besonderes Schmuckstück durfte am Finger dieses wunderbaren Mädchens
glänzen, das das wundermilde Schicksal ihm zugestanden hatte. Er kaufte ihr
den teuersten Ring, den er fand, ein zartes Rankengeflecht, ein Meisterwerk
der Schmiedekunst. Für sich erstand er ein Durchschnittsstück, da kaum mehr
Geld übrig war. Der Tausch dieser beiden so unterschiedlichen Ringe
offenbarte vor aller Augen das Fundament, auf dem ihre Eheschließung
ruhte: Viola hatte ihren Mann nie so geliebt wie er sie.
Als ihr erster Sohn geboren wurde, forderte die nie gekannte Schönheit
ihre volle Aufmerksamkeit. Sie war froh, ihren Mann ein Weilchen auf
Distanz halten zu können, dessen überschäumende Liebe sie nicht erwidern
konnte. Als Braut war ihr Körper gefügig, aber träge, ohne jeden Schwung.
Als Mutter jedoch schenkten ihre Arme Musik, ihr Busen Sättigung. Otello
war ein glücklicher Säugling. Doch Ernani ließ sich nicht lange abhalten, und
schon elf Monate später erblickte ihr zweiter Sohn das Licht der Welt. Er
wollte ihn Attila nennen, zu Ehren einer anderen Verdi-Oper, die seines
Erachtens nach viel zu wenig gewürdigt wurde, doch Viola wehrte ab.
Niemals würde sie ihren Sohn nach der Geißel Gottes nennen. Das Kind
wurde also unter dem Namen Profeti Attilio im Melderegister verzeichnet.
Seine geißelhafte Natur aber, die Viola ihm nicht offiziell hatte zuteilen
wollen, offenbarte sich für Otello nur allzu bald. Die Ankunft des jüngeren
Bruders markierte für ihn den Beginn des zweiten und letzten Teils seines
Lebens: in dem jede Regung zu Vergleich, Demütigung und Neid führte.
Ihre Spielfreundin und Cousine Maria erinnerte sich ihr Leben lang an die
Brüder Profeti, wie sie sie einmal an Karneval erlebt hatte. Sie waren noch
klein, gingen noch nicht zur Schule. Attilio ist als Pierrot verkleidet, er rennt,
lacht und wirbelt mit den anderen Kindern umher, die schwarzen Bommel,
die seine Mutter an sein weißes Clownskostüm genäht hat, lösen sich im
wilden Spiel. Otello steht allein und abseits, im gleichen Kostüm wie sein
Bruder, die neuen und perfekten Bommel, gerade erst angenäht, niemals in
Gefahr durch einen Tanzschritt, und wendet seinen strengen Blick nicht von
Attilio ab.
Otello beobachtete ihn immer, den jüngeren Bruder. Ohne zu zwinkern
starrte er ihn an bei allem, was er tat. Er merkte gar nicht, dass er heimlich
sein größter Bewunderer war. Wenn er nach Hause kam, fragte er noch vor
jedem Gruß: »Wo ist Attilio?« Der wiederum nie nach ihm fragte, vielleicht
weil er wusste, dass er schon bald wieder an seiner Seite sein würde. Wenn
jeff_l
(Jeff_L)
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