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Wirtschaft
Nuklearenergie
Grüne attackieren Belgiens Atomaufsicht
In belgischen Reaktoren wurden vor Jahren Personen kontaminiert. Die Behörde schweigt zu den Ursachen.
Die belgische Atomaufsichtsbehörde (Fanc) gerät wegen
ihrer schleppenden Informationspolitik bei den Pannenkraft-
werken Doel und Tihange immer stärker unter Druck. In
einem mehrseitigen Schreiben werfen die Grünen der Behör-
de vor, zu einer Reihe von Vorgängen mit Personenkontami-
nation keine oder nur unzureichende Informationen zu ver -
öffentlichen. So wurden im Block 2 des Atomkraftwerks
Tihange im August 2012 vier Menschen kontaminiert. Bis
Mai 2013 wurden im selben Block des Pannenreaktors, der
nahe der deutschen Grenze liegt, drei weitere Zwischenfälle
mit Personenkontaminationen registriert. Zwar hatte die
Fanc den Grünen auf Nachfrage eine Tabelle mit den Vor-
kommnissen zur Verfügung gestellt. Wie es zu den Unfällen
kam, ob betriebliche Strahlenschutzvorschriften verletzt wur-
den und welche Schritte unternommen wurden, um weitere
Verstrahlungen auszuschließen, teilte die Fanc nicht mit. Die
Behörde erklärte lediglich, dass es bei den Vorgängen keine
»Grenzwertüberschreitungen« gegeben habe. Auch das Strah-
lenschutzrecht sei nicht verletzt worden. Atomexperten wie
der Grünen Sylvia Kotting-Uhl reicht das nicht aus. Sie wer-
fen der Fanc vor, nicht transparent, ja sogar »widersprüchlich
bis unzulänglich« mit eigentlich meldepflichtigen Ereignissen
umzugehen. In einem Brief hat Kotting-Uhl deshalb den
Antrag gestellt, eine Liste aller Zwischenfälle in belgischen
Atomanlagen seit Anfang 2019 zu erstellen und auszuhändi-
gen. Eine Reaktion aus Brüssel steht noch aus. FDO
»Mir wird ja keiner die Hand abhacken.«‣S. 72
DER SPIEGEL Nr. 43 / 19. 10. 2019
RAINER KEUENHOF / ACTION PRESS
Kernkraftwerk Tihange bei Huy
MediaMarktSaturn
»Öffentliche Hinrichtung«
Der Konflikt um den geschassten Chef
des Düsseldorfer Elektronikhändlers
Ceconomy, Jörn Werner, ist offenbar deut-
lich schneller eskaliert als erwartet. Zwar
waren die Spannungen zwischen Werner
und Ferran Reverter, der die Ceconomy-
Tochter Media-Saturn-Holding (MSH) am
Stammsitz in Ingolstadt führt, bekannt.
Diese sollten auf der Aufsichtsratsitzung
an diesem Donnerstag diskutiert werden –
eine finale Entscheidung, Werner rauszu-
werfen, war aber nicht geplant. Weil die
Tagesordnung für die Aufsichtsratssitzung
bekannt wurde, sah sich das Unterneh-
men am Dienstagabend gezwungen, eine
Ad-hoc-Meldung zu veröffentlichen und
Werner, wie ein Mitgesellschafter sagt,
quasi »öffentlich hinzurichten«. Werner
war erst im März geholt worden, um die
schwächelnde Elektronikmarktkette neu
aufzustellen. Dass ihm der selbstbewusste,
aber umstrittene MSH-Chef Reverter
nachfolgt, scheint ausgeschlossen. Damit
hat der Aufsichtsrat jetzt ein Problem.
»Jemand anderen haben wir derzeit
nicht«, heißt es aus Gesellschafterkreisen.
In einem wenigstens ist sich der Aufsichts-
rat einig: Bevor ein Nachfolger gesucht
wird, muss die Unternehmensstruktur
angepasst werden. »Es muss klar sein, wer
wem was zu sagen hat.« Werners Vor -
gänger Pieter Haas war sowohl Chef der
Ceconomy als auch der MSH. SAM