Unternehmungen zu versprechen. Er hatte nicht nur den Körper eines
Übermenschen, er war auch der jüngste italienische Oberst am Ende des
Ersten Weltkriegs gewesen; sein relativ jugendliches Alter trug nicht
unbeträchtlich zu der Faszination bei, die er auslöste. Auch die Reporter
waren nicht immun dagegen. »Homer muss Persönlichkeiten wie ihn vor
Augen gehabt haben, als er seine Helden ersann«, wurde über ihn
geschrieben. Die Sonntagsausgabe des Corriere zeigte Graziani auf der
Titelseite, wie er in der von ihm in Mode gebrachten Tropenuniform an der
rakla der Rennkamele lehnte oder sich auf dem nackten Sand liegend von
den Strapazen erholte, welche die Befriedung der Kyrenaika erforderte.
Selbst der Duce höchstpersönlich, immer darauf bedacht, nicht im Schatten
anderer Männer zu stehen, schien den Kult um ihn nicht eindämmen zu
wollen. Außerdem hatte Mussolini Badoglios Zweifel an seinem Marsch auf
Rom nicht vergessen. Ein Volksheld, viel jünger und stattlicher, war nicht die
schlechteste Art, den alten Marschall auf seinen Platz zu verweisen.
»Vizegouverneur Graziani nimmt in Bengasi die Parade der italienischen
Truppen ab«, tönte der Kommentar zu den Bildern der Wochenschau. Der
General stand auf einem Balkon, eine hohe weiße Feder auf seiner
Kopfbedeckung ließ seine Größe fast überirdisch erscheinen. Für Attilio sah
er aus wie von einem anderen Planeten im Vergleich zu den Würdenträgern
seiner Umgebung: ein Kardinal, dem das Gewand über dem Bauch spannte,
so rund wie sein Hut, der Untersekretär des Kolonialministeriums Lessona
mit dem Zweispitz des Botschafters auf dem Kopf, die anderen Offiziere, die
ihm kaum bis zu den Schultern reichten. Vor dem Balkon paradierten die
verschiedenen Abteilungen: Askaris mit Fez, Kameltreiber mit ihren Tieren,
Panzerdivisionen mit Spähwagen, Kavallerie, Fußsoldaten im weißen
Kolonialhelm, Avantgardisten, Balilla mit Halstuch, Piccole Italiane mit
weißem Häubchen und schließlich die Schwarzhemden, die die Parade mit
wildem Lauf und Sprüngen abschlossen, da der Faschismus jung und stark
war und kräftige Lungen besaß. Zu beiden Seiten des Weges jubelte die
Menschenmenge. Die Kameramänner fingen mit ihren Objektiven die
strahlendsten Gesichter ein, weißbärtige Alte, Kinder auf den Armen mit
Fähnchen in der Hand, Beduinen mit Turbanen. Ihre Frauen gaben unter dem
Schleier, der ihr Gesicht wie ein Vorhang bedeckte, schrille
Entzückensschreie von sich.
»Die italienischen Truppen«, kommentierte der Sprecher, »werden voll
jeff_l
(Jeff_L)
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