und wer näher an ihn herankam, berichtete, dass er auch so roch. Als ein
Mann sich während seiner Ehrenparade nicht verbeugte, ließ er ihm und
sämtlichen Verwandten dreißig Peitschenhiebe geben. Dieses Verhalten
erwartete man von einem Sieger, zumal der Bestrafte nur ein armer Bauer
war und nicht von edlerem Blut wie Abebas Familie. So gewann der Resident
den Respekt der Bevölkerung.
Wenig später entstanden im Dorf die Baustellen für die neue Straße, die
nicht weit entfernt vorbeiführen würde. Der Arzt richtete für Arbeiter und
Anwohner eine Krankenstation ein, weshalb manche dachten, dass die
Invasion auch ihr Gutes habe. Vielleicht war es an der Zeit, ein bisschen von
der Welt dort draußen zu lernen, meinten sie. Die anderen aber, also all jene
fernab der Straßen und Schauplätze der Schlacht, also die Mehrheit der
Äthiopier, merkten von der Präsenz der talian herzlich wenig.
Eines Nachts träumte Bekele von seinem Vater, der zu ihm sagte: »Lass
nicht zu, dass ich ein zweites Mal umgebracht werde.«
Am nächsten Tag hörte man auf dem Markt erschreckende Gerüchte. Ein
paar Patrioten hatten versucht, den Anführer der Italiener umzubringen, der
sich aber trotz seiner Verletzungen gerettet hatte. Addis Abeba war tagelang
die Hölle auf Erden. Dutzende Adlige waren erhängt worden, und im ganzen
Land hatte es Hinrichtungen, zerstörte Klöster und Terror gegeben. In Debre
Libanos waren in wenigen Stunden viele Hundert Mönche abgeschlachtet
worden. Bekele dachte erneut an die Worte des Vaters und grub die Waffen
wieder aus, die er nach dem Krieg unter der Sykomore verscharrt hatte. Er
war nicht der Einzige.
Da saß er, ihr talian, gebeugt am Schreibtisch, während sie das
Abendessen zubereitete. Wie viel er schrieb! In der Regel Briefe an die
Mutter, hatte er ihr erklärt. Abeba mochte seine Hingabe als Sohn an die
Frau, die ihm das Leben geschenkt hatte.
Attila war gut zu ihr. Er schlug sie nicht, gab ihr zu essen, ließ sie in
seinem Haus wohnen, das nicht aus Stroh und Holz erbaut war wie das des
Vaters, sondern aus Steinen. Er fragte sie: »Musst du einkaufen?«, steckte
seine Hände in die Tasche und gab ihr alles Geld, das er dort fand.
Ja, er war gut zu ihr. Das war er vom ersten Tag an gewesen, in ihrem
Dorf, als der Mann mit dem dunklen Kasten vor dem Gesicht sie vor eine
weiße Leinwand gestellt hatte. Er hatte ihr durch den Dolmetscher gesagt, sie
solle ihr Kleid herunterziehen, was große Bestürzung in ihr ausgelöst hatte.
jeff_l
(Jeff_L)
#1