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07.09.19 Samstag, 7. September 2019DWBE-HP
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DWBE-HP
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DIE WELT SAMSTAG,7.SEPTEMBER2019 DIE LITERARISCHE WELT 29
M
anchmal, wenn sich einer neben einen setzt, mit dem
man einige Zeit verbracht hat, früher, von dem man
weiß, durch was ihn der Menschenmaterialtest na-
mens Schicksal geschickt hat, dann erschrickt man
doch sehr. Wenn er vom Glück spricht. Und einen
Satz wie diesen sagt: „Ich kann nicht anders, als glücklich zu sein.“
VON ELMAR KREKELER
Darius Kopp sagt diesen Satz. Es ist der erste in Terézia Moras
neuem Roman. „Auf dem Seil“ heißt er. Er ist der dritte einer vor gut
zehn Jahren begonnenen literarischen Miniserie, die sich um ebenje-
nen allmählich aus allen sozialen Netzen fallenden, ehemaligen Spe-
zialisten für Netzwerksicherheit dreht (er hat mal als Mittel- und
Osteuropa-Vertreter für eine Firma namens Fidelis Wireless – Mora
mag solche Scherze – gearbeitet). „Der einzige Mann auf dem Kon-
tinent“ hieß der erste Teil, „Das Ungeheuer“ der zweite. Für den hat
Terézia Mora – Bachmannpreisträgerin von 1999, Büchnerpreisträge-
rin vom vergangenen Jahr – den Deutschen Buchpreis bekommen.
Den armen, gar nicht hübschen, zum Übergewicht neigenden, die-
sen Jedermann-Mann hat die Materialtesterin Mora gequält, mit
höchster Empathie und Konsequenz. Den prinzipiell Energielosen,
der in seinem Leben noch niemals als Erster nach etwas gefragt hat-
te, in seiner übel riechenden Berliner Wohnhöhle aufgeschreckt und
durch alle Höllen der neubürgerlichen Existenz und an die Ränder
Europas und der menschlichen Gesellschaft gejagt. Seine Frau, die
schöne, aber vor der Zeit und nicht ohne Einfluss ihres Lebens an
Kopps Seite vor der Zeit an Depressionen verblühte Flora, hat Mora
zwischendurch sich im Wald das Leben nehmen lassen. Ihre Asche
trägt Darius, als er sich so neben uns setzt, mit sich. Ihre Stimme
trägt er noch im Kopf. Über den Satz wird noch zu reden sein. Über
den Kopf natürlich auch.
Als Darius Kopp den Satz sagt, so viel vielleicht noch, steht er
am Fuß jenes Vulkans, in dem sich nach Dante das Inferno befin-
det. Das Schöne ist, wir greifen noch einmal vor: Terézia Mora
lässt ihn nicht hineinstürzen. Sie erweist sich als liebevolle Küm-
merin ihres Helden. Das hat diese sich literarisch in alle Richtun-
gen (manchmal gleichzeitig) wuselnde, quecksilbrige, diese über
alles hinwegfließende, hellwache und grunddunkle Geschichte
aus dem Herzen unser aller Gegenwart immer schon ziemlich
unwiderstehlich gemacht.
Bevor uns hier endgültig die Kategorien verloren gehen, wenden
wir uns doch jetzt schon dem Satz zu. Den sollte man nämlich nicht
insofern missverstehen, als wäre Kopp tatsächlich glücklich, wie er
da in Sizilien neben uns steht. Ihm sind nur vielleicht die Gründe, es
nicht zu sein, verloren gegangen. Terézia Mora – geboren im ungari-
schen Sopron, aufgewachsen in der einzigen deutschsprachigen Fa-
milie in einem Dorf direkt hinter dem damals noch ziemlich Eiser-
nen Vorhang (vom Westen ausgesehen), seit 1990 in Berlin lebend –
kann solche Sätze, kann Sätze mit Irritationen aufladen wie keine
Zweite. Man darf sich ihrer nicht sicher sein. Man darf sich – das auf
Moras gewissermaßen multiples Muttersprachlertum zurückzufüh-
ren, ist eine zu einfache Erklärung – zumindest in dieser Trilogie
überhaupt nicht sicher sein. Alles balanciert auf dem Seil, über einem
Abgrund aus Angst. Elegant liest sich das, liest sich wie keine andere
Prosa. Direkt, kantig, beweglich. Wie von einem verspielten, ein biss-
chen irren Beleuchter gesteuert, wechseln die Perspektiven. Sätze
gleiten ins Bewusstsein einer Figur hinein und kommen aus dem ei-
ner anderen wieder heraus. Terézia Mora ist die Meisterin des inne-
ren Dialogs. Sie lässt ihre Figuren mit sich streiten. Manchmal strei-
tet sie gleich mit.
Die Sprache spiegelt die irrlichternde Existenz und das manchmal
randhyperaktive Wahrnehmungsverhalten der Menschen in Moras
Geschichten. Kopp, dem die Wende die familiären Bande zerschnit-
ten hat, die er gar nicht vermisst, dieser Inbegriff der prekären Exis-
tenz, deutscher Bruder von Virginie Despentes’ Vernon Subutex,
könnte es jetzt eigentlich ruhiger angehen. Terézia Mora lässt das
aber erst einmal nicht zu. Kopp, für den es früher existenziell war,
dass viel Essen da war, hat in Sizilien nicht nur wieder eine Frau ken-
nengelernt, vor der er eigentlich Angst hat, sondern auch das Pizza-
und Gemüselasagnebacken („Glück ist etwas mit Käse Überbacke-
nes“, heißt es mal).
Je mehr Pizza er backt, desto dünner wird er. Vermutlich würde er
immer noch am Ätna herumstreifen mit der Urne voll Floras Asche,
wenn ihn Terézia Mora nicht Lorelei an den Hals gehängt hätte. Lo-
relei, die Sirene eines anderen Lebens, ist seine Nichte. Und sie ist
schwanger. An der Seite des ehemaligen Vielfraßes Kopp kotzt sie
sich in regelmäßigen Abständen ihre junge Seele aus dem Leib.
Kopp wird zum Kümmerer. Kehrt zurück nach Berlin. In seine
Stadt. Die ist wie er (Moras Trilogie ist neben vielem andern auch ei-
ne detailstarke Milieustudie der Hauptstadt). Beherbergt immer
mehr Leute, aber gibt immer weniger Menschen (bezahlbares) Ob-
dach. Kopp sucht die Orte wieder auf, an denen er früher war. Die
Freunde von damals. Zieht samt Lorelei als flüchtiger Bekannter, als
Couchsurfer von einer weitgehend verranzten Bude, von einer unbe-
weibten Männerfreundexistenz zur anderen. Sucht jenes Geld aus
anrüchigen Quellen, das seit seiner Zeit als „Der einzige Mann auf
dem Kontinent“ in irgendeinem Schließfach lagert. Wird seiner all-
umfassenden Angst allmählich Herr.
Am Ende ist übrigens Gelächter. Es ist keins aus der Hölle. Wäre
schön, wenn wir es wieder hören würden. Wenn sich dieser Kerl irgend-
wann wieder neben uns schieben und einfach weitererzählen würde.
Terézia Mora: Auf dem Seil. Luchterhand, 359 S., 24 €.
Ich
ist ein Wanderer
„Auf dem Seil“: Die Büchner- und Buchpreisträgerin
Terézia Mora schließt ihre Trilogie über die Irrfahrten
des Netzwerkspezialisten Darius Kopp ab
S
o manche Affäre, die den Pariser
Literaturbetrieb für zwei, drei
Wochen beschäftigt und der lite-
rarischen rentrée in Frankreich
ihre Würze verleiht, erweist sich
auf den Bistroterrassen von Saint-Germain-
des-Prés als Sturm im Perrierglas, der jen-
seits der Ringautobahn von Paris niemand
mehr so recht vom Hocker reißt. Doch die
Affäre Yann Moix hat eindeutig ein anderes
Kaliber: Sie ist hochkomplex, sie verfügt
über das dreckige Element des Antisemitis-
mus und besitzt zudem die christliche Di-
mension der Vergebung. Sie hat mit Intimi-
tät und größtmöglicher Öffentlichkeit zu
tun. Vor allem aber gibt sie Einblick in die
französische Gesellschaft, ihre höfischen
Spiele, bürgerlichen Traditionen und tiefen
Abgründe. Womöglich ist sie am Ende Symp-
tom eines Geschwürs, Ausdruck eines kollek-
tiven Traumas mit Namen Kollaboration.
VON MARTINA MEISTER
Losgetreten wurde die Affäre durch einen
literarischen Familienzwist, in dessen Folge
antisemitische Karikaturen und Texte des
französischen Schriftstellers Yann Moix ans
Licht gekommen sind, die dieser mit 22 Jah-
ren unter dem Pseudonym „AuschwitzMan“
Ende der 80er-Jahre in einer negationisti-
schen Studentenzeitung veröffentlicht hat-
te. Der Pariser Kulturbetrieb in Gestalt sei-
nes Freundes, Lektors und Protektors Ber-
nard-Henri Lévy zeigt sich trotzdem groß-
zügig: BHL, wie er in Frankreich genannt
wird, hat Moix vergeben und schloss dabei
gottgleich die „Lebenden und Toten“ mit
ein, die Moix „beleidigt, besudelt und durch
den Dreck gezogen hat“.
Aber fangen wir von vorn an. Alles ging los
am 21. August. An diesem Tag kam „Orléans“
heraus, das jüngste Buch von Moix, das ihm
wenige Tage berechtigten Grund gab, auf den
Prix Goncourt zu hoffen. Roman steht auf
der Titelseite, aber die Leidensgeschichte,
die zwischen den Buchdeckeln ausgebreitet
wird, will der Autor explizit autobiografisch
gelesen wissen. Moix erzählt, wie er von sei-
nen Eltern geschlagen, gedemütigt, ja miss-
handelt wurde. Er beschreibt die Schläge des
Vaters mit dem Elektrokabel. Für Nichtigkei-
ten. Er erzählt wie er zum Hassobjekt der
Mutter wurde, wie er sich vor Angst vollge-
schissen hat und sein Vater ihm die Exkre-
mente ins Gesicht schmierte oder auf dem
Teller servierte. Too much, befand Élisabeth
Roudinesco, Historikerin der Psychoanalyse,
auf dem Höhepunkt der Affäre. Moix’ Erzäh-
lung strotze nur so vor Unwahrscheinlich-
keiten und sei gespickt mit Klischees.
WWWer das Buch gelesen hat, mag das Ge-er das Buch gelesen hat, mag das Ge-
fffühl haben, endlich zu verstehen, warumühl haben, endlich zu verstehen, warum
dieser ebenso hochbegabte wie hochneuro-
tische Moix in der Öffentlichkeit – und das
heißt in seinem Fall vor allem im Fernse-
hen – den fiesen, missgelaunten Unsympa-
then gab, den „Wortsniper“, wie ihn man-
che nannten, der sein Gegenüber in den
Talkshows, in denen er seinen Stammplatz
hatte, mit kurzen, gezielten Wortsalven zu
vernichten wusste. Ein Opfer, wenn man so
will, das zum Henker geworden war. Ein
Mann, der seinen Selbsthass vor allem an
Frauen auszulassen schien: Eine Frau über
5 0? Könne er unmöglich lieben, weil deren
Körper wahrlich „nicht mehr aufregend“
sei, erklärte der 51-jährige Moix großspurig
in den Nachwehen der MeToo-Debatte,
was in den sozialen Netzwerken eine Welle
von aufreizenden Nacktfotos von Frauen
jenseits dieses Verfallsdatums auslöste.
AAAber diese Provokation war nur ein Flie-ber diese Provokation war nur ein Flie-
gendreck im Vergleich zu dem, was danach
fffolgte und ihm jetzt anhängt.olgte und ihm jetzt anhängt.
Denn kaum war der Roman erschienen,
gab José Moix, der Vater des Autors, ein In-
terview, in dem er versicherte, den Sohn kei-
neswegs misshandelt, sondern höchstens
mit lockerer Hand gezüchtigt zu haben, weil
er seinem jüngeren Bruder das Leben zur
Hölle gemacht haben soll. Dieser, Alexandre
Moix, bestätigte das und legte nach.
In einem öffentlichen Brief an seinen Bru-
der drehte er den Spieß um. „Mein Bruder,
der Henker“, war der Text überschrieben.
Zwanzig Jahre lang habe ihn Yann Moix auf
„äußerst brutale Weise misshandelt und ge-
demütigt“. Dann fügt er noch hinzu: „Mein
Bruder hat in seinem Leben zwei Obsessio-
nen: den Prix Goncourt ergattern und mich
vernichten.“ Der Brief ist illustriert mit ei-
nem hübschen Familienfoto aus Kinderta-
gen, das die beiden Brüder auf einem Sessel
zeigt. Der kleine Alexandre strahlt in die Ka-
mera. Der vier Jahre ältere Yann trägt einen
Cowboyhut und zielt mit seinem Colt, die
Augen zu kleinen Schlitzen verengt, direkt
auf den Fotografen.
Der Familienkonflikt hat zweifellos lite-
rarische Qualitäten, weil sich Fiktion und
WWWahrheit auf so mächtige Weise vermäh-ahrheit auf so mächtige Weise vermäh-
len, dass am Ende niemand mehr das eine
vom anderen unterscheiden kann. Offen-
sichtlich nicht einmal die Beteiligten. Wer
ist hier Opfer, wer Täter? Sicher ist nur
eins: Aus dem familiären Keller müssen die
Belege für Moix’ antisemitische Ergüsse
stammen, für die Zeichnungen und Texte
von „AuschwitzMan“.
Yann Moix ein Antisemit? Erst stritt er ab.
Dann gestand er. Es folgte die Selbstgeiße-
lung („Ich ekele mich vor mir selbst“).
Schließlich bat er um Vergebung, vor allem
seinen Mentor Lévy. Diese Abbitte war in-
szeniert in der TV-Sendung „On n’est pas
couché“, in der Moix jahrelang selbst als Po-
lemiker saß und deren Codes er perfekt be-
herrscht. Sie wird von derselben Frau produ-
ziert, die im Herbst eine Talkshow mit Moix
startet. So viel zu den Sphären, die sich ver-
mischen, den Grenzen, die verschwimmen.
Moix sprach in der Sendung, in der ihm
von Freunden und Weggefährten freundli-
che Fragen gestellt wurden, von „antisemi-
tischen Comics“. Ganze 19 Male wiederhol-
te er das Wort, das den Sachverhalt seiner
obszön-antisemitischen und negationisti-
schen Ergüsse nicht wirklich trifft. Er sagte
dort den schönen Satz: „Diese Texte und
Zeichnungen sind antisemitisch, aber ich
bin kein Antisemit.“
WWWer die Zeichnungen, aber vor allem dieer die Zeichnungen, aber vor allem die
Texte studiert, wird verstört den Blick abwen-
den. Sie sind Produkt eines tief sitzenden
Hasses. Der Mentor BHL? „Ein youpin“,
Schimpfwort für Jude, „dessen Kopf leider
nicht von Adolfs Freunden geschoren wurde.“
Andere jüdische Denker oder Journalisten
werden als „sodomitische Zionisten“ bezeich-
net. „Jeder weiß, oh Maria, dass die Konzen-
trationslager niemals existiert haben.“
Sind das Jugendsünden eines brillanten
Mathematikstudenten, der sich immer gern
als intellektuell frühreif beschrieben hat?
Wer Mitleid mit Moix hat, wer ihn nicht
hemmungslos medial vernichten will, wie er
das so gut bei anderen beherrscht, der mag
in die Vergebungspredigt von BHL einstim-
men. Die jüdische Studentenvereinigung
UEJF schickte sich sogar an, mit einer Un-
terschriftenliste Moix, der seit einigen Jah-
ren den Talmud studiert, Hebräisch lernt
und sich als „Freund Israels“ bezeichnet,
beizuspringen. Sein Verleger wusste das in
letzter Sekunde zu verhindern. Dieser war
übrigens genau wie BHL seit einigen Jahren
im Bilde. Moix hatte Olivier Nora vom Ver-
lagshaus Grasset 2007 vorgewarnt: Eines
Tages würde das alles ans Licht kommen,
weil man ihm schaden wolle. Lévy ist übri-
gens nicht nur ein Mentor, er verlegt seine
Bücher bei Grasset und sitzt im Verwal-
tungsrat des Verlages.
Aber das ist immer noch nicht alles: Die
Zeitung „Le Monde“ weist Moix nach, dass
er sich bis 2013 mit notorischen Antisemiten,
Negationisten und Auschwitzleugnern um-
geben hat, also bis ins zarte Alter von 45 Jah-
ren, was bei einem Mann in seinen Augen
vermutlich noch der späten Adoleszenz ent-
spricht. Einer seiner Freunde war Paul-Éric
vermutlich noch der späten Adoleszenz ent-
spricht. Einer seiner Freunde war Paul-Éric
vermutlich noch der späten Adoleszenz ent-
Blanrue, der dem Auschwitzleugner Robert
Faurisson nahestand, und 2010 eine Petition
lancierte zur Abschaffung des Gayssot-Ge-
setzes, das rassistische, antisemitische und
fremdenfeindliche Taten seit 1990 unter
Strafe stellt. Moix unterschrieb, zog dann
aber seine Unterschrift in letzter Sekunde
wieder zurück. Auch mit Vincent Reynouard
verkehrte er („Ich Neonazi? Warum Neo?“).
Moix scheint in diesen Jahren ein schizo-
phrenes Doppelleben geführt zu haben: auf
der einen Seite BHL, auf der anderen Marc-
Édouard Nabe, der sich als „Kämpfer gegen
Israel“ bezeichnet. Mit Blanrue, der 2011 ein
Interview mit dem Auschwitzleugner Fauris-
son filmte, habe er angeblich nur über „Sacha
Guitry und Frauen“ gesprochen, versicherte
Moix dieser Tage. Aber in einer Mail vom
7.Oktober 2011 schrieb er um 16.22 Uhr:
„Lass uns von Deinem Film sprechen, der
wirklich sehr gut ist.“ Gemeint ist das Inter-
view mit Faurisson.
Es scheint, als werde nicht nur Moix von
seinen Dämonen heimgesucht. Die Art und
Weise, wie sich in dieser Affäre alles ver-
mischt, Moral und Interessen, Freund- und
Seilschaften, Geld und Werte, Antisemitis-
mus und ausgestellter Philosemitismus, gibt
Einblick in eine Gesellschaft, die ihren ural-
ten Dreyfus-Antisemitismus nie ganz über-
wunden und das Verbrechen der Kollaborati-
on lange verdrängt hat. Insofern ist die Schi-
zophrenie des Yann Moix vielleicht Symp-
tom eines kulturellen Unwohlseins. Schwer
zu sagen, wie Moix seine größtmögliche
Transgression überlebt. Als besserer
Mensch, besserer Autor? Vielleicht spielt das
keine Rolle mehr. Wichtig wäre jetzt, dass
die Protagonisten des französischen Kultur-
betriebes nicht wahlweise urteilen oder ver-
geben, sondern sich fragen, warum diese Ver-
gangenheit einfach nicht vergeht.
Antisemitisch wie
zu Dreyfus-Zeiten
Die Affäre um den Schriftsteller Yann Moix wirft
Schatten auf den französischen Kulturbetrieb
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/ FRANK RUMPENHORST
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