weltberühmten Gemälden der Pariser
Sammlung rhythmisiert. Die Florenti-
ner „Verkündigung“ ist so unausleihbar
wie die „Ginevra de’ Benci“ in Washing-
ton, die „Dame mit dem Hermelin“ in
Krakau oder die „Madonna mit der Nel-
ke“ in München.
Und doch: Wer sich noch einmal auf
die Geheimnisse dieses unvergleichli-
chen Werks einlassen möchte, dem ist
eine fantastische Entdeckungsreise ver-
sprochen. Sie führt durch den Kosmos
eines Künstler-Intellektuellen, der von
Jugend an am Prozess, an der Erkun-
dung, am nachdenklichen Experiment
viel mehr interessiert war als an der
fristgerechten Auslieferung seiner ma-
lerischen Markenware.
Wie jeder Meister seiner Zeit hatte
auch Leonardo seine Werkstatt. Aber
niemand dort war ihm auch nur annä-
hernd ebenbürtig. Gehilfenbilder wie
die „Leda mit Schwan“, süßliche Ma-
donnen oder der „Salvator mundi“ der
als schielende Version in die Ausstel-
lung gekommen ist, sind schlimm. Dem
Atelierchef scheint es egal. Das, was den
zeitgenössischen Künstler ausmacht,
E
inmal sollte es sein, 500 Jah-
re nach dem Tod des Aus-
nahmekünstlers: Leonardo
komplett. Wo anders als in
Paris, im ehrwürdigen Lou-
vre, der sein Millionenpublikum bis
heute mit dem unschätzbaren Erbe des
Renaissance-Malers generiert. Alles war
recht. Verwaltungsgerichte, Oberver-
waltungsgerichte. Diplomatisches Rin-
gen auf höchster europäischer Regie-
rungsebene. Sogar die bräunlich blass
gewordene Zeichnung des nach Vitruv-
Regeln vermessenen Mann-Menschen
musste die Accademia in Venedig he-
rausrücken, und die Fotografen schie-
ßen ihre Magazine leer.
Es ist also, wenn man es etwas groß-
zügig ausdrückt, alles da. Zumindest in
der Reproduktionsform originalgroßer
Infrarotaufnahmen. Und weil man ih-
nen an jeder zweiten Wand begegnet,
merkt auch bald der Leonardo-Ungeüb-
te, dass der Werkvereinigungswunsch
natürlich gänzlich unerfüllt blieb. Die
kostbare Zeichnungsstrecke, die sich
wohl nie mehr in solcher Dichte arran-
gieren lässt, wird vor allem von den
das gute Gespür dafür, bei aller Verses-
senheit ins eigene Werk die Chancen
des Marktes zu nützen, ist Leonardo
seltsam fremd. Die skrupulöse Hinar-
beit, die Erfahrung des Zögerns, Beden-
kens, Verschleppens, Probierens, Ver-
werfens, muss ihm ungleich mehr be-
deuten als das nicht mehr veränderbare
Thema. Und wenn man ihn in der Aus-
stellung so von Auftrag zu Auftrag ver-
folgt, dann hat man zuweilen den Ein-
druck, als habe er über der mühsamen
Produktionsgeschichte die Lust am
Projekt verloren.
Und vielleicht, denkt man, ist ja die-
se Kunst des Nicht-zu-Ende-kommen-
Könnens oder -Wollens, die Art, wie
Leonardo das Zeichnen und Malen als
wunderbar scheiternde Selbsterklä-
rung betreibt, auch das geistige Motiv
jener Beseeltheit, die seine Figurenbil-
der so einzigartig macht. Wohlgemerkt
seine weiblichen Figuren. Auch das
fällt einem hier noch einmal auf. Leo-
nardo hat ja bis auf den „Florentiner
Musiker“ keine Männerporträts ge-
malt. Das kraftvolle Renaissance-Sub-
jekt, maskulin, muskulös, gebildet,
kommt nicht vor. Als wehrte sich der
Maler gegen die kraftvollen Zuschrei-
bungen seiner Epoche, die ein Lorenzo
Lotto, ein Tizian oder ein Tintoretto so
prachtvoll bedient haben. Wenn Män-
ner, dann sind sie wüst im Kampf, oder
es sind sinistre Schemen wie bei der
„Anbetung“, wo die Rollenverteilung
im Gewühl der Figuren völlig unklar
bleibt. Oder sie haben diesen gender-
fluiden Schmelz, der einen Täufer-Jo-
hannes aussehen lässt, dass er gerade-
so als Johanna durchginge.
Vollends vor der Pariser „Anna Selb-
dritt“, die erstmals auf die monumenta-
le Londoner Zeichnung trifft, die eine
thematische Variante ankündigt, steht
man wieder einmal vor der eigentlichen
Sensation der Ausstellung. Was da die
Frauen und die Kinder, denen bei Leo-
nardo alles zum andächtigen Gebrauch
fehlt, miteinander haben, das ist von ei-
ner unverbrauchbaren Innigkeit, die
wohl nur einer malen kann, der in der
Erfahrung des Zögerns, Bedenkens, Ver-
schleppens, Probierens, Verwerfens im-
mer auch die unerfüllbare Sehnsucht
spürt. HANS-JOACHIM MÜLLER
WWWunderbar scheiterndeunderbar scheiternde
SELBSTERKLÄRUNG
Im Pariser Louvre eröffnet eine große Leonardo-Retrospektive.
Fast alle Werke des Künstlers sind versammelt. Aber was
lernen wir über seinen Schaffensprozess?
Links sehen wir groß Leonardos „Anna Selbdritt“, in der Großmutter Anna,
Mutter Maria und der Jesusknabe vereint sind. Oben: der Zeichnungskarton
zum Gemälde aus der Londoner National Gallery. Unten: eine Handstudie
aus der Royal Collection
RENÉ-GABRIEL OJÉDA/ RMN-GP
ROYAL COLLECTION TRUST/ HER MAJESTY QUEEN ELIZABETH II 2019
THE NATIONAL GALLERY, LONDON
24
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24 FEUILLETON DIE WELT DONNERSTAG,24.OKTOBER2019
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