34 REFLEXE Mittwoch, 2. Oktober 2019
Unrealistische Wirtschaftsprognosen in der Türkei
Erdogans Schwiegersohn
will auf dem Wasser gehen
ThomasFuster·Es ist so eine Sache mitwirtschaft-
lichen Prognosen. Meist tut man gut daran, solche
Ausblicke nicht allzu ernst zu nehmen. Zu unge-
wiss ist die Zukunft, zu komplex dieWirtschafts-
welt. Und dennoch, bisweilenkönnen Prognosen
durchaus erhellend sein.Aufschlussreich sind da-
bei nicht die auf Punktund Komma kalkulierten
Daten. Lehrreich ist vielmehr die hinter den Zah-
len sich entblössende Denkart. Ein Beispiel dazu
liefern die jüngstenWirtschaftsprognosen des türki-
schenFinanzministers Berat Albayrak, der neben-
bei auch der Schwiegersohn von Präsident Erdo-
gan ist. So kündet Albayrakfür 2020 einerasante
Beschleunigung desWirtschaftswachstums von 0,5
auf 5,0% an.
Prinzipienreiter mögen stänkern, dass Erdogan
schon vorWochen einWachstum auf exakt dieser
Höhe versprochen hat. Doch über diesen inner-
familiären – und wohl nicht ganz autonomen –
Nachvollzug sollfür einmal hinweggesehen werden.
Irritierend ist ein anderer Punkt: So erklärtAlbay-
rak, der sprunghafte Anstieg desWachstums werde
einhergehen mit einem Sinkflug der Inflation, und
zwar von heute15 auf 8,5% per Ende 2020. Zudem
soll das hoheWachstum weder den Haushalt noch
die Leistungsbilanz belasten. Und dies, obschon die
Leistungsbilanz in früheren Phasen hohenWachs-
tums – meist angetrieben von der Binnennachfrage
- stets bedrohlich hohe Defizite aufwies.
Den Prognosen fehlt es anKonsistenz. Sie sind
in sich widersprüchlich. Dies auch deshalb, weil die
Regierung zur Ankurbelung derKonjunktur auf
drei Massnahmen setzt:eineexpansiveFiskalpoli-
tik, eine grosszügige Kreditvergabe an die stark in
Fremdwährungen verschuldetenFirmen und eine
Politik des billigen Geldes. Die türkische Lira, die
im vergangenenJahr massiv anWert verloren hat,
würde dadurch erneut unter Druck geraten. Doch
wenn die Lira schwächelt, steigen imrohstoffarmen
Land die Importpreise und Inflationsraten. Diese
Gesetze kann auch Erdogan nicht aushebeln. Die
Prognosen seines Schwiegersohns sind denn auch
Wunschdenken. Sie setzenWunder voraus, und
diese sind selbst in ErdogansTürkei eherrar.
BenjaminTriebe,London·Der Brexit-Streit hat die
Wortwahl in der britischenPolitiksehr in Mitleiden-
schaft gezogen.Von «Verrätern» und von «Kapitula-
tion» wird gesprochen. Da ist es nicht verwunderlich,
dass nun einFeindbild auf den Plan gerufen wird,das
in keiner grossenAuseinandersetzung fehlen darf, bei
der es um viel Geld geht:die Hedge-Funds, gerne dar-
gestellt als Geissel der Menschheit und Profiteure
des Unglücks der Geknechteten.Allerdings ist es zur
Abwechslung nicht derPopulist und Premierminis-
ter BorisJohnson,der sich diesesFeindbilds bedient,
sondern er ist das Ziel. Johnson werde gestützt von
Spekulanten, die Milliarden auf einen ungeregelten
Brexit und einen Zerfall des Pfunds gewettet hät-
ten, heisst es. Sie wollten den EU-Austritt ohneAb-
kommenerzwingen.
DiesenVorwurf erhob nicht nurJohnsons eigene
SchwesterRachel, sondern auch der ehemalige
Schatzkanzler Philip Hammond. Er wachte drei
Jahre über die Staatskasse, bevor er kurz vorJohn-
sonsAmtsantritt den Hut nahm und wenigeWochen
später aus derFraktion derKonservativenPartei aus-
geschlossen wurde. Hammond gehört zu jenen 21
«Rebellen», die ein Gesetz unterstützten,das John-
son zu einem Aufschub des EU-Austritts zwingen
soll,falls bis Mitte Oktoberkein Austrittsabkom-
men mit Brüssel vorliegt. Das ist eine bemerkens-
wert schnelleVeränderung für einen Mann, der zu-
vor jene Mischung aus Seriosität undLangeweile mit-
brachte, die einemFinanzminister gut ansteht.
HammondsWiderstand gegen den ungeregelten
Brexit und diePersonJohnson ist mit dieser Serio-
sität vereinbar. Sein Support für dieVerschwörungs-
theorie über Spekulanten,die beiJohnson dieFäden
ziehen und aus Gewinnsucht einen No-Deal-Brexit
erzwingenwollen,ist es nicht. Es fehlt an Beweisen.
Dass sich Hedge-Funds genau wie andere Investo-
ren gegen einen fallenden Pfundkurs absichern, ist
in derzeit verständlich – und viele kleinere Unter-
nehmen täten es auch gern. Ebensokönnten sich
die Finanzvehikel für das Gegenteil positionieren,
um von einemAustrittsabkommen zu profitieren,
das britischen Aktien einen Schub verleihen dürfte.
Nur sind die Chancen darauf kurzfristigrecht gering.
Finanzinvestoren bereiten sichauf un geregelten Brexit vor
Ist Boris Johnson eine
Hedge-Funds-Marionette?
KAPPADOKIEN
EntdeckungeninZentral-
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UnsereReiseins LandAtatürksbeginnt in Ankara:DasSchmuckstück ist
das berühmte Museumder anatolischen Zivilisationen mit eindrucksvollen
Exponatenauseiner ZeitvorChristentumund Islam.Dasinanatolischer
Landschaftgelegene Hattuschabezaubertnochheute als städtebauliches
Rätsel. In Kappadokien istes dieKombinationausfantastischer Landschaft,
Koch- und Bildkunst zwischenFeenkaminen und Höhlenkirchen, die einen
grosszügigbemessenenAufenthalt nahelegt. Istanbulschliesslich ist nicht
nurwegen seinesglänzendenbyzantinischenErbes immer eineReisewert!
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nahebei stehtder Augustustempel desantiken Ancyra.Weiterfahrt nach
Hattuscha.1Übernachtung in einfacherem, aberbestmöglichem Hotel.
3.Tag:DieWeltderHethiter
Erkundungdes ArealsvonHattuscha, der einstigen Hauptstadt der Hethi-
ter sowie vonYazilik aya, derKultstätte mitgeheimnisvollenSteinreliefs.
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4.Tag:HöhlenkirchenundfruchtbareTäler
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reienkündenvomchristlichenWeltbild im anatolischen Mittelalter;an-
schliessend Spaziergang durch dieStadt Avanos.
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kuyu weissdieunterirdischeStadt aufmehrerenStockwerkenzufaszinieren.
6.Tag:Wandernzwi schenWundern
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mine;dann dieschönste Art,Kappadokien zu erleben:Wanderung durch
das Rosental vonKizilvadi durchgeologische Märchenlandschaften.
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kunden SieKonstantinopel, mit der HagiaSofia, jahrhundertelang die gröss-
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Im ehemaligen Genueser-Viertel lohntsich derBlickvom Galata-Turm: das
moderne Istanbul und gleichzeitig überall: Byzanzund Konstantinopolis!
Bootstour über denBosporus.
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derweltmusivischen Erzählens: ImPammakaristos-Kloster zeigt sich die
souveräneFeinheitder spätbyzantinischen Architektur:die Kreuzkuppel-
kirche inVollendung! Am spätenNachmittagRückflugnach Zürich.
0562216800
AnmeldungundInformationen:
reisen.nzz.ch [email protected]
OrganisierenderReisevera nstalter:ReisehochschuleZürichrhzreisenag
NZZ-REISENEXKLUSIV
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inAnkara
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•PrivateBoot stouraufdemBosporus
IHREBEGLEITUNG
STEPHANSIEVERS
Antike,frühesMittelalterundKlassischeModerne
bildendiethematischenSpannungspoledes
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VorträgeundSeminaresetzensichintensivmit
demRingenderKünstlerumästhetischeVollen-
dungauseinander;dabeiunterstütztundinspi-
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