb ge-
gründet, der Milchzentrifugen herstellte.
Die Familie Miele hält heute 51 Prozent,
49 Prozent die Zinkanns.
Markus Miele ist für die technische Sei-
te zuständig. Dennoch weiß er auch mit

Geschäftszahlen umzugehen. Er hat Wirt-
schaftsingenieurwesen studiert und wur-
de darin promoviert. Seit fünfzehn Jah-
ren, also seit er gemeinsam mit Zinkann
die Geschäfte der Väter übernahm, hält
er die Produkte des Unternehmens weiter-
hin auf höchstem Niveau. Geschirrspüler
und Waschmaschinen sind in den jüngs-
ten Tests der Stiftung Warentest wieder
Testsieger geworden. Viele Kunden kau-
fen lieber Miele als Bosch, Siemens, AEG
oder Samsung, wenn sie es sich leisten
können. Noch. Die Konkurrenz wird im-

mer stärker. Miele ist nicht mehr unan-
tastbar und bei einigen Produkten nicht
mehr Innovationsführer. Als in Deutsch-
lands Wohnungen schon beutellose
Akku-Standstaubsauger verschiedener
Hersteller den Boden fegten, stellte Miele
auf der IFA den Triflex HX1 vor. Bosch,
AEG, Dyson und andere zeigten bereits
die nächste Generation ihrer Geräte.
Dass die Zyklen immer kürzer werden,
in denen neue Produkte vorgestellt wer-
den, kommt weder dem Menschen noch
dem Unternehmen Miele gelegen. „Wir

sind ein Familienunternehmen, da denkt
man in langen Zeiträumen“, sagt Markus
Miele. Aber wie lange kann sich das Un-
ternehmen diese Haltung noch leisten?
In der Welt der Weißen Ware ist es zwar
noch nicht so hektisch wie etwa bei den
Smartphones oder Fernsehgeräten, bei
denen jährlich eine Versionsnummer
hochgezählt wird. Aber der Druck
wächst. Weil die Konkurrenz schmerzfrei-
er wird im Umgang mit halbgaren Produk-
ten und viele Kunden aufgrund der Pro-
duktflut immer weniger verstehen, war-
um ihre Waschmaschine zwanzig Jahre
halten soll, dürfte es für die Gütersloher
immer schwieriger werden, sich gebüh-
rend Zeit zu lassen. Man stelle sich vor:
Die in diesem Jahr vorgestellte Genera-
tion 7000, die Backöfen, Kochfelder,
Dampfgarer, Kaffeevollautomaten und
Geschirrspüler umfasst, löste die alte Ge-
neration nach sechs langen Jahren ab.

Er will auch mal ausprobieren
Miele kann aber auch noch Revolution:
„Wenn man nichts macht, hat man auch
keine Innovation.“ Der Dialoggarer, der
vor zwei Jahren auf der IFA vorgestellt
wurde, ist so eine. Markus Miele hat wohl
solche Produkte im Blick, wenn er sagt:
„Wir wollen auch mal etwas ausprobie-
ren. Das kann schiefgehen und gutge-
hen.“ Es ist gutgegangen. Bis ein anderer
Hersteller einen ähnlichen Backofen mit
dieser Technik auf den Markt bringen
wird, werden einige Jahre vergehen.
Der schockierende Preis des Dialogga-
rers von 8000 Euro federt das Image von
Miele ab. Schließlich weiß jeder, der sich
nach einem neuen Küchen- oder Haus-
haltsgerät umschaut, dass die Produkte
aus Gütersloh auch preislich spitze sind.
Spricht man mit Markus Miele darüber,
versucht er souverän zu begründen, wo
die Qualitätsunterschiede zu den Mitbe-
werbern liegen. Die Antwort auf die Fra-
ge, ob dies den großen Preisunterschied
rechtfertigt, klingt in etwa so: Es ist halt
Miele. Nicht nur diese Haltung erinnert
an einen anderen Konzern, dessen Pro-
dukte im Vergleich zur Konkurrenz meist
die teuersten sind: Apple. Nur zeigt die
Konkurrenz aus Korea und China den
Amerikanern seit ein paar Jahren, dass
es manchmal besser geht – nur halt nicht
beim Image. Apple ist 43 Jahre alt, Sam-
sung blickt auf 81 Jahre Firmengeschich-
te zurück, und Miele feiert in diesem Jahr


  1. Jubiläum. Und das alte Motto „Im-
    mer besser“ gilt heute noch.


MENSCHEN UND WIRTSCHAFT


Nach Rassismus-Vorwürfen gegen einen
Mitarbeiter eines Thüringer Subunterneh-
mens hat der Münchner Autovermieter
Sixtangekündigt, nicht mehr mit dem An-
bieter zu kooperieren. Das teilte eine
Sixt-Sprecherin am Dienstag mit. Hinter-
grund ist ein Video, das der deutsch-pa-
lästinensische Comedian Amjad auf der
Internetplattform Instagram veröffent-
licht hat. Nach Darstellung Amjads ist
darin zu sehen, wie der Mitarbeiter sich
weigert, seinem Komiker-Kollegen Nizar
einen zuvor georderten Leihwagen her-
auszugeben. Dabei fallen rassistische Be-
leidigungen. Zu dem Vorfall kam es ei-
nem MDR-Bericht zufolge, als die beiden
Männer auf der Weiterfahrt von einer Co-
medy-Veranstaltung im Landkreis Sonne-
berg am vergangenen Freitag eine Auto-
panne hatten und einen Ersatzwagen
brauchten. Sixt distanzierte sich in aller
Schärfe von jeglichem rassistischen Ver-
halten und entschuldigte sich. dpa-AFX

Wem nutzt der Mietendeckel?
Der Berliner Mietendeckel begünstigt
vor allem die Bessergestellten.

Das im Juli eingeleitete Ermittlungsver-
fahren wegen der Morddrohung gegen
den Siemens-Vorstandsvorsitzenden Joe
Kaeser aus mutmaßlich rechtsextremisti-
schen Kreisen ist von der Staatsanwalt-
schaft Deggendorf nach eigenen Anga-
ben wieder eingestellt worden. Es seien
zwar einige der Spuren, die zum Täter
führten, verfolgt worden. Allerdings ka-
men die Ermittler nicht bis zum Schluss,
weshalb das Verfahren eingestellt wur-
de. Wie berichtet (F.A.Z. vom 13. Juli),
hatte Kaeser im Juli per E-Mail eine
Morddrohung von einem Absender erhal-
ten, der dem rechtsextremen Umfeld zu-
geordnet werden konnte. Darin wurde
dem Siemens-Chef gedroht, „der nächste
Lübcke“ zu werden. Damit wurde Bezug
auf den Kasseler Regierungspräsidenten
Walter Lübcke genommen, der Anfang
Juni ermordet worden war. Die Mail an
Kaeser trug den Absender „adolf.hit-
[email protected]“. kön.

Bedient: Kellner im „Luger“ Foto Laif


Rolf Schrömgens hat eines der wenigen
deutschen Einhörner geschaffen, also ein
Start-up, das Investoren mit mehr als ei-
ner Milliarde Dollar bewerten. Nun zieht
sich der 43 Jahre alte Gründer der Hotel-
metasuche Trivago aus dem Tagesge-
schäft zurück. Seinem Nachfolger, dem
42 Jahre alten Finanzchef Axel Hefer, hin-
terlässt er Arbeit. So einfach ist das Ge-
schäft nicht mehr. Trivago hat einen
mächtigen Rivalen: Google. Trivago argu-
mentierte stets, eine auf Unterkünfte spe-
zialisierte Online-Suche sei funktionaler
als eine allgemeine Suche. In den ersten
neun Monaten sank der Umsatz um 9 Pro-
zent auf 683 Millionen Euro – die Milliar-
denschwelle für das Gesamtjahr wird
wohl wieder verfehlt, dennoch ist man
profitabel. Seit Trivago – Mehrheitseig-
ner istExpedia– im Jahr 2016 an die Bör-
se ging, hat die Aktie drei Viertel an Wert
verloren. Schrömgens soll zum Jahresen-
de in den Aufsichtsrat wechseln. tko.

Markus Miele Foto Marco Dettweiler


MORGEN


IN IMMOBILIEN


lid. NEW YORK. Zwei traditionsreiche,
aber weit von ihren besten Tagen entfern-
te amerikanische Technologieunterneh-
men könnten künftig unter einem Dach
sein. Nach einem Bericht des „Wall Street
Journals“ erwägt der Kopiererhersteller
Xerox ein Kaufangebot für den Compu-
ter- und Druckeranbieter HP. Was eine
solche Transaktion besonders bemerkens-
wert machen würde, wären die Größen-
verhältnisse, denn der potentielle Käufer
Xerox ist das viel kleinere Unternehmen.
Der Kopiererspezialist erzielte im vergan-
genen Jahr einen Umsatz von knapp zehn
Milliarden Dollar und wurde an der Börse
zuletzt mit rund acht Milliarden Dollar be-
wertet. HP wies für sein jüngstes Ge-
schäftsjahr einen Umsatz von mehr als 58
Milliarden Dollar aus und hatte vor Be-
kanntwerden des möglichen Akquisitions-
vorhabens eine Marktkapitalisierung von
27 Milliarden Dollar. Am Mittwoch legte
der Aktienkurs von HP zeitweise um
mehr als 10 Prozent zu. Xerox hat dem Be-
richt zufolge informelle Finanzierungszu-
sagen einer größeren Bank. Außerdem
hat der Kopiererhersteller gerade den Ver-
kauf seines Anteils an einem Gemein-
schaftsunternehmen mit Fujifilm in Ja-
pan vereinbart, was ihm 2,3 Milliarden
Dollar bringen soll.
Sowohl Xerox als auch HP kämpfen da-
mit, dass es im Zeitalter zunehmender Di-
gitalisierung weniger Bedarf an gedruck-
ten Dokumenten gibt. Xerox wurde
schon im Jahr 1906 gegründet, und die Ko-
pierer des Unternehmens waren einmal
so allgegenwärtig, dass sein Name es als
Synonym für „kopieren“ in den amerika-
nischen Sprachgebrauch schaffte. In jün-
gerer Vergangenheit machte Xerox aber
einige Krisen durch. Die HP Inc. ist in ih-
rer heutigen Form im Jahr 2015 aus der
Aufspaltung des im Jahr 1939 gegründe-
ten Technologiekonzerns Hewlett-Pack-
ard hervorgegangen. Neben ihr entstand
Hewlett Packard Enterprise (HPE), ein
Anbieter von Produkten wie Netzwerk-
rechnern und Datenspeichersystemen.
HP hat erst vor wenigen Wochen angekün-
digt, bis zu 9000 Stellen streichen zu wol-
len. Das Unternehmen hat gerade in sei-
ner Druckersparte Schwierigkeiten. Im
traditionell besonders profitablen Ge-
schäft mit Druckertinte sind die Umsätze
zuletzt erheblich geschrumpft.

Herr Miele aus

Gütersloh

tko.FRANKFURT.Nachdem der Frank-
furter Flughafen im vergangenen Winter
noch ein Verkehrswachstum verzeichnet
hatte, erwartet der Flughafenbetreiber
Fraport nun einen Rückgang. Die lang dis-
kutierte Reform der Sicherheitskontrol-
len ist für Fraport-Chef Stefan Schulte
dennoch dringend. Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) forderte Schulte
auf, das Thema mit Priorität zu bearbei-
ten. Es drohe „in die Grütze“ zu gehen. In
Frankfurt wurden im Sommer bis zu
240 000 Passagiere am Tag gezählt. Zu-
letzt seien Wartezeiten an Kontrollen wie-
der gestiegen. Reformen, mit denen deut-
sche Flughäfen mehr Verantwortung über-
nehmen wollen, sind nicht vorangekom-
men. Bislang wählt das Beschaffungsamt
des Innenministeriums private Dienstleis-
ter für Kontrollen aus. Diesem System
mangelt es aus Schultes Sicht an Flexibili-
tät und Anreizen, um auf Verkehrsspitzen
zu reagieren. „Wir leisten uns den Luxus,
ein Thema seit zehn Jahren zu diskutie-
ren. Wenn wir so weitermachen, werden
wir in Deutschland irgendwann ein Muse-
um.“ Weil Airlines nun Flugpläne ausdün-
nen, wird die Zahl der Flüge im Winter
um bis zu vier Prozent sinken. Die Fra-
port-Geschäfte an Flughäfen im Ausland
halfen, dass der bereinigte Umsatz bis
Ende September um fünf Prozent auf 2,5
Milliarden Euro stieg, der Überschuss um
neun Prozent auf 414 Millionen Euro.

Sixt zieht


Konsequenzen


Drohung gegen


Kaeser folgenlos


Klein will groß


kaufen: Xerox


greift nach HP


Das Unternehmen hat fünf Geschäftsführer, aber


nurMarkus Miele heißt so wie die bekannte


Marke. Seine Leidenschaft gilt der Technik – also


den Produkten. Von Marco Dettweiler, Gütersloh


Fraport mahnt


Reformen an


Gründer von


Trivago tritt ab


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen DONNERSTAG, 7. NOVEMBER 2019·NR. 259·SEITE 23

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